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Rübezahl, der Herr des Gebirges – Folge 15

Rübezahl, der Herr des Gebirges
Volkssagen aus dem Riesengebirge
Für Jung und Alt erzählt vom Kräuterklauber
Verlag Carl Gustav Naumann, Leipzig, 1845

15. Wie Rübezahl mit einem übermütigen Bauer einen Tausch eingeht.

Einstmals kam nach Jessenei ein Mann mit vier herrlichen Füchsen. Wie er dahin kam, wurde das ganze Dorf rebellisch und lief ins Wirtshaus, um nur die Rosse zu sehen. Die Bauern wurden so toll – das Getreide stand damals sehr hoch im Preis–, dass sie beschlossen, in Zukunft alle Füchse zu halten. Das wäre nun freilich gerade nicht nötig gewesen und war eitler Übermut, denn andere Rosse wie Rappen, Schimmel und Braune, hätten es auch getan; aber wenn es dem Menschen zu gut geht, da wird er immer übermütiger, hat mit Wünschen und Verschönerungen kein Ende und kommt so endlich zu Fall.

Nun hatte der Gastwirt damals vier schöne Rappen, auf denen kein Tropfen Wasser stand, waren ihm oftmals von Grafen und Edelleuten mit hohem Preis feil gemacht worden und hatte sie doch nicht gelassen. Wie der die Füchse sah, da lachte ihm das Herz im Leib und er dachte: Das sind die rechten!

Die Bauern riefen einer über den anderen: »Ignazerl, jetzt greif zu, solche kommen vielleicht nimmer wieder.«

Der Ignaz legte den Finger an die Nase und ging zum Fremden hin. »Könnten wir, guter Freund«, sagte er, »nicht auf die Rappen einen Handel machen?«

Der Fremde sagte: »Warum nicht, wenn Ihr mir zugebt, so soll es mir auf die Füchse nicht ankommen, obwohl ich mein Lebtag solche Rosse nicht wieder bekommen werde.«

Sie wurden des Handels einig und der Wirt gab in seinem Freudentaumel noch 100 fl. zu. Hierauf schied der Fremde mit seinen vier Rappen höflich und fuhr gegen Morgenstern zu. Gern hätte der Wirt gleich die Rosse angespannt und wäre durch das Dorf gefahren und am Ende damit die Frauen ebenso verrückt gemacht, wie die Männer es schon waren.

»Aber«, sagte er, »heute müssen sie ruhen.«

Am anderen Morgen in der Frühe – er hatte die ganze Nacht von den Füchsen geträumt – rief er: »Apelune, nimm die Mittelmagd mit hinaus ins Kleefeld und haut mir Klee für das Wirtshaus und fürs untere Gut«, — er hatte noch ein Gut unten im Dorf – »und fahrt mir ihn herein mit den neuen Füchsen.«

Apelune – sie war die Großmagd und hieß Apollonia – war bei der Hand, und bald sah man sie draußen ihre Sensen tüchtig handhaben.

Nach einer Weile ging der Wirt in den Stall und sagte: »Sepperl, spann an, die vier neuen Füchse, wir wollen sehen, wie die gehen.«

Sepperl kratzte sich erst eine Weile hinter den Ohren, schob das Kappel von einem Ohr aufs andere und sagte: »Die hob’n Kurasch, die ganze Nacht is kei Ruh g’west.« »Schon recht«, gab der Wirt lachend von sich, »mit der Art fahr ich Kaiser und Könige aus.«

Also setzte er sich selbst mit auf, und der Sepperl ritt auf dem Sattelpferd, und dem Wirt wollte vor Freuden das Herz im Leib zerspringen, als er sah, wie die Rosse vor dem Wagen hertanzten, und waren doch so leicht zu regieren, dass der Sepperl vorn mitlachte. Es war weit hinaus aufs Feld, und doch waren sie bald draußen. Sie luden den Klee auf und fuhren wieder herein, und oben auf dem Klee saßen die Mägde; die Rösslein aber tanzten vor dem Wagen her wie früher. Sie mochten bald die Hälfte des Weges gefahren sein, da fielen die Rosse in einen ruhigen Schritt, und ein Stücklein Weges weiter, da senkten sie die Köpfe, und je weiter sie kamen, desto langsamer gingen die Rosse.

»Sepperl, nimm den Geißelstecken und pfeif ihnen eins auf«, sagte der Wirt.

Aber so viel auch der Sepperl aufpfiff, so ging es doch immer langsamer, und hatten doch noch ein gut Stück Weges bis zum Wirtshaus. Der Wirt stieg herunter – er saß in der Schoßkelle – und beschaute die Rosse gar ängstlich.

»Sepperl«, rief er ganz kleinlaut, bin ich denn betört. Die Rosse schauen ja gar nicht mehr so braun aus wie früher.«

»Ja ja«, sagte der Sepperl,» ihch hobs a scho g’schaut, olle Agenblick werdens holt gehler.«

Indem blieben die Rosse gar stehen mit geradeaus gestreckten Köpfen und sahen ganz fahl aus.

Der Wirt zitterte am ganzen Leib und schrie: »Da muss der Teufel drinsitzen.«

Er hatte es aber kaum heraus, da fielen die vier Rosse zusammen, und lagen vier Schütten Stroh auf dem Weg, und der Sepperl konnte ganz bequem heruntersteigen. Habt ihr ein Rebhühnel laufen sehn, so könnt ihr euch jetzt den dicken Wirt denken, wie er im Laufen mit der einen Hand die Hosen hielt und mit der anderen in der Luft ruderte. Hinterdrein schossen die Mägde wie die Sternschnuppen, und der Sepperl deckte den Rückzug. Atemlos kamen sie im Wirtshaus an, und weiß jetzt niemand mehr, wie es weiter geworden ist. Für den Ignazerl aber war es für diesmal genug.

Merke: Übermut tut keinem gut.