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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 28. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel gibt sich für einen Wahrsager aus.

ls nun Eulenspiegel aus Rostock wegging, schlug er die Straße nach Wismar ein. Unterwegs sah er ein Pferd auf der Weide grasen, das gefiel ihm und er fragte es deshalb: »Wem gehörst du?« Da das Pferd ihm nicht antworten konnte, sprach Eulenspiegel: »Ich antworte, du sollst mein sein.« Er setzte sich auf das Pferd und ritt nach Wismar. Als er vor das erste Wirtshaus daselbst kam, sah er gegenüber bei einem Huf­schmied eine hübsche Frau mit einer Magd vor der Tür stehen. Er stieg ab, band sein Pferd an und machte sich gleich mit diesen bekannt. Die Frauensleute fragten ihn, was er wäre.

Eulenspiegel antwortete: »Ich bin ein Wahrsager.«

»O, das ist gut«, sagten die Frauensleute, »so sagt uns doch die Wahrheit.« Eulenspiegel sprach: »Morgen früh will ich mein Pferd beschlagen lassen, wenn ihr mir nun dazu die Hufeisen schenkt, so will ich euch die Wahrheit sagen.«

Am anderen Morgen kam Eulenspiegel mit seinem Pferd in die Schmiede. Die Frauensleute freuten sich, dass er Wort hielt, kamen vor die Tür und grüßten ihn. Indem kam auch der Schmied und fragte ihn, ob er das Pferd wolle beschlagen haben. Eulenspiegel sagte Ja und fing mit dem Meister ein Ge­spräch an. Als der Schmied erfuhr, wer dieser Fremde sei, fragte er ihn, ob er ihm auch die Wahrheit sagen wolle.

Eulen­spiegel sprach: »Wenn Ihr Eisen und Kohlen genug habt und Euer Blasebalg vielen Wind macht, so könnt Ihr fleißig schmie­den, und wenn ihr das tut, so habt Ihr Brot.«

Der Schmied sagte: »Das ist die reinste Wahrheit, dafür will ich deinem Pferde ein Hufeisen aufschlagen lassen.«

Da der Schmiede­knecht das Eisen aufschlug, fragte dieser ihn, ob er ihm auch die Wahrheit sagen könne.

Eulenspiegel sprach: »Du wirst bald Meister werden, und unter dem Amboss, worauf du schmieden wirst, steht eine Goldgrube. Wenn du nun recht fleißig bist, so wirst du Goldstücke herausschlagen.«

Der Knecht sagte: »O, das ist schön! Nun will ich auch recht fleißig sein und tüchtig auf den Amboss schlagen, damit der Schatz herauskommt. Nun will ich dir auch ein Hufeisen schenken.«

Als dies die Frau und das Mädchen hörten, traten sie näher und wollten auch die Wahrheit wissen. Zu der Frau sagte er: »Vieles Stehen vor der Tür, das macht schön und beliebt bei den Leuten.«

»Das ist wahr!«, sagte die Frau, »und dafür sollst du auch von mir ein Hufeisen haben.

Der Meister sagte aber: »Ja, vieles Stehen vor der Tür, zeigt deine Faulheit mir!«

Und nun fragte auch das Mädchen, welches sehr verliebt war, was er ihr wahrsagen könne.

Eulenspiegel antwortete: »Wenn du hübsche Dirne dich gut aufführst, so wirst du bald einen jungen Mann bekommen. Und wenn du isst, so hüte dich vor zähem Rindfleisch, denn es bleibt in den Zähnen sitzen und man bekommt Leibschmerzen danach.«

»Gewiss, das ist wahr«, antwortete sie und bezahlte auch ein Hufeisen für Eulenspiegels Pferd.

So hatte Eulenspiegel mit seinem Maulschwatzen sich vier Hufeisen verdient.