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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 41

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


IV. Vermischte Sagen

39. Bergbau bei Löbau

In Löbau ist in früherer Zeit so ergiebiger Bergbau betrieben worden, dass die Bergleute übermütig wurden und in mancherlei Weise gefrevelt haben. Da ist plötzlich der Bergsegen wie zur Strafe versiegt.

Als vor einigen Jahren die Eisenbahnbrücke gebaut werden sollte, fand man in einem Steinbruch einen verschütteten Schacht, der teilweise noch gangbar war.


40. Basler in Joachimsthal

Vor vielen Jahren lebte in der alten Bergstadt Joachimsthal ein gottesfürchtiger Gewerke mit Namen Basler. Er besaß nebst Haus und Acker eine Grube, welche eine gute Ausbeute an Silber gab und sein Vermögen beträchtlich vermehrte. Plötzlich aber blieb das blinkende Silbererz in den harten Felsadern aus und er traf auf lauter taubes Gestein.

Basler, der ein sehr unternehmender Mann war, stellte jedoch seinen nunmehr kostspieligen Bau nicht ein, sondern ließ rühriger denn je mit Fäustel und Bohrer weiterarbeiten, da er in Bälde in eine silberhaltige Teufe zu kommen hoffte. Schon war aber Schrank und Beutel leer, Haus und Acker verpfändet. Noch immer leuchtete ihm kein Hoffnungsschein in der Grube, im Gegenteil: Seine Lage gestaltete sich von Tag zu Tag trauriger, denn er wurde von seiner Freunde Schwarm nun gemieden. Einen Bergknappen nach dem anderen musste er aus seinem Dienst entlassen. Zuletzt war er auf seine Kräfte allein angewiesen, doch ließ er auch nun voll Zuversicht, dass Gott ihm helfen werde, den Mut nicht sinken und baute unverdrossen und emsig im harten Gestein fort, leider ohne allen Erfolg. Dadurch geriet seine Familie, die ehemals in guten Verhältnissen gelebt hatte, in die bitterste Not.

Um die seinen zu ernähren, sah sich der arme Basler, dem niemand mehr Geld vorstrecken mochte, gezwungen, nicht bloß Hausgeräte, sondern auch halbwegs entbehrliche Kleidungsstücke zu verkaufen.

Als eines Tages die Not aufs Höchste gestiegen war und er sich weder zu raten noch zu helfen wusste, nahm seine Gattin, den Kummer ihres Mannes bemerkend, ihr teuerstes Kleinod, einen fein gestickten Schleier, der von all ihren Habseligkeiten allein übrig geblieben war, in die Hand. Ihn hatte am Hochzeitsfest die gute Mutter ihr ins Haar geknüpft und gesegnet. Darum war der Schleier ihr so lieb und wert. Sie betrachtete denselben unter tiefen Seufzern lange mit tränenfeuchten Blicken, denn zentnerschwer drücke ihr Herz der schreckliche Gedanke, ihr kostbares Pfand mütterlicher Liebe zu veräußern. Endlich entschloss sie sich, freilich schweren Herzens, zum Verkauf des Brautschleiers.

Aus dem gelösten Geld kaufte Basler, nachdem er für das nötige Brot gesorgt hatte, Unschlitt ein, um sein Geleucht aufschütten zu können. Er wollte nämlich, um sein Glück zu versuchen, noch einmal anfahren, dann aber, falls auch dieser Versuch missglückte, den Bergbau, der ihn zum Bettler gemacht hatte, aufgeben.

Als sich nun Basler zur Fahrt in die Grube gerüstet hatte, sprach er, treu seinem gewohnten Spruch Bete und arbeite ein herzinniges Bergmannsgebet, fuhr hierauf ein und schritt ans Tagewerk.

»Herr«, bat er, »du kennst mein ehrliches Sinnen und Trachten sowie meinen und der meinigen Kummer und Gram. Erbarme dich unser und segne heute meiner Hände Arbeit, damit ich viel, recht viel zur Verherrlichung deines Hauses beitragen kann!«

Es gingen nämlich gerade zu derselben Zeit – es war im Jahr 1536 – die Grafen Hieronymus und Laurenz Schlick daran, in Joachimsthal, der rasch aufgeblühten und zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden Metropole des böhmischen Erzgebirges, eine neue, stattliche Kirche zu bauen. Wie sehr mochte sich wohl unser frommer Basler, der früher so reiche Bergherr, gekränkt haben, dass er nun in seiner größten Armut gar nichts zum Bau des Gotteshauses beisteuern konnte! Er ergriff, gestärkt durch sein unerschütterliches, festes Gottvertrauen, sein Gezäh und arbeitete mit solcher Kraft, dass das Gestein weit umhersprang.

Da bemerkte er auf einmal, dass der Unschlitt in seiner Lampe zu Ende ging. Er wollte nun sein Geleucht wieder auffüllen, allein der Unschlitt war verschwunden.

Bestürzt und unmutig, dass ihm auch seine letzte Hoffnung vereitelt sei, suchte er nach dem Unschlitt Er sah eine Maus mit demselben ihrem sicheren Versteck zueilen. Über das mutwillige Tierchen erzürnt, erfasste Basler seinen Schlägel und warf nach dem Mäuschen. Aber nicht dieses zerschmetterte sein mächtiger Wurf, sondern das Felsgestein an der Öffnung der Wand, in der das Mäuschen verschwand.

Doch siehe, was schimmerte da unserem Basler entgegen? Ist es bloß blendender Schein oder Wirklichkeit? Er prüfte und fand, dass eine gediegene Silberader sich vor ihm geöffnet hatte.

So wurde mit einem Mal der Basler auf höchst merkwürdige und überraschende Weise wieder in den Stand gesetzt, den Bergbau, seine Lieblingsbeschäftigung, mit vielen Knappen zu betreiben. Er wurde gar bald im vollsten Sinn des Wortes ein sinnreicher Mann, der aber auch als solcher seinem früheren einfachen Lebenswandel treu blieb. Sein Gelübde erfüllte er treulich. Er spendete für die Kirche zu Joachimsthal ein silbernes Kreuz und ließ einen Predigtstuhl anfertigen, dessen Stütze ihn selbst als Bergknappen im Wams darstellte.