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Oberhessisches Sagenbuch Teil 9

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

II.

Göttinnen und heilige Brunnen

Christkindleins Wiege

Ein Felsgeröll auf dem Wintersberg, einem einzelnen hohen Basaltkegel bei Freiensteinau, führt den Namen der wilde Stein. In ihm ist eine ziemliche Vertiefung, die sieht aus fast wie eine Krippe, und Alt und Jung heißt sie die Christkindchenswiege. Jungfrau Maria, die Hochgebenedeite, soll hier auf ihrer Wanderung einmal über Nacht geblieben sei, und ihr holdes Jesuskind hineingelegt haben. Andere aber sagen, es wäre die Frau Holle gewesen. Vor Jahren wurde hier immer auf Johannistag Musik und Tanz gehalten.


Der Frau Holle Loch bei Frischborn

In den sumpfigen Wiesen zwischen Frischborn und Hopfmannsfeld liegt neben anderen Quellen an einer felsigen Erhöhung auch ein Born, der Frau Holle Loch.

Da ist der Eingang zum prächtigen Schloss der Frau Holle, welches tief unter der Erde sich befindet und nur dann und wann des Mittags von ihr verlassen wird, um sich im Sauzahl (weißen Wirbelwind) den Menschenkindern zu zeigen. So hütete einmal dort in der Nähe der Frischborner Schäfer. Unversehens kam der Sauzahl, und eine wunderschöne Musik erklang um ihn her, so schön, wie er sie noch nie gehört hatte. Doch er entsetzte sich über die Maßen und trieb seine Herde ins Dorf, wo er allen Leuten die wundersame Mär erzählen musste.


Das Wildhollloch bei Seibertenrod

So heißt ein Wald zwischen Ober- und Unter-Seibertenrod, in dem eine tiefe Schlucht liegt und eine Höhle, aus deren Dunkel seit undenklichen Zeiten, immer des Mittags, die wilde Holle herausgeht und sich wie früher dann und wann dem menschlichen Auge sichtbar zeigt. Sie ist gewöhnlich weiß gekleidet und freundlich, hat auch niemanden nur das geringste Leid zugefügt. Die Höhle reicht weit fort bis unter den Vogelsberger Hof bei Mulstein und hört da bei einem breiten Stein auf, der unten am Berg liegt. Daselbst kommt die wilde Frau auch oft heraus, um an die Oberwelt zu gehen.


Der Wildfrauborn bei Einartshausen

Zwischen Stornfels und Einartshausen springt der wilden Frau Born. In ihm wohnt die wilde Frau, die ist aber nicht so böse, wie man nach ihrem Namen denken sollte, sondern meint es gar gut mit den Menschen, absonderlich mit den Weibern. Denn wenn eine Frau gerne ein Kindlein hätte, so braucht sie nur unbekust (stillschweigend) vor Sonnenaufgang dreimal aus dem Born zu trinken, so battets (hilfts) ihr gewiss. Neben den Born braucht man nur das Tuch aufzuspannen und etwas in einer neuen Schüssel zu essen dabeizustellen. Dann kann man unbesorgt an seine Geschäfte fortgehen. Es kommt darauf die wilde Frau in der Mittagszeit, begießt das Tuch und bleicht es so weiß, wie es die Menschen nicht können. Die Speisen aber nimmt sie mit fort in ihre Wohnung.


Das wilde Weibsbild bei Birstein

Eine Waldhöhle zwischen Birstein und Neuenschmitten heißt man Am wilden Weibsbild. Riesengroße Felsplatten liegen da so künstlich übereinander geschichtet, dass es wie eine haushohe Mauer aussieht. Das soll der Überrest vom Schloss sein, worin das wilde Weibsbild wohnte, und wäre von ihm selbst gebaut worden, so stark wäre dasselbe gewesen. Das ganze Land rings herum gehörte ihm zum Eigentum und war ihm zehntbar.

Das war aber so gekommen: Das wilde Weibsbild hatte gesagt, es wolle nur so viel Land haben, wie es mit einer Kuhhaut bedecken könnte. Als man ihm das erlaubte, schnitt es die Haut in ganz klimperkleine dünne Riemen und erlangte so die Herrschaft über die ganze damit umspannte Gegend. Ehemals hat man das wilde Weibsbild auch gesehen. In der Adventszeit ging es um, weiß vom Kopf bis zum Fuß, und zwar um Mittag als auch gegen Abend. Aber das ist schon lange her. Jetzt hört man nicht viel mehr von den alten Geschichten.