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Oberhessisches Sagenbuch Teil 71

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Warum man spricht: Der arme Teufel.

All das unsölche (ungeheure) Gold und Silber, das in der ganzen Welt unter dem Erdboden verwunschen und vergraben liegt, hütet der Satan mit höchstem Fleiß. Lässt er den Menschenkindern davon etwas zukommen, so muss es wunderbar zugehen. Es hat aber alles auch seine Bewandtnis. Und wenn es dem Teufel selbst zu arg gewesen ist, dann war es arg genug – man heißt ihn wahrlich, trotz seines Reichtums, nicht umsonst so bedauerlich den armen Teufel.

Mein Ellervater erzählte einmal, woher das kommt.

In einem Dorf wohnte ein geringer Mann, meinetwegen mag er Kaspar geheißen haben, dem war von Kindesbeinen an alles wünsch (schlimm) gegangen, und allemal, wenn es den anderen Brei regnete, hatte er keinen Löffel. Darum wässerte ihm schon lange das Maul nach dem Wohlleben der Reichen und er hätte ums Leben gerne auch seinen Part gehabt von der irdischen Glückseligkeit.

Als er einstmals beim Holzlesen einsam durch den Wald strich und sich gar betrübte Gedanken machte, wie wunderlich es mit den Menschen bestellt ist, dachte er in seinem Herzen: »Wenn dir doch einmal der Teufel begegnete, vielleicht könntest du mit seiner Hilfe reich werden!«

Und richtig, als ob er es gerochen hätte, wie einen guten Speckpfannenkuchen, im selben Augenblick stand Meister Hämmerling vor ihm und fragte ganz treuherzig und niederträchtig nach seinem Begehr. Der Kaspar machte nicht viel Spargemente (Ausflüchte) und sagte ihm kurzerhand, was er auf dem Herzen hatte, so und so, sodass sie bald miteinander Handels einig wurden. Der Teufel versprach ihm noch dieselbe Nacht seinen längsten Sack daheim mit lauter Brabäntern zu füllen, und zwar durch den Schornstein des Hauses herab. Dafür sollte ihm die arme Seele in der Todesstunde als Eigentum verfallen sein.

Als nun der leichtsinnige Mann daheim in seinen vier Wänden saß und sich an den ganzen Handel erinnerte, wurde es ihm doch verflucht leidmütig, dass er sich in solch ein Schlamassel (Ungemach) begeben hatte. Er schaute betrüblich darein, als ob ihm die Hühner das Brot genommen hätten. Seine Frau aber, die gar merkisch und unvernünftig gescheit war, nahm ihn scharf darüber ins Gebet und ließ ihm nicht eher Ruhe, bis er zuletzt die böse Sache eingestand und ihm das Gärren näher war als das Lachen.

»O, du Schlechtkopf«, sagte sie, »was brauchst du zu flennen und ein Gesicht zu machen, wie die Katze, wenn es donnert? Dem dummen Teufel wollen wir schon weisen, wo die Sache ein Loch hat – lass mich nur machen!«

Darauf gab sich der Mann zufrieden und folgte willig dem Anschlag seiner Frau.

So suchten sie den allerlängsten Sack heraus, den sie nur auftreiben konnten. Die Frau schnitt unten mit der Schere ein faustgroßes Loch hinein. Sie hingen ihn dann in der Küche auf, gerade unter den Schornstein und genau über eine schmale Öffnung, die von da in den sehr großen und tiefen Keller ging.

Pünktlich auf den Schlag elf Uhr kam der Teufel auf dem Wiesbaum angeritten, setzte sich auf das Dach und rief von oben herab ins Haus: »Ich bin da, halt den Sack unter!«

»Nur zu«, sagte der Kaspar, »ich warte schon lange darauf!«

Nun gings kling ling ling, die Thaler rasselten die Wände herab wie im Winter die Schneeflocken, aber sie fielen auch alsbald durch das Loch des Sackes in den Keller. Der Teufel schüttete und schüttete, aber der Sack wollte immer nicht voll werden.

Da reckte er unmutig den Kopf zum Schornstein herein und rief: »Ist der Sack noch nicht voll?«

Saugrob erwiderte ihm Kaspar: »Nun sieh mir mal einer an! Will der Schelm mich auch noch höhnen. Wie lange halte ich schon auf, aber ich sehe nichts! Das ist gegen unsere Abrede!«

Der Teufel konnte auch nichts von Geld entdecken und musste, wohl oder übel, wieder von oben die Taler regnen lassen.

Unterweilen war die Frau in den Keller gelaufen und scharrte eifrig mit einer Wurfschaufel das Geld beiseite, sodass das Loch sich nicht verstopfen konnte, und war ihr noch niemals eine Arbeit so vom Krabben gegangen.

Indem rief der Teufel wieder: »Ist es nun genug?«

Und abermals antwortete ihm Kaspar: »Nein, es ist als noch nichts da.« Darauf ging der Tanz von Neuem los.

Das Geld fiel wie ein Platzregen durch den Schornstein herab in den Sack, durch das Loch in den Keller. Die Frau konnte nicht geschwind genug es beiseiteschaffen; es lag mannshoch da.

Endlich wurde der argwöhnische Teufel das Herabschütten müde. Als er wiederum den Sack noch leer erblickte, schrie er: »Was zu arg ist, ist zu arg. Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu. Auf die Weise komme ich um mein Letztes; unser Pakt ist aufgehoben«.

»Nun, so bin ich es auch zufrieden«, antwortete Kaspar, dem ein Stein dabei vom Herzen fiel, »ich sehe ja, dass du nur ein elender Prahlhans bist.«

Jetzt kam auch die Frau aus dem Keller herauf, schabte dem Teufel spöttisch ein Rübchen: »Ätsch, ätsch, angeführt, im Sack war ein Loch, das Geld aber haben wir doch!« Sie schlug vor Vergnügen die Hände zusammen.

Als der so schändlich betrogene Teufel endlich merkte, wie listig man ihn über den Gänsedreck geführt hatte, fluchte er voller Zorn: »Ei, ihr Hagelsweibsleute, so seid ihr ja noch zehnmal schlimmer als der Teufel selbst.« Er fuhr, da es ohnedem Mitternacht schlug, mit Gebrüll und Gestank davon.

Die Geschichte ist so wahr, als wäre sie heute geschehen, denn seit diesem Schaden nennt man ihn überall auf Erden so bedauerlich »den armen Teufel!«