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Oberhessisches Sagenbuch Teil 34

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

VI.
Nixen, Elben, Hexen

Der Wassermann

Im Wittgenbörner Teich wohnt ein Wassermann, von dem wäre viel zu erzählen. Unten im Wasser hat er seine köstliche Wohnung, darin haust er zusammen mit seiner Magd. An schönen lichten Tagen kommt er aus der nassen Tiefe herauf. Man hat ihn dann oft gesehen, wie er auf dem Wasser saß mit seinen grünen Haaren und sich seine zerrissenen Hosen flickte.


Am Forellenteich

Ein unbekannter Mann, der aber jedenfalls mehr verstand, als Birnen zu schälen, kam von Schotten herauf und gerade nach Breungeshain hinein, wo er sich einen Bauer bestellte, der ihm seinen Ranzen den Oberwald hinauftragen sollte. Gingen also die beiden selbander bis oben auf die Höhe.

Da wollte der Fremde den Bauer wieder heimgehen lassen, doch dieser in seiner Dienstfertigkeit sagte: »O, ich will noch ein Stück mit Euch gehen.«

»Nun, so verschlägt es mir auch nichts«, antwortete jener, »geht mit, aber gebt mir den Ranzen und versprecht mir, dass Ihr mausestill sein wollt und Euch nicht rühren noch regen. Es mag vorkommen, was da will.«

Der Breungeshainer versprach es hart und fest. So gelangten die zwei allgemach zum oberen Forellenteich, wo der Fremde nochmals sagte: »Jetzt gilt es, haltet Euch ruhig, es passiert Euch nichts.«

»Ja doch«, sprach der andere.

Darauf nahm jener den Ranzen, wendete ihn um und zisselte etwas heraus. Das war lebendig und hatte das Ansehen, als ob es Rattmäuse wären. Dann ging er dreimal hintereinander, immer schneller, fast als flöge er, um den Teich, sodass dem Zuschauer Hören und Sehen verging.

Es dauerte nicht lange, so flog aus dem Wasser ein ungeheurer Rabe auf und flatterte mit weit ausgestreckten Flügeln und hässlichem Gekrächze über den Teich hin. Gleich nach ihm tauchte ein wilder Hund aus den Fluten und sprang auf sie zu. Aber der Fremde schlug mit seinem Stock nach ihm. Zum dritten Mal hob sich das Wasser, und ein Ungetüm wurde sichtbar, wie ein riesengroßer Mann, halb nackt bis auf den Nabel und ganz schwarz, mit grünen Haaren um den Kopf, so lang und straff wie Schilfblätter. Er bleckte die Zähne und schaute mit funkelnden Augen um sich.

Nun aber wurde es dem Bauern doch zu bunt, er zitterte und bebte am ganzen Leib und schrie so laut er konnte: »Ich will fort, ich will fort!«

Kaum hatte er gerufen, so geschah ein Knall wie ein Donnerschlag. Alles war weg, der Rabe, der Hund, der Wassermann, und ruhig, als wäre nichts geschehen, lag der Teich vor seinen Blicken. Nur von fern noch sah er den Fremden eiligst sich davonmachen und bald im Gebüsch verschwinden.

Die Geschichte habe ich dem Mann selbst aus dem Maul gehört, als er sie ganz frisch noch auf dem Rainhof in der Schmiede meinem Ellervater erzählte. aber was sie bedeuten solle, wussten sie alle beide nicht herauszukriegen. Das ist ein Brocken für Leute, die in die Bücher gehen.