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Felsenherz der Trapper – Teil 21.5

Felsenherz der Trapper
Selbst Erlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 21
Der Indianerhändler
Fünftes Kapitel

Des roten Tom Doppelbüchse

»Neun Jahre sind es nun her«, berichtete der rote Turm in aller Kürze, »da wohnten mein Bruder und ich mit unseren Frauen und Kindern als Ansiedler in den Pontrackbergen. Wir hatten uns eine Art Gebirgsfestung gebaut, lebten mit den benachbarten Sioux in Frieden und hätten es zu Wohlstand bringen können, wenn nicht mein Bruder Edward vom Goldfieber gepackt gewesen wäre. Tagelang trieb er sich in den Bergen umher, weil er bestimmt hoffte, doch einmal eine Bonanza zu finden. Dann kehrte er eines Morgens ganz erschöpft wieder von solch einem Ausflug zurück. Ich traf ihn im Wald.

Er fiel mir um den Hals und rief glückstrahlend: »Tom, Tom – eine Bonanza! Endlich – endlich!«

Aber er kam nicht mehr dazu, mir auch den Ort mitzuteilen, wo die Goldfundstelle lag. Plötzlich wurden wir beide nämlich durch Kolben niedergeschlagen. Als ich aus der tiefen Ohnmacht erwachte, war ich an einen Baum gefesselt. Etwas abseits lag Edward im Gras. Auf ihm kniete ein Weißer, der ihm das Messer auf die Kehle gesetzt hatte. Ich hörte Edward flüstern. Er verriet dem Schurken und dessen dabeistehenden Gefährten, eben jenen Stury dort, den Weg zur Bonanza …!

Ich konnte nicht alles deutlich vernehmen, was er flüsterte. Aber so viel verstand ich doch, dass man erst einen Felsen wegsprengen müsste, bevor man an das Gold heran könnte.

Kaum hatte Edward den Schurken alles Nötige berichtet, als der feige Mörder, Robbin hieß er, zustieß und meinen Bruder tötete. Dann feuerte jeder der Schurken mir eine Büchsenkugel in die Brust. Sie hielten mich wohl für tot, ließen mich an den Baum in meinen Fesseln hängen und begaben sich zu unserer Ansiedlung, wo sie kaltblütig auch unsere Frauen und Kinder ermordeten und die Häuser danach verbrannten. Dies erfuhr ich erst später, als zwei Siouxkrieger mich gesund gepflegt hatten. Als ich nach vier Monaten genesen war, machte ich mich sofort auf den Weg und verfolgte Robbins und Sturys Spuren, hielt überall Nachfrage, fand die beiden Elenden jedoch nicht. So wurde ich denn Indianerhändler. Ich hatte am Grab meines Weibes geschworen, ihren Tod an Robbin und Stury zu rächen, und eine innere Stimme sagte mir, dass ich die Schurken doch noch finden würde. Und – ich fand sie! Im Lager der Apachen sah ich sie in der verflossenen Nacht, hörte, wie Robbin, um sich zu retten, den Oberhäuptling an den Ort der Bonanza zu führen versprach. Da krachten plötzlich zwei Schüsse, die Robbin und Stury niederstreckten. Alles Weitere wisst Ihr …«

Felsenherz erklärte rasch: »Ich habe diese beiden Schüsse nicht abgegeben, Tom. Wer kann es dann gewesen sein?«

»Vielleicht der Geist der Wahsatschberge«, meinte Harpley achselzuckend. »Jenes Gespenst vielleicht, das sich stets in den Wahsatschbergen zeigt, die den Pontrackbergen benachbart sind …«

Er wollte noch mehr hinzufügen, aber eine Anzahl Schüsse, die plötzlich unten im Tal krachten, ließ Felsenherz und Chokariga schnell hinter die Tannen eilen, während Harpley sich in die Höhle an die Steinbarrikade begab.

Die beiden berühmten Westmänner trauten ihren Augen nicht, als sie bemerkten, dass Ikawiru mit seinen Apachen die hier im Tal auf den Bergterrassen zurückgebliebenen Navajo angegriffen und mit ihnen in einen mörderischen Kampf geraten waren. Die Navajo, obwohl in der Überzahl, waren durch die erste Salve der heranschleichenden Apachen sofort derart geschwächt worden, dass sie den weit kampfgeübteren Feinden nur noch geringen Widerstand leisteten. Bereits nach einer Viertelstunde waren Ikawirus Krieger Herren des Tales. Furchtbare Szenen hatten sich hier so in Kurzem abgespielt. Gegen dreißig Navajo lagen tot oder doch schwer verwundet, alle skalpiert, auf dem von Blutlachen bedeckten Talboden. Zwanzig waren gefangen genommen, der Rest entflohen. Die Sieger feierten jetzt ihren Triumph durch wildes Geschrei. Der Blutrausch hatte sie gepackt. Wie die Wahnsinnigen umtanzten die jüngeren Krieger, die Tomahawks schwingend, die Gefangenen.

»Ikawiru ahnt nicht, dass er hier nur die Hälfte der Navajo vor sich hat«, sagte der Comanchenhäuptling jetzt ernst zu seinem Bruder Felsenherz. »Er ahnt auch nicht, dass es hier oben eine Höhle gibt, in der wir verborgen sind, sonst hätte er bereits ein paar seiner Leute die Terrassen emporgeschickt. Ikawirus junge Krieger werden noch heute ihre Skalpe verlieren.«

Da kam schon der rote Turm herbeigeeilt und meldete, dass die Navajo in der Höhle drüben an der Barrikade angelangt seien und diese wegzuräumen versuchten.

Sofort begab sich der blonde Trapper an eine der in dem Steinwall freigelassenen Schießscharten riefen durch: »Tara Patnu, das Scharfe Messer, der Häuptling der Navajo, mag auf Felsenherz’ Worte achten. Die Apachen haben deine Krieger im Tal der Terrassen niedergemacht und zwanzig gefangen genommen. Tara Patnu weiß, dass Felsenherz nie lügt. Der Häuptling mag mit uns Frieden schließen und seine Krieger befreien.«

Gleich darauf war denn auch vereinbart worden, dass Tara Patnu nun allein durch die Barrikade kriechen und in das Tal hinabschauen dürfe.

Kaum hatte der Navajohäuptling die zahlreichen Toten dann gesehen und erkannt, dass die Apachen die Gefangenen offenbar sofort martern wollten, als er Felsenherz die Hand reichte und sagte: »Der weiße Jäger ist ehrlich und tapfer. Sein Ruhm reicht weit hinab bis an die Grenzen von Mexiko. Das Kriegsbeil sei zwischen uns begraben. Tara Patnu redet nie mit gespaltener, lügnerischen Zunge. Er wird fortan ein Freund der Bleichgesichter sein.«

So wurde denn das Kriegsbeil zwischen diesen beiden Parteien begraben. Nachdem die Barrikade weggeräumt worden war, standen Felsenherz, Chokariga, der rote Tom und der Navajohäuptling hinter den Tannen und beobachteten die Apachen, die jetzt die Beute an für – Gewehre, Pulverhörner und so weiter – unter sich verteilten.

Harpley hielt wie immer seinen mächtigen Buchenknüttel in der Hand. Es war ein Zufall, dass Tara Patnu nur mit dem Fuß dagegen stieß. Die lange Keule fiel zu Boden, zwei Schüsse krachten im selben Moment.

Toms Geheimnis war jetzt verraten: In dem Buchenknüttel war eine besondere Art von Doppelbüchse verborgen.

Felsenherz sagte denn auch sofort: »Harpley, Ihr wart es, der Robbin erschoss!«

»Ja«, sagte der Händler ernst. »Ich war es! Es war mein gutes Recht!«

Die Apachen unten hatten jetzt die herabstürmenden Navajo bemerkt, warfen sich auf ihre Mustangs und sprengten unter Zurücklassung der Gefangenen davon.

Stury, der andere Mörder, fand später ein grauenvolles Ende, nachdem er noch versucht hatte, das Gold der Bonanza ausfindig zu machen.