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Die Jufferndell bei Neuerburg

Vom frischen Quell
Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel
Jung und Alt in neuer Fassung dargeboten von Rektor Jos. Schiffels
Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912
Zweites Bändchen

Die Jufferndell bei Neuerburg

Graf Friedrich von Neuerburg, der Letzte seines Geschlechts, hatte nur eine Tochter namens Ida. Mehrere Grafen warben um ihre Hand. Sie hatte ihr Herz dem Ritter Benno von der nahen Burg Falkenstein (im Ourtal) geschenkt und ihn zu ihrem zukünftigen Gemahl erkoren. Den Grafen von Vianden, der Ida ebenfalls gern als Gemahlin heimgeführt hätte, verdross es, dass die Gräfin den Falkensteiner ihm vorgezogen hatte. Ergrimmt darüber geriet er mit ihm in blutige Fehde. Der Graf von Neuerburg zog seinem künftigen Schwiegersohn zu Hilfe, und der Viandener wurde besiegt. Dessen starke Burg aber konnten sie trotz monatelanger Belagerung nicht einnehmen. Während der Zeit, als Vater und Bräutigam die Burg Vianden belagerten, ging Ida eines Tages in dem waldigen Tal in der Nähe der Neuerburg spazieren. Da nahte sich ihr der gräfliche Jäger, der ihr schon lange heimlich nachgestellt hatte. Mit Entrüstung und Entschiedenheit wies sie den zudringlichen Menschen ab. Darüber geriet der Jäger in solche Wut, dass er die Jungfrau mit seinem Weidmesser niederstach. An demselben Tage fiel auch ihr Bräutigam vor den Mauern der Burg Vianden. Damit war die lange Fehde beendet. Betrübten Herzens kehrte Graf Friedrich nach Neuerburg zurück. Er erschauerte bei dem Gedanken, seinem einzigen Kind den schmerzlichen Verlust mitteilen zu müssen. Er hatte keine Ahnung davon, dass seiner neues, noch größeres Leid bei der Heimkehr harre. Als man ihn an die Leiche seines einzigen Kindes führte und ihm das Schreckliche berichtete, drohte sein Herz vor bitterem Weh zu zerspringen, und heiße Tränen rollten dem schwer geprüften Mann über die bleichen Wangen. Er ließ an der Stelle, wo die grausige Mordtat verübt worden war, eine Kapelle erbauen. Zu der pilgerte er bis zu seinem Tode täglich. Da suchte er im Gebet Trost und Linderung seines Schmerzes. Die Kapelle ist zwar verschwunden, aber das Tal heißt noch heute Jufferndell d. i. Jungfrauental.

Der Mörder hat selbst im Grab keine Ruhe gefunden. In nächtlicher Stunde wandelt er mit seiner Waffe und seinem Hund Bello in dem Tal, in dem er den Mord verübt hatte. Schon mancher späte Wanderer will dem Ruhelosen begegnet sein und gehört haben, wie sein Ruf »Bello, Bello!« schaurig in den Bergen widerhallte.