Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Interessante Abenteuer unter den Indianern 56 Teil 2

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Bobasheela
Teil 2

Den Formen und Zeremonien zufolge, welche mein guter Freund Bobasheela durchgemacht hatte, scheint es (wie auch sein Name andeutet), dass er mit dem Häuptling gleichsam als Bruder verwandt sei. Obwohl ihm die Fragen des Häuptlings einerseits Vergnügen gewährt hatten, so kann man sich doch leicht einbilden, dass sie ihn andererseits sehr schmerzten, insofern er genötigt war, zu bekennen, dass sein heiliges Kennzeichen, sein She-she-quoin, schon vor vielen Jahren bei dem Versenden eines seiner Boote im Cumberland River verloren gegangen sei. In Bezug auf seine Stellung mit dem Stamm hätte eine solche Begebenheit von den schlimmsten Folgen sein können, aber in Bezug auf die erneuerte und fortgesetzte gute Genossenschaft mit seinem Freund in diesem Land bewies sich der Zufall als nur von geringer Bedeutung, wie wir aus den verschiedenen Begebenheiten, die auf den folgenden Seiten erzählt sind, ersehen werden.

Im Verlauf des Beisammenseins und beim Rauchen der Pfeife am ersten Abend erzählte mein Freund Herr H. zur großen Belustigung der Indianer, Daniels, der Squaws und mehrerer meiner Londoner Freunde, die sich um uns versammelt hatten, die Geschichte, wie er auf zwei Baumstämmen den Mississippi hinab geflöst war, wie folgt:

»Dieser gute alte Junge und ich machten unsere erste Bekanntschaft auf eine sehr sonderbare Weise, und, wenn Sie mich erzählen hören, auf welche Art dies geschah, so bin ich vollständig überzeugt, dass Sie sich sein Wiedererkennen meiner heute Abend und das Vergnügen, welches wir beide bei diesem unerwarteten Zusammentreffen empfanden, leicht erklären werden können.

Im Jahre 1806 war ich auf Besuch in St. Louis und begab mich von da den Missouri hinauf an die Femme Osage, um meinem alten Freunde Daniel Boone einen Besuch abzustatten. Derselbe hatte kurz zuvor sein Landwesen in Kentucky verlassen und sich an den Ufern des Missouri, im Herzen einer gänzlichen Wildnis angesiedelt, um die bestehenden Schwierigkeiten mit den Nachbarn, welche nach Kentucky und in seine Umgebung gezogen waren, zu vermeiden. Der Platz, welchen er zu seinem künftigen Wohnsitz ausgewählt hatte, lag in einer reichen und fruchtbaren Gegend, 40 bis 50 Meilen von allen weißen Bewohnern entfernt, woselbst er entschlossen war, seine noch übrigen Tage zuzubringen, in der Meinung, dass er für den Rest seines Lebens nicht mehr durch die Vertraulichkeit von Nachbarn belästigt werden würde. Ich brachte einige Wochen sehr angenehm bei dem alten Pionier zu, welcher seine Blockhütte absichtlich so klein gebaut hatte, (sie enthielt nämlich nur ein Zimmer und ein Bett für sich und seine Frau) damit selbst seine besten Freunde die geheiligte Zurückgezogenheit seines Hauses bei Nacht nicht stören könnten. Nachdem sie an seinem gastfreundlichen Tisch während des Tages teilgenommen hatten, wurden sie zum Haus seines Sohnes Nathan Boone, was ungefähr vierhundert Schritte entfernt lag, gewiesen, woselbst ihnen ein extra Zimmer und ein extra Bett für die einbrechende Nacht eingeräumt wurde.

Der alte Jäger und sein Sohn lebten auf diese Weise sehr glücklich und nichts blieb unversucht, während ich bei ihnen war, um mir den Aufenthalt bequem und angenehm zu machen. Die Anekdoten seines außerordentlichen Lebens, welche während dieser Zeit zur Unterhaltung erzählt wurden, würden hinreichen, einen Band zu füllen. Der ehrwürdige alte Mann, dessen lange und fliegende Locken silberweis waren, war dazumal im 78sten Jahr, und dennoch nahm er beinahe an jedem Morgen seine getreue Büchse vom Hacken und brachte in kurzer Zeit einen Wildbretziemer zum Frühstück. Auf diese Weise versorgte er hauptsächlich seine liebevolle alte Frau, sich selbst und die wenigen Freunde, welche ihren Weg zu seinem einsamen Wohnort gefunden hatten, ohne sich um die Zukunft zu bekümmern oder für dieselbe zu sorgen. Den Stamm eines großen Baumwollenbaumes, welcher abgehauen worden war, hatte er stehen lassen, und da er seine Hütte um denselben herumgebaut hatte, so entsprach er dem Zweck eines Tisches in der Mitte seiner Hütte, und auf diesem wurden unsere Mahlzeiten verzehrt. Als ich ihn besuchte, hatte er verschiedene Jahre in diesem zurückgezogenen Zustand gelebt und war in der ungestörten Einsamkeit der Wildnis vollkommen glücklich gewesen. Aber er sagte mir verschiedene Male, dass er anfinge, sehr besorgt und betrübt zu werden, da er fände, dass die Tage seines Friedens beinahe vorbei seien, indem zwei Yankeefamilien bereits den Weg in das Land gefunden hätten und einer derselben sich innerhalb neun Meilen von ihm angesiedelt habe.

Nachdem ich meinen Besuch bei diesem Veteranen und seinem Sohn beendet hatte, nahm ich Abschied und folgte einer indianischen Fährte zur Stadt St. Charles, einige dreißig oder vierzig Meilen weiter unten, an dem nördlichen Ufer des Missouri. Hier besuchte ich einige alte Freunde, mit welchen ich am unteren Mississippi in früheren Jahren bekannt geworden war. Da ich beabsichtigte, von da nach St. Louis in einem Boot zu fahren, so verkaufte ich mein Pferd bei meiner Ankunft daselbst. Ehe ich jedoch bereit war, mich einzuschiffen, war einer meiner alten Freunde, Lieutenant Pike, welcher eben von einer Erforschungsexpedition in die Felsengebirge zurückgekehrt war, von St. Louis zu einer kleinen Ansiedlung, welche am östlichen Ufer des Mississippi, wenige Meilen unter der Mündung des Missouri angelegt war, gekommen, um daselbst einer Hochzeit beizuwohnen, welche an dem nämlichen Abend stattfinden sollte, an welchem ich Nachricht davon erhielt. Da ich nun, wie er selbst, mit dem jungen Manne, welcher sich verheiraten wollte, genau bekannt war, so entschloss ich mich, womöglich anwesend zu sein, obwohl ich keine Einladung erhalten hatte, da es den Leuten nicht bekannt war, dass ich mich in jenem Teil der Gegend aufhielt. Da der Platz, an welchem die Hochzeit stattfinden sollte, am Ufer des Flusses und auf meinem Wege nach St. Louis lag, so bestrebte ich mich, mir zu diesem Zweck ein Kanu zu verschaffen. Aber da ich nicht imstande war, mir zu jener Zeit in St. Charles ein derartiges Ding für Geld zu verschaffen und dennoch entschlossen war, bei der Hochzeit gegenwärtig zu sein, so gelang es mir, ein paar große Baumstämme, welche vor dem Dorf am Ufer lagen, in den Strom zu rollen. Ich band dieselben fest zusammen, nahm ein Ruder aus dem ersten Boot, das ich antraf. Mich reiterartig auf die beiden Blöcke setzend stieß ich in die schmutzige Strömung des Missouri hinaus und wurde bald aus dem Gesichtskreis der Stadt St. Charles weggetrieben. Meine Einschiffung geschah kurz vor Sonnenuntergang, und da ich fünfzehn bis zwanzig Meilen zu schwimmen hatte, ehe ich auf die Gewässer des Mississippi kam, so wurde ich mitten in meiner Reise von der Nacht überrascht und hatte meine schwimmenden Blöcke, so gut ich konnte, durch die Senkhölzer und Sandbänke, die mir in den Weg kamen, zu steuern. Ich war jedoch so glücklich, ihnen allen zu entgehen, obwohl ich sie manchmal im Vorüberfahren streifte und öfters nur wenige Zoll davon war, in den Untergang geschleudert zu werden. Endlich kam ich in die breiten Gewässer des Mississippis. Ein paar Meilen weiter unten an dem linken Ufer sah ich die Lichter der Häuser, in welchen der fröhliche Zirkel meiner Freunde versammelt war, und ruderte mit aller Macht, um meine zwei Blöcke ans Ufer zu bringen. Mitten in meiner harten Arbeit entdeckte ich zu meiner Rechten und über mir verschiedene Gegenstände, die sich rasch zu nähern schienen, und ich schloss, dass ich auf Felsen oder Senkhölzer geschwemmt würde, welche mich unverzüglich zugrunde richten würden. Aber in einem Augenblick schoss eines von diesen vermeinten Senkhölzern an die Seite meiner Blöcke. Da dies ein Kanu war, in welchem sich vier Indianer befanden, deren sämtliche Bogen und Streitkolben auf mich gerichtet waren, so gaben sie mir ein Zeichen, still zu sein. Einer von ihnen, ein großer, langarmiger, starker Mann ergriff mich beim Hals. Da ich einige von den Sprachen der indianischen Stämme, welche am Mississippi wohnen, teilweise gelernt hatte, so verstand ich ihn, als er in der Iowa-Sprache sagte: ›Nicht ein Wort! Wenn du sprichst, stirbst du!‹

In diesem Augenblick wurden ein Dutzend oder mehr Kanus rings um meine beiden Holzblöcke, auf welchen ich saß, während meine Beine bis an die Knie im Wasser hingen, herangezogen. Diese Kanus waren alle mit Kriegern gefüllt, die Waffen in den Händen trugen. Da sie keine Frauen bei sich hatten, so sah ich, dass sie eine Kriegsabteilung waren und etwas Schlimmes im Schilde führten. Als sie fanden, dass ich ihre Sprache verstand und einige Worte mit ihnen reden konnte, so gab der Krieger, der mich noch immer am Hals hielt, den anderen Kanus ein Zeichen, ein wenig zurückzufahren, während er mich mit leiser Stimme wie folgt anredete: ›Kennst du den weißen Häuptling, welcher heute Nacht dort am Ufer, wo wir die Lichter sehen, seine Freunde besucht?‹

Hierauf erwiderte ich: ›Ja, er ist einer meiner eigenen Freunde.‹

›Gut‹, sagte er, ›er stirbt heute Nacht und diese Wigwams (Häuser) werden in Asche gelegt. Stet-e-no-ka war ein Vetter von mir, Oue-tun-ka war ein guter Mann und ein Freund des weißen Volkes. Die Bleichgesichter haben sie gleich zwei Hunden an ihren Hälsen aufgehangen, und das Leben deines Freundes, des weißen Kriegers, bezahlt heute Nacht die Strafe dafür, und es werden viele Weiber und Kinder mit ihm sterben!‹

Ich erklärte ihm, so gut ich konnte, dass mein Freund, Lieutenant Pike, gar nichts mit der Hinrichtung der beiden Indianer zu tun gehabt habe, dass sie unterhalb St. Louis aufgehangen worden seien, während Lieutenant Pike sich auf der Heimreise von den Felsengebirgen befand. Ich erzählte ihm gleichfalls, dass Lieutenant Pike ein großer Freund der Indianer sei und irgendetwas tun würde, um ihnen gefällig zu sein oder ihnen zu helfen; dass er diese Nacht über den Fluss gegangen sei, um der Hochzeit eines Freundes beizuwohnen, und dass er sich nicht träumen ließe, Feinde unter den Indianern zu haben, die ihre Hände gegen ihn erheben würden.

›Mein Freund‹, sagte er, ›du hast genug gesagt. Wenn du mir sagst, dass dein Freund oder Feind irgendeines Mannes auf diesem Grund heute Nacht die Hand einer schönen Tochter nimmt, so wird ein Iowa-Häuptling den großen Geist nicht dadurch beleidigen, dass er daselbst das Kriegsgeschrei erhebt. Kein Iowa kann das Blut eines Feindes auf dem Grund vergießen, wo die Hände von Mann und Weib verbunden werden. Dies ist der Befehl des großen Geistes, und ein Iowa-Krieger kann ihn nicht brechen. Mein Freund, diese Krieger, welche du um mich siehst, und ich selbst haben geschworen, das erste menschliche Wesen zu töten, das uns auf unserem Kriegszug begegnet. Wir werden dir kein Leid tun. Du siehst also, dass ich dir das Leben schenke. Du wirst deshalb reinen Mund halten, und wir werden in Frieden zu unserem Dorf zurückkehren, welches weit oben am Fluss liegt. Wir werden nach diesem unsere Freunde in der Stadt St. Louis besuchen, wie wir es bisher getan haben, und wir haben viele Freunde daselbst. Wir werden niemanden etwas zuleide tun. Mein Gesicht ist jetzt geschwärzt, und die Nacht ist dunkel, deshalb kannst du mich nicht erkennen, aber du wirst diesen Pfeil behalten – der passt zu allen anderen in meinem Köcher, und durch denselben kannst du mich stets wiedererkennen. Aber das Zusammentreffen dieser Nacht darf nicht bekannt werden.‹

Nachdem ich meinen Pfeil durch das Hutband gesteckt hatte, und fand, dass mich die Strömung während dieser Zeit einige Meilen unter den Platz getrieben hatte, an welchem ich zu landen beabsichtigte, und da es außer meiner Macht war, denselben mit meinen beiden ungeschickten Holzblöcken zu erreichen, so steuerte ich vorwärts auf St. Louis zu, rasch über die Oberfläche des breiten Stromes gleitend, und kam wohlbehalten, nachdem ich eine Entfernung von mehr als fünfunddreißig Meilen herabgetrieben war, um Mitternacht in St. Louis an. Meine beiden Stämme waren eine hinreichende Vergütung für ein Nachtlager sowie Frühstück und Mittagessen am folgenden Tag. Darauf setzte ich meine Reise noch am nämlichen Tag in einem Mackinaw-Boot nach Vide Pouche, einer kleinen französischen Stadt, ungefähr zwanzig Meilen weiter unten, fort, wo ein Geschäft meine Gegenwart verlangte. Die Hochzeitspartie ging ungestört vor sich, und die Gefahr, in welcher die Teilnehmer daran geschwebt hatten, wurde ihnen nie bekannt, wie ich dem Kriegshäuptling versprochen hatte, welcher mir, als Bedingung meines Stillschweigens das feierliche Versprechen gab, dass er seine Rachegefühle nicht weiter an unschuldigen Personen ausführen wolle.

So endete die Geschichte eines Hinabflößers auf dem Mississippi auf zwei Baumstämmen, worauf sich der Kriegshäuptling in der Frage, die er heute Abend an mich stellte, bezog.

Bei einer folgenden Gelegenheit, ungefähr zwei oder drei Jahre später, während ich im Office des Gouverneurs Clark, dem Oberaufseher der indianischen Angelegenheiten in St. Louis, saß, welcher ein Gespräch mit einer Partie Indianer führte, heftete ein hübscher Geselle, der mehr als sechs Fuß hoch war, seinen Blick fest auf mich. Nachdem er mich einige Augenblicke genau betrachtet hatte, ging er auf mich zu. Indem er sich neben mir auf den Boden setzte, sprach er das Wort Bobasheela aus und fragte mich, ob ich je einen Pfeil aus dem Köcher eines indianischen Kriegers erhalten habe. Das gegenseitige Wiedererkennen fand statt, indem ich dies bestätigte. Wir schüttelten uns die Hände, hatten ein angenehmes Gespräch über diesen Gegenstand. Die Tatsache sowie unser Vergnügen über dieselbe blieb dennoch unter uns. Dieser Schritt führte zu fernerer Vertraulichkeit in unserem Leben an den verschiedenen Plätzen, wo die Art meines Geschäftes mich in seine Gesellschaft brachte, und brachte mir den ständigen Beinamen Bobasheela oder Bruder und das Kennzeichen (She-she-quoin oder die geheimnisvolle Klapper), welche in dem Vorhergehenden bemerkt und angeführt wurde, und die, wie ich bereits gesagt habe, durch das Versinken eines meiner Boote im Cumberland River verloren ging.«