Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Dämonische Reisen in alle Welt – Kapitel IV, Teil 2

Johann Konrad Friederich
Dämonische Reisen in alle Welt
Nach einem französischen Manuskript bearbeitet, 1847.

Kapitel IV, Teil 2

»Wer soll aber diese Kommission ernennen?«

»Die Kammer selbst; für das erste Mal aber, da diese sich noch nicht so konstituiert haben kann, die Regierung, welche unter den besten Professoren und den fähigsten, so viel wie möglich wegen ihrer Unabsetzbarkeit unabhängigen Staatsmännern dieselbe wählen und ernennen müsste, und zwar aus allen Zweigen der Wissenschaften. Die einmal so konstituierte Kammer wird dann jedes Mal vor den Wahlen für die periodische Erneuerung dieser Kommission sorgen. Mit einer auf diese Art zusammengesetzten Kammer kann man einer Ersten oder Pairskammer vollkommen entbehren, was die Geschäfte unendlich vereinfachen würde.

Dies ist nach meiner, des Teufels Meinung das einzige Mittel, wenn auch nicht alle Übelstände einer konstitutionellen Regierung zu vermeiden, denn eine Vollkommenheit zu erreichen ist euch armen Sterblichen nun einmal nicht vergönnt, aber doch die größten und beklagenswertesten zu beseitigen. Auf diese Weise würde man wenigstens nicht mehr so viel absolute Nullitäten, die von Staats- und Regierungskunst, von Gesetzgebung und Verwaltung, politischer Ökonomie und Finanzwesen ungefähr einen Begriff haben wie der Esel vom Flötenblasen, oder eine gewisse republikanische Justiz von der Gerechtigkeit, in den Kammern figurieren sehen.

Dies wäre vielleicht auch die einzige Konstitution, die für Preußen passte, ob es gleich durch dieselbe weder stärker, glücklicher, geachteter noch wohlhabender werden wird, als es jetzt ist. Denn ich, der ich doch so ziemlich alle Länder kenne, fordere jeden heraus, mir einen Staat zu nennen, in welchem die persönliche Freiheit und das Eigentum geschützter als in Preußen ist und in dem ein größerer Geist der Gerechtigkeit vorherrscht. Wenn ich jedoch König von Preußen wäre, so würde ich, um mein Land von den ihm durch die radikalen Ränke und Umtriebe drohenden Gefahren zu schützen, vorerst mit einigen kleinen Gewaltstreichen beginnen. Nachdem ich mich mit Russland, Österreich und Frankreich gehörig verständigt haben würde, was wohl nicht so schwer sein dürfte; und ohne mich an das selbstsüchtige, auf dem Festland wenig zu fürchtende England zu kehren, würde ich mich des Nordens von ganz Deutschland und besonders der Hansestädte bemächtigen und sie unter mein schützendes Zepter nehmen. Diese egoistischen Krämerstädte sind das ewige Hindernis der fortschreitenden Entwicklung der deutschen Industrie und des deutschen Handels, und folglich der Wohlfahrt vom ganzen übrigen Deutschland, das sie gewissenlos und ohne Bedenken ihrem schmutzigen Krämergeist, ihrem Goldenen Kalb opfern. Man würde anfänglich über Gewaltstreiche, Usurpation und Gott weiß was alles für Teufeleien schreien. Ich ließe schreien, und handelte, wie ich es für gut fände. Man muss manchmal taube Ohren haben, das Geschrei würde von selbst verhallen, man würde sich bald an die neue Ordnung der Dinge gewöhnt haben, die man in einigen Jahren gut, und in zehn oder zwanzig als einen recht vernünftigen und wohltuenden Geniestreich preisen würde. Es wäre dann nur noch eine Stimme, um zu sagen: ›Dies musste geschehen, um Deutschlands Heil und Wohlfahrt zu gründen.‹ Die ganze Welt müsste mir Gerechtigkeit widerfahren lassen, so gehandelt und nur der Eingebung meines Mutes und meines Patriotismus gefolgt zu sein. Und Deutschland würde es mir danken. Es würde eine allenthalben geachtete und gefürchtete Macht werden, Handel und Gewerbe zum Erstaunen emporblühen. Preußen und der Zollverein wären dann imstande, wieder eine Seemacht zu schaffen, die in kurzer Zeit mit der von Frankreich und England rivalisieren könnte, und so das englische Joch, welches hauptsächlich vermittelst und dank der Hansestädte Deutschland noch immer trägt, ganz abschütteln. Die Anglomanie jener Städte ist ein eingefleischtes Übel, das man mit der Wurzel, d. h., indem man sie unter ein mächtiges Zepter bringt, ausrotten muss; denn nie werden diese Krämerseelen dieser sonderbaren Republiken freiwillig ein kleines Opfer zum Wohl des gemeinsamen Vaterlandes bringen, obwohl sie mit dem Zollverein vereinigt in wenig Jahren zehnmal mehr Vorteil haben und reicher sein würden, als sie es jetzt als Englands gehorsamste Diener sind. Der Krämergeist ist von feiner Natur kurzsichtig und beschränkt, man muss ihm in die Augen beißende drastische Mittel geben, um ihn zu überzeugen. Die famose Republik Frankfurt hat vor wenigen Jahren den klarsten Beweis dazu geliefert. Sie sträubte sich lange und hartnäckig, bevor sie sich entschließen konnte, sich zu ihrem großen Vorteil dem Zollverein anzuschließen, wogegen besonders einige einflussreiche Familien, die mit französischen und englischen Waren handelten, intriguierten. Ja, um nach ihrer Meinung die Sache unmöglich zu machen, schloss der Frankfurter Senat einen so lächerlichen wie abgeschmackten Vertrag mit der englischen Regierung, in welchem es unter anderem hieß, die Frankfurter Schiffe und Matrosen werden in den englischen Häfen dasselbe Recht genießen, wie die englischen Schiffe und Matrosen in denen Frankfurts! Risum teneatis amici! Doch nein, man sagt, dass dies nur eine weise Voraussicht der Frankfurter Regierung gewesen sei, die damals im Geheimen mit dem Projekt der Eroberung Hollands umging und folglich eine ansehnliche Marine und Seehäfen in Aussicht hatte. Was waren die Folgen dieser unpatriotischen, unsinnigen Handlung, dieses Abschließens? Die einsichtsvolle großherzoglich hessische Regierung, die etwas weiter sah, als die weisen Herren jeder nasenlangen Maulwurfsrepublik, deren Voraussicht in der Regel nicht weiter reicht als das Gebiet derselben, das gerade so groß ist, dass, wenn man an manchem Tor ausspeit, das Produkt vom Wind über die Grenzen geweht wird, gründete in dem nahen Offenbach eine Messe, in welcher bald die von Frankfurt gehalten werden musste, so wie sich nun in Kurzem aller Handel nach Offenbach zog, und die Frankfurter Kaufleute nötigte, Kontore, Magazine etc. dahin zu verlegen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollten. Aller Handel in Frankfurt selbst lag darnieder, niemand hatte mehr Verdienst als die wenigen Häuser, die à la Dietrich Harpax, der bekannte Bankier en detailil und Wucherer en gros, sich mit dem unsauberen und schmutzigen Geschäft der Contrebande befassten. Alle Tagelöhner, Kärmer, Arbeiter, Handwerker laborierten am Hungertuch oder mussten sich in die gefährlichen Banden der Contrebandierer anwerben lassen. Ein grenzenloses Elend fing an, allenthalben einzureißen, und nur als sie dieses vor Augen hatten, fingen die hochweisen Herren an einzusehen, was sie für einen dummen Streich gemacht haben, vielleicht den ärgsten unter den Tausenden, seitdem diese Republik besteht. Sogar mit der Contrebande wollte es nicht mehr gehen, und es war nahe daran, dass ihr alle Schleichwege verschlossen wurden, da ein so kleines Gebiet, wie Frankfurt hat, ohne große Mühe so umstellt werden kann, besonders wenn man Kettenpatrouillen organisiert, dass auch nicht eine Maus mehr durch kann. Jetzt endlich gingen den superklugen Herren die Augen auf. Sie krochen zu Kreuze, baten demütig und wehmütig um gnädige Aufnahme in den Zollverein, die man ihnen auch gewährte; doch schadete dieser verspätete Beitritt der Stadt mehrere Millionen Gulden.

Wie aber dann, wenn die Staaten des Zollvereins die Herren, wie sie es nach ihrer unpatriotischen Handlung, dem Vertrag mit England (man weiß nicht, soll man deren Dummheit und Kurzsichtigkeit oder deren ekelhaften Egoismus mehr bewundern), verdient hätten, schnöde abgewiesen hätte?

Offenbach wäre jetzt Frankfurt! Doch man ließ Gnade für Recht ergehen. Aber die guten Hansestädte mögen sich dies zu Warnung dienen lassen. Wenn es heute der Zollverein ernstlich will, so sind sie morgen ruiniert! Und er wird es am Ende wollen müssen. Das Geratenste wäre jedoch, diesem republikanischen Unwesen ein Ende zu machen, und während Preußen die Städte Hamburg, Bremen und Lübeck unter die schützenden Flügel seines Adlers nähme, müsste man den kopflosen Frankfurter Adler dem wackeren Hessen-Darmstädtischen Löwen einverleiben, unter dessen Schutz und Schirm gewiss diese ewigen Bocksjagden eingestellt und den zahllosen willkürlichen Frankfurter Gewaltstreichen zum Heil seiner Bürger ein Ende gemacht würde, und Recht und Vernunft kämen daselbst wieder zu Ehren.«

»Es scheint mir, dass du ein abgesagter Feind von Republiken bist«, fiel endlich Michel dem einen Augenblick Atem schöpfenden Teufel ins Wort. »Ich sollte doch meinen, dass gerade diese es seien, welche am meisten zur Bevölkerung deines Reiches beigetragen haben.«

»Wohl möglich, aber in der Regel sind es so dumme Bestien, die sie uns zuschicken, dass sie selbst für die Hölle noch zu schlecht sind, und ihr wenig Ehre machen.«

»Wieso? Ich dächte doch, dass Republiken wie die der alten Griechen und Römer oder der Vereinigten Staaten in Nordamerika …«

»Noch immer nicht von deinem republikanischen Unsinn geheilt? Freund, du hast über das Wesen dieser Republiken noch wenig nachgedacht, sonst würdest du dasselbe wohl besser erkannt haben. Sodann gehören zu Republiken auch Republikaner: Wo diese heutzutage finden? Doch nicht etwa unter dem Volk der Zeitungsschreiber, das a la national ewig von Republikanismus faselt, und dabei selbst so gerne ein träges, üppiges Tyrannenleben führen möchte? Geduld, ich werde dich mit diesen modernen Republikanern näher bekannt machen. Du sollst sie durch und durch kennen lernen und wirst klar einsehen, dass das Wort Republik nebst dem der Freiheit und Gleichheit in ihrem Mund und in ihrer Feder nur einer der Hauptköder ist, mit denen sie die liebe Einfalt fangen, und an welchem sich schon so mancher Einfaltspinsel blutig gebissen und verblutet hat. Vivat die Republik! Dies ist das große Losungswort und der Lieblingsruf aller gutmütigen und leichtgläubigen Gemüter, die sich haben sagen lassen, eine Republik bringe den Himmel auf Erden und sei das Beste, Höchste und Vollkommenste, was die Menschen von der schweren Kunst zu regieren erfunden haben, und alle glücklich mache. Denn man hat ihnen erzählt, in einer Republik gebe es nur lauter ganz freie und glückliche Leute, nur lauter Herrn, die alle zu befehlen, und keinen der zu gehorchen hätte! Wir Teufel selbst waren dieser Meinung, als wir uns vor 6000 Jahren gegen den Allmächtigen auflehnten, eine Universalrepublik der Geister stiften wollten, büßen nun unseren unsinnigen Versuch für alle Ewigkeiten in der Hölle und werden nimmermehr der himmlischen Freuden teilhaftig werden, was uns um so weher tut, als wir sie kannten und genossen. (Hier ließ der Teufel einen gewaltigen Seufzer fahren.) Doch um dich eines Besseren zu überzeugen, so wollen wir einmal in aller Kürze die bestandenen und noch bestehenden Republiken die Musterung passieren lassen und dabei die berühmte republikanische Glückseligkeit mit der Fackel der Wahrheit beleuchten.