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Romantruhe-Western Band 41

Hal Warner
Romantruhe-Western Band 41
Nacht der Colthyänen

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, August 2019, 64 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Maren
www.romantruhe.de

Kurzinhalt:
Der Galgen wartete auf den berüchtigten Killuck.

80 000 Dollar Lohngelder hatten er und seine Bande erbeutet. Und nur ihn hatten sie erwischt. Aber er hatte einen letzten Trumpf: Nur er kannte das Ver­steck der Beute.

Und dann geschah das, womit selbst Killuck nicht gerechnet hatte: Gleich zwei Banden waren verses­sen darauf, ihn zu befreien und somit in den Besitz des Geldes zu gelangen. Zwei Banden, die mörde­risch verfeindet waren! Und jede Bande hielt die un­menschlichsten Mittel bereit, um Killuck aus dem Jail herauszupauken.

Und die grauenhafte NACHT DER COLTHYÄNEN brach an …

Leseprobe

Lange Schattenbahnen fielen durch das hoch gelegene Gitterfens­ter der Zelle und zeichneten das Muster der Eisenstäbe auf den schmutzigen Fußboden. Immer mehr nahm das fahle Dämmerlicht von dem kahlen Raum Besitz und begann die Konturen zu verwischen.

Abner Killuck lag rauchend auf seinem Strohsack. Jedes Mal, wenn die Zigarettenglut aufglomm, wurde sein hartes Gesicht in dunkelroten Lichtschein getaucht.

Jetzt rasselte draußen im Gang ein Türschloss. Lauschend wandte der Gefangene den Kopf.

Die Verbindungstür zwischen Jail und Sheriff’s Office schwang knar­rend nach innen und prallte an die Wand des Zellenganges. Schritte nä­herten sich zugleich mit einem schwankenden Lichtkegel, der we­nig später Killucks Zelle erreichte und durch die Gittertür drang.

Killuck rekelte sich auf seiner Pritsche. Seine kieselgrauen Augen erfassten zwei Männer, die vor der Tür stehen blieben und zu ihm in die Zelle blickten.

Der eine war Tilghman Foster, der Sheriff von Culver City. Bei dem an­deren handelte es sich um einen jün­geren Mann mit gelblicher Gesichts­farbe. Offenbar plagte ihn ein Gal­lenleiden.

»Sieh mal einer an!«, sagte Killuck lässig, indem er den Rest einer Ziga­rette auf den Fußboden schnippte. »Der Schnüffler ist schon wieder hier! Ich bin gespannt, was Sie dies­mal auf Lager haben.«

Hank Jewson, der Pinkerton- Agent, räusperte sich. »Sie wissen, was Sie erwartet«, sagte er dann. »Morgen, bei Sonnenaufgang, sollen Sie hängen!«

»Sind Sie nur deshalb gekommen, um mir das zu sagen?«, gab der Verurteilte ungerührt zurück.

»Nein.« Jewson schüttelte den Kopf. »Es gibt noch einen anderen Grund.« Der Pinkerton-Mann mach­te eine kurze Pause und fugte dann hinzu: »Es besteht eine Möglichkeit, Ihr Leben zu retten, Killuck.«

»Was Sie nicht sagen! Und welche Möglichkeit ist das?«

»Sie müssten Ihr Beuteversteck verraten, müssten mir sagen, wo die achtzigtausend Dollar geblieben sind, die Sie mit Ihrer Bande geraubt haben«, antwortete Jewson und blickte gespannt auf Killuck, in des­sen Augen nun doch leichtes Inter­esse aufzuflackern schien.

»Was bekomme ich dafür?«, fragte der Bandit lauernd. »Die Freiheit?«

»Das wäre zu viel verlangt«, ent­gegnete der Pinkerton-Agent. »Ich sagte nur, Ihr Leben könnte gerettet werden.«

»Welches ich dann im Gefängnis zubringen müsste.«

»Das ist immer noch besser, als an den Galgen zu kommen.«

»Sie sind wohl nicht bei Trost!«, knurrte Killuck. »Man würde mich in einen Steinbruch stecken – und das ist schlimmer als der Tod!«

»Bei guter Führung könnten Sie früher oder später mit Ihrer Begna­digung rechnen«, wandte Jewson ein.

Der Gefangene überlegte. »Von wem hängt es ab, ob meine Strafe abgeändert wird?«, erkundigte er sich.

»Vom Gouverneur. Es ist möglich, dass er die über Sie verhängte To­desstrafe in lebenslange Haft um­wandelt, wenn Sie das Versteck der geraubten Lohngelder preisgeben.«

»Es ist möglich«, spottete Killuck. »Dass ich nicht lache! Was habe ich davon, he? Ich will keine leeren Ver­sprechungen hören, sondern Bewei­se sehen. Schwarz auf weiß will ich die haben. Dann lasse ich vielleicht über den Verbleib der Moneten mit mir reden. Früher nicht, kapiert?«

»Der Gouverneur weiß bereits von der Geschichte«, beeilte sich der Agent zu versichern. »Mr. Pinkerton hat ein betreffendes Ansuchen an ihn gestellt. Ich hoffe, noch heute eine zusagende Nachricht zu erhal­ten.«

Abner Killuck nickte gelassen. »Gut«, sagte er, »wenn Sie die haben, kommen Sie wieder. Im Augenblick wüsste ich nicht, was wir noch zu bereden hätten.«

Jewson biss sich auf die Lippen. Ohne noch ein Wort zu sagen, trat er von der Gittertür weg und ging mit Sheriff Foster in dessen Büro zurück, wo er sich seufzend auf einen Stuhl fallen ließ.

»Dieser Killuck ist ein verdammt hartnäckiger Bursche«, meinte er resignierend. »Steht mit einem Fuß unter dem Galgen, aber er gibt nicht im Geringsten klein bei.«

Der grauhaarige, etwas beleibte Sheriff setzte sich Jewson gegenüber und nahm eine dickbauchige Zigarre aus einem auf dem Schreibtisch ste­henden Kistchen. Cole Oddman, sein bärtiger, betagter Gehilfe, woll­te ebenfalls einen Griff ins Kistchen tun, doch Foster sah es und klopfte ihm auf die Finger.

»Sei mit deinem Priem zufrieden, Alter. Ich hab’ die Zigarren nicht für dich gekauft. Außerdem wird es Zeit, dass du für die Gefangenen das Es­sen holst.«

Der Oldtimer brummte unver­ständliches Zeug vor sich hin, war aber nicht ernsthaft beleidigt. Er dachte bereits an den Brandy, den er beim Essenholen in Mackenzies Sa­loon hinter die Binde gießen konnte.

Als er gegangen war, blickte She­riff Foster wieder auf sein Gegenüber und steckte ein wenig umständlich seinen Glimmstängel in Brand.

»Offen gesagt, ich würde an Killucks Stelle nicht anders handeln«, bekannte er freimütig. »Das Versteck der Lohngelder ist sein letzter Trumpf. Und den versteht er ge­schickt auszuspielen.«

»Glauben Sie, dass der Bursche auf mein Angebot eingehen wird?«, fragte Jewson hoffnungsvoll.

»Sicher, das wird er tun. Es fragt sich nur, ob der Gouverneur mit sich handeln lässt«, antwortete Foster und zog an seiner Zigarre. »Wenn nicht, wird Killuck sein Geheimnis mit ins Grab nehmen.«

 

*

 

Der Wind, der von den Bergen nördlich der Stadt wehte, zupfte an den Halstüchern der drei Reiter, von denen einer ein lediges Pferd mit sich führte.

Im Schutz der Dunkelheit näher­ten sie sich der Stadt, umrundeten sie und hielten schließlich vor einem Zaun, hinter dem ein Garten lag. Zwei von ihnen stiegen ab und über­gaben die Zügel dem dritten Mann, der im Sattel sitzen blieb.

Dann gingen sie auf den Zaun zu und schoben eine zerbrochene Plan­ke zur Seite, zwängten sich nachein­ander durch den Spalt und schlichen geduckt über das Grundstück.

Der eine war ein klotziger Kerl na­mens Morris. Der andere hieß Whisner und hatte eine eher schmächtige Statur. Sie hielten auf das Haus zu, in dem noch Licht brannte.

Seitlich des erhellten Fensters blieben sie stehen und spähten durch die Scheibe.

Ein junges Mädchen, kaum älter als zwanzig, saß am Tisch und be­schäftigte sich mit einer Handarbeit. Das Licht einer Kerosinlampe zau­berte einen goldenen Schimmer auf ihr langes, seidiges Blondhaar.

»Sie ist ahnungslos«, flüsterte Morris. »Komm, Kleiner!«

Die beiden Männer verließen ih­ren Beobachtungsplatz, bogen um die Ecke und gelangten zur Haustür. Vorsichtig drückte Whisner die Klin­ke nach unten.

»Abgeschlossen«, raunte er. »Aber das werden wir gleich haben.«

Er griff in seine Jacke und holte eine alte Zeitung und einen schma­len, wie ein Spielzeug wirkenden Dolch hervor.

Die Zeitung schob er unten durch den Türspalt, bis nur noch eine Ecke hervorsah. Dann riss er ein Schwefel­holz an, leuchtete ins Schlüsselloch und sah den Schlüssel innen ste­cken. Sein Bart zeigte schräg nach unten, aber es bereitete dem schmächtigen Mann keine Schwie­rigkeiten, ihn mit der Dolchspitze in die richtige Stellung zu bringen.

In diesem Augenblick verkündete eine Uhr im Haus die achte Abend­stunde. Grinsend stieß Whisner den Dolch in das Schlüsselloch.

Der Stundenschlag der Uhr über­tönte das Geräusch des im Flur her­abfallenden und auf der Zeitung lan­denden Schlüssels. Whisner bückte sich und zog die Zeitung wieder ins Freie. Er nahm den Schlüssel an sich und schob ihn vorsichtig ins Schloss. Als er ihn herumgedreht hatte, ver­stummte auch die Uhr.

»Bis jetzt hat alles prima ge­klappt«, wisperte Morris. »Hoffent­lich hat der Boss nicht einen zu frü­hen Zeitpunkt bestimmt. Meinst du, dass der Sheriff rechtzeitig kommen wird?«

»Er kommt, verlass dich darauf«, gab Whisner ebenso leise zurück. »Ich kenne Fosters Gewohnheiten und will mir alle Zähne ziehen las­sen, wenn er nicht in längstens einer Stunde hier aufkreuzt.«

Behutsam schob er die Tür auf und betrat vor Morris das Haus. Auf Zehenspitzen schlichen sie durch den Flur, an dessen Ende sie schwa­chen Lichtschimmer erkennen konn­ten, der durch die Ritzen einer Tür drang.

Vor der Tür verhielten sie und zo­gen sich ihre Halstücher übers Ge­sicht.

Dann stieß Morris die Tür mit ei­nemjähen Ruck auf.

Jenny Foster, die Tochter des She­riffs, fuhr erschrocken herum. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Mas­kierten erblickte, und ihrer Kehle entrang sich ein halblauter Schrei. Sie wurde bleich bis in die Haarwur­zeln.

Whisner richtete seinen Revolver auf sie.

»Keinen Mucks, Baby!«, knurrte er. »Wenn du vernünftig bist, ge­schieht dir nichts.«

Jenny war vor Angst wie gelähmt. »Wa… was wollt ihr von mir?«, brachte sie stammelnd hervor.

»Du wirst uns auf einem kleinen Ritt begleiten«, gab ihr der Schmäch­tige Auskunft. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen. Es nützt dir nämlich gar nichts, wenn du dich uns wider­setzt.«

Die Tochter des Sheriffs blickte gehetzt um sich. Am Zifferblatt der Wanduhr blieben ihre Augen schließ­lich hängen.

»Dein Vater kommt erst in einer halben Stunde«, sagte Whisner, der ihre Gedanken erriet, spöttisch. »Gib dich also keinen falschen Hoffnun­gen hin.«

Nach diesen Worten gab er seinem hünenhaften Begleiter einen Wink, worauf Morris an das Mädchen her­antrat, um es zu fesseln und zu kne­beln.

Jenny ließ es widerstandslos ge­schehen. Sie zappelte nur ein wenig, als Morris sie aufhob und hinaus­trug.

Ehe Whisner den beiden folgte, legte er einen beschriebenen Zettel auf den Tisch.

Wenig später hatten sie den Gar­ten hinter sich und schlüpften durch die Lücke im Zaun.

Der Kumpan, der bei den Pferden zurückgeblieben war, erwartete sie bereits mit Ungeduld. Auch er hatte jetzt sein Halstuch über die untere Gesichtshälfte gezogen.

Morris hob das Mädchen auf das reiterlose Pferd und band es darauf fest.

»Du weißt ja, wo du sie hinbringen musst«, wandte sich Morris an den Pferdewächter.

Die Schufte bestiegen ihre Pferde und trennten sich. Während sich Morris und Whisner nach Süden da­vonmachten, ritt der Dritte mit der Tochter des Sheriffs auf die Berge zu, die schwarz im Norden aufrag­ten.

Ein Klopfen an der Tür veranlass­te Sheriff Foster, seine Beine vom Schreibtisch zu nehmen. Die erkal­tete Zigarre noch im Mund erhob er sich und bewegte sich langsam zum Eingang.

»Wer ist draußen?«, erkundigte er sich misstrauisch.

»Reverend Cosgrove«, tönte es zu­rück.

Der Sheriff von Culver City er­kannte den Priester sofort an dessen rauer Stimme.

»Augenblick«, sagte er. Im nächs­ten Moment hatte er die Tür entrie­gelt und öffnete sie.

Grüßend trat der Reverend ein. Er war ein dürrer, kahlköpfiger Mann, der einen schwarzen, abgeschabten Anzug trug. Unter die linke Achsel hatte er eine zerfledderte Bibel ge­klemmt.

Milde lächelnd blickte er den She­riff an und sagte: »Ich möchte mit dem Verurteilten sprechen.«

»Ich hab’ Sie schon erwartet, Re­verend«, erwiderte Foster und ver­schloss wieder die Tür. »Kommen Sie, ich werde Sie zu ihm bringen.«

Er führte den Geistlichen zu Killucks Zelle.

Killuck lag rauchend auf seiner Pritsche und blickte den beiden Männern grinsend entgegen.

»Ah, der Schwarzrock!«, meinte er spöttisch. »Welche Ehre für mich, dass Sie mich besuchen! Sie sind wohl gekommen, um mir den letzten Trost zu spenden?«

Nach einigem Überlegen bequem­te er sich, aufzustehen, schlenderte lässig zur Gittertür und lehnte sich mit der Schulter dagegen.

»Na, was haben Sie mir zu sagen?« Der Reverend blickte den Gefange­nen freundlich an und sagte dann mit ruhiger Stimme: »Du weißt, wie es um dich bestellt ist, Abner Kil­luck. Morgen wirst du deinen letzten Weg gehen, wirst du die Schwelle übertreten, die dich ins Jenseits führt, und

»Sparen Sie sich Ihre salbungsvol­len Worte«, unterbrach Killuck den Priester. »Noch hänge ich nicht. Be­stimmten Leuten ist sogar sehr dar­an gelegen, dass ich am Leben blei­be.«

»Sicher«, entgegnete Cosgrove ge­duldig. »Ich weiß davon. Aber du entgehst deinem Schicksal nicht. Du hast große Schuld auf dich geladen, mein Sohn. Einen Teil dieser Schuld könntest du allerdings noch gutma­chen, wenn du nur willst.«

»Und wie?«, fragte Killuck grin­send.

»Indem du dich bereit erklärst, das Versteck des geraubten Geldes preiszugeben.«

Da lachte der hagere Bandit schal­lend.

»Für wie dumm halten Sie mich eigentlich, Reverend?«

Sheriff Foster stieß ein zorniges Schnauben aus.

»Sehen Sie, der Bursche macht sich auch noch lustig über Sie«, sag­te er an Cosgrove gewandt. »Geben Sie sich keine Mühe mit ihm. Sie vergeuden nur Ihre Zeit. Dieser Kil­luck ist nicht nur ein Mörder, son­dern auch sonst durch und durch verdorben. Er verachtet alles, was mit Recht, Gesetz und Christentum zu tun hat. Mit gutem Zureden rich­ten Sie bei dem nichts aus. Der redet höchstens, wenn er eine Hanfkra­watte um den Hals hat.«

»Darauf kannst du lange warten, Blechstern!«, rief Killuck böse. »Nicht eine Silbe wirst du von mir zu hören kriegen!«

Der Reverend hob beschwichti­gend die Hand. Mit gütigen Worten wandte er sich nochmals an den Ge­fangenen. »Willst du mit mir beten, mein Sohn?«

»Nein, Schwarzrock, darauf pfeife ich!«, versetzte Killuck verächtlich.

»Wie du willst«, sagte der Reve­rend enttäuscht. Er verließ mit dem Sheriff den Zellengang.