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Die Sternkammer – Band 1 – Kapitel 1

William Harrison Ainsworth
Die Sternkammer – Band 1
Ein historischer Roman
Christian Ernst Kollmann Verlag, Leipzig, 1854

Erstes Kapitel

Das Gasthaus Zu den drei Kranichen

Auf dem Kai Vintry Wharf, an der Ecke einer engen Gasse, die mit Thames Street eine Verbindung bildete, stand zu Anfang des 17. Jahrhunderts ein Gasthaus unter der Benennung Zu den drei Kranichen. Dieser alte Unterhaltungsort war schon länger als zweihundert Jahre, wenn gleich unter verschiedenen Bezeichnungen, vorhanden gewesen. Unter der Regierung Richard II., wo das Haus zuerst gegründet wurde, nannte man es die bemalte Schenke, weil die äußeren Wände koloriert und mit verschiedenen Schildereien, welche Bacchanalien darstellten, geschmückt waren. Aber diese Verzierungen kamen mit der Zeit aus der Mode, und die Schenke, ein wenig verändert in ihrer äußeren Erscheinung, wenn auch alle ihre innere Bequemlichkeit und Einrichtung beibehaltend, erhielt die Benennung Zu den drei Kronen, welche Bezeichnung ihr bis zur Thronbesteigung der Königin Elisabeth verblieb, wo man eine geringe Veränderung damit vornahm und sie Zu den drei Kranichen nannte; und so hieß sie in den Tagen ihres Nachfolgers und noch viel später.

Nicht, als hätte sich die letzte Benennung, wie man denken könnte, auf die drei mächtigen Kräne bezogen, die man anwendete, um Tonnen und Weinfässer aus den Booten ans Land zu bringen, welche zum Ausladen der größeren Schiffe dienten, die unterhalb der Brücke lagen, obwohl sie ohne Zweifel indirekt darauf anspielten. Die drei Kraniche, die sich auf dem mächtigen Schild, welches vor der Schenke hing, darstellten, waren Vögel mit langen Hälsen und langen Schnäbeln, wovon jeder einen goldenen Fisch im Schnabel hielt.

Aber unter welcher Benennung es auch bekannt sein mochte – als Krone oder Kranich – stand das Gasthaus immer im besten Ruf wegen seines vortrefflichen Weines. Dies ist umso weniger überraschend, wenn wir bedenken, dass es so nahe bei den mächtigen Gewölben und Kellern des Weinlagers stand, wo das auserlesenste Produkt der Gascogne, der Gegend von Bordeaux und anderer Weingegenden niedergelegt wurde, und wovon sich erwarten ließ, dass einige Sorten ihren Weg zu den Tischen dieses Gasthauses fanden. Der gute Wein war, wie wir beiläufig bemerken können, billig genug zu der Zeit, als die drei Kraniche zuerst eröffnet wurden, denn von dem edlen Traubensaft der Gascogne wurde der Gallon (vier Quart) zu vier Pence und vom Rheinwein für sechs Pence verkauft! Zu der Zeit, wovon wir reden wollen, waren indessen die Preise beträchtlich gestiegen; aber das Haus stand in ebenso gutem Ruf und wurde ebenso reichlich besucht, wie immer, ja noch mehr, denn der Ruf desselben hatte sich noch weiter ausgebreitet, seitdem es in die Hände eines unternehmenden französischen Schiffers Namens Prosper Bonaventure gekommen war, der die Leitung desselben seiner tätigen und hübschen kleinen Frau Dameris überließ, während er selber seine Handelsreisen zwischen der Garonne und der Themse fortsetzte. Und sehr gut erfüllte Madame Bonaventure die Pflichten der Wirtin, wie wir sogleich sehen werden.

Da der Schiffer ein sehr schlauer Kerl war, sein Geschäft vollkommen verstand und praktisch den transatlantischen Grundsatz anwendete, auf dem wohlfeilsten Markt einzukaufen und auf dem Teuersten zu verkaufen, so gelang es ihm bald, reich zu werden. Ja, er tat noch mehr, er stellte seine Gäste in den drei Kranichen zufrieden. Da er seine Weine mit Verstand auswählte und gute Gelegenheiten hatte, gelang es ihm, einige vortreffliche Einkäufe zu machen, die nirgend anders ihresgleichen fanden, und mit diesem Nektar zu seiner Verfügung, wurde das Glück seines Hauses gemacht. Alle feinen Herren der Stadt strömten in die drei Kraniche, um an der kürzlich dort eingerichteten französischen Wirtstafel zu Mittag zu speisen und eine Flasche köstlichen Bordeauxwein zu trinken, für dessen lieblichen Wohlgeschmack und Bukett alle Kenner von Rotwein schwärmten. Von Mittag bis spät nachmittags lagen daher fast ebenso viele zierliche Barken und Jollen als Lichterschiffe am Weinlagerkai. Zuweilen, wenn es an Raum fehlte, nahmen die kleinen Fahrzeuge den ganzen Raum von Queenhithe bis Steelyard ein, an welchem letzteren Ort Katharinas Rad wegen seines starken Rheinweins und seiner geräucherten Ochsenzungen ebenso berühmt war, wie unser Gasthaus wegen seines feinen Bordeauxweines und seinen vortrefflichen Pasteten.

Doch keine der geringsten Anziehungskräfte der drei Kraniche war die Wirtin selber. Madame Bonaventure war eine lebhafte kleine Brünette, noch jung, oder wenigstens weit entfernt, alt zu sein, hatte außerordentlich schöne Zähne, die sie sehr gern zeigte, und außerordentlich zierliche Knöchel, die sie unter dem weiten Reifrock zu verbergen keine Neigung hatte. Ihre Figur war ganz die einer kleinen Venus, und da sie gleich den meisten ihrer Landsmänninnen die Kunst des Ankleidens auf bewundernswürdige Weise verstand, so wusste sie ihre Person aufs Vorteilhafteste darzustellen, indem sie sich immer in einem Stil und Farben kleidete, die ihr gut standen und nie eine zu übertrieben große Halskrause oder eine unsinnig lange Schneppe an ihrem Leibchen trug. Die Stoffe ihrer Kleider waren allerdings über ihrem Stand, denn keine Hofdame konnte sich kostbarerer Seidenzeuge rühmen, als die, in welchen die hübsche Dameris bei festlichen Gelegenheiten erschien, was sich dadurch erklären ließ, dass der gute Schiffer selten von einem Ausflug nach Frankreich zurückkehrte, ohne seiner Frau ein Stück Seidenzeug, Brokat oder Samt von Lyon oder eine Halskrause, ein paar Manschetten, einen Halskragen, ein Bindchen oder ein Stirnband aus Paris mitzubringen. So konnte man die neueste französische Mode in den drei Kranichen an der Wirtin und das neueste französische Zwischengericht auf ihrem Tisch sehen, denn unter anderen wichtigen Erfordernissen zum Wohlstand des Hauses hielt Madame Bonaventure einen Koch – einen ihrer Landsleute, der eine außerordentliche Geschicklichkeit in seinem Fach besaß.

Da wir unsere Beschreibung der reizenden Bordelaise noch nicht vollendet haben, so müssen wir hinzufügen, dass sie eine schöne südliche Gesichtsfarbe, glänzende schwarze Augen, von langen dunklen Wimpern beschattet und von schwarzen Brauen überwölbt, besaß, und dass ihr Rabenhaar zurückgekämmt und über ihrer glatten Stirn in jeder Hinsicht vollkommen schön, zusammengerollt war. Darüber trug sie eine sehr hübsche Haube mit einer Stirnbinde. Eine wohlgestärkte und wohlgeglättete Krause umgab ihren Hals. Ihre Oberlippe war von dem leichtesten Daun, so weich wie Seide, verdunkelt. Diese Eigentümlichkeit – eine Eigentümlichkeit für eine Engländerin, obwohl man sie häufig an den Schönen des südlichen Frankreich bemerkt – erhöhte ihre Reize in den Augen ihrer zahlreichen Anbeter nur noch. Ihre Knöchel waren, wie gesagt, zierlich, und wir können hinzufügen, dass sie sich häufiger in einem gestickten französischen Samtschuh, als in einem von spanischem Leder darstellten, während sie, wenn sie ausging, um ihre Statur zu erhöhen, Stiefelchen mit hohen Absätzen trug.

Kapitän Bonaventure war keineswegs eifersüchtig; und selbst, wenn er es gewesen wäre, hätte wenig daran gelegen, da er fast beständig abwesend war. Indem unsere lebhafte Dameris einige von den Vorrechten einer Witwe zu haben glaubte, so unterhielt sie sich unbefangen genug mit den gewandtesten und schönsten jungen Männern, die ihr Haus besuchten. Aber sie wusste, wie weit sie gehen durfte. Keine zu freie Rede oder Unschicklichkeit wurde je in den drei Kranichen gestattet, und das ist viel gesagt für die Wirtin, wenn man den ausschweifenden Charakter des Zeitalters in Erwägung zieht. Außerdem war Cyprien, ein rüstiger junger Gascogner, der den Posten des Kellners bekleidete, nebst zwei oder drei anderen Tellerkratzern, die bei Tisch den Gästen aufwarteten, im Allgemeinen genügend, um das Haus von allen lästigen Schwärmern zu befreien. So war der Ruf der drei Kraniche ohne Makel, ungeachtet der Liebenswürdigkeit und Koketterie der Wirtin und auch trotz der boshaften Zungen rivalisierender Wirte, die sich laut genug dagegen erhoben. Eine hübsche Frau kann gewiss sein, Feinde und Verleumder zu haben, und Madame Bonaventure hatte mehr als genug, doch dachte sie wenig daran.

Einen Punkt gab es indessen, hinsichtlich dessen sie vorsichtig sein musste. Sie war auch außerordentlich vorsichtig, dem Tadel oder Angriff den geringsten Raum zu gestatten. Dies war die Religionsfrage. Als sie zuerst das Haus übernahmen, gab Madame Bonaventure vor, dass sie und der Schiffer Hugenotten wären, die von Familien abstammten, welche zur Zeit der Heiligen Liga wegen ihrer festen Anhänglichkeit an ihren Glauben viel Verfolgung gelitten hatten. Die Angabe wurde allgemein geglaubt, obwohl einige daran zu zweifeln behaupteten. Freilich trug unsere Wirtin kein Kreuz, keinen Rosenkranz oder irgendein äußeres Zeichen des Katholizismus. Und obwohl dies wenig bewies, so entdeckte man doch nie, dass sie insgeheim eine Messe besuchte. Ihre Bewegungen wurden beobachtet, aber ohne, dass irgendetwas zutage kam, was auf religiöse Gebräuche irgendeiner Art Bezug hatte. Die, welche ihr nachspürten, entdeckten, dass sie ihre Besuche größtenteils in Paris Garden, in der Rose und im Globustheater, wo die Stücke unseres unsterblichen Barden damals aufgeführt wurden, oder an irgendeinem anderem Vergnügungsorte abstattete. Wenn sie zuweilen auf dem Fluss fuhr, geschah es nur bei einer Lustpartie, von feinen Herren in Samtmänteln und seidenen Wämsern und von leichtherzigen Damen, wie sie selber, und nicht von berüchtigten Wühlern oder sauer aussehenden Priestern begleitet. Da aber viele Kaufleute aus Bordeaux sowie aus den Hansestädten und andere Fremde das Haus besuchten, so wurde es von den Argwöhnischen als eine Pflanzschule der römischen Ketzerei und des Verrats betrachtet. Überdies behaupteten diese Verleumder, dass englische Katholiken sowie Seminarpriester vom Ausland dort beherbergt und durch den Schiffer heimlich der Verfolgung der Justiz entzogen worden; aber die Beschuldigungen wurden niemals bewiesen und konnten daher nur von Neid und Bosheit herrühren. Welches auch Madame Bonaventures religiöse Ansichten sein mochten, so wusste sie doch so gut zu schweigen, dass sie niemand je ausfindig machte.

Aber schlimme Tage standen bevor. Bisher war alles günstig und lächelnd gewesen. Die Aussicht begann sich jetzt zu verdunkeln.

Innerhalb des letzten Jahres war eine seltsame und unerwartete Verhinderung des Einkommens unserer Wirtin eingetreten, die sie anfangs ohne große Ängstlichkeit betrachtete, weil sie ihren Umfang nicht klar einsah; aber in der letzten Zeit, als der furchtbare Charakter derselben offenbar wurde, erfüllte sie sie mit Unruhe. Die Kalamität, wie sie sie natürlich genug betrachtete, entstand auf folgende Weise. Das Gegenwärtige war ein Zeitalter der Monopole und Patente, die von der Krone gewährt wurden, welche stets begierig war, unter irgendeinem Vorwand Geld zu erhaschen, so ungerecht und so wenig zu rechtfertigen derselbe auch sein mochte, wenn derselbe nur einen guten Schein hatte. Diese ärgerlichen Privilegien wurden von habgierigen und gewissenlosen Personen zu dem Zweck erkauft, um sie als Werkzeuge der Erpressung und des Unrechts anzuwenden. Obwohl verschiedene Zweige des Geschäfts und der Industrie unter dem ihnen aufgelegten Druck seufzten, war doch kein Mittel der Abhilfe vorhanden. Die durch Patente Bevorzugten genossen einer vollkommenen Straflosigkeit, indem sie sie nach Gefallen unterdrückten, ganze Distrikte verpachteten und die Beute verteilten. Ihre unglücklichen Opfer wagten kaum zu murren, denn sie hatten immer den gefürchteten Gerichtshof der Sternkammer vor Augen, über den ihre Verfolger gebieten konnten, und der die Krakeeler, die über ihr Unrecht klagten und ihre Unterdrücker des Verbrechens beschuldigten, mit Geldbuße, Brandmarkung und Pranger bestrafte. Viele wurden auf diese Weise behandelt und für andere als schreckendes Beispiel aufgestellt. Daher kam es, dass die Sternkammer wegen ihrer furchtbaren Maschinerie, wegen ihrer außerordentlichen Gewalt, wegen der bekannten Bestechlichkeit und Käuflichkeit ihrer Beamten, wegen der Eigentümlichkeit ihres Verfahrens, die immer den Kläger begünstigte, und wegen der Strenge, womit sie alle gegen des Königs Repräsentanten, wie alle Patentierten angesehen wurden, ausgesprochenen Worte des Tadels oder irgendeine Verschwörung oder falsche Anklage, die man gegen sie vorbrachte, bestraften. Daher kam es, sagen wir, dass dieser schreckliche Gerichtshof im protestantischen England ebenso sehr gefürchtet wurde, wie die Inquisition im katholischen Spanien. Die von der Sternkammer auferlegten Strafen, wie wir aus gesetzlicher Autorität und von einem Richter jenes Gerichtshofes hören, waren Geldbuße, Gefangenschaft, Verlust der Ohren, Annageln an den Pranger, Aufschlitzen der Nase, Brandmarken vor der Stirn, das Auspeitschen in späterer Zeit, das Tragen von Papieren an öffentlichen Plätzen oder jede andere Strafe, mit Ausnahme der Todesstrafe. John Chamberlain bemerkt um dieselbe Zeit in einem Brief an Sir Dudley Carlton: »Die Welt empfindet jetzt eine große Furcht vor der Sternkammer, da es kein so geringes Vergehen gegen irgendeine Proklamation gibt, welches nicht der Rüge jenes Gerichtshofes unterworfen wäre. Und die Proklamationen und Patente sind so gewöhnlich, dass kein Ende davon abzusehen ist, denn jeder Tag bringt irgendein neues Projekt zum Vorschein. So ist vor zwei Tagen eins zugunsten Sir Thomas Roes und seiner Genossen für den Tabak ans Licht gekommen, welches, wenn sie es gegen die allgemeine Stimme aufrecht halten und behaupten können, eine große Bequemlichkeit für sie sein wird, wenn nicht der Unwille, mehr als jeder andere Grund, jenes schmutzige Unkraut außer Gebrauch bringen wird.«

Welches würde heutigen Tages die Wirkung eines solchen Patents sein? Würde es im Geringsten den Gebrauch des schmutzigen Unkrauts beschränken?

»In Wahrheit«, fährt Chamberlain fort, »die Welt seufzt unter der Last dieser beständigen Patente, die so häufig werden, dass, während man bei des Königs Thronbesteigung nur über acht oder neun Monopole klagte, sie sich jetzt auf ebenso viele Dutzend vermehrt haben.«

Aus diesem Zitat aus einem Privatbrief der damaligen Zeit kann man die allgemeine Stimmung und die Bestürzung hinlänglich beurteilen, welche diese Bedrückungen in allen Klassen hervorbrachten.

Unter denen, welche den größten Anteil an der Beute erhielten, waren zwei Personen, die eine vorragende Stellung in unserer Geschichte einnehmen sollen.

Es waren Sir Giles Mompesson und Sir Francis Mitchell, welche beiden Namen allgemein gefürchtet und verabscheut wurden, obwohl niemand öffentlich übel von ihnen zu reden wagte, da sie ebenso unerbittlich in ihren Feindschaften wie habsüchtig und wucherisch in ihren Anforderungen waren. Manches Ohr ging verloren, manche Nase wurde aufgeschlitzt, mancher Rücken gepeitscht, weil die Unglücklichen sie nach ihrem Verdienst dargestellt hatten. So blieben sie völlig ungestraft, und da der schreckliche Gerichtshof der Sternkammer sie verteidigte und ihre Feinde bestrafte, so boten sie allem Widerstand Trotz.

Ebenso unersättlich wie gewissenlos war dieses habsüchtige Paar stets bereit, neue Mittel der Erpressung und Plünderung zu erfinden. Zu den letzten und vorteilhaftesten ihrer Erfindungen gehörten drei Patente, die sie durch die Vermittlung des Sir Edward Villiers, Halbbruder des herrschenden Günstlings, des Marquis von Buckingham, natürlich gegen eine nicht unbedeutende Geldsumme erhalten hatten, nämlich die Bierhäuser zu privilegieren, die Gastwirtschaften zu beaufsichtigen und ausschließlich Gold- und Silberfäden zu fabrizieren. Nur mit den beiden Ersten haben wir es hier zu tun, da sie so nachteilig auf Madame Bonaventure einwirkten. Dies werden wir ausführlicher erklären, da es dazu dienen wird, die Wirkungen eines furchtbaren Systems der Erpressung und Ungerechtigkeit zu zeigen, welches glücklicherweise keine Geltung mehr hat.

Vermöge der großen Gewalt, die ihnen ihre Patente übertrugen, kamen die sämtlichen Gasthäuser der Hauptstadt unter die Kontrolle der beiden Erpresser, die nach Gefallen ihre Auflagen erhoben. Die Entziehung einer Erlaubnis oder die gänzliche Unterdrückung einer Gastwirtschaft, unter dem Vorwand, dass es ein sittenloses und ungeordnetes Haus sei, folgte sogleich der Verweigerung einer, wenn auch noch so übertriebenen Forderung. Die meisten Personen zogen die entfernte Möglichkeit, zugrunde gerichtet zu werden, nebst der Wahrscheinlichkeit, dieses Unglück durch bereitwillige Unterwerfung abzuwenden, der bestimmten Gewissheit vor, Vermögen und Freiheit durch Widerstand zu verlieren.

Furchtbar war die Verwüstung, die von diesen bevollmächtigten Räubern angerichtet wurde, doch wagte niemand, ihnen Einhalt zu tun oder auch nur zu klagen. Sie hatten den Namen des Gesetzes für sich, um ihre Handlungen zu rechtfertigen, und das ganze Ansehen desselben, um sie zu unterstützen. In einigen Fällen wurden Verträge versucht, doch fand man sie unwirksam. Leicht umgangen von Personen, die nie die Absicht hatten, sich davon binden zu lassen, wurde das Übel nur ärger dadurch gemacht, anstatt als Heilmittel zu dienen. Es war klar, dass die beiden Blutsauger nicht aufhören würden, den Lebensstrom aus den Adern ihrer Schlachtopfer zu ziehen, so lange noch ein Tropfen darin war. Es wurden ihnen auch gute Dienste geleistet bei ihrem bösen Werk – aus dem einfachen Grund, weil sie ihre Agenten gut bezahlten. Teilnehmer hatten sie nicht, wenigstens keine, die sich als solche zu erkennen geben wollten. Aber die untergeordneten Offizianten – und selbst einige von den hohen Beamten, wie man sich zuflüsterte – die Untergebenen des Sheriff, die Büttel, die Gerichtsdiener und andere waren in ihrem Sold, außer einem Heer von Anhängern – gemeinen, schmutzigen Kerlen, die sich nicht vor falschen Eiden, Betrügereien, vor irgendeiner Art von Schurkerei, ja, wenn es nötig war, nicht einmal vor dem Fälschen gesetzlicher Dokumente scheuten.

Kein Wunder, dass die arme Madame Bonaventure, als sie bemerkte, dass sie in die Klauen dieser Harpien geraten sei, wegen des Erfolges zu zittern begann.