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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XXXI

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XXXI. In den Rio Pecos-Gebirgen. Unheimliche Gesellschaft. Las Colonias. In der Schmiede. Lynchgericht. Politische Wahl. Gerichtsszene. Weiter nach Ocate. Major Domo. Heulieferungen für Fort Union. Kit Carson, Colorado. Nach Silver City, Arizona. Pferdediebe. Rückkehr nach Kit Carson. Las Animas.

Als mich das Gekrabbel von Eidechsen über mein Gesicht aufweckte, war die Sonne beinahe untergegangen. Ich machte mich auf den Weg zum Rio Pecos, kletterte den hohen Berg hinab, schwamm über den Fluss und aß eine Portion Mustang-Trauben, welche an den Ufern des Flusses in großer Fülle wachsen. Nachdem ich mich gesättigt und meine Pfeife angezündet hatte, ging ich wohlgemut meines Weges und erreichte in einer Stunde Puerta Luna, wo ich in ein Haus eintrat, um mich über die Gegend zu orientieren. Die Bewohner, gastfreundlich wie alle Mexikaner, luden mich sogleich zu einer Mahlzeit ein, welche ich mir gut schmecken ließ, worauf ich ein Säckchen mit Proviant füllte, meinem Wirt dankte und mich wieder auf den Weg machte, da ich beschlossen hatte, meine Reise der Kühle und Sicherheit wegen in einem wenig bewohnten Land meistens bei Nacht zu bewerkstelligen. Ich befand mich nun in dem Pecos-Gebirge, von der Hauptstraße ab, in einem wenig bekannten Teil des Territorys von New Mexiko, war wohl bewaffnet, hatte einige Tage Proviant, Rauchtabak, Pfeife und Zündhölzer; was sich ein Mensch noch mehr wünschen kann, begriff ich nicht. Gegen Morgen kam ein heftiger Sturm heran, es regnete in Strömen, und ich ging daran, ein Obdach zu suchen, welches ich bald in der Gestalt einer Höhle fand, die ich gleich im Namen des Kriegers Sombrero von Texas in Beschlag nahm. Bald loderte ein helles Feuer auf und erleuchtete den Felsenpalast, in dem ich mich, nachdem eine kleine Schlangenjagd zu allgemeiner Befriedigung beendet war, recht behaglich einrichtete.

Ein Becher Tee war schnell gebraut, etwas getrocknetes Fleisch gebraten und nun saß Sombrero bei einem kräftigen Frühstück, das ihm nach dem langen Marsch während der Nacht ausgezeichnet mundete. Bei diesen Vorbereitungen war es Tag geworden und ich stieg auf einen Felsen, um die wildromantische Gegend zu betrachten, doch wurde meine Aufmerksamkeit bald auf etwas Menschliches gelenkt durch die Erscheinung einiger Hasen, die dicht bei mir unter den Büschen ihr Spiel trieben. Ein Knall und einer davon rollte im Gras. Bald war er abgezogen und in der Höhle aufgehängt für den Mittagstisch. Ich legte mich nun zur Ruhe und erfreute mich eines gesunden Schlafes, der bis vier Uhr abends dauerte. Gestärkt erhob ich mich, um die Vorbereitungen zur Mahlzeit zu treffen. Das Feuer brannte hell auf, der Hase steckte an einem hölzernen Spieß darüber, in der Asche waren die Knollen respektive Wurzeln einer Pflanze, die hier in den Bergen wächst und sehr schmackhaft ist, zum Braten verdeckt, das Teewasser stand auf dem Feuer und bald erfüllte der Wohlgeruch einer Hotelküche die Luft. Sobald alles fertig à la mode war, wurde aufgetragen und gemütlich aß Sombrero das kräftige Mahl. Nach der Mahlzeit wurden die Überreste derselben in den Sack gesteckt, die Pfeife angezündet und der Marsch wieder angetreten.

Gegen ein Uhr nachts, als ich über ein Stück Prärieland ging, das mit zerstreuten Eichbäumen bewachsen war, fielen drei lange Schatten über den Weg. Bei näherer Untersuchung fand ich die sterblichen Überreste von drei Navajo vom Baum herabhängen, welche des Pferdediebstahls schuldig, dort eingeholt und wegen Mangel an Zet an einen Ast aufgeknüpft worden waren, an welchem sie dem Geruch nach, schon einige Tage gehängt haben mussten. Da die Unterhaltung mit dieser Gesellschaft sehr langweilig war, so hielt ich mich nicht lange bei ihnen auf, überließ sie vielmehr der Gesellschaft von Raben und Aasgeiern, welche auf den umstehenden Bäumen ihr Nachtquartier aufgeschlagen hatten und mit Sehnsucht den Morgen erwarteten, um sich ihre hungrigen Mägen mit Navajo-Steak zu füllen.

So ging ich munter weiter und hielt am Morgen in dem Lager eines Schäfers, der sich dort mit einer Herde von zwei- bis dreitausend Schafen aufhielt, mich sehr gastfreundlich empfing und, was mir am besten gefiel, sogleich ein fettes Schaf schlachtete, um mir mit ausgezeichnetem Fleisch aufzuwarten. Ich nahm seine Gastfreundschaft bis zum Abend in Anspruch, dann nahmen wir Abschied bei einem Becher Kaffee und ich trat wohlgemut meine Reise wieder an. Gegen halb ein Uhr nachts vernahm ich die musikalischen Klänge einer Geige und eines Tamborins. Als ich darauf zusteuerte, erhoben sich vor mir die schwarzen Adobemauern einer mexikanischen Rancho, wo gegenwärtig ein lustiges Fandango (Tanz) gehalten wurde. Eine Einladung, an dem Vergnügen teilznnehmen, erfolgte gleich bei meinem Erscheinen. Bald war Sombrero im Kreis einer Zahl Sennores und Sennoritas, in dem er durch Anekdoten und schlechte Witze viel zur allgemeinen Heiterkeit beitrug. Gegen vier Uhr morgens löste sich die Gesellschaft auf und Sombrero nahm das freundliche Anerbieten des Signor Don Antonio José Gallegas, sich in seinem Haus auszuruhen, mit Vergnügen an und erfreute sich einiger Stunden gefunden Schlafes unter dem gastlichen Dach. Nachdem das Frühstück mit den neuen Freunden eingenommen war, empfahl sich unser tapferer Krieger und schritt rüstig der Ansiedlung von Las Colonias am Rio Pecos zu, wo er von einer Schar Neugieriger, non denen nur wenige es erlebt hatten, einen Weißen in ihrer Stadt zu sehen, empfangen wurde. Ich lenkte meine Schritte zu der Tienda oder dem Kaufladen des Städtchens und traf da eine Menge Bürger der höheren Schicht, die sich an schlechtem Aquarbiente und noch schlechterem Mezcal labten. Höchst freundlich wurde ich empfangen, Einladungen zum Trinken kamen dick und oft, sogar der Kaufmann selbst, ein Spanier, hatte die vernünftige Idee, mich mit einigen sehr guten Zigarren zu traktieren.

Sobald der erste Sturm des Empfanges vorüber war, erzählte ich ihnen geradeaus, wie ich hierhergekommen bin, usw. Meine Rede wurde mit großem Beifall und allgemeinen Freundschaftsbezeugungen aufgenommen, ja, mein Arm tat mir weh, als ich mit dem vielen Händeschütteln fertig war. Man sagte mir, dass ein Amerikaner (Thompkins oder Thomas, wie sie ihn nannten) schon seit siebzehn Jahren im Dorf lebe, an eine Mexikanerin verheiratet sei, und alle drückten den Wunsch aus, dass ich mich auch in der Kolonie ansiedeln möge. Eine Deputation wurde ausgeschickt, um Thompkins aufzusuchen. Bald kehrten sie mit ihm zurück.

Er war sehr erfreut, mich zu sehen, schleppte mich gleich fort zu seinem Haus, bewirtete mich festlich und lud mich ein, solange es mir gefiele, bei ihm zu wohnen. Das nahm ich für einige Tage dankbar an. Bald war ich mit der ganzen Ansiedlung bekannt. Da ich gerade nichts Besseres zu tun hatte, so ging ich mit Thompkins in Compagnie und wir eröffneten eine Schmiede, für welche in der Gegend großes Bedürfnis war, da nur Ackerbau betrieben wurde und das Werkzeug über einhundert Meilen zurr nächsten Schmiede geschickt werden musste. So fingen wir unser Geschäft an und bekamen vollauf zu tun, doch ließen wir uns Zeit und lebten sehr gemütlich, als sich ein Vorfall ereignete, der unangenehme Folgen hätte haben können.

Es waren nämlich seit Jahren von Puerta Luna und anderen Nestern gewisse Strolche nach Texas gegangen, welche dort das von den Indianern gestohlene Vieh erhandelten, selbst stahlen und in New Mexico verkauften. So war nun beinahe alles Vieh im Staat gestohlenes Vieh von Texas. Die Geschichte wurde ausgefunden und ein gewisser Col. Histon in Texas, der Viehzucht betrieb, hatte eine Truppe von etwa vierzig Texanern zusammengebracht und von der Regierung die Erlaubnis erhalten, das gestohlene Vieh in New Mexico wegzunehmen. Er war bereits in Puerta Luna angekommen und hatte schon einige tausend Stück Vieh beisammen. Darüber herrschte nun eine große Aufregung unter den Mexikanern in der Umgegend, denn in Las Colonias war auch viel Texas-Vieh. Da man Hitsons Leute alle Tage erwartete, so sandte man fortwährend Kundschafter aus, um beizeiten zu erfahren, wann sie kämen, um Zeit zu haben, das Vieh in die Berge zu treiben.

Mitten in der Stadt war ein großer Corral, wo sämtliche Milchkühe abends hineingetrieben und gemelkt wurden. In diesem Corral war es meine Gewohnheit, am Abend beim Melken spazieren zu gehen, das Vieh zu betrachten und hier und da einen schlechten Witz zu machen. Dies war alles ganz harmlos, hatte ich nicht auf die verschiedenen Kühe gedeutet und dabei gesagt: »Diese ist von so und so in Tevas, diese hat das Brand des Herrn N. und jene kommt von X. usw.« Dadurch kamen zuletzt die Leute auf den Verdacht, ich gehöre zu Hitsons Gesellschaft und wäre nur vorausgekommen, um das Bieh einstweilen auszuspionieren. Des Abends kamen sie alle im Kaufladen zusammen und beschlossen, da ich gekommen wäre, um sie um ihr Vieh zu bringen, mich aufzuhängen. Nach diesem Beschluss taten sie sich an dem starken Aquardiente Gutes, um sich auf die bevorstehende Hinrichtung zu stärken.

Ich saß im Haus rauchend, als Thompkins hereinstürzte, mir den Beschluss der Versammlung kundzutun und mich bat, auf meiner Hut zu sein und schnell den Platz zu verlassen. Da ich aber nicht einsah, wie das Davonlaufen mir helfen konnte, so beschloss ich, erst eine andere Methode zu probieren, nahm meinen Revolver in die Hand und ging schnurstracks zur Tienda, wo sogleich bei meinem Eintritt in das Zimmer, mit der verdächtig aussehenden Pistole in der Hand, alles Gespräch verstummte und jedermann mich furchtsam betrachtete. Ich ließ nicht lange auf mich warten, sondern sagte den versammelten Herren mit ruhiger Stimme, dass mir etwas von einem Lynchgericht, das hier stattfinden sollte, zu Ohren gekommen wäre. Da ich aber dabei interessiert wäre, so möchte ich den Herren empfehlen, sich ja nicht in der Straße, wo ich wohnte, sehen zu lassen, da ich jedem, der wider meinen Wunsch handle, eine Kugel durch den Kopf schicken würde. Diese kurze Ansprache hatte die gehoffte Wirkung, wie ich sah, als ich stolz zur Tür hinausschritt und nach Hause ging. Ich machte mein Gewehr zurecht und beschloss die Nacht über zu wachen, schlief aber schon um neun Uhr ein und erwachte nicht wieder bis am Morgen. Kaum hatten wir gefrühstückt, als eine Deputation um die Ecke bog, ein weißes Tuch schüttelnd. Ich ließ sie herankommen. Thompkins wurde eingeladen, die zur Tienda zu begleiten. Dort fragten sie ihn über meine Gesinnung und er erklärte ihnen, dass sie einen Irrtum gemacht hätten. Wenn sie es aber nicht einsehen wollten, so würde er mir zur Seite stehen und mir helfen, Rache zu nehmen. Kurz darauf wurde ich ersucht, zum Store zu kommen, wo ich um Verzeihung wegen des Irrtums, den sie gemacht hatten, gebeten wurde und neue Freundschaftsbezeugungen entgegennahm. Ich sagte, dass es mir lieb sein würde, mit ihnen freundschaftlich zu verkehren, dass aber, im Falle es nicht sein könnte, ich mich nicht fürchtete und niemals einen Fingerbreit weichen würde. Ich kannte die Natur der Mexikaner zu gut, um ihnen die geringste Furcht zu zeigen, sondern benahm mich gerade so, als ob ich mich vor ganz New Mexico nicht fürchtete. Damit war alles friedlich abgemacht; die Mexikaner hatten einen großen Respekt vor mir bekommen und konnten mir nun gar nicht genug Höflichkeit erweisen. Sämtliche Gärten waren mir zur Verfügung gestellt, im Falle ich eine Melone oder andere Früchte zu essen wünschte.

Eines Abends kamen Boten ins Dorf gesprengt und verkündigten, dass Hitson mit seinen Leuten unten am Fluss sei und am Morgen in aller Frühe eintreffen werde. Sogleich wurde der größte Teil des Viehs in die Berge getrieben, andere sollten während der Nacht geschlachtet werden. Bei der Beleuchtung einiger Talgkerzen wurde der Corral in ein Schlachthaus verwandelt und ein Dutzend Ochsen lagen schnell am Boden. Das Abziehen begann unter großen Schwierigkeiten, denn beim geringsten Geräusch vom Fluss her rief einer oder der andere: »Sie kommen!« Dann wurden jedes Mal die Lichter schnell ausgeblasen und alle liefen aus dem Corral, während in ihrer Abwesenheit eine Schar Hunde sich am Fleisch Gutes tat. Endlich gegen ein Uhr nachts war die Arbeit vollendet, das Fleisch zu den verschiedenen Häusern getragen, die Häute versteckt und das Blut im Corral wieder verdeckt.

Thompkins und ich hatten mitgeholfen und schleppten nun zum Lohn ein ganzes Viertel Ochsenfleisch nach Hause. Am nächsten Morgen kamen tatsächlich einige von Hitsons Leuten angeritten und blieben den Tag über bei uns. Sie tranken beinahe allen Schnaps im Laden auf, wobei ihnen mein Herr Kollege nach Kräften beistand und ich eine ungeheure Portion schlechter Zigarren rauchte, während die Einwohner sich meistens aus dem Dorf flüchteten, als die Jungen nach einem alten Gebrauch anfingen, nach allerhand Kleinigkeiten zu schießen. Am Abend verließen sie uns wieder und bald herrschte die alte Ruhe im Dorf. Ungestört arbeiteten wir jeden Tag vier bis sechs Stunden, badeten im Fluss, gingen zu jedem Wettrennen und die Firma Thompkins und Co. war bald weit und breit bekannt. Jeden Abend nach sieben Uhr kamen die Musikanten (ein Paar alte Violinespieler) auf die Haupt-Plaza (Marktplatz) heraus und spielten ein Stücklein, worauf die Bewohner aus den Häusern strömten, sich der Musik anschlossen, mit Sang und Klang zu unserem Haus marschierten, wo sie solange hielten, bis wir den Ehrenplatz hinter der Musik eingenommen hatten. Dann zog der fröhliche Haufen zum Fandango (Tanzhaus), wo mit Tanzen, Singen und Musizieren die Nacht zum Tag gemacht wurde. Erst am Morgen begab man sich nach Hause, um noch einige Stunden der Ruhe zu pflegen.

Wir wurden in der Ansiedlung als gute Mechaniker betrachtet und dieser Ruf erhöhte sich noch bedeutend durch folgenden Zufall: Ein Mexikaner kam zu mir mit einem abgebrochenen Stück Eisen, sagte, dass es zu einer Mühle gehörte und dass er ein neues haben müsste, um auf seiner Mühle zu arbeiten. Darauf erging er sich in einer langen Beschreibung der Maschine, wo das Eisen hingehörte, die Verbindung, welche es haben müssten; kurz, als er endlich fertig geworden war, wusste ich so viel wie am Anfang der Erklärung. Ich sagte ihm, dass das Eisen nachmittags fertig sein würde. Als er fort war, ging ich an die Arbeit, nahm ein Stück Eisen, machte es heiß, klopfte und hämmerte darauf herum, bog es in allerhand Schlangenwindungen, stieß einige Löcher durch und feilte dann das ganze schön glatt. Der Mann kam, ich übergab ihm das Eisen und er nahm es mit zur Mühle. Kurz darauf kehrte er zurück mit freudestahlendem Gesicht und berichtete, dass das Essen wie gegossen passe und dass die Maschine nun besser als jemals liefe. Ich nahm das Lob mit der Miene eines alten Geschäftsmannes hin, der sein Handwerk gründlich versteht, wurde aber doch neugierig und ging selbst, um mein Kunstwerk zu besehen zur Mühle, wo ich bereits eine bewundernde Menge versammelt fand. Von diesem Tag an war mein Ruf als Mechaniker ersten Ranges festgestellt. Unsere Hauptarbeit war das Reparieren alter Ackergerätschaften und das Beschlagen von Pferden, was ich schnell und gut machen konnte. Man brachte uns aber auch alte Gewehre und Pistolen, deren Federn gebrochen waren. Da wurde freilich manches Stückchen Stahl verpfuscht, ich erlaubte aber bei solchen Arbeiten niemanden, mir zuzusehen, ferner machte ich öfters Brandeisen, um Vieh zu branden, was oft viel Studien kostete. Indessen, wir brachten immer etwas fertig, das Ähnlichkeit mit dem Original hatte und die Leute waren sehr zufrieden; folglich waren wir es auch. Unsere Bezahlung mussten wir meistens in Getreide, Schafen, Käse und Landesprodukten nehmen. Wir hatten infolgedessen ein großes Gebäude voll allerhand Getreide, das wir aber erst über hundert Meilen weit nach Las Vegas transportieren mussten, um es in Geld zu verwandeln. Geld hatten wir jedoch kaum nötig, denn da niemand den Artikel besaß, so war gar keine Nachfrage danach. Was wir aus dem Laden bezogen, bezahlten wir, wie die anderen Leute in Weizen und Korn. Das wenige Bargeld, was wir von Reisenden einnahmen, legten wir als einen unnützen Artikel beiseite. Unser Haus hing so voll von dem beliebten ColoradoChili, dass es ganz rot aussah. An Käse jeder Größe und allem, was zu einer guten Tafel nötig ist, war durchaus kein Mangel. Somit lebten wir lustig und vergnügt. Eines

Tages trieben die Einwohner eine Herde wildes Vieh herein, um sie zu markieren und zu branden. Da sie aber ziemlich schlecht den Gebrauch des Lassos verstanden, so war ich auch dabei und fing das Vieh für sie. Da sich bei einer solchen Gelegenheit immer die Bewohner als Zuschauer beteiligten, so hatten wir viel Spaß. Zuletzt fing ich einen großen wilden spanischen Zuchtstier. Man fing an, ihn an den in der Mitte stehenden Pfosten zu ziehen, doch misslangen verschiedene Versuche ihn zu werfen. Die Menge hatte sich in den Corral gedrängt und sah neugierig zu. Ich wollte einmal eine Abwechslung haben. So nahm ich das glühende Brandeisen, hielt es schnell an das Tier, bis es markiert war und lief dann, was ich konnte, zum Corral hinaus, denn ich bildete mir wohl ein, was folgen würde. Der Stier, sobald ihn das glühende Eisen ordentlich brannte, brüllte, zerriss das Lasso und stürzte sich mit großer Kampfbegier auf die Zuschauer. Noch nie löste sich eine Versammlung schneller auf und durch die kleinsten Ritzen der Einzäumung schlüpften die Leute mit einer bewunderungswürdigen Schnelligkeit. Einigen, die über die Einzäumnng kletterten, half der entrüstete Stier von hinten nach, sodass sie gleich zehn Schritte weit flogen, ehe sie den Boden berührten.

Die Wahlen für den Alkalden (Bürgermeister, Richter und alles in allem) waren herangekommen. Da unsere Firma die einzige in der Gegend war, die leserlich schreiben konnte, so wurde ich zum Hauptschreiber und Würdenträger während dieses politischen Ereignisses gewählt. Thompkins unterstützte mich eifrig, indem er jedem sagte, für wen er zu wählen hätte, wenn er nicht verprügelt werden wolle. Sie hatten schon oft Beweise seiner Tüchtigkeit in dieser Hinsicht gesehen. So gingen also die Wahlen ganz nach Wunsch und unser alter Freund Don Antonio Duanno wurde wiederum zum Alkalden gewählt. Der einzige Polizeidiener am Platz wurde von einem neuen abgelöst, was mich freute, da ich schon früher Unannehmlichkeiten mit demselben gehabt hatte. Es war nämlich nach einem Fandango. Thompkins, von Mezcal bezaubert, hatte dort sämtliche Fenster, Stühle und Tische zusammengeschlagen und war vor den Alkalden gebracht worden. Da meine Aussage vor Gericht notwendig war, so kam der Polizeidiener mit einem Prügel bewaffnet in die Werkstätten und benachrichtigte mich, dass meine Anwesenheit bei Gericht erwünscht sei. Da ich aber nicht in der Eile war, sondern ruhig fortarbeitete, so sprach er nochmals und fügte hinzu, er hätte mich gleich mit zurückzubringen. Dies war mir eben doch zu stark. Ich warf einen großen Schmiedehammer, den ich in der Hand hatte, nach seinem Kopf, worauf er sich eilig aus dem Staub machte und mich nie mehr belästigte. Sobald ich meine Arbeit vollendet hatte, ging ich nach Hause, aß zu Mittag und machte mich dann langsam auf den Weg zum Gericht, wo ich mir den einzigen Stuhl im Haus zu Gemüte zog, meine Pfeife anzündete und dann den Richter fragte, was denn eigentlich los sei. Dieser erklärte mir höflich, dass eine Klage gegen meinen Kollegen wegen Zerstörung der Möbeln eingegangen sei. Er fragte mich, ob wir geneigt wären, die Sache in Ordnung zu bringen. Ich sagte ihm, dass sich das mit der Zeit finden würde. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben. Der Alkalde begleitete uns zur Tür, nahm höflich Abschied und wir bekamen nie mehr von der Sache zu hören.

Bald kam mich wieder die Lust zum Reisen an und ich beschloss, bei erster Gelegenheit meine Geschäfte in Ordnung zu bringen und mir andere Gegenden zu besehen. Als ich eines Tages einen Mann traf, der in Arizona wohnte und herübergekommen war, um eine Herde Pferde zu kaufen, nahm ich sein Anerbieten, mit ihm nach Arizona zu gehen, an, konnte aber meine Sachen zum Tag seiner Abreise nicht in Ordnung bringen und versprach daher, ihn auf dem Weg einzuholen. Sobald ich alles fertig hatte, verließ ich Las Colonias und fuhr mit einem Bekannten über fünfzig Meilen weit bis Bosque Rodunda oder was früher Fort Sumter war, wo wir am zweiten Nachmittag ankamen. Mein Mann war bereits fort. Ich machte mich um vier Uhr abends auf den Weg. Um sieben Uhr morgens hatte ich eine Strecke von fünfzig englischen Meilen zurückgelegt und Bosque Grande erreicht. Doch auch hier war ich zu spät. Ich hatte nun keine Lust mehr, dieser Partie auf die von Comanchen und Apachen gefüllten Staked Plains nachzulaufen, sondern ruhte mich bis abends aus und trat dann in Begleitung eines Mexikaners den Rückweg an. Schon um neun Uhr morgens saßen wir wieder beim Frühstück in Bosque Rodunda. Ich war also ein hundert englische Meilen in vierundzwanzig Stunden gegangen. Allerdings war ich nun schlecht auf den Füßen. Ich blieb deshalb einige Tage bei einem Bekannten, bis ich Gelegenheit hatte, mich einem Wagenzuge anzuschließen, der nördlich ging. In diesem Zug gehörte ein großer Wolfshund, der sehr böse war und bei Tag mit einer Kette an einem der Wagen befestigt war, während der Nacht aber zur Bewachung des Lagers losgelassen wurde. Die erste Nacht, nachdem sich alles zur Ruhe begeben hatte und ich in meinen schweren Serape gehüllt auf dem Boden lag, ließ der Major Domo den Hund los und begab sich ebenfalls zur Ruhe. Es waren aber keine fünf Minuten, ehe der Hund mich bemerkte, mit einem wütenden Knurren auf mich sprang und nun dalag, mit den Zähnen fletschend, um eine Stelle zum Anbeißen zu suchen. Ich rührte mich natürlich nicht, sondern blieb ganz still, obwohl ich wohl spürte, wie er mit seiner Schnauze über mein Gesicht fuhr. Er schien entschlossen, die Nacht bei mir zuzubringen. Die Geschichte fing an, unangenehm zu werden, als einer der Mexikaner, durch das beständige Knurren des Hundes aufmerksam gemacht, meine interessante Stellung bemerkte, den Major Domo rief und beide den Hund von mir wegrissen, um ihn an die Kette zu legen, wo sie ihn bewachten, bis ich mich in einen der Wagen gelegt hatte. Als sie ihn wieder losließen, wollte er mich sofort wieder mit seinem Besuch beehren. Er konnte aber diesmal nicht herein und musste sich deshalb damit begnügen, seinen Groll unter dem Wagen mit Krurren auszulassen. Nach ein paar Tagen waren wir Indessen gute Freunde, aber mein braver Punke lebte nicht mehr lange. Er hatte nämlich eines Tages einen Mexikaner vom Pferd heruntergerissen und beinahe umgebracht, kurz darauf sich in eine Herde Schafe gestürzt, zwei davon erwürgt und halb aufgefressen und, als der Major Domo ihn abwehren wollte, nach diesem gebissen. Da ging diesem Herrn die Geduld aus und er sandte ihm eine Kugel durch den Kopf, woran der böse Punke starb.

Nach einer Woche kamen wir in einen mehr angesiedelten Teil New Mexicos und blieben einen Tag in der Stadt Las Vegas. Darauf gingen wir nach Fort Union und wieder achtzehn Meilen weiter nach Ocate, wo mich die Firma Ames & Bryant als Major Domo, Hausmeister, Postmeister und zu verschiedenen anderen Ämtern engagierte. Sie besaßen eine große Mühle, einen Wagenzug von fünf Wagen mit je acht Maultieren, etwa vierhundert Stück Vieh, verschiedene Ranchos und hatten die Agentur für Fort Union, das heißt, die Truppen, welche bei uns oder in der Nähe hielten oder passierten, mit Fourage usw. zu versorgen, wofür die Regierung alle Vierteljahre bezahlte. Gegenwärtig hatten sie den Kontrakt eingegangen, einige hundert Tonnen Heu nach Fort Union zu liefern. Da ging es im Heulager lebhaft zu. Ich hatte einige Tage die Mähmaschine zu fahren, bis wir soweit waren, um anfangen zu können, Heu nach Fort Union zu liefern. Da ich den Wagenzug übernehmen und als Major Domo fungieren musste, so brachte ich einige Monate mit Heuliefern zu. Es war gerade eine Tagesreise mit geladenen Wagen von Ocate nach Fort Union. Da teilweise die Straße etwas schlecht war und wir immer sehr schwer geladen hatten, so kam es vor, dass hie und da einer meiner Fuhrleute umschmiss, was uns dann einige Stunden länger aufhielt. Am Abend kamen wir im Fort an, campierten dort und trieben die Maultiere in die Berge hinter dem Fort, wo sie der Nachthirt hütete. Um acht Uhr morgens kam der Quatermaster, wog unser Heu, inspizierte es und schrieb mein Receipt aus, worauf es abgeladen wurde, was keine schlechte Arbeit war, denn da wir verpflichtet waren, es in Stacks oder in einen großen Haufen zu packen, nach Vorschrift, und da dieser Stack über neunzig Fuß hoch war, so musste man mit der Zeit Gerüste bauen und das Heu von einem Gerüst aufs andere werfen. Dazu musste ich meine ganze Mannschaft haben, um nur einen Wagen abzuladen. Im Herbst, wenn oft große Windstürme vorkommen, welche drei, vier und acht Tage dauern, durfte ich, solange der Wind blies, nicht abladen lassen, denn bis das Heu von einem Gerüst aufs andere kam, war es weggeblasen, ohne den Gipfel zu erreichen. So kam es vor, dass ich manchmal acht Tage im Fort war, ehe ich meine fünf Wagen abladen konnte. Kamen wir zurück ins Heulager, so ging es ebenfalls nicht, während eines Windsturmes zu laden. Oft, wenn es um Mitternacht etwas windstill wurde, hatten wir das ganze Personal mit Heuladen beschäftigt. Nach zwei Monaten war der Kontrakt erfüllt und wir ließen die Maultiere eine Zeit lang laufen. Einmal war der alte Damm der Mühle weggeschwemmt worden. So nahm ich eine Anzahl Arbeiter und baute einen starken Damm mit einer Steinmauer an der untern Seiten eine Arbeit, die vierzehn Tage in Anspruch nahm. Dann wurden die Wagen nachgesehen, alles Schadhafte repariert, die Geschirre genau inspiziert, was zerrissen, geflickt, ausgebessert und geölt. Die Maultiere wurden nach Hause gebracht und sämtlich beschlagen, was keine leichte Arbeit war, da sie halbwild und, wie überhaupt Maultiere, furchtbar störrich waren. Als diese Arbeit besorgt war, wurden die Wagen geschmiert, der Proviantkasten gefüllt, ange­ spannt und fort ging es zum Eisenbahnstädtchen Kit Carson in Colorado, um den Wagenzug mit Frachtholen zu beschäftigen. Wir kamen durch gute und schlechte Gegenden. Dabei schoss ich manche Antilope auf dem Weg. Am Ory Cimaron, einem Flüsschen, wo mein Prinzipal eine Ranch besaß, hielten wir zwei Tage, um Wolle und Korn zu laden. Von da mussten wir weiter über den Raton Pass. Gleich am ersten Tag hatten wir einen großen steilen Berg von viertausend Fuß Höhe vor uns, um welchen sich die Straße windet, die gerade breit genug für einen Wagen ist. Auf einer Seite Abgrund, auf der anderen steiler Berg. Als wir halbweg oben waren, kam ein langer mexikanischer Wagenzug schwer beladen mit Quarzmühlen für die Goldminen in Arizona herunter und begegnete uns auf dem schlechtesten Stück Weg am Berg. Nun standen wir da und keiner konnte ausweichen, ohne umzukippenen oder in den Abgrund zu rutschen. Der mexikanische Major Domo war sehr höflich. Da keiner von uns beiden leicht in eine Aufregung zu bringen war, so ließen wir erst einen tüchtigen Kessel Kaffee brauen und hielten eine freundschaftliche Mahlzeit auf dem Berg. Nachdem gegessen und eine Zigarette geraucht war, holten wir unsere Hacken und Spaten heraus. Alle gingen mit einem Willen an die Arbeit, dass wir bald einen Platz hatten, um meine Wagen hinausfahren zu lassen. Dann wurden die langen von Ochsen gezogenen Wagen einer nach dem anderen mithilfe aller unserer Leute vorbeipraktiziert. Darauf hielten sie und halfen meine Wagen wieder auf die Straße zu bringen. Alsdann verabschiedeten wir uns und jeder zog seines Weges weiter.

Für die Nacht hielt ich bei einer Pferderanch an der Grenze zwischen New Mexico und Colorado. Der Eigentümer erzählte mir, dass die Nacht vorher zwei Amerikaner bei ihm zugebracht und ihm einen Sattel abgekauft hätten. Am Morgen aber hätte ihm einer davon die Pistole vor den Kopf gehalten, bis der andere ein Paar der besten Pferde im Corral gefangen und gesattelt hatte. Dann wären beide aufgesessen und davongerittem An der Beschreibung erkannte ich zwei berüchtigte Pferdediebe, die sich zwischen hier und Ocate schon seit Monaten herumtrieben und bereits von jedem Ansiedler in der Gegend Pferde gestohlen hatten. Sie gehörten früher zu einer großen Diebesbande, die hier gehaust und vor einigen Monaten vom Militär aufgerieben wurde. Nach einigen Tagen erreichten wir den Arkansas River, fuhren durch das Städtchen Las Animas und Fort Lyon, wo mir über Nacht blieben. Ich kaufte mir eine große Wurst in Las Animas und wollte sie mitnehmen, um sie auf dem Weg zu essen, hing sie deshalb abends an einen der Wagen, vergaß aber ganz und gar darauf. Am anderen Tag, nachdem ich schon über fünf Meilen von Fort Lyon entfernt war, fiel mir ein, dass ich die schöne Wurst am Wagen hängen hätte und ritt zu dem Wagen, um mich an dem Anblick der Wurst zu laben; aber groß war meine Trauer, als ich nur die Schnur mit einem Zipflein Haut übrig fand. Die Wurst war durch das Schütteln des Wagens abgerissen und verloren gegangen. In gestrecktem Galopp ritt ich die Straße zurück und fand ganz nahe am Fort die Wurst. Da aber drei Wagen darübergefahren waren, so war aus ihr nur eine fette Masse Sand geworden und nicht mehr zu genießen. Ich ging meiner Wege mit dem festen Vorsatz, die nächste Wurst, sobald sie in meinen Besitz gelangt, zu essen und nie mehr einem solchen Risiko auszusetzen. Noch ein paar Tage über Prärie und wir fuhren in das lebhafte Städtchen von Kit Carson ein, wo bereits Hunderte von Frachtwagen ein- und ausluden. Die Stadt Kit Carson selbst besteht aus dem Eisenbahndepot, vier großen Schmieden, fünf Kaufläden, etwa vierzig Trink-, Spiel-  und Tanzhäusern. Es liegt mitten auf der offenen Prärie an einem trockenen sandigen Fluss, Big Sand Creek oder auch Sandy Fork genannt, wo in einem Umkreis von hundert Meilen weder Baum noch Strauch zu sehen ist, aber überall schönes Gras in Fülle wächst. Ich lud meine Wagen am nächsten Tag mit Mehl und Speck für Fort Lyon am Arkansas und bald war ich wieder auf dem Weg. Die ersten zehn Meilen gingen durch eine Gegend von Sandhügeln, wo die Räder oft bis an die Achsen einsanken, sodass wir den ganzen Tag brauchten, um über die Strecke zu kommen, denn oft musste ich zwanzig Maultiere an einen Wagen spannen, ihn eine Strecke weit fahren lassen, dann wieder zurückgehen und den ander n holen und so fort einen nach dem anderen, bis wir spät am Abend nach Kiowa Springs kamen, wo eine Poststation ist. Von hier aus hatten wir gute Straße zum Fort. Wir lieferten unsere Fracht ab und gingen wieder zurück nach Kit Carson. Ich machte die Reise vier Mal nach Fort Lyon mit Ladungen von Mehl und Speck. Dann mit Maschinen und Quarzmühlen für Silver City in Arizona. Später kam ich durch Fort Lyon, Las Animas und Trinidad über den Raton-Pass an der Grenze von New Mexico und durch die Stadt Cimaron. Ehe wir aber Ocate erreichten, hatten wir viel Regen und schlechte Straßen, sodass undere Maultiere ganz heruntergekommen waren. Überdies bekam unsere Bell mare (eine Mähre, welche man bei jeder Herde Maultiere zu halten pflegt, um dieselben bei Nacht auf der Weide zusammenzuhalten, da sie alle der Mähre folgen und bei ihr bleiben) ein Fohlen. Wir mussten den kleinen Kerl, da er nicht so weit laufen konnte, beim Tag auf den Wagen laden nund fahren, mussten aber oft halten, um ihn saugen zu lassen.

In Ocate angekommen, ließen wir die Maultiere laufen und nahmen für jeden Wagen acht Paar Ochsen, fuhren also mit der Ochsenpost. Es waren einige Tage notwendig, um das Zugvieh zusammenzusuchen. Inzwischen ruhte ich mich im Haus ordentlich aus. Am zweiten Abend nach meiner Ankunft hielten etwa zwanzig große Wagen der Regierung vor unserem Haus, um die Nacht dort zuzubringen. Da gab es für mich eine Stunde Arbeit, Heu und Korn auszuwiegen. Als ich so beschäftigt war, sah ich zwei Reiter zum Haus reiten, welche Auskunft über die Straße verlangten. Ich erkannte sie sogleich als die beiden früher erwähnten Pferdediebe und sah, dass sie sich dieser Ausrede nur bedienten, um das Lager der Wagen zu beobachten. Nachdem sie weggeritten waren, machte ich den Wagenmeister darauf aufmerksam. Er beschloss, seine Maultiere während der Nacht gut zu bewachen und stellte zwei Mann auf Posten.

Gegen zehn Uhr nachts kam ein Wanderer die Straße heraufgegangen, hielt bei der Wache an, bat um einen Trunk Wasser und bald waren beide in ein unterhaltendes Gespräch vertieft. Nach einiger Zeit ging der Wanderer wieder seines Weges. Alles war ruhig bis am Morgen. Da vermisste man sechs der besten Maultiere. Der interessante Fremdling war einer der Pferdediebe, der die Wache nur so lang unterhielt, bis sein Kamerad sechs der besten Maultiere losgebunden und um das Haus herum geführt hatte, worauf er sich verabschiedete und beide mit ihrer Beute davonritten. Doch wenige Tage nachher kamen sie zu einem vorzeitigen Ende durch den Strick.

In Fort Union war ein altes und ein neues Fort. Das Neue war die Garnison, wo die Truppen lagen. Etwa zweitausend Schritte davon war das alte, welches als Ordonnanz-Departement benutzt wurde. Zwischen beiden war ein Wiesental oder niedere Prärie. Es war dort ein alter Mann angestellt, um zu Pferd zwischen beiden Forts Depeschen, Post usw. hin und wieder zu tragen. Dieser ritt ein sehr feines Pferd, auf welches die Diebe schon lange ein Auge gehabt hatten. Eines Tages lauerten sie auf ihn zwischen dem alten und neuen Fort. Als er vorbeikam, riefen sie ihm zu, stehen zu bleiben. Da dieser aber seinem Pferd die Sporen eindrückte und davonsprengte, so schossen sie ihn vom Pferd herunter. Das Pferd jedoch bekamen sie nicht, denn es lief zum Fort. Da bereits einige Mann, durch das Schießen aufmerksam gemacht, aus dem Fort kamen, so sprangen die Diebe auf ihre Pferde und ergriffen die Flucht. Streifzüge gingen nach allen Richtungen, kehrten aber alle zurück ohne die Mörder. Am nächsten Abend war in einer Ansiedlung zwölf Meilen von Fort ein Fandango, wohin die beiden Pferdediebe auch kamen und sich am Tanz beteiligten. Der Wirt, der sich nicht getraute, die beiden wohlbewaffneten Herren gefangen zu nehmen, mischte einen tüchtigen Schlaftrunk in ihren Schnaps und sandte einen reitenden Boten nach Fort Union. Von da kam bald eine Abteilung Kavallerie, nahm die beiden Schlafenden gefangen und transportierte sie zurück. Am nächsten Tag ging der Sheriff zu dem kommandierenden Offizier und forderte ihn auf, die Gefangenen der Zivilbehörde zu übergeben, was dieser nicht verweigern konnte. Da er aber eine Lynchgeschichte fürchtete, so ließ er sie von einer Kompanie Kavallerie bis an die Grenze der Reservation des Forts begleiten. An dem Grenzzeichen kehrte die Kavallerie um und trat den Heimweg an. Doch kaum hatten sie den Rücken gewandt, als eine Anzahl Bewaffneter mit geschwärzten Gesichtern ihre Erscheinung machte und von dem Polizeioffizier die Gefangenen verlangte. Dieser konnte sie gegen die Menge nicht verteidigen und übergab ihnen dieselben. Schnell wurde ein Strick an einer Telegrafenstange befestigt und die Diebe gefragt, ob sie noch etwas zu sagen hätten. worauf einer antwortete: »Nein, macht nur weiter mit Eurem Rattentöten.«

Danach wurde ihnen ohne weitere Zeremonie der Strick um den Hals gelegt und sie wurden an der Telegrafenstange hinaufgezogen. Nachdem man sich überzeugt hatte, dass sie unschädlich für die Zukunft waren, zerstreute sich die Menge und jeder ging seiner Wege. So endete gewöhnlich die Laufbahn eines Pferdediebes im fernen Westen.

Unsere Ochsen waren nun alle beisammen, wurden angespannt und wir traten die Reise wieder an. Doch da sie halb wild waren, hatten meine Fuhrleute harte Arbeit, ihre acht Paar per Mann zu hantieren. Sollten sie links gehen, so mussten sie auf die rechte Seite laufen und sie über die Köpfe hauen. Es war ein Geschrei den ganzen Tag über, dass man hätte verrückt werden können. Dabei gebrauchte man große schwere Peitschen, die mit beiden Händen gehalten werden mussten, denn der Peitschenstock ist einem jungen Baum ähnlich, die Peitsche selbst aus Rohhant geflochten und fünfzehn bis zwanzig Fuß lang, sodass eine große Fertigkeit dazu gehörte, sie zu benutzen, ohne sich dabei selbst die Augen auszuschlagen. Ging es über einen Fluss, so blieben die schlecht dressierten Ochsen stehen, um zu trinken, stiegen dabei über die verschiedenen Ketten, wodurch ein großer Durcheinander entstand, bis die Fuhrleute selbst ins Wasser gingen und den Wirrwarr auseinanderbrachten. Seiner Zeit fuhren wir über den Rio Grande. Wir hatten beinahe zwei Monate auf diesem Weg zugebracht und erreichten endlich Silver City, wo ich meine Fracht ablieferte. Als ich zur Rückkehr bereit war, waren meine Fuhrleute alle betrunken. Die Ochsen waren, da der Hirt sie in diesem Zustand nicht gehütet hatte, nicht zu finden. Ich musste deshalb einige Tage zugeben, bis sich die Jungen ausgetobt hatten und das Vieh wieder eingesammelt war. Auf dem Weg schloss sich mir einer an, der eine Ladung Pulver und Sprengstoff für die Minen geladen hatte, dessen Wagen aber, während er sein Abendbrot kochte, Feuer fing und in die Luft flog. In Ocate angekommen, gaben wir die Ochsen zurück und fingen unsere nun fett geworbenen Maultiere wieder ein. Dann luden wir die Wagen mit Schafwolle und lenkten unsere Rosse nach Norden. Inzwischen war Winter eingetreten und die kalten Nordwinde fegten so über die hohen Prärien von Colorado, dass man oft kein Feuer haben konnte. Besonders der Tag, an welchem wir nach Las Animas am Arkansas River kamen, war so kalt. Ein solcher Wind blies über die Prärie, dass ich das Reiten nicht mehr anshalten konnte, mein Pferd hinter einen der Wagen band, in den Wagen kroch, einen großen Wollsack aufschnitt und mich in die Mitte einiger Zentner Wolle hineinarbeitete, wo ich stecken blieb, bis wir Las Animas erreichten. Sobald ich die Tiere ausgespannt hatte und in den Schutz der großen Bäume und des Strauchwerks am Fluss getrieben sah, lief ich schnurstracks zum nächsten Haus, aus dessen Schlot ich eine große Rauchwolke kommen sah und polterte zur Tür hinein. Einige Männer, Miner von den Bergen, saßen vor einem großen Feuer, das im Kamin brannte, und räumten mir sogleich den wärmsten Platz ein. Nachdem ich mich gewärmt und meine Pfeife in Gang gebracht hatte, führten wir eine lebhafte Unterhaltung und ich blieb der Gast dieser Herren bis zum nächsten Morgen. Als sich der Sturm gelegt hatte und die Sonne wieder freundlich schien, machten wir uns wieder auf den Weg nach Kit Carson. Da mein Prinzipal in der Stadt war, übergab ich ihm die Wagen und teilte ihm meinen Entschluss, das Geschäft zu verlassen, mit.