Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Dämonische Reisen in alle Welt – Kapitel V, Teil 1

Johann Konrad Friederich
Dämonische Reisen in alle Welt
Nach einem französischen Manuskript bearbeitet, 1847.

Kapitel V, Teil 1

Michels Morgenunterhaltung. Bilder der Zukunft. Ein Schatz in Stuttgart. Das Wundertier im Prater zu Wien. Der Teufel auf der Wiener Polizei. Asmodi über die polnischen Angelegenheiten. Der Karneval von 1846 zu Paris. Ein seltsamer Maskenzug.

Den kommenden Morgen gegen Mittag – Michel hatte hinsichtlich des Langschlafens Schwung die löbliche Gewohnheit der vornehmen Pariser Welt angenommen – erwachte er wieder im Hotel der Prinzen, wo er sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, und durchlas die Pariser Journale. Bald nachher fand sich Asmodi bei seinem Schützling ein, den er ziemlich übel gelaunt und sehr aufgeregt fand.

»Nun, was läuft dir denn heute wieder über die Leber?«, fragte der Teufel.

»Da ließ. Die Polen haben wieder einmal einen großartigen Versuch gemacht, ihre Nationalität und Gott weiß was sonst wiederherzustellen, aber sie werden in teuer büßen müssen. Was meinst du? Wir sollten ihnen zu Hilfe kommen.«

»So weit reicht meine Macht nicht. In solche Ereignisse ist mir nicht vergönnt, einzugreifen.«

»Du bist doch ein gewaltig ohnmächtiger Teufel.«

Asmodi zuckte die Achseln und sprach: »Wenn du kurzsichtiges Menschenkind übrigens klar sehen und ruhig überlegen könntest, so würdest du dich nicht so von diesen französischen Zeitungen, die von Unsinn und albern erfundenen Märchen strotzen, in Harnisch bringen lassen. Wahrlich es gehört einer Pariser Leichtgläubigkeit und geographisch-statistisch-historische Unwissenheit dazu, um sich solche Bären aufbinden zu lassen, wie sie diese Journale tagtäglich bringen. Ganze Länder verschwinden wie weggeblasen, und Litauen und Ungarn werden auf einmal Grenznachbarn, und Wilna und Pest sind sich so nahe gerückt, dass sich die Einwohner der beiden Städte freundliche Grüße zuwinken können. Meister in solchen geographischen wundern weshalb sich hauptsächlich der Courier-français, den du nebst dem Constitutionel, dem Sielce, dem National usw. vor dir liegen hast.«

»Du bist auch kein Polenfreund!«

»So wie aller Menschen. Aber das wirst du mir doch eingestehen müssen, dass solche Lügen und Aufschneidereien nicht vom geringsten Nutzen für die Polen und ihre Sache sein können, sondern im Gegenteil ihr nur Schaden bringen und sie leicht lächerlich machen, so wie sie in jedem anderen Land als gerade in Frankreich die Journale, die dergleichen ungewaschen Zeug auftischen, um allen Kredit bringen würden, denn die Wahrheit kommt über kurz oder lang an den Tag, und den anderen Tag muss widerrufen werden, was man heute zuverlässig beteuerte. Dafür findet sich auf einmal ein Heer von 40.000 Insurgenten, wohl gekleidet, trefflich bewaffnet und diszipliniert, mit Artillerie und Kavallerie gehörig versehen, so wie ich es kaum aus der Hölle zu rekrutieren vermöchte, wie aus der Erde hervorgekommen mitten in Krakau. Dann rücken die Lemberger schon auf Wien los; dann werden russische, preußische und österreichische Regimenter zu Dutzenden vernichtet, in Stücke gehauen oder gehen mit Haut und Haar zu den Insurgenten über usw. Doch du liest es ja selbst.«

»Das ist allerdings dumm genug erfunden«, setzte Michel ärgerlich hinzu, »aber man müsste doch den Polen helfen.«

»Wie aber, wenn es diese Polen darauf abgesehen hätten, zuerst allen deinen Landsleuten, die sich in ihrem Bereich befinden, den Garaus zu machen und sie in den Himmel oder in die Hölle, gleichviel, zu spendieren. Wie dann?«

»Larifari. Das ist auch eine Lüge!«, sagte Michel.

»Nicht so ganz, guter Freund, und du kannst versichert sein, dass wenn sie die Oberhand erhalten hätten, das deutsche Blut nebst dem jüdischen in Strömen geflossen wäre.«

»Du bist unausstehlich! Da sie, wie hoch sich die Subskription schon belaufen, welche die französischen Polenfreunde bereits unterzeichnet haben.«

»Hol mich der Erzengel Gabriel«, höhnte der Teufel, »schon beinahe 100.000 Franken! Nun ja, damit kann man, wenn auch nicht gerade ein Reich erobern, so doch ein köstliches Polengastmahl bei den frères provensaux oder im Rocher Cancale veranstalten.« »Du spottest, aber was noch unterzeichnet wird!«

»Auf keinen Fall der 100. Teil von dem, was in acht Tagen für eine Eisenbahnspekulation eingeht. Sieh, Freund, all diesen Leuten, mit wenigen Ausnahmen, ist es so wenig um die Polen als um die Bewohner im Mond zu tun. Indessen ist dies ein plausibler Vorwand, seinen Privatinteresse an seinem verbissenen Grimm, nicht zu den Dominierenden zu gehören, Luft zu machen. Weißt du was, wir wollen in Deutschland eine zum Subskription zur Befreiung und Unterstützung der Bewohner Algeriens in Umlauf setzen. Die werden doch noch ein wenig anders behandelt als die Polen, den man schindet, mordet, brennt und senkt dort, dass es eine Lust ist und ich eine wahre infernalische Freude daran habe. Was das für ein Fest bei uns war, als man die 800 armen Teufel, Greise, Weiber und Kinder, in jenen Höhlen lebendig briet und röstete, kann ich dir gar nicht beschreiben. Großsatan hatte lange keine so erfreuliche Begebenheit für seine Regierung erlebt. Aber die Subskription, Freund, die Subskription für die Araber lass uns mit 100.000 Franken oder Talern, wie du willst, beginnen, und du sollst deine Freude an dem Spektakel erleben, den diese Nachricht in ganz Frankreich und besonders bei den französischen Polenfreunden machen wird!«

»Lass uns von etwas anderem reden«, fiel ihm Michel endlich ärgerlich ins Wort. »Da erhielt ich diesen Morgen ein Schreiben von einem guten Freund aus Frankfurt, der mir meldet, dass unsere Spukereien dort einen höllischen Rumor gemacht hätten. Mehrere der hochweisen Herren im gesetzgebenden Körper haben sich verschworen, nicht mehr dort zu sitzen, bevor sie den Teufel, der den Spuk gemacht hatte, etwas angehängt haben.«

»Nun, so lass sie stehen, solange sie ihre Beine tragen und sie vor Müdigkeit umfallen, denn fallen müssen die einmal doch. Aber du erzählst mir Dinge, die ich längst besser weiß. Es ist nur der Dietrich Harpax, dieser Wucher war en gros und Bankier en detail nebst seiner Sippschaft und ähnliches Gelichter, die sich so gewaltig skandalisiert fanden. Alle rechtlichen und ehrlichen Leute in Frankfurt haben sich gefreut, dass ihnen der Teufel endlich einmal ein Licht angezündet hat, dass sie klar sehen machte. Indessen haben sie den L. R. wegen mancherlei polizeilichen Überfällen, die er veranlasste oder doch nicht zu verhindern verstand, wie zum Beispiel die so gesetzlose als willkürliche Ausweisung eines der katholischen Gemeinde angestellten achtbaren Geistlichen, den burlesken Histrionen-Aufzug Ronges usw., die ihm und sogar den Magistratus manche bittere Pille von hohen einsichtsvollen Behörden zu schlucken nötigten, seines polizeilichen Dienstes entheben müssen, und um ihn deshalb zu trösten, zum einjährig wohlregierenden Bürgermeister erkoren«

»Dieser wohlregierenden Titel, den man den Herrn beigelegt, wird doch gar häufig zum beißenden Spott, denn manche unter diesen einjährigen Bürgermeistern regiereng doch wahrlich, dass sich Satan selbst darüber erbarmen möchte«, meinte Michel.

»Auch findet man in Frankfurt, dass man der dortigen Beamtenwelt, namentlich auch der Stadtwehr, viel zu viel ganz untauglichen und längst durch und durch verdorbenen ranzigen und brandigen Reis auftischt, was notwendigerweise die Eingeweide dieser Republik in einem abnormen, sehr krankhaften Zustand versetzen und gewaltige Obstruktionen verursachen muss. Aber weißt du denn auch, dass sie bereits wegen unseren Spukereien einer Art von species facti abgefasst haben, und zwar in dem in ganz Deutschland wohlbekannten und berüchtigten barbarisch-drolligen Frankfurter Gerichtsstil, dessen Abgeschmacktheit, Lächerlichkeit und Grobheit sie für unumgänglich notwendig halten, um, wie sie sagen, ihnen die gehörige Würde, eine respektvolle Autorität und Impotenz, nein, Importanz wollte ich sagen, zu geben, die ihnen in früheren Zeiten die Allongeperücke verleihen mussten, was aber die modernen Perücken allein nicht mehr vermögen. Ohne diese salbenreiche freisstädtische Impertinenz und Albernheit glauben sie den ihnen pflichtschuldigen Respekt, so wie ihr komisches Ansehen im höchsten Grad gefährdet. Es ist in diesem Opus unter anderem:

›… sintemal und alldieweil die dermalen allenthalben spukenden Michel und Asmodi sich unterfangen, ihr Unwesen sogar in unserer freien Stadt zu treiben, so haben wir den Secretario Judici nebst hochlöblicher Polizei aufgetragen, wiederholte Nachforschungen anzustellen, namentlich darüber, ob, wo und wie die gedachten Michel und Asmodi, sich dermalen aufhalten mögen, auf sie zu fahnden und ihnen, wenn sie wieder das hiesige, eine ganze Viertelmeile lange Gebiet oder gar unsere Stadt betreten sollten, ohne alle Umstände einzufangen, festzuhalten, auf die wohlverwahrte Konstablerwacht in die Gefängnisstuben, aus denen schon so viele entwischt sind, zu bringen, damit man den gedachten Michel und Asmodi, zwei maliziöse Malefikanten, als Majestätsverbrechern und Hochverräter einen Kriminalprozess machen und infolgedessen einen Strick um die Hälse hängen könne. Sollten sie sich aber jedoch nicht fangen und festhalten und auf unserem Grund und Boden betreffen lassen wollen, so muss man sehen, wie man es auf irgendeine kluge Weise anfängt. der gedachten Malefikanten, Michel und Asmodi, habhaft zu werden, einstweilen aber kann man sie in effigie ins Gefängnis setzen, wenn es nicht anders sein kann, auch in effigie hängen. Also im plenum etc. dermalen beschlossen.
In fidem
Dr. C…‹.«

»Zum Henker auch, die Herr die Herren haben es gut vor, dann möchte es doch nicht wohl geraten sein, dass wir uns bald wieder in die gute Stadt «, sagte Michel lachend. »Aber nur Geduld, ich behalte mir vor, wenn sie mich in effigie hängen und meine gehörige Revanche zu nehmen. Doch lass uns jetzt von etwas Wichtigerem sprechen. Ich habe Lust, heute noch der Kaiserstadt Wien einen Besuch abzustatten. Wir wollen nach dem Frühstück dahin absegeln.