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Der Welt-Detektiv Band 6

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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 24

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Jeder Gewinner schafft sich ein neues Kleid und ein Paar große Steifstiefel an.

Im Oktober des Jahres 1788 kam ein schlecht gekleideter Mann mit seiner Frau nach N. im Nassauischen, mietete sich in einem Bauernhaus ein und gab vor, er hätte von der Herrschaft die Erlaubnis, sich niederzulassen und sein Geld zu verzehren, in welchem Ort er wolle. Seine Heimat gab er nie recht an, sondern sagte nur, dass er wegen verübter Wilddieberei habe flüchten müssen. Er gab sich nun für einen Kollektor zum Wiesbadener Lotto aus. Die Bauern, die zum Teil schon lange ihr sauer erworbenes Geld in dieses Lotto getragen hatten, brachten also ihr Geld diesem Mann und erhielten auch dafür ihre gewöhnlichen gedruckten Zettel, die dieser Betrüger, ich weiß nicht, woher haben mochte. Zugleich gab er vor, am Lauf der Gestirne und überhaupt an der Gestalt des Himmels diejenigen Nummern zu erraten, die jedes Mal aus dem Glücksrad gezogen würden. Aus diesen erratenen Nummern machte er dann kein Geheimnis, sondern sagte sie einem jeden, der sie wissen wollte. Und die einfältigen Leute setzten desto stärker auf die Nummern, denn die Gestirne, glaubten sie, könnten ja nicht trügen. Bei einem so klugen Mann müsse es sich auf jeden Fall mit Glück spielen lassen. Dass er ein Schelm sei, fiel wohl keinem ein. So hielt er die armen Bauern mit leeren Vertröstungen hin bis zum Dezember.

In vollem Atem kam er eines Tages gelaufen und machte ihnen weiß, sie hätten, ich weiß nicht, wie viel tausend Gulden gewonnen. In der Betäubung, worin die armen Leute durch die Nachricht gerieten, dachten sie gar nicht an die Möglichkeit eines Betruges. Die erste Wirkung davon war, dass der eine Bauer, ein lediger Bursche, seinen neuen Sonntagsanzug, den er sich erst angeschafft hatte, dem Glücksmann zur Belohnung schenkte. Sogleich wurde beschlossen, dass jeder der Gewinner sich ein neues Kleid und ein paar große Steifstiefel anschaffen sollte. Das Tuch zu den Kleidern musste ein Händler von Frankfurt holen, und die Stiefel wurden angemessen. Sämtliche Gewinner fuhren in einer Mietchaise in die benachbarte Stadt W. Hier lebten sie einmal, ihrer Meinung nach, wie große Herren, d. h. sie leerten so viel Weinbouteillen aus, bis beinahe keiner den anderen mehr kannte. Auf dem Rückweg wurde so viel Burgunder mitgenommen, wie die Chaise tragen konnte. Diese Zeche bezahlte der Schultheiß des Ortes einstweilen aus seinem Beutel. Einige Tage danach fuhren sie sämtlich nochmals nach W., um sich die gewonnene Summe auszahlen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit bekam der Betrüger noch über hundert Taler an Einsatz für die künftige Ziehung von Bauern, die meistens dieses Geld erst entlehnen mussten. Sie kamen in W. an, fingen wieder an, tapfer zu zechen. Im halben Rausch sagte der feine Spitzbube, er habe die Einsatzscheine, welche er immer in Verwahrung hatte und ohne diese das Geld nicht ausbezahlt wird, mitzunehmen vergessen, müsste also augenblicklich zurückfahren und dieselben holen. Es waren nur zwei kleine Stunden Weges. Er fuhr also zurück und ermahnte die Bauern, einstweilen tapfer zu zechen. Er kam zu N. an und setzte seine Frau in die Chaise. Beim Einsteigen brachte noch ein armer Bauer 50 Gulden, die er zum Einsatz in das Lotto geliehen hatte.

Der saubere Vogel nahm sie. Nun ging es rasch nicht wieder nach W., sondern über einen Umweg nach Kastel bei Mainz. Hier verlor er sich mit seiner Frau, ohne dass es der Wirt oder Postillon merkte. Da der Letzte endlich sah, dass er betrogen worden war, fuhr er leer nach W. Die im Wirtshaus zechenden Bauern sahen alle Augenblicke zum Fenster hinaus, ob der Glücksmann noch nicht zurückkäme. Sie fragten endlich auf der Post nach dem Fuhrwerk. Hier erfuhren sie die ganze Sache und wie listig sie hintergangen worden waren. Stumm und bestürzt standen sie da, sahen sich einander an und wussten nicht, wie ihnen geschah. Sie mussten die beträchtliche   Zeche samt der Chaise nicht von ihrem Gewinn, sondern aus ihrem Beutel bezahlen und zu Fuß nach Hause zurückkehren. Nach ungefährem Überschlag hatte jener Betrüger 600 Gulden aus N. geschleppt; eine Summe, die in Ansehung der Dürftigkeit der Einwohner sehr beträchtlich war, zumal da dieser Verlust nur eine kleine Anzahl Bauern betraf.