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Der Konstanzer Hans Teil 19

W. Fr. Wüst
Der Konstanzer Hans
Merkwürdige Geschichte eines schwäbischen Gauners
Reutlingen, 1852

Neunzehntes Kapitel

Hans bekommt neue Kameradschaft.

Da Hans auf dem Martinimarkt in Tübingen früher schon gute Geschäfte gemacht hatte, so wollte er dort sein Glück noch einmal versuchen. Er begab sich am Ende mit Peter auf den Weg dorthin. Zu Bondorf im Gäu trafen sie nicht nur Hans’ Eltern und Schwester, sondern auch Peters Stiefvater, den sogenannten Schinder-Martin, und die Schwester des Letzteren, Maria Göhringer, an. Diese war durch den Leichtsinn und das liederliche Leben ihres Mannes beinahe um ihr ganzes Vermögen gekommen und darauf, sowie ihr zweijähriges Kind, von ihm verlassen worden. Indessen zog sie so herum und ernährte sich wie ihr Bruder von der Quacksalberei. Auch hatte sie noch 100 französische Taler in ihrer Geburtsstadt Lützelburg auf Zinsen stehen. Kaum hatte Hans dies erfahren, so war er lüstern nach dieser Summe. Peter machte seiner Base Göhringer den Antrag, sie solle seinen Freund Hans heiraten. Diese war aber eine entschiedene Feindin der Gaunerei. Sie traute diesem nicht, weil er mit Peter umging, dessen Diebereien ihr nicht unbekannt waren. Hans wusste ihr indessen so viel Schönes und Angenehmes zu sagen, dass sie ihn lieb gewann und ihn zu heiraten versprach. Doch verlangte sie von ihm, dass das Stehlen aufgegeben werden und er immer bei ihr bleiben müsse. Entweder solle er einen Handel mit Porzellan treiben oder wolle sie ihn das Medikastern (Quacksalberei) lehren. Hans versprach alles bereitwillig, ohne aber mit Ernst daran zu denken, das Versprechen zu halten. Hierauf wurde die Heirat geschlossen. Hans sah mit Ungeduld der Stunde entgegen, in der er die hundert Taler erheben könnte. Sogleich wurden auch die Anstalten zur Reise nach Lützelburg gemacht.

Zu gleicher Zeit hatte sich Peter mit Hans’ Schwester in ein Liebesverständnis eingelassen und floh mit ihr in der Nacht. Hans’ Vater war über diese Flucht untröstlich, da sein ganzes Herz an der Tochter hing. Er machte seinem Sohn die bittersten Vorwürfe, dass er die Schuld trage, weil er Peter mitgebracht habe. Hans sah ein, dass sein Vater recht habe, und versprach ihm, nicht nachzulassen, bis er seine Schwester dem Peter wieder abgenommen habe. Denn er selbst hatte seine Schwester auch sehr lieb. Obwohl er ein vollkommener Gauner war, so schätzte er doch diejenigen glücklich, die es nicht waren, und warnte seine Schwester öfters vor dem Stehlen. Er ermahnte sie, sich ehrlich durch die Welt zu bringen und an ihm ein Beispiel zu nehmen, was für ein verworfener Mensch ein Dieb sei. Nun fürchtete er mit Recht, seine Schwester könnte durch Peter zur Gaunerei angehalten werden, und machte sich daher sogleich auf, diese beiden aufzusuchen. Trotz allem Eifer und allen Nachforschungen fand er aber die Gesuchten nirgends, auch nicht in Straßburg, wo er sie gewiss zu treffen hoffte.

Nun reiste er mit seiner Frau nach Lützelburg, um das Geld zu holen. Zur Vorsicht ließ sie aber auf den Rat ihres Schwagers noch einen Teil des Vermögens dort stehen. Beide reisten nach Straßburg zurück. Hans schaffte sich von dem Geld gleich neue Kleider an und ließ es sich an einem mit Speisen und Getränken wohlbesetzten Tisch trefflich schmecken. Doch kaufte er auch, zur Beruhigung seiner Frau, eine Kiste mit allerlei Arzneimitteln und trieb nun seinen Handel.

Dieser wurde aber bald wieder unterbrochen, weil der alte Schuster seinem Sohn keine Ruhe ließ, die Schwester aufzusuchen und diesem selbst viel daran lag, dieselbe aufzufinden und zu retten. In Gengenbach endlich fand er sie und Peter und forderte sie drohend von diesem zurück. Peter gab nach und Hans söhnte sich auf dringendes Bitten wieder mit ihm aus.

Diese Aussöhnung war aber seiner Frau sehr unangenehm, weil sie von der Kameradschaft mit Peter alles für Hans fürchtete. Um sie nun zu prüfen, ob sie wirklich das Stehlen so verabscheue, sagte er einmal in ihrer Gegenwart zu Peter, sie wollten bei einem Krämer in Turbach einbrechen, der ein schönes Warenlager habe. Darauf erklärte sie, dass sie sogleich zum Fenster hinaus um Hilfe rufen werde, sobald sie es wagten, einen Schritt in dieser Absicht zu tun.

»Es war ja nur ein Scherz«, sagte Hans beruhigend.

Aber das Misstrauen blieb, besonders weil er sich von Peter nicht trennen wollte. Zugleich gab sie ihm die bestimmte Erklärung, dass sie ihn verlassen werde, wenn er die Verbindung mit Peter nicht aufgebe.