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Bisonjäger – Teil 1

Bisonjäger – Teil I

Frühe Entwicklung

Die nachfolgenden Seiten hätten nie geschrieben werden können ohne die stille Mitarbeit unzähliger Männer, deren unmittelbare Erfahrungen die Grundlagen bilden, auf denen unser heutiges Wissen von den Bisonjägern beruht.

Reisende und Trapper, Pelzhändler und Soldaten haben ihr Wissen dazu ebenso beigesteuert wie Geologen, Archäologen, Anthropologen und nicht zuletzt die Indianer selbst.

 

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Das wohl blutigste Kapitel in der Geschichte der Landnahme durch den weißen Mann in Nordamerika wurde unzweifelhaft in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts geschrieben, als die Grenze immer weiter westwärts bis in das Gebiet zwischen dem Mississippi und den Rocky Mountains vorrückte.

In diesen weiten Ebenen hatte sich eine indianische Kultur gebildet, deren Hauptmerkmal ein von der Jagd abhängiges Reiternomadentum war. Vierzig Jahre (1850-1890) dauerte der erbitterte Kampf der amerikanischen Ureinwohner gegen die immer stärker anschwellende Flut der weißen Siedler, dann war ihr Schicksal besiegelt.

Seither gelten Tipis, Federhauben und berittene Kriegerhorden als typische Attribute der Ureinwohner Nordamerikas. Dabei wird oft übersehen, dass diese Merkmale nur bei den Bisonjägern vorhanden waren, das heißt, bei nur einer der zahlreichen Indianerkulturen, die einst existierten. Der kriegerische Geist und die persönliche Tapferkeit, die von diesen Stämmen zum Ideal erhoben wurden, sind größtenteils mit der Grund, warum die Bisonjäger zum Typus des Indianers schlechthin geworden sind.

Der interessierte Leser hingegen wird sich mit dieser oberflächlichen Pauschalisierung wohl kaum zufriedengeben, und deshalb haben wir versucht, mit dieser Abhandlung so tief wie möglich in das Thema einzudringen.

 

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Die ersten Berichte über die Stämme dieses Gebietes stammen von spanischen Expeditionen (Coronado 1541) sowie von französischen Entdeckern und Missionaren. Entsprechend dem damaligen Zeitgeist und der lebhaften Fantasie der Verfasser mancher Berichte ergaben diese allerdings nur ein unvollkommenes Bild.

Das Gebiet zwischen Mississippi und Rocky Mountains blieb so für lange Zeit ein sagenhaftes Wunderland. Erst als die amerikanische Bundesregierung im Jahre 1803 eine Expedition unter Lewis und Clark aussandte, um die von Frankreich erworbenen Territorien zu erforschen, wurde ein genauerer Überblick möglich. Eine wissenschaftliche Erfassung des Landes und seiner Kulturen war erst dem 20. Jahrhundert vorbehalten.

Die ältesten Bewohner der Prärien, von denen wir sichere Kunde haben, waren primitive Jäger. Sie sickerten gegen Ende der letzten Eiszeit in kleinen Gruppen in das Gebiet ein. Aschereste, zerstreute Knochen von Beutetieren und ein paar Steinwerkzeuge sind alles, was noch von ihnen kündet.

Die gefundenen Steinspitzen beweisen, dass das Gebiet von der sogenannten Folsomkultur erreicht wurde, das heißt von paläoindianischen Jägern, die zur Zeit des Pluvials (Pluvialzeiten = den diluvialen Eiszeiten entsprechende Zeiten mit stärkeren Regenfällen in heute zu den relativ trockenen Subtropen gehörenden Gebieten. Durch die Vereisung der Polargebiete wurde die Zone der Regenfälle zu allen Jahreszeiten äquatorwärts verschoben.) Jagd auf heute ausgestorbene Großwildarten wie Riesenbüffel, Kamel, Mammut und Wildpferd machten.

Mit dem Verschwinden des Eises der letzten Eiszeit änderte sich die nordamerikanische Fauna grundlegend.

Die erwähnten Tiergruppen starben aus, während gleichzeitig ein grundlegender Kulturwandel vonstattenging, von dem wir bis heute nicht genau wissen, welche der folgenden Kulturen auf den vorangegangenen basieren.

Auf die paläo-indianischen Jäger folgten die sogenannten archäischen Jägerkulturen, die ihrerseits wieder von Formen abgelöst und überlagert wurden, die aus dem Osten und Südosten zu stammen scheinen.

Mit diesen Hackbauern drang der Maisanbau mit seiner typischen Gartenwirtschaft in weite Teile des Präriegebiets ein und wurde örtlich sogar zur vorherrschenden Wirtschaftsform. Daneben spielte die Jagd weiterhin eine bedeutsame Rolle, wie Knochenfunde beweisen. Vermutlich stellten die beiden Wirtschaftsformen zugleich eine Arbeitsteilung der Geschlechter dar, die Gartenwirtschaft war Frauensache, die Jagd blieb den Männern vorbehalten.

Die vorherrschenden Siedlungsformen während dieser Zeit war die unbefestigte Kleinsiedlung bestehend aus einer Anzahl von rechteckigen oder auch runden Grubenhäusern. Die Töpferei war weit verbreitet, Muschelornamente deuten auf Verbindungen zur Golfküste hin.

Mit Ausnahme der Mandan gehörten diese Dorfbewohner vermutlich der Sprachfamilie der Caddo an, deren historische Vettern sich von den später aus dem Norden und Nordosten einströmenden Stämmen der Dakota/Lakota, umgangssprachlich als Sioux bekannt, durch eine intensivere Landwirtschaft unterschieden.

 

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Zur Zeit der Entdeckung Amerikas boten die Plains und Prärien ein wesentlich anderes Bild als etwa im 18. und 19. Jahrhundert. Der westliche Teil, die höher gelegenen Plains mit ihren geringen Niederschlägen, wurden unseren heutigen Erkenntnissen nach von Gruppen bejagt, die ihre Heimstätten am Rande der Rocky Mountains hatten. Zu gewissen Jahreszeiten stießen sie ins offene Gelände vor, um Jagd auf die Bisonherden zu machen. Diese Wirtschaftsform wurde noch in historischer Zeit von den Jicarilla-Apachen betrieben, deren Kultur ein Übergangsstadium zwischen südwestlichem Wildbeutetum und Großwildjägerei darstellt.

Der östliche Teil, die regenreicheren Prärien, war von Stämmen besiedelt, die mehr oder minder stark vom südöstlichen Maisbaugebiet beeinflusst erscheinen, Keramiken herstellten und den größten Teil des Jahres in festen Dörfern wohnten.

Diese Gartenkultur hatte sich an den großen Flüssen entlang bis weit nach Westen vorgeschoben. Diese Vorstöße waren jedoch nur von beschränkter Dauer, da periodische Dürren und Heuschreckenplagen die Bewohner immer wieder zum Rückzug nach Osten zwangen. Die sesshaften Stämme machten gleichfalls Jagd auf die Bisonherden, um auf diese Weise ihren Lebensunterhalt teilweise von der Jagd zu bestreiten.

Im Südteil des Gebietes finden sich immer wieder Hinweise zu südwestlichen puebloiden Kulturen, die allerdings zu keiner dauerhaften Entwicklung führten. Keramikfunde aus Texas zeigen sowohl südwestliche als auch südöstliche Einflüsse.

Unser Wissen von diesen Kulturen ist zwar immer noch lückenhaft, doch muss angenommen werden, dass zwischen den verschiedenen Gruppen zumindest ein gewisser Kontakt bestand, wahrscheinlich in Form von Tauschhandel.

Dass neben diesen Stämmen noch weitere Gruppen existierten, die das ganze Jahr über von der Bisonjagd lebten, gilt inzwischen als sicher.

Mit dem Erscheinen spanischer Siedler im Gebiet des Rio Grande entstand um 1600 in unmittelbarer Nähe der Plains-Indianer ein Pferdezuchtgebiet. Da die spanische Viehwirtschaft mit ihren berittenen Hirten aufgrund ihrer geringen Zahl und dem riesigen Gebiet abhängig von Fremdarbeitern war, wurden schon bald Indianer der örtlichen Stämme zum Vieh hüten herangezogen. Bei den sich daraus ergebenden Möglichkeiten war es nicht verwunderlich, dass die südlichen Plains-Stämme innerhalb von 50 Jahren zu Reitern wurden.

Die berittenen Indianer leisteten dem weiteren Vordringen der Spanier schon sehr bald und auch sehr erfolgreich Widerstand.

Durch ihre Übermacht, aber auch dank der größeren Schussfolge ihrer Kriegsbogen, waren sie den wenigen, mit Vorderladern bewaffneten Spaniern haushoch überlegen.

Einmal eingeführt verbreitete sich das Pferd rasch bis hin in den Norden. Um 1750 waren auch die Stämme nördlich des Missouris mit dem Pferd in Berührung gekommen. Da aus dem Nordosten etwa zur gleichen Zeit europäische Feuerwaffen auftauchten, entspann sich am Missouri ein ausgedehnter Handel, wobei die nördlichen Stämme hauptsächlich Gewehre gegen Pferde tauschten.

Um 1800 waren dann auch die südlichen Bisonjäger mit Feuerwaffen ausgestattet, wodurch die Kultur der Plains-Indianer die Voraussetzungen für den erbitterten Widerstand gegen das Vorrücken der Siedlungsgrenze der Weißen erhielten.

 

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Um diese Epoche und ihre Menschen verstehen zu können, ist es wichtig zu wissen, dass das Reiternomadentum der Plains-Indianer eine sekundäre Entwicklung darstellt.

Seine Ursprünge sind zum einen im Fortbestehen einer alten Jägertradition zu suchen, die sich neben dem Maisanbau als sekundäre Wirtschaftsform, vermutlich als saisonbedingte Tätigkeit der Männer hielt. Andererseits gab die Einführung des Pferdes den zum Schweifen neigenden Jägertum neuen Auftrieb.

Mit dem langsamen Niedergang des Gartenbaus, bedingt durch die Leichtigkeit, mit der ein berittener Jäger den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestreiten konnte, verstärkten sich die Wanderungsbewegungen. Zusammen mit den Feuerwaffen erhielt das kriegerische Element in den Kulturen neue Berechtigung. In vielen Fällen wurde die Landwirtschaft aufgegeben, denn die militärische Überlegenheit der bewaffneten Reiter brachte immer mehr Stämme dazu, ihrerseits zu Nomaden zu werden.

Zudem trafen wiederholte Epidemien die auf engem Raum lebenden Dorfbewohner viel schwerer als die verstreut lebenden Nomaden. Der Übergang vom sesshaften Gartenbauer zum Vollnomaden begann nach 1600 und war um 1780 im Wesentlichen abgeschlossen.

Quellennachweis:

  • Bisonjäger, Kosmos-Bibliothek Band 223 von Dr. Gustav A. Konitzky, Franckh’sche Verlagshandlung Stuttgart 1959, neu bearbeitet und in Szene gesetzt von G. Schulz, Ludwigsburg 2019