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John Sinclair Classics Band 20

Jason Dark (Helmut Rellergerd)
John Sinclair Classics
Band 20
Bruderschaft des Satans

Grusel, Heftroman, Bastei, Köln, 05.06.2018, 66 Seiten, 1,80 Euro, Titelbild: Ballestar
Dieser Roman erschien erstmals am 29.07.1975 als Gespenster-Krimi Band 98.

Kurzinhalt:
Wenn die Gesänge der Untoten nachts schaurig über das Land hallen, ziehen sich die Bewohner der kleinen Dörfer angstvoll in ihre Häuser zurück. Niemand weiß, wer das nächste Opfer sein wird … Doch es gibt ein Mittel, die Macht der grausamen Teufelsmönche zu brechen: Der Kelch des Feuers! Allerdings steht er Hunderte von Meilen entfernt in einer von Dämonen bewachten und entweihten Kapelle …

Leseprobe

Urplötzlich war das Gewitter vorbei. Die Luft – vorher feucht und drückend – wurde wieder rein und klar. Millionen von Sternen funkelten am samtenen Nachthimmel. Ein frischer Wind wehte Über das Land.

Roger Moulin trat vor die Tür seines Hauses. Er reckte beide Arme, atmete die herrlich frische Nachtluft ein.

Seine Augen blickten über das mit silbrigem Mondschein übergossene Land. Das Laub der Bäume glänzte nass. Wassertropfen fielen in unregel­mäßigen Abständen zu Boden.

Plötzlich hielt Moulin mitten in der Bewegung inne. Ein krächzender Laut drang aus seinem halb geöffneten Mund. Magisch wurde sein Blick von dem alten Kloster oben auf den Felsen angezogen. Ein unwirkliches, rötlich schimmerndes Licht schwebte über den dicken Mauern. Und dann hörte Roger Moulin den Gesang.

Den Gesang der Teufelsmönche …

Zuerst war es nur ein Raunen, leise – wie das Säuseln des Windes. Doch das Raunen verdichtete sich, wurde lauter, intensiver und schwebte, wie von un­sichtbaren Flügeln getragen, durch das weite Tal.

Roger Moulin zitterte. Er ballte die Hände zu Fäusten und presste sie gegen die Ohren.

Nein, er durfte nicht auf das ferne Singen hören. Er musste weg. Weg von hier.

Roger Moulin machte auf dem Absatz kehrt und rannte ins Haus. Er knallte die Tür zu und verriegelte sie.

Mit dem Rücken drängte er sich gegen das Holz. Sein Körper war mit Schweiß bedeckt. Seine Zähne klapper­ten vor Angst.

Die Teufelsmönche! Jahrelang war es still um sie gewesen, waren sie einge­schlossen in dem Kloster der Finsternis.

Alte Legenden kamen Moulin in den Sinn. Legenden, die ihm sein Vater er­zählt hatte.

Die Teufelsmönche! Wer sie sah, war verloren. Endgültig.

Moulin stöhnte auf. Er wusste, was dieses Singen zu bedeuten hatte. Sie kamen, um jemanden zu holen.

Vielleicht ihn? Es hieß, wer den Gesang zuerst vernahm, war dem Tod geweiht. Und er hatte ihn vernommen.

Roger Moulin löste sich von der Tür, taumelte in die Wohnstube.

Die Karaffe mit dem dunkelroten Wein stand auf dem Tisch. Daneben ein mundgeblasenes Kristallglas.

Moulins Finger umschlossen den Griff der Karaffe. In einem breiten Strom ergoss sich der Wein in das Glas. Ein Teil der Flüssigkeit benetzte die weiße Tischdecke.

Moulin stützte sich mit der linken Hand auf den Tisch. Plötzlich ver­schwamm alles vor seinen Augen. Er hatte Mühe, das Glas zu fassen.

Sollte das schon der Anfang vom Ende sein? Das Schwindelgefühl, das…

Moulin dachte nicht weiter. Er setzte das Glas an die Lippen und kippte den Wein mit einem Zug hinunter.

Im gleichen Moment brüllte er auf. Er öffnete den Mund und spie den Rest des Weines wieder aus.

Die Flüssigkeit hatte sich verändert, war dicker geworden und schmeckte süßlich.

Süß wie …

Moulin wagte nicht einmal an das Wort zu denken.

Und doch war es eine Tatsache. Roger Moulin hatte Blut getrunken!

 

 

 

In diesen schrecklichen Augenblicken wurde dem Mann klar, dass die Teufelsmönche ihn als Opfer ausgesucht hat­ten. Diese Verwandlung, das konnten nur die getan haben, die mit dem Satan im Bunde standen.

Angeekelt wandte sich Moulin ab. Er konnte das Blut nicht mehr sehen. Alles war zu grauenhaft, zu unwahr­scheinlich.

Roger Moulin hustete erstickt.

Seit seine Frau gestorben war, lebte er allein in diesem Haus. Allein mit seinen Erinnerungen.

Und trotzdem hing Roger Moulin an seinem Leben. Wie jeder andere Mensch auch. Er wollte noch nicht sterben, versuchte mit aller Macht, gegen das Schicksal und die Teufelsmönche an­zugehen.

Flucht! Das war sein einziger Ge­danke. Wenn es ihm gelang, von hier wegzukommen, war alles in Ordnung. Aber er musste es schaffen, noch bevor die Mönche an seinem Haus waren.

Moulin rannte in die Küche, riss die oberste Schranktür auf. In seinem Holz­kasten befand sich etwas Geld. Tausend Franc. Die mussten reichen. Moulin warf sich noch seine alte Jacke über und steckte das Sparbuch ein. Dann löschte er das Licht.

Im Dunkeln ging er auf die Haustür zu. Sein eigener Atem klang überlaut durch die Stille.

Moulin packte den Riegel, wollte ihn zurückziehen.

Der Riegel bewegte sich nicht von der Stelle!

Roger Moulin erstarrte.

Noch einmal versuchte er es.

Wieder ohne Erfolg.

»Nein«, ächzte er, »das ist unmöglich, das ist …«

In wilder Panik trommelte er gegen die Tür. Dumpf hallten die Schläge hinaus in die Nacht.

Doch niemand hörte den verzweifel­ten Mann.

Das Haus, einsam am Ortsende gele­gen, war von den Teufelsmönchen mit einem Bann belegt worden, den nur sie lösen konnten.

Doch noch gab Moulin nicht auf. Noch war sein Widerstandswille vor­handen.

Das Fenster! Wie die letzte Rettung kam es ihm vor.

Der Mann taumelte zurück in die Wohnstube, stieß sich an der Kante eines Schranks, achtete jedoch nicht weiter darauf.

Dann stand er vor dem Fenster.

In der Scheibe spiegelte sich das Mondlicht.

Aus brennenden Augen starrte Mou­lin nach draußen. Er sah die Büsche, die Bäume mit den Zweigen, die sich im Nachtwind wiegten.

Moulin hob den Arm. Um die Hand hatte er sich ein Taschentuch gewi­ckelt.

Er würde die Scheibe einschlagen. denn das Fenster war wie die Tür eben­falls verriegelt.

Der magische Zauber der Teufels­mönche hatte auch hier seine Früchte getragen.

Plötzlich stockte Moulin mitten in der Bewegung.

Hinter dem Kirschbaum hatte sich etwas bewegt. Sollten sie schon da sein?

»Nein!!!«

Gleichzeitig mit dem Schrei stieß Roger Moulin den Arm vor.

Splitternd zerbrach die Scheibe. Scherben regneten nach draußen. Kalte Nachtluft wehte in das Zimmer.

Moulin sprang auf die Fensterbank.

Schnell warf er einen Blick nach rechts und links. Dann ließ er sich fal­len. landete weich auf dem Rasen.

Sofort kam er wieder hoch – und prallte entsetzt zurück!

Sie standen vor ihm. Wie aus dem Nichts waren sie aufgetaucht, hatten ihn eingekreist.

Sieben Teufelsmönche!

Sie trugen dunkle Kutten. Die Kapu­zen hatten sie über die Köpfe gezogen. Formlose, grün schimmernde Gesichter starrten den Unglücklichen an.

Roger Moulin sah die langen Zangen, die die Mönche in den Händen hielten. Die Eisenbacken der Mordinstrumente klafften gefährlich weit auseinander.

Roger Moulin wusste nicht, wie ihm geschah. Sein Blick irrlichterte von einem zum anderen. Abgehacktes, seltsames Gelächter drang aus seinem Mund.

Roger Moulin war dem Wahnsinn nahe.

Die Mönche setzten sich in Bewe­gung. kamen auf ihn zu, zogen den Kreis enger.

Moulin hatte keine Chance. In seinem Rücken befand sich die Hausmauer, vor ihm die grässlichen Gestalten.

Er versuchte auch keine Gegenwehr. Wie ein Delinquent, der noch einmal um Gnade bittet, sank er in die Knie.

Wispernde, raunende Laute drangen an seine Ohren. Die Teufelsmönche sprachen miteinander. Vielleicht woll­ten sie ihn quälen, seinen Tod hinaus­zögern.

Roger Moulin hob den Kopf.

Da streckten die Mönche die Arme aus. Dicht vor Moulins Augen befan­den sich die gnadenlosen Backen der Folterzangen.

Moulin spürte, wie das Entsetzen in seinem Körper jeden anderen Gedanken auslöschte.

Er brach zusammen, fiel mit dem Gesicht auf den regennassen Boden.

Dreck und Grashalme drangen in seinen Mund. Er merkte es nicht einmal.

Roger Moulin hatte mit seinem Leben abgeschlossen.

Der Saum einer Kutte streifte seinen Kopf. Und dann hörte er die Stimme.

»Wir brauchen dich, Roger Moulin. Wir brauchen deine Seele, um weiter­leben zu können. Du bist der erste von sieben Menschen, die uns dieses Wei­terleben garantieren!«

Roger Moulin hörte die Worte zwar, verstand sie jedoch nicht. Jegliches Gefühl hatte seinen Körper verlassen. Seine Hände hatten sich in das Erdreich verkrallt.

Nur einmal zuckte er noch zusam­men. Als sich das kalte Eisen der Wür­gezange um seinen Hals legte.

Dann wurde Roger Moulin ohnmäch­tig. Er spürte die Schmerzen nicht, die seinen Tod ankündigten.

 

 

»Bis Mittwoch dann, Germaine«, sagte Pierre Saval und öffnete der jungen Frau die Beifahrertür.

Germaines Gesicht verzog sich zu einem schmerzlichen Lächeln. Sie bückte sich noch einmal und sah in den Wagen. »Gib auf dich acht, Cheri«, flüsterte sie und verschwand dann mit schnellen Schritten in einen kleinen Waldweg.

Pierre Saval zog die Tür zu und seufzte tief auf. Dann kurbelte er das Fenster hinunter. Kühle Morgenluft umfächerte sein Gesicht. Die Sonne war schon aufgegangen und schickte ihre ersten wärmenden Strahlen über das Land. Unzählige Vögel zwitscherten an diesem schönen Vorsommertag.

Pierre lehnte sich in seinem Sitz zurück. Er dachte an Germaine, seine Freundin und Geliebte.

Hölle, war das eine Frau! Sie hatte nur einen Fehler. Sie war verheiratet. Verheiratet mit einem Bankier, der zwar vor Geld stank, sich jedoch nicht um seine Gattin kümmerte.

Und so kam es, wie es kommen musste. Auf einer Party hatten sich Germaine und Pierre kennen- und lieben gelernt. Allerdings durfte ihr Verhält­nis unter keinen Umständen bekannt werden. Pierre Saval war Bürgermeister von Billot, einem kleinen Ort in den Vogesen. Und da er Ambitionen nach oben hatte und in die Politik einstei­gen wollte, musste seine Weste sauber bleiben. Die Folge davon war: Er und Germaine konnten sich nur heimlich treffen, wie zwei Internatsschüler.

Germaine wohnte im Nachbarort. Meistens allein, da ihr Mann oft in Colmar war. Die vergangene Nacht hatten Pierre und Germaine ebenfalls in Colmar verbracht. Es gab dort ein kleines Hotel, dessen Portier sehr ver­schwiegen war.

Personen

  • Roger Moulin
  • Teufelsmönche
  • Pierre Saval, Bürgermeister
  • Germaine Bousseau, Pierres Geliebte
  • Pascal, Polizist
  • Inspektor Lefevre
  • Muller, Lefevres Stellvertreter
  • Wirt
  • John Sinclair, Inspektor bei Scotland Yard
  • Professor Fisher, Londoner Universitätsbibliothek
  • Mr. Crawford, Kulturbeamter
  • Hugh Morton, Crawfords Assistent
  • Pete
  • Ken
  • Ellen und Werner, junges Paar, Touristen

Orte

  • Billot
  • London
  • Lilingtown

Quellen:

  • Jason Dark: John Sinclair Classics. Geisterjäger John Sinclair. Band 20. Bastei Verlag. Köln. 05. 06. 2018
  • Thomas König: Geisterwaldkatalog. Band 1. BoD. Norderstedt. Mai 2000