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Markus Stromiedel – Nachtfrost

Markus Stromiedel – Nachtfrost

Ein alter Mann sucht Hauptkommissar Paul Selig auf und kündigt an, dass er selbst von einem bekannten Berliner Bürger namens Erhard Lasnik, der eine Computersicherheitsfirma besitzt, ermordet werden wird. Die Beweise will der alte Mann dem Kommissar zukommen lassen.

Außerdem übergibt der Alte dem Polizisten ein Foto, auf dem dieser zusammen mit seiner Schwester und seinem Vater, der sich vor langer Zeit umbrachte, zu sehen ist.

Wenig später wird der alte Mann tatsächlich tot aufgefunden und kurz danach gehen Selig Beweise zu, die Lasnik als Täter erscheinen lassen.

Währenddessen lässt der Polizeichef Paul Seligs Mitarbeiterin Maria Garcia Fernandez zu sich bitten, um ihr mitzuteilen, dass er Selig in den vorzeitigen Ruhestand versetzen und seine Abteilung schließen will, weil er Stellen streichen muss, wie es Leute in höheren Positionen von ihm verlangen. Sie soll Selig vorbereiten und ihn überzeugen, selbst ein Gesuch an ihn zu verfassen, den Polizeidienst verlassen zu dürfen. Maria ist fix und fertig.

Und noch etwas geschieht in diesen Tagen, und zwar etwas, was die Bundesregierung um Kanzlerin Susanne Bergstedt betrifft. Hacker, die zunächst niemand identifizieren kann, haben die Computernetze der Regierung gehackt und damit die Handlungsfähigkeit des Kabinetts und nachgeordneter Behörden stark eingeschränkt.

Erhard Lasnik, zu dieser Zeit noch nicht unter Mordverdacht, bietet öffentlich an, das Sicherheitsproblem der Regierung zu beheben. Spezialisten seiner Firma sollen den Virus und seine Urheber identifizieren und unschädlich machen.

Susanne Bergstedt entscheidet, Lasniks Firma zu beauftragen, und dieser macht sich an die Arbeit. Kaum aber haben seine Leute begonnen, ihren Job zu tun, verhaftet Paul Selig ihren Chef unter dem Verdacht, Jakob Winterberg – so hieß der alte Mann, der ihn aufsuchte und sagte, Lasnik werde ihn töten – umgebracht zu haben.

Außerdem ist eine weitere Sache geschehen, welche die ganze Geschichte noch verwirrender macht. Der Computer von Paul Selig im Polizeipräsidium ist der einzige, der nicht vom Virus der Hacker befallen ist. Ein USB-Stick, den Selig schon vor einiger Zeit installierte, scheint dies bewirkt zu haben.

Die Computerexperten der Regierung sehen darin die Chance, den Virus zu besiegen, und Lasniks Angestellte, IT-Forensikerin Natalie Brand, sucht händeringend nach demjenigen, der das Schutzprogramm auf diesem USB-Stick produziert hat.

Zu allem Überfluss bemerkt der Hauptkommissar noch, dass er von einer Drohne verfolgt und überwacht wird, ohne dass ihm klar ist, wer diese fliegt und wer die Filme bekommt, die diese aufnimmt.

Ein verwickelter Fall beginnt, bei dem am Ende auch das Rätsel um Paul Seligs Familie aufgeklärt wird und für den Kommissar auch privat etwas Schönes anfängt.

Markus Stromiedel verknüpft in seinem Kriminalroman Nachtfrost verschiedene Dinge miteinander zu einer ausgesprochen spannenden Mixtur. Erstens arbeitet er den zur Zeit der Entstehung des Romans ausgesprochen aktuellen russischen Hackerangriff auf das Computernetz der Bundesregierung in seinen Roman ein.

Zweitens verknüpft er damit eine Stasi-Geschichte, die sich um seinen Hauptakteur Paul Selig und dessen Familie rankt, aber durchaus auch noch andere Menschen betrifft. Drittens entwirft der Autor eine Liebesgeschichte, die sich zwischen Paul Selig und seiner Mitarbeiterin Maria entwickelt.

Zu guter Letzt ermittelt der Hauptkommissar im Polen der heutigen Zeit, in dem eine recht eigenwillige und durchaus autoritäre Regierung die Ermittlungen seiner polnischen Kollegen torpediert und unterdrückt.

Auf diese Weise zeichnet der Autor ein durchaus düsteres Bild der Länder, in denen die Geschichte spielt. Trotzdem gibt es natürlich hier wie dort nicht nur negativ anmutende Charaktere, sondern auch sehr warmherzige, nette Menschen wie Kommissar Selig selbst, seine Mitarbeiterin Maria oder den polnischen Kommissar Cezary.

Wer bei dieser Geschichte nun wegen der düsteren Züge ein tragisches Ende erwartet, wird sich wundern, wie positiv und dem Gerechtigkeitssinn des normalen Menschen entsprechend der Autor den Fall auflöst.

Zudem ist ihm mit Kommissar Selig eine Figur gelungen, die durchaus einen gewissen Kultcharakter hat, mit der man fiebern und fühlen kann und der man alles erdenklich Gute wünschen möchte.

Aber auch alle anderen Charaktere des Romans sind sehr gut getroffen, und man kann dem Verfasser bescheinigen, dass er psychologisches Gespür und Sensibilität für Menschen besitzt.

Dass Markus Stromiedel die Mitglieder der Bundesregierung nicht mit ihren richtigen Namen benennt, sondern Fantasienamen verwendet, macht seine Geschichte durchaus nicht weniger glaubwürdig. Die Vorkommnisse um die russischen Hackerangriffe auf Bundestag und Regierung sind wohl heute noch jedem Bürger im Gedächtnis, wie natürlich auch Geschehnisse in der ehemaligen DDR, insbesondere solche, mit denen Stasi-Mitarbeiter zu tun hatten. All diese Dinge sind passiert, und fast jeder weiß dies.

Fazit:
Markus Stromiedel hat mit Nachtfrost einen spannenden und politisch sehr aktuellen Kriminalroman verfasst, bei welchem nicht nur die Story glaubwürdig ist, sondern auch die Akteure psychologisch sehr gut getroffen sind.

Insgesamt legt der Autor hier einen ausgesprochen überzeugenden Roman vor, den ich bedenkenlos jedem politisch interessierten Krimiliebhaber empfehlen kann.

Der Autor:

Markus Stromiedel wurde 1964 in Bremerhaven geboren und lebt in Köln. Nach einem Volontariat bei der Nordsee-Zeitung schrieb er u.a. für die Zeitungen Die Zeit und Frankfurter Rundschau Artikel, bevor er Drehbuchautor und später Chefdramaturg bei der Firma Bavaria Film wurde und für Columbia TriStar und Studio Hamburg arbeitete.

Seit 1999 ist er freier Drehbuchautor und Producer. Er verfasste die Bücher für viele Krimis und Fernsehfilme, z.B. für Tatort, für den er die Figur des Kieler Hauptkommissars Borowski schuf.

Seine Kriminalromane um den Berliner Kommissar Paul Selig waren sehr erfolgreich und wurden von der Presse gelobt.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Droemer-Knaur.
  • Foto des Autors. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung von Droemer-Knaur.

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