Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Sammlung bergmännischer Sagen Teil 22

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


III. Sagen von den Venedigern

11.

Hinter dem Hittisberg haben vor uralten Zeiten auf Halden und in Höhlen die Venediger gehaust, das sind Männchen und Weibchen gewesen, ganz kleine Leute, fromm und gescheit. Auf den Halden am Hittisberg hatte man sie manchmal klopfen und hämmern gehört. Hier gruben sich Steine, die sahen aus wie Feuerstein, waren aber nichts Geringeres als Golderz. Sobald es Winter wurde, gingen die Venediger fort. Man wusste nicht wohin, und im Frühling kamen sie wieder zurück, man wusste nicht woher. Zuweilen gingen sie in einstöckige Häuser zur Abendunterhaltung, redeten aber nicht viel, ausgenommen, sie konnten den Leuten einen guten Rat geben. Das taten sie nämlich gern. Wenn man aber stritt und zankte, so schrien sie alle durcheinander orla brennt, orla brennt, und liefen zum Haus hinaus, so schnell sie konnten.

Oft, wenn ein Mann oder eine Frau des Weges ging, gesellte sich ein solches Männchen zu ihm, ging eine Strecke mit und verschwand dann plötzlich. Oft sind sie auch zu den Bauern auf den Hof gekommen und haben hart am Heustock gesotten und gebraten, sodass das Feuer am Heu hinauffuhr, ohne jedoch etwas anzuzünden.

Einst sollte ein Weibchen von ihnen niederkommen, da holte das Männlein eine Frau aus der Nachbarschaft herbei, die kam und half. Lohn wollte sie aber nicht.

Da gab ihr das Venedigerweibchen Kohle in die Schürze und sagte: »Tue deine Schürze nicht auf und sieh nicht hinein, bist du nach Hause kommst.«

Wie aber das Bauernweib ein Stück weit weg war, dann dachte es: Sie hat mir ja doch nichts als Kohle gegeben, die mag ich nicht heimtragen. Sie machte die Schürze auf und leerte die Kohlen aus. Als es heimkam, will es die Schürze ablegen und sieht, dass eine Dublone in einer Falte steckte. Nun erschrickt die Frau und dachte, sie hätte die Kohlen doch nicht ausleeren sollen, das Venedigerweibchen hätte ihr lauter Dublonen gegeben. Darauf kehrt sie um und ging zurück an den Platz, wo sie die Kohlen ausgeschüttet hatte, fand sie aber nicht mehr.