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Der Welt-Detektiv Band 6

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Schwäbische Sagen 73

Schwäbische-Sagen

Zweites Buch

Geschichtliche Sagen


Die Ulmer Spatzen

Es ist schon lange her, da hatten die Ulmer einmal einen sehr großen Balken in die Stadt zu bringen. Da sie den Balken aber der Breite nach trugen, so konnten sie mit demselben nicht durch das Tor kommen und beratschlagten nun, wie diese Schwierigkeit zu beseitigen sei. Nach vielen vergeblichen Vorschlägen stritt man zuletzt nur noch darüber, was vorzuziehen sei: entweder den Balken schmaler oder aber das Tor breiter zu machen.

Da kam endlich durch das Tor ein Spatz geflogen, der trug einen langen Strohhalm zu seinem Nest. Selbiger Spatz nun trug aber den Strohhalm der Länge und nicht der Breite nach.

»Halt!«, rief da ein aufmerksamer Ulmer, »mir geht ein Licht auf!«

Sofort machte er den Vorschlag, dem Beispiel des Spatzen zu folgen, was denn auch allgemeinen Anklang bei den anwesenden Bürgern gefunden haben soll, sodass sie den Balken auf gute Weise in die Stadt brachten. Seitdem müssen sich die Ulmer den Namen der Spatzen gefallen lassen bis auf den heutigen Tag.


Die Rottweiler Esel
Eine mündliche Überlieferung aus Rottweil

Die Bürger von Rottweil fanden einst, als ihre Stadt noch eine freie Reichsstadt war, einen großen Kürbis auf dem Feld und hielten ihn für ein Ei; konnten aber gar nicht herausbringen, was für ein Vogel es wohl gelegt haben möge. Sie beschlossen daher, um über das merkwürdige Ei ins Klare zu kommen, dass der Bürgermeister es ausbrüten solle. Da half kein Weigern und Widerreden; es wurde kurz und gut dem Bürgermeister eine Frist angesetzt, binnen welcher er das Ei ausgebrütet haben müsse. Und so saß er nun Tag und Nacht und brütete.

Als aber nach Verlauf der bestimmten Zeit nichts Lebendiges zum Vorschein kommen wollte, beschloss man, das Ei, weil es vielleicht schon faul geworden war, über die Mauer zu werfen. Und das geschah denn auch. Wie aber der Kürbis zur Erde fiel und zerplatzte, da sprang ganz erschreckt ein Hase, der an der Mauer geschlafen hatte, auf und davon, sodass man hätte glauben sollen, er sei aus dem Kürbis gekommen.

Die Rottweiler glaubten das auch steif und fest und schrien, als sie das langohrige Tierchen laufen sahen: »Da schaut, schaut! Ein junger Esel ist in dem Ei gewesen!« Seitdem führen sie den Spottnamen die Esel.

Ein Maler, der diese Geschichte kannte, brachte einen Esel auf die Stadtfahne der Rottweiler. Er malte ihnen nämlich die Flucht Christi nach Ägypten darauf, malte aber alles mit Wasserfarben, nur für den Esel nahm er Ölfarbe. Als nun einst bei einer Prozession ein heftiger Regen fiel, wurden die Wasserfarben verwischt und fast ausgelöscht, und der Esel allein blieb auf der Fahne übrig.


Der Ulmer Kuhhirt

Der Ulmer Kuhhirt versah sein Amt dergestalt lässig und liederlich, dass der Stadtrat beschloss, ihn abzusetzen. Während dieser Beschluss gefasst wurde, hatte jedoch der Ulmer Kuhhirt an der Tür gehorcht und trat deshalb, um seiner Absetzung zuvorzukommen, selbst herein und verlangte seinen Abschied.

Seitdem wiederholt sich die Geschichte öfters, dass ein Beamter abdankt »wie der Ulmer Kuhhirt«.


Das Hornberger Schießen

Das kleine Dorf Hornberg im Schwarzwald wollte einstmals ein großes Schießen halten, machte gewaltige Zurüstungen und lud alle Welt zu diesem Fest ein. Wirklich hatten die Hornberger auch für alles, was bei einem solchen Schießen erforderlich ist, wohl gesorgt. Nur eins hatten sie vergessen – das Pulver.

Daher sagt man in Württemberg, wenn eine mit viel Lärm angekündigte Unternehmung leer endet: »Das geht aus wie das Hornberger Schießen.«


Die Gelbfüßler

Ein Bauer aus Derendingen hatte einst eine große Lieferung Eier zu besorgen und tat sie in einen Sack. Weil aber nicht alle hinein gingen, so nahm er seine Füße zu Hilfe und stampfte die Eier dicht zusammen, wovon ihm die Füße ganz gelb geworden waren.

Es ist zwar schon lange her, dass diese Geschichte passiert ist; allein man hat sie nicht vergessen und nennt die Derendinger deshalb noch immer Gelbfüßler.

Denselben Spottnamen führen von Alters her auch die Bopfinger, wie wir aus der Geschichte von den sieben Schwaben wissen. Wer aber den guten Einfall zuerst gehabt haben mag, das hat man bis jetzt noch nicht herausbringen können.