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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 69

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Sechzig Gulden werden bebrütet.

Eine listige Landstreicherin kam in das Dorf Opfell bei Schlackenwalde in Böhmen und sah auf einem Bauernhof ein schwarzes Huhn mit einem weißen Ringel um den Hals und einem weißen Kreuz auf dem Rücken. Auf einmal schien sie vor Erstaunen ganz außer sich gesetzt zu sein und schrie den Bauer an: »Ach lieber Alter, lieber Alter! Verkauft mir das Huhn oder wenigstens ein Ei davon. Ich gebe Euch einen Gulden für das Ei. Ich habe schon viele Jahre lang nach einem solchen Fund getrachtet.«

Einen Gulden für ein Ei, dachte der Mann.

Und so hatte die Spitzbübin ihn im Sack. Sie ließ sich lange schmeicheln und bitten, ehe sie das Geheimnis auskramte, dass neben einem solchen Ei aus jedem untergelegten Gulden 100 Florentiner ausgebrütet würden. Der einfältige Mann glaubte das und beredete seine Nachbarn, dass sie alle Gulden im Dorf, deren sechzig waren, zusammenbrachten.

»Nun fehlt es nur noch an einem Menschen, der neun Tage sitzen und brüten will«, sagte die Frau.

Auch der fand sich. Es wurde also ein Nest in einer Kammer zurecht gemacht, die Gulden daraufgelegt und mit Stroh bedeckt. Das Ei musste der Brütende, den man ganz in Betten einhüllte, unter die Achsel nehmen. So saß er drei Tage, ließ es sich auf Regimentsunkosten wohl schmecken, brütete, was er wusste und konnte. Die ganze Gemeinde war begierig zu sehen, wenn die jungen Gulden wie die Küchlein picken und schlüpfen würden. Aber am dritten Tag sprach die Tausendkünstlerin, es fehlten ihr noch allerhand geweihte Sachen zu dem Kunststück, die sie bei ihrem Vetter, dem Kapuziner, holen müsste. Ehe drei Tage vergingen, wollte sie wiederkommen. Die Leute setzten sich zwar dagegen, weil ihnen bange wurde, der Bruthahn möchte in Abwesenheit derselben etwas versehen; ließen sich aber doch von ihr überlisten. Sie ging ihres Weges, nachdem sie vorher das Nest noch einmal in Ordnung gebracht hatte. Als sie nun über den dritten Tag ausblieb, durchsuchte man das Nest und fand statt der Gulden lauter eckige Scherben untergelegt, auf denen es sich eben nicht sanft gesessen haben mochte.