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Abenteuer des Captains Bonneville 18

Washington Irving
Abenteuer des Captains Bonneville
oder: Szenen jenseits der Felsengebirge des fernen Westens
Verlag von J. D. Sauerländer. Frankfurt am Main, 1837

Siebzehntes Kapitel

Öffnung der Versteckgruben. Abteilungen von Cerré und Hodgkiss. Salmon River Mountains. Aberglaube eines indianischen Biberfängers. Godin’s River. Vorbereitungen zum Biberfang. Ein Schrecken. Eine Unterbrechung. Eine Bande Nebenbuhler. Naturerscheinungen der Snake River Plain. Weite Spalten und Klüfte. Von der Erde verschlungene Ströme. Erhabene Naturszene. Eine große Büffeljagd.

Captain Bonneville fand seine Versteckgruben unversehrt. Nachdem er sie heimlich geöffnet hatte, nahm er daraus solche Artikel, die ihm notwendig waren, die freien Trapper auszurüsten und den unbeträchtlichen Handel mit den Indianern zu treiben, worauf er sie wieder zuwarf. Da die freien Trapper nun neu ausgestattet und versehen waren, so waren sie voller Mut und bramarbasierten fröhlich im Lager herum.

Um allen für die erduldeten Leiden etwas gütlich zu tun und sie zu fernerer Tätigkeit anzuspornen, gab Captain Bonneville seinen Leuten, was man in der Sprache der Grenze eine tüchtige Abfütterung nennt. Es war ein Tag froher Spiele, Späße und übermäßiger Schwelgerei. Die Indianer nahmen an den Scherzen und Spielen herzlichen Anteil und alles war Fröhlichkeit und gute Kameradschaft bei ihnen.

 

Es war nun Mitte Märzes und Captain Bonneville traf Anstalt, einen neuen Frühlingsfeldzug zu eröffnen. Er hatte den Malade River für die nächste Jagdzeit zu seinem Hauptfangreviere erwählt. Dies ist ein Fluss, der in den großen Gebirgen, nördlich der Lava Plain, entspringt und nach einem Laufe voller Krümmungen in den Snake River fällt. Vor seiner Abreise schickte der Captain den Herrn Cerré mit einigen Leuten ab, um die indianischen Dörfer zu besuchen und Pferde zu kaufen. Er versah seinen Schreiber, Herrn Hodgkiss, ebenfalls mit einem kleinen Vorrat von Waren, um von den Indianern während des Frühlings ihre gesammelten Rauchwaren einzuhandeln, indem er die Versteckgruben am Salmon River als den Treffpunkt bestimmte, wo sie am 15. des folgenden Monats Juni wieder zu ihm stoßen sollten. Nachdem dies geschehen war, brach er mit einer Gruppe von achtundzwanzig Mann, die aus gemieteten und freien Biberfängern und indianischen Jägern, nebst acht Squaws bestand, zum Malade River auf. Ihre Route lag die rechte Gabel des Salmon River hinauf, durch die tiefe Gebirgsschlucht. Sie reisten sehr langsam, indem sie nicht über fünf Meilen den Tag machten, da manche Pferde so schwach waren, dass sie auf ihrem Marsch wankten und strauchelten.

Weidegras wuchs jedoch nun in Fülle. Sie hatten davon an Überfluss, das an manchen Plätzen eine solche Höhe erreicht hatte, dass es im Wind wogte. Die Herden der Wildnis, die Gebirgsschafe, wie sie die Biberfänger nennen, sah man beständig auf den Hügeln, zwischen welchen sie durchkamen. Ein großer Vorrat von Hammelfleisch wurde von den Jägern herbeigeschafft, da sie den Regionen zueilten, wo Mangel war.

Im Laufe seiner Reise hatte Captain Bonneville Gelegenheit zu bemerken, wie viele und beinahe abergläubische Ideen unter den Indianern und einigen Weißen, rücksichtlich des Scharfsinns der Biber, herrschten. Die indianischen Jäger seiner Partie hatten die Gewohnheit, alle Ströme auszuforschen, an denen sie vorbeikamen, um Biberbaue aufzusuchen, und legten ihre Fallen bisweilen mit einigem Erfolg. Einer von ihnen jedoch hatte beständiges Unglück, obwohl er ein erfahrener und geschickter Trapper war. Bestürzt und ärgerlich über ein so ungewöhnliches Missgeschick kam er endlich auf die Idee, dass er irgendeinen Geruch an sich haben müsse, von dem der Biber die Witterung bekäme und sich bei seiner Annäherung entferne. Er stellte daher eine völlige Reinigung seines Körpers an, indem er sich, so gut er konnte, ein Schwitzbad an den Ufern des Flusses baute, in das er sich verschloss, bis er von der Ausdünstung dampfte. Dann trat er plötzlich heraus und stürzte sich in den Strom. Nachdem er dieses Schwitzen und Tauchen einige Male wiederholt hatte, glaubte er sich völlig geruchlos gemacht zu haben und fing mit erneuter Hoffnung wieder an, seine Fallen zu legen.

Anfang April schlugen sie ihr Lager am Godin’s River auf, wo sie den Sumpf voller Bisamratten-Höhlen fanden. Captain Bonneville beschloss also einige Tage hier zu bleiben und seinen ersten, regelmäßigen Versuch im Fangen zu machen. Damit dieser Erstlingsfeldzug mit Mut eröffnet würde, versprach er den Indianern und freien Biberfängern eine Extrabelohnung für jede Bisamratte, die sie fangen würden.

Es bereitete sich nun alles zur Jagd des nächsten Tages vor. Alles war voller Leben und froher Tätigkeit im Lager und die froheste Aussicht zu einer glücklichen Frühlingsjagd vorhanden. Die Menge der Moschusratten in dem Sumpfe war nur ein Angeld auf das edlere Wild, das sie bald anzutreffen hofften, wenn sie den Malade River erreicht und ein Hauptbiberrevier für sich allein auszubeuten haben würden, wo sie ganz nach ihrer Gemächlichkeit und ohne Beschwerde fangen könnten.

Mitten in ihrer Fröhlichkeit kam ein Jäger rufend oder vielmehr schreiend ins Lager gesprengt. »Eine Fährte, eine Fährte! Hüttenpfähle, Hüttenpfähle!«

Dies waren bedeutungsvolle Worte für das Ohr eines Trappers. Sie zeigten an, dass irgendeine Gruppe in der Nachbarschaft sei und wahrscheinlich eine Jagdpartie, da sie Zelthüttenpfähle für ein Lager bei sich führten. Der Jäger kam heran und erzählte seine Geschichte. Er hatte eine frische Fährte entdeckt, in welcher die Spuren nachgeschleifter Zelthüttenpfähle deutlich sichtbar waren. Die Büffel waren ebenfalls erst aus der Gegend vertrieben worden, was bewies, dass die Jäger bereits in dem Bereich gewesen waren.

Die Fröhlichkeit des Lagers war nun zu Ende, die Vorbereitungen zum Bisamrattenfang wurden aufgeschoben und alles lief, um die Fährte zu untersuchen.

Ihre schlimmsten Befürchtungen wurden bald bestätigt. Es zeigten sich unfehlbare Spuren, dass die unbekannte Partie, die ihnen vorausgegangen war, weiße Menschen waren; ohne Zweifel eine Gruppe von Konkurrenten.

Es fand sich also eine Mitbewerbung, als sie am wenigsten erwartet wurde, und dies dazu von einer Partie, die ihnen bereits den Vorsprung abgewonnen hatte und das Wild vor sich hertrieb. Captain Bonneville bekam nun einen Geschmack vom plötzlichen Wechsel, dem das Leben eines Trappers unterworfen ist. Das feste Vertrauen auf eine ungestörte Jagd war nun vorüber, auf jedem Gesicht zeigte sich Düsterkeit und Täuschung.

Captain Bonneville schickte sogleich zwei Spionen los, um die Partie seiner Konkurrenten einzuholen und wo möglich, ihre Pläne zu erforschen. In der Zwischenzeit kehrte er dem Sumpf und den Bisamrattenhöhlen den Rücken, und folgte in langen Lagern, was in der Sprache der Trapper so viel wie große Tagmärsche heißt.

Am 6. April begegnete er seinen zurückkehrenden Spionen. Sie hatten sich wie Hunde auf der Fährte gehalten, bis sie die Partie am südlichen Ende von Godin’s Defile einholten. Hier fanden sie sie bequem gelagert, zweiundzwanzig vorzügliche Biberfänger, alle wohl ausgerüstet, mit vortrefflichen Pferden im besten Zustand versehen, unter Anführung von Milton Sublette und einem geschickten Gehilfen, namens Jarwie, in vollem Marsch zum Malade-Jagdrevier begriffen.

Dies war eine niederschlagende Neuigkeit. Der Malade River war das einzige Fangrevier in ihrem Bereiche. Allein es hier mit Veteranen von Biberfängern aufzunehmen, die in den Gebirgen vollkommen zu Hause und vortrefflich beritten waren, während sie, so ärmlich mit Pferden und Biberfängern versehen, nur einen einzigen Mann in ihrer Partie hatten, der mit dem Land bekannt war – davon konnte keine Rede sein.

Die einzige Hoffnung, die ihnen nun übrigblieb, war die, dass der Schnee, der in den Gebirgen des Godin’s River noch sehr tief lag, und den gewöhnlichen Pass zum Malade-Land versperrte, sie aufhalten könne, bis sich Captain Bonnevilles Pferde in ihren gegenwärtigen reichlichen Weiden noch einmal in guten Stand gesetzt haben würden.

Die beiden miteinander wetteifernden Partien lagerten nun beisammen; nicht aus guter Kameradschaft, sondern um sich einander im Auge zu behalten. Ein Tag ging nach dem anderen hin, ohne dass sie imstande gewesen wären, zum Malade-Land zu kommen. Sublette und Jarwie bemühten sich, ihren Weg über das Gebirge zu erzwingen. Der Schnee lag aber so hoch, dass sie genötigt waren, umzukehren. Des Captains Pferde nahmen indessen täglich an Stärke zu, und ihre Hufe, die sie im Gebirgsdienst abgelaufen hatten, wuchsen. Auch vermehrte der Captain seinen Vorrat von Lebensmitteln so, dass der Verzug ganz zu seinem Vorteil war.

Jedem, der bloß die Karte des Landes ansieht, wird die Schwierigkeit vom Godin’s River zum Malade River zu gelangen, unerklärlich scheinen, da die dazwischen liegenden Gebirge in der großen Ebene des Snake River enden, sodass es, dem Anschein nach, sehr leicht ist, um den Fuß der Gebirge zu gehen.

Hier trifft man aber einige der auffallendsten Erscheinungen dieser wilden und erhabenen Region an. Die große niedere Ebene, die sich am Fuß dieser Gebirge hin erstreckt, ist nahe an ihrer Basis, voller Kämme und Felsenriffs, die den Wogen des Ozeans gleichen, welche sich an einer Felsenküste brechen.

In gleicher Linie mit den Gebirgen ist die Ebene, durch zahlreiche und gefährliche Spalten aufgerissen, die vier bis zehn Fuß Breite und eine große Tiefe haben. Captain Bonneville versuchte einige dieser Öffnungen zu sondieren, allein ohne befriedigenden Erfolg. Ein, in eine derselben geworfener Stein schlug in anscheinend sehr großen Tiefe an die Seiten an. Dem Ton nach zu urteilen, waren sie von derselben Substanz, wie die Oberfläche, so lange der Stein gehört werden konnte.

Das Pferd, das instinktmäßig sehr vorsichtig den Gefahren ausweicht, kehrt erschrocken vor der geringsten dieser Spalten zurück, spitzt die Ohren, schnaubt und kratzt mit den Hufen, bis man es umwenden lässt. Es ist uns von einer, mit der Gegend wohl bekannten Person, erzählt worden, dass man bisweilen fünfzig bis sechzig Meilen umreiten muss, um diese furchtbaren Spalten zu umgehen. Beträchtliche Ströme, die wie der Godin’s River eine rasche Strömung haben, verlieren sich in dieser Ebene, einige enden in Sümpfen, andere verschwinden plötzlich, indem sie ohne Zweifel einen unterirdischen Abfluss haben.

Diesen Spalten gegenüber, stürzt sich der Snake River in zwei mächtigen Wasserfällen, in einer kurzen Entfernung voneinander, über Abgründe, wovon der eine zwanzig und der andere vierzig Fuß Höhe hat. Die besagte vulkanische Ebene bildet einen Flächenraum von ungefähr sechzig Meilen im Durchmesser, in dem das Auge nichts als eine öde, furchtbare Wüste gewahrt, in der weder Gras wächst noch ein Wasser läuft, sondern man sieht bloß Lava. Gebirgsreihen umgürten diese Ebenen und waren, nach Captain Bonnevilles Meinung, früher miteinander verbunden, bis sie durch irgendeine Erdevolution voneinander gerissen wurden. Weit im Osten erheben die Three Tetons ihre erhabenen Kuppen und beherrschen diesen weiten Lavasee, einer der auffallendsten Züge einer Wildnis, wo alles nach einer ernsten und einfachen Größe bemessen scheint.

Wir sehen uns mit Ungeduld nach einem geschickten Geologen um, der diese erhabene und fast unbekannte Region untersuchen wird.

Erst am 25. April brachen die beiden Trapper-Partien aus ihren Lagern auf, um über das südwestliche Ende des Gebirges durch einen Pass zu steigen, den ihre Späher ausgekundschaftet hatten. Von verschiedenen Punkten des Gebirges aus übersahen sie endlose Lavaebenen, die sich in kalter und düsterer Unfruchtbarkeit so weit erstreckten, wie das Auge reichen konnte. Am Abend des 26. erreichten sie die Ebene im Westen des Gebirges, die vom Malade und Boisee River und anderen Strömen bewässert wird und das ersehnte Biberrevier in sich fasste.

Die Gegend um den Boise- oder Woody River wird von Captain Bonneville als die bezauberndste gerühmt, die er im weiten Westen gesehen habe, indem sie die Größe und Schönheit von Gebirge und Ebenen, klaren Strömen und ungeheuren, im Wind wogenden Wiesen vereinte.

Wir wollen dem Captain nicht auf seinem Jagdzug folgen, der bis Anfang Juni dauerte, noch umständlich alle Kunstgriffe der beiden aufeinander wetteifernden Partien und ihre verschiedenen Pläne erörtern, sich einander zu überlisten und aus dem Feld zu schlagen. Es sei genug, hier anzuführen, dass, nachdem sie mit wechselndem Glück verschiedene Ströme besucht und an denselben gelagert hatten, Captain Bonneville früh im Juni zu dem bestimmten Sammelplatz bei seinen Versteckgruben aufbrach. Auf seinem Weg gab er seinen Leuten eine große Büffeljagd zum Besten. Die Kundschafter hatten berichtet, dass sich zahlreiche Herden derselben in einer Ebene jenseits einer dazwischenliegenden Anhöhe befänden. Es wurde sogleich Halt gemacht, die flinksten Pferde wurden bestiegen und eine Partie begab sich zum Gipfel der Anhöhe, von welcher sie die große Ebene unten voller Büffelherden schwärmen sahen. Captain Bonneville deutete nun den Platz an, wo er lagern werde und wohin die Jäger das Wild zu treiben hätten. Er empfahl ihnen, sich dem Letzteren langsam zu nähern und die Kräfte und Schnelle ihrer Pferde bis zu dem Augenblick aufzusparen, wo sie sich in mäßiger Entfernung von den Herden befinden würden. Zweiundzwanzig Reiter ritten, dieser Vorschrift gemäß, vorsichtig in die Ebene hinab.

Es war ein schöner Anblick, sagte der Captain, sich diese Läufer, wie sie genannt werden, in geschlossener Reihe und langsamen Trabes nähern zu sehen, bis sie etwa zweihundertfünfzig Yard von der Herde waren, dann in vollem Rennen heranstürzten, bis sie sich in der unendlichen Menge der Büffel verloren, die in jede Richtung der Ebene flohen. Alles war nun ein Tumult und eine wilde Verwirrung. Captain Bonneville begab sich indessen mit dem Rest seiner Leute zum bestimmten Lagerplatz, wohin die erfahrensten Läufer eine Menge Büffel trieben, die dicht vor dem Lager erlegt und deren Fleisch ohne Schwierigkeit dorthin gebracht wurde. Es dauerte nicht lange, so sah das ganze Lager einem großen Schlachthaus ähnlich. Die abgezogenen Ochsen wurden geschickt zerlegt, große Feuer angezündet und Gestelle aufgerichtet, das Fleisch zu trocknen und zu salzen. Ein großer Vorrat wurde zur künftigen Subsistenz aufbewahrt. Am 15. Juni, gerade an dem zur Zusammenkunft bestimmten Tag langte Captain Bonneville mit seinen Leuten glücklich bei den Versteckgruben an.

Hier kamen die anderen Abteilungen seiner Haupttruppe, alle bei guter Gesundheit und fröhlichem Mut, mit ihm zusammen. Die Versteckgruben wurden wieder geöffnet, Vorräte verschiedener Art aus denselben genommen und eine reichhaltige Quantität Aquavit im Lager ausgeteilt, um ihr fröhliches Zusammentreffen durch einen gehörigen Schmaus zu feiern.