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Fort Aldamo – Band 65

Frank Callahan
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 65

Flucht ins Verderben

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 02. 05. 2018, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Finnewacker verpasst den Chargierten einen mächtigen Anschiss. Er war einige Tage nicht in Fort Aldamo und schon klappt’s mit der Disziplin der Strafsoldaten nicht mehr. Schuld haben zehn Neuankömmlinge. Sie stören die Ordnung. Da kommen sie natürlich bei dem eisenharten Haudegen an die falsche Adresse. Raus geht’s mit den Neuen zum Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch. Finnewacker ist in seinem Element. Am Wendepunkt aber merkt er, dass er ausgetrickst wurde. Einige der Sträflinge fliehen auf wartenden Pferden. Die Flucht war von langer Hand vorbereitet!

Finnewacker gibt nicht auf. Er und Fitzgerald nehmen die Verfolgung auf. Und stellen schon bald fest, dass kein anderer als Asesino – Mexikos gefürchtetster Bandolero – hinter der Befreiungsaktion steckt!

Leseprobe

»Den Strafsoldaten werde ich die lahmen Hammelbeine mächtig langziehen!«, stieß Master Sergeant Finnewacker, kommissarischer Commander von Fort Aldamo und Spieß der Strafkompanie, zornig hervor.

»So geht das nicht weiter. Kaum bin ich mal ein paar Tage unterwegs, schon reißt hier der größte Saustall ein!«

Der eisenharte Commander blieb stehen und wandte sich mit einem Ruck den zehn Sergeanten zu, die in der Kommandantur angetreten waren und stramm vor ihrem Vorgesetzten standen.

»Ihr habt die Zügel schleifen lassen, Männer!«, tönte Finnewacker. »Damit bin ich nicht einverstanden. Der Appell war eine einzige Frechheit. Da hat nichts, aber auch gar nichts geklappt. Verar… äh … veräppeln kann ich mich allein. Ich will euch erst gar nicht an den Stubendurchgang erinnern, der eine Katastrophe gewesen ist. Was ist nur mit den Strafsoldaten los?«

Sergeant Fitzgerald, Finnewackers Stellvertreter, trat einen Schritt nach vorn und schlug krachend die Hacken zusammen.

»Darf ich etwas dazu sagen, Master Sergeant?«

Finnewacker strich über seinen buschigen Schnurrbart, der sich in den letzten Minuten immer mehr gesträubt hatte. Und das war ein sehr schlechtes Zeichen, was den Gemütszustand des alten Kämpen betraf.

»Na los, Kleiner. Vielleicht kannst du mir meine Frage beantworten. Ich selbst verstehe das alles nicht!«

»Es sind nur wenige Sträflinge, die querschießen, Finnewacker. Doch sie haben die anderen Strafsoldaten angesteckt. Es handelt sich um zehn neue Strafsoldaten, die erst vor drei Tagen während deiner Abwesenheit die Strafkompanie in Fort Aldamo erreicht haben.«

Finnewackers Augen wurden schmal.

»Was …?«, ächzte er dann. »Ihr werdet nicht mit zehn Hänflingen fertig, weil ich mal nicht da bin. Himmel, Arsch und Wolkenbruch, das schlägt ja dem Fass den Boden aus!«

»Wir haben alles versucht, Finnewacker. Das kannst du uns glauben. Die Kerle sind einfach nicht kleinzukriegen. Das ist das Problem. Und ich fürchte, dass auch du dir …«

Der kleinwüchsige und krausköpfige Sergeant schwieg.

»Du glaubst im Ernst, dass auch ich mir die Zähne an diesen Kotzbrocken ausbeißen werde?«

Der Finnewacker sah den kleinen Krauskopf ungläubig an, als wäre diesem eine zweite Nase auf der Stirn gewachsen.

»Soll wohl ein Scherz sein – nicht wahr?«, so flötete er.

Dann aber brüllte Finnewacker los.

»Ich liebe Scherze dieser Art überhaupt nicht. Und ob ich diese Grillenfänger klein bekommen werde. Darauf verwette ich meine Streifen. Und ich fange jetzt sofort damit an. Kaporus?«

»Jetzt …?«, seufzte Sergeant Gammer.

»Die Soldaten liegen schon längst in den Betten. Zapfenstreich ist lange vorüber«, meinte Sergeant Larsen.

»Ach so, Kameraden. Ihr glaubt also, dass wir diese Chorknaben in ihrem süßen Schlummer nicht behelligen dürfen. Prima, ausgezeichnet. Das lob ich mir.«

Die zehn Chargierten senkten die Köpfe.

Zu gut wussten sie, dass ihr Master Sergeant in wenigen Sekundenbruchteilen explodieren würde.

Und so war es auch!

Finnewacker ging hoch wie eine Granate!

Er tobte, dass die Wände wackelten. Die zehn Chargierten wünschten in diesen Sekunden, sich in ein Mauseloch verkriechen zu können. Nur selten zuvor waren sie von dem alten Poltergeist so zur Minna gemacht worden.

Schließlich beruhigte sich Finnewacker wieder. Er grinste sogar so breit, dass sich die Enden des Schnurrbarts bedenklich seinen Ohren näherten. Und das war den Sergeanten schon gar nicht geheuer.

»Vorschläge, Männer?«, sagte der Commander von Fort Aldamo honigsüß. »ihr werdet euch doch Gedanken darüber gemacht haben, wie wir das alles leicht und locker schaukeln – nicht wahr?«

Die Sergeanten standen noch immer stramm.

»Rührt euch, ihr Hechte!«

Finnewacker verzog das Gesicht, als die Soldaten den rechten Fuß nach vorn stellten. Es klang wie eine Herde anreitender Pferde.

»Kommt mir sehr bekannt vor!«, spottete Finnewacker. »So ähnlich haben das die Strafsoldaten heute Abend auch vorgeführt. Na ja, ist ja auch kein Wunder bei diesen Vorbildern!«

 

*

 

»Ich wiederhole: Vorschläge, meine Herren. Spreche ich vielleicht undeutlich, oder habt ihr’s an den Lauschern?«

Finnewacker marschierte hinter seinen Schreibtisch und ließ sich auf den Sessel fallen, der bedenklich unter seinem Gewicht ächzte.

»Stumm seid ihr also auch noch, Männer. Das wird ja immer prächtiger. Wusste ja gar nicht, dass ich von einer Horde von Versagern umgeben bin. Da wird sich einiges ändern, Gentlemen!«

»Nun mach mal ’nen Punkt, Finnewacker«, grollte Fitzgerald. »Wir sind noch lange keine Versager, nur weil einige Strafsoldaten nicht parieren. Du kannst dir denken, dass wir alles getan haben, um die Neuen hinzukriegen. Es hat sogar einigermaßen geklappt – wenigstens so, um zufrieden zu sein. Die neuen Sträflinge haben auch uns getäuscht. Als du heute Abend den Appell abgenommen hast, spielten sie schon wieder verrück. Auch beim Stubendurchgang provozierten diese Schwachköpfe einen Vorfall nach den anderen.«

Der kleine Krauskopf holte tief Atem und ignorierte den finsteren Gesichtsausdruck seines Vorgesetzten »Das ist die Lage. Gut, deine Vorwürfe sind berechtigt, doch du solltest uns nicht beleidigen!«

Sergeant Fitzgerald trat in die Reihe der Sergeanten zurück, die eifrig zu Fitzgeralds Worten genickt hatten.

»Gut, Männer. Ihr kennt mich. Ich nehme die Horde von Versagern zurück und entschuldige mich dafür.«

Finnewackers Stimme klang ruhig. Und doch sahen die Chargierten, wie sehr es noch immer in dem alten Haudegen kochte.

».Sergeant Wollcram!«

Der schneidigste Soldat der Kompanie trat einen Schritt nach vorn und schlug die Hacken so fest zusammen, dass es ihn fast von den Beinen riss. Seine Hand federte an den Rand seines Käppis.

»Aye, Master Sergeant!«

Danach machte Wollcram nochmals »Diesen«, wie Finnewacker die ewige Salutiererei des Sergeanten bezeichnete.

»Schaff mir Corporal Jefferson herbei. Aber dalli, dalli!«

»Yes, Finnewacker!«

Es krachte schon wieder, als Wollcram erneut salutierte. Dann sauste der eifrige Blaurock zur Tür hinaus.

»Was hast du vor?«, fragte Fitzgerald. »Dürften wir das erfahren?«

»Gewiss, Kleiner, gewiss! Da von euch keine Vorschläge kommen, wie wir das alles schnellstens wieder in den Griff bekommen, muss ich mir einiges einfallen lassen. Und ich beginne sofort damit.«

Sergeant Fitzgerald seufzte.

»Soll Jefferson den Strafsoldaten eine Schlummermelodie auf seiner Trompete Vorspielen …?«

»Du hast’s erfasst. Natürlich keine Schlummermelodie, sondern genau das Gegenteil. Er wird Alarm blasen und die Saftsäcke aus den Betten holen. Anschließend üben wir mal, wie schnell die Strafsoldaten brauchen, um im Drillich, im Schlafanzug und feldmarschmäßig anzutreten. Und wenn das nicht klappt, üben wir das die ganze Nacht hindurch!«

»Ein Maskenball!«

»Das hast du gesagt, Kleiner. Ich will nur herausfinden, wie schnell die Sträflinge brauchen, um unsere Befehle zu befolgen.«

Finnewacker lächelte salzig.

»Wäre doch gelacht, wenn wir die Miesepeter nicht kleinkriegen. Ihr wisst Bescheid, Männer. Kümmert euch um die einzelnen Corporalschaften, wenn’s losgeht. Ist das klar?«

»Aye, Finnewacker!«, echoten die Sergeanten im Chor.

»Noch etwas, Leute. Die ersten zwanzig Sträflinge, die korrekt zum Appell antreten, können sich wieder zum Schlafen niederlegen. Ich schätze, dass wir alle Aufmucker dann ganz schnell herausfiltern werden!«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

Der Commander von Fort Aldamo lächelte jetzt lässig.

Schritte ertönten. Sergeant Wollcram und Corporal Jefferson betraten die Kommandantur und grüßten korrekt.

»Melde mich zur Stelle, Master Sergeant!«, tönte der junge Corporal.

»Ausgezeichnet, mein Guter. Und ich finde es gut, dass du dein Krachinstrument mitgebracht hast.«

Jefferson hielt die Trompete unter den linken Arm geklemmt. Das verbeulte und recht unansehnliche Clairon hatte auch schon bessere Tage gesehen.

»Du marschierst jetzt raus auf den Appellplatz und entlockst dem Ding ein paar heiße Töne, Jefferson. Du bläst zum Alarm. Kaporus?«

»Zu Befehl, Finnewacker!«

Der Commander von Fort Aldamo hob drohend die Hand.

»Wehe, wenn du ein falsches Trompetensignal gibst. Wage nur nicht, statt Alarm, den Zapfenstreich zu blasen. Manchmal glaube ich direkt, dass du das nur machst, um mich zu ärgern!«

Corporal Jefferson stand noch immer stramm.

»Das würde ich nie wagen, Finnewacker«, stieß er hervor, »Wie du weißt, bin ich kein ausgebildeter Hornist. Wenn ich ab und zu mal ein paar Takte durcheinanderbringe, dann …«

»Schon gut. Ab mit dir durch die Mitte, du Ohrenbläser!«

»Yes, Master Sergeant!«

Corporal Jefferson salutierte und marschierte los.

»Ihr könnt euch auch verzupfen, Männer. Und macht den Sträflingen nur gehörig Dampf unter den Sitzledern, sonst werde ich zum Tiger!«

Die zehn Sergeanten schlichen sich davon. Finnewacker blickte ihnen grinsend hinterher.

Sekunden später ertönte draußen auf dem Appellplatz ein schauriger Laut. Es hörte sich an, als würden Wölfe und Pumas gegeneinander kämpfen.

Finnewacker fuhr in die Höhe und trat ans Fenster.

Ehe er aber lospoltern konnte, entlockte Corporal Jefferson der Trompete astreine Töne, die schrill durch die Nacht gellten und die Strafsoldaten aus ihren Betten holten.

»Na, jetzt will ich doch mal sehen, ob ich die Neuen nicht kleinkriege«, sagte der Commander von Fort Aldamo. Er stülpte seinen Feldhut auf den Kopf und zupfte seine Uniform zurecht.

Dann verließ Master Sergeant Finnewacker die Kommandantur.

In den Unterkünften der Straf Soldaten flammten die ersten Kerosinlampen auf. Jetzt ertönten auch die befehlsgewohnten Stimmen der Sergeanten, die den Sträflingen Dampf machten.

Der Maskenball konnte beginnen.

Quelle:

  • Frank Callahan: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 65. Bastei Verlag. Köln. 02. 05. 2018