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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Skalpjäger – Der Kriegspfad

Thomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Zweiter Teil
Neuntes Kapitel

Der Kriegspfad

Die Bande saß mit der frühen Morgendämmerung auf. Als die Töne des Horns erklangen, plätscherten unsere Pferde durch den Fluss zu der anderen Seite hinüber. Wir gelangten bald aus der baumbewachsenen Niederung auf die sandigen Ebenen, die sich westwärts zum Mimbresgebirge hinzogen. Wir ritten in südlicher Richtung über diese Ebene, wobei wir von Zeit zu Zeit über lange Sandrücken kletterten, die sie von Osten nach Westen durchschnitten. Der Flugsand bildete tiefe Furchen und unsere Pferde sanken unterwegs bis über die Fersen darin ein. Wir befanden uns in dem westlichen Teil der Yornada.

Wir zogen in einer, nur ein Mann breiten Reihe dahin. Die Gewohnheit hat bei den Indianern und den auf dem Marsch befindlichen Jägern diese Anordnung sanktioniert. Die verwachsenen Pfade des Waldes und die schmalen Defilieren der Berge gestatten keine andere. Selbst wenn wir über eine Ebene hinzogen, dehnte sich unsere Cavallada eine Viertelmeile lang aus. Die Lastmaultiere folgten uns unter der Obhut der Arrieros.

Den ersten Tag unseres Marsches machten wir keine Mittagsrast. Es war unterwegs weder Gras noch Wasser vorhanden und ein Anhalten in der heißen Sonne würde uns nicht erquickt haben.

Zu einer frühen Stunde des Nachmittags wurde eine dunkle, sich quer über die Ebene erstreckende Linie sichtbar. Als wir uns ihr näherten, erhob sich vor uns eine grüne Wand und wir unterschieden Cottonholzwälder. Die Jäger wussten, dass es die Gehölze waren, welche den Palomafluss begrenzen. Wir waren bald in ihrem Schatten und hielten, nachdem wir die Ufer des hellen Flusses erreicht hatten, an, um hier zu übernachten.

Unser Lager wurde ohne Zelt oder Hütten aufgeschlagen; die in del Norte gebrauchten waren dort in einem Versteck zurückgelassen worden. Ein Zug wie der unsere konnte sich nicht mit Lagergepäck belasten. Für einen jeden bildete seine Decke sein Haus, sein Bett und seinen Mantel.

Es wurden Feuer angezündet und Fleisch gebraten, und, von unserer Reise ermüdet – der erste Tagesritt hat stets diese Wirkung – waren wir bald in unsere Decken gehüllt und schliefen fest.

Wir wurden am folgenden Morgen durch die zur Reveille blasenden Klänge des Horns geweckt. Die Bande hatte eine gewissermaßen militärische Organisation und ein jeder kannte die Signale der leichten Kavallerie.

Unser Frühstück war bald bereitet und verzehrt, unsere Pferde wurden losgepflockt, gesattelt und bestiegen und auf das zweite Signal begannen wir den Marsch von Neuem.

Die Vorfälle unserer ersten Tagesreise wiederholten sich, mit geringer Abwechselung, mehrere Tage hintereinander. Wir reisten durch eine wüste, hier und da mit wildem Salbei und Mesquite bedeckte Gegend.

Wir kamen unterwegs an Kaktusgewächsen und Dickichten aus Kreosotsträuchern vorüber, welche, als wir hindurchritten, uns ihre stinkende Ausdünstung zusandten.

Am vierten Abend lagerten wir uns an eine Quelle, dem Ojo di Vaca, welche am östlichen Land des Llanos liegt.

Über den westlichen Teil dieser großen Prärie liegt der Kriegspfad der Apachen, südlich nach Sonora. In der Nähe des Pfades steigt ein hoher Berg über die Ebene auf. Man nennt ihn den Pinnon.

Es war unsere Absicht, diesen Berg zu erreichen und uns hinter den Felsen in der Nähe einer bekannten Quelle zu verstecken, bis unsere Feinde gekommen sein würden. Zu diesem Behuf mussten wir über den Kriegspfad gehen, wo uns unsere Fährten verraten mussten.

Dies war eine Schwierigkeit, an welche Seguin nicht gedacht hatte. Außer dem Pinnon gab es keinen Punkt, von dem wir mit Gewissheit den Feind auf seinem Weg sehen und dabei selbst versteckt bleiben konnten. Wir mussten daher diesen Berg erreichen. Wie sollten wir dies aber bewirken, ohne den Weg zu überschreiten?

Nach unserer Ankunft bei dem Ojo di Vaca versammelte Seguin die Leute, um sich mit ihnen hierüber zu beraten.

»Wir können uns auf der Prärie ausbreiten, bis wir rein an dem Apachenweg vorüber sind«, sagte ein Jäger. »Eine einzelne Fährte hier und da werden sie nicht beachten.«

»Ja, das werden sie aber doch«, erwiderte ein anderer. »Denkt Ihr, dass ein Indianer an der Spur eines Pferdes mit Hufeisen vorübergehen wird, ohne sie zu verfolgen? Nein, das wahrhaftig nicht!«

»Was das betrifft, so können wir die Hufe verbinden«, meinte der Erstere.

»Pah! Das würde die Sache nur noch schlimmer machen. Ich habe diesen Kunstgriff einmal versucht und dadurch beinahe meinen Skalp verloren. Das muss ein blinder Indianer sein, der sich auf diese Weise täuschen lässt. Es geht ganz und gar nicht.«

»Sie werden nicht so aufmerksam sein, wenn sie sich auf dem Kriegspfad befinden, dafür bürge ich euch. Ich sehe nicht ein, weshalb es nicht gut genug gehen sollte?«

Die meisten Jäger stimmten dem ersten Sprecher bei, die Indianer würden nicht verfehlen, so viele verdeckte Fährten zu bemerken, ohne zu argwöhnen, dass etwas im Wind sei. Die Idee, die Hufe zu umwickeln, wurde daher aufgegeben. Aber was nun?

Der Trapper Rube, welcher bis jetzt nichts gesagt hatte, erregte sofort die Aufmerksamkeit aller, indem er plötzlich ausrief: »Pah!«

»Nun, was habt Ihr zu sagen, Old Nag?«, fragte ihn einer von den Jägern.

»Dass Ihr, einer wie alle, eine Bande von verdammten Narren seid. Ich könnte die ganze Prärie voll Pferde über den Apachenpfad bringen, ohne eine Spur zu machen, der ein Indianer folgen würde, besonders ein Indianer auf dem Kriegspfad, wie jene.«

»Wieso?«

»Ich will es Euch sagen, Cap’tain, wenn Ihr mich fragt, wozu Ihr über den Weg gehen wollt.«

»Nun, um uns in den Pinnonfelsen zu verstecken. Wozu sonst?«

»Und wie wollt Ihr Euch in dem Pinnon verstecken, ohne einen Tropfen Wasser zu haben?«

»Auf der einen Seite am Fuß des Berges ist eine Quelle.«

»Das ist so wahr wie die Heilige Schrift. Ich weiß es; aber an dieser Quelle werden die Indianer ihre Schnäbel abkühlen, wenn sie nach Süden gehen. Wie wollt Ihr mit dieser Cavallada hinkommen, ohne Fährten zu machen? Dieses Kind kann das nicht recht einsehen.«

»Ihr habt recht, Rube. Wir können nicht an die Pinnonquelle kommen, ohne unsere Spur zu deutlich zu hinterlassen, und es ist gerade die Stelle, wo die Kriegerschar wahrscheinlich haltmachen wird.«

»Ich sehe keinen Vorteil dabei, dass wir alle jetzt über die Prärie gehen. So lange, bis sie vorüber sind, können wir jedenfalls keinen Büffel erlegen. Dieses Kind hat darin die Idee, dass ein Dutzend von uns genug sein wird, um sich in dem Pinnon zu verstecken und die nach Süden gehenden Krieger zu beobachten. Ein Dutzend könnte es sicher genug tun, aber die Cavallada nicht.«

»Und möchtet Ihr die Übrigen hier bleiben lassen?«

»Nicht hier; sie können nördlich von hier gehen und dann westlich durch die Mesquiteberge ziehen. Dort läuft etwa zwanzig Meilen diesseits des Wegs ein Creek hindurch und sie können an diesem Wasser und Gras finden und sich versteckt halten, bis wir nach ihnen senden.«

»Warum aber nicht lieber an dieser Quelle bleiben, wo wir beides in Fülle haben?«

»Kapitän, gerade deshalb, weil ein Teil der Indianer es sich in den Kopf setzen kann, selbst diesen Weg einzuschlagen. Ich halte es für das Beste, blinde Spuren zu machen, ehe wir von hier fortgehen.«

Die Richtigkeit der Folgerung Rubes war jedem einleuchtend und keinem mehr, als Seguin selbst. Es wurde beschlossen, seinen Rat sofort zu befolgen. Die Vedetten wurden von den Übrigen abgeteilt und die Letzteren, nebst den Lastmaultieren entfernten sich, nachdem die Fährten um die Quelle blind gemacht worden waren, in nordwestlicher Richtung.

Sie sollten bis zu den Mesquitebergen gehen, welche etwa zwölf Meilen nordwestlich von der Quelle lagen. Hier sollten sie sich an einem mehreren von ihnen bekannten Bach versteckt halten und warten, bis sie die Weisung erhielten, sich uns anzuschließen.

Die Späherschar, zu welcher auch ich gehörte, bewegte sich in westlicher Richtung über die Prärie.

Rube, Garey, El Sol und seine Schwester, Sanchez, ein früherer Stierkämpfer und ein halbes Dutzend anderer bildeten die Abteilung. Seguin selbst war unser Haupt und Führer.

Ehe wir das Ojo di Vaca verließen, hatten wir unseren Pferden die Hufeisen abgenommen und die Nagellöcher mit Lehm ausgefüllt, damit ihre Spuren für die wilder Mustangs gehalten werden sollten. Dies waren Vorsichtsmaßregeln von Männern, welche wussten, dass ihr Leben für eine einzige Hufspur büßen konnte.

Als wir uns der Stelle näherten, wo der Kriegspfad die Prärie durchschnitt, trennten wir uns so, dass wir in Zwischenräumen von je zwei in einer halben Meile ritten. Auf diese Weise erreichten wir den Pinnonweg, wo wir wieder zusammenkamen und uns am Fuß des Berges nördlich wendeten.

Die Sonne war untergegangen, als wir an die Quelle gelangten, nachdem wir den ganzen Tag über die Ebene geritten waren. Wir erkannten sie bei unserer Annäherung dicht am Fuß des Berges an einem Hain von Cottonbäumen und Weiden, welche sie umstanden. Wir brachten unsere Pferde nicht an das Wasser, sondern ritten, nachdem wir eine Schlucht des Berges erreicht hatten, in dieselbe und versteckten die Tiere in einem Piniendickicht, wo wir auch übernachteten.

Mit dem ersten Licht des Morgens begannen wir unser Versteck zu untersuchen.

Vor uns war ein niedriger, mit lockeren Felsstücken und einzelnen Pinien bedeckter Bergrücken. Dieser trennte die Schlucht von der Ebene, und von seiner Spitze aus konnten wir, durch ein Piniendickicht beschützt, sowohl das Wasser als auch den Weg auf die Llanos in nördlicher, südlicher und östlicher Richtung überschauen. Es war gerade die Art von Versteck, welche wir für unsere Zwecke bedurften.

Am Morgen wurde es nötig, hinabzusteigen, um Wasser zu holen. Zu diesem Zweck hatten wir uns mit einem Maultiereimer und einer Extramenge Kürbisflaschen versehen. Wir gingen an die Quelle und füllten unsere Gefäße, indem wir dafür sorgten, dass keine Spuren von unseren Füßen im Schlamm zurückblieben.

Den ersten Tag über hielten wir unablässig Wache, aber kein Indianer wurde sichtbar. Hirsche und Antilopen und eine kleine Büffelherde kamen an die Quelle, um zu saufen, und schweiften dann wieder über die grüne Wiese dahin. Es war ein verlockender Anblick, denn wir hätten leicht bis in Schussweite schleichen können, aber wir wagten nicht, sie zu berühren. Wir wussten, dass die indianischen Hunde ihr Blut spüren würden.

Am Abend gingen wir zum Wasser hinab und machten den Weg zweimal, da unsere Tiere an Durst zu leiden begannen. Wir befolgten dabei dieselbe Vorsichtsmaßregel wie vorher.

Am zweiten Tag beobachteten wir den Horizont im Norden abermals mit begierigen Augen. Seguin hatte ein kleines Taschenteleskop, mit dem wir auf eine Entfernung von beinahe dreißig Meilen die Prärie überschauen konnten; bis jetzt aber war noch kein Feind zu entdecken.

Der dritte Tag verging mit demselben Resultat und wir begannen zu fürchten, dass die Krieger einen anderen Weg eingeschlagen hätten.

Wir wurden noch von einem anderen Umstand beunruhigt. Wir hatten beinahe sämtliche Mundvorräte aufgezehrt und kauten jetzt bereits die rohen Pinienkerne. Wir wagten kein Feuer anzuzünden, um sie zu rösten. Die Indianer können den Rauch aus großer Entfernung sehen.

Der vierte Tag erschien, und immer noch kein Zeichen am nördlichen Horizont. Unser gedörrtes Fleisch war völlig aufgezehrt, und wir begannen zu hungern. Die Nüsse sättigten uns nicht. Das Wild war an der Quelle in Menge vorhanden und bedeckte die begrünte Ebene. Einer von den Leuten machte den Vorschlag, sich unter die Weiden zu legen, und eine Antilope oder einen Hirsch von der schwarz bewedelten Art zu schießen, von denen es ganze Rudel gab.

»Wir dürfen es nicht wagen«, sagte Seguin. »Ihre Hunde würden das Blut finden, und das könnte uns leicht verraten.«

»Ich kann eines töten, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen«, meinte ein mexikanischer Jäger.

»Wie?«, fragten mehrere Stimmen zugleich.

Der Mann deutete auf sein Lasso.

»Aber Eure Fußstapfen! Ihr würdet bei dem Fang tiefe Spuren zurücklassen!«

»Wir können sie verwischen, Cap’tain!«, erwiderte der Mann.

»Nun, so versucht es!«, sagte der Anführer.

Der Mexikaner nahm das Lasso von seinem Zügel und begab sich mit einem Begleiter zu der Quelle. Sie schlichen sich unter die Weiden und legten sich dort in den Hinterhalt. Wir beobachteten sie vom Bergrücken aus.

Sie waren kaum eine Viertelstunde dort, als sich von der Ebene her eine Antilopenart näherte. Die Tiere schritten direkt, in indianischer Reihe, der Quelle zu. Sie waren bald dicht an den Weiden, wo sich die Jäger versteckt hielten. Hier blieben sie plötzlich stehen, warfen die Köpfe in die Höhe und spürten in der Luft. Sie hatten die Gefahr erkannt, aber es war zu spät geschehen, als dass der Erste sich hätte umwenden und davonlaufen können.

»Dort fliegt das Lasso!«, rief einer.

Wir sahen die Schlinge durch die Luft sausen und sich um den Leib des Tieres legen. Die Herde schwenkte plötzlich, aber die Schlinge war am Hals des Anführers, und nach drei bis vier Sätzen sprang er in die Höhe, fiel auf den Rücken, und lag unbeweglich da. Der Jäger kam unter den Weiden hervor, nahm das jetzt halb erstickte Tier und trug es zum Eingang der Schlucht. Sein Gefährte folgte ihm und verwischte die Spuren beider.

Nach wenigen Minuten hatten sie uns erreicht. Die Antilope wurde abgehäutet und mit dem Blut gegessen.

 

***

 

Unsere Pferde magerten vor Hunger und Durst ab. Wir fürchteten, zu oft an das Wasser zu gehen, obwohl wir mit dem Verstreichen der Zeit weniger vorsichtig wurden. Der erfahrene Jäger fing noch zwei Antilopen mit dem Lasso.

In der Nacht des vierten Tages war es heller Mondschein. Die Indianer marschieren oft beim Licht des Mondes – besonders wenn sie auf dem Kriegspfad sind. Wir ließen unsere Späherposten sowohl bei Nacht als auch am Tag aufgestellt. In dieser Nacht sahen wir uns mit größerer Hoffnung als gewöhnlich um. Es war eine köstliche Nacht – eine helle stille Vollmondnacht.

Unsere Erwartungen wurden nicht getäuscht.

Gegen Mitternacht weckte uns der Späher. Fern im Norden zeichneten sich dunkle Gestalten am Himmel ab. Es konnten Büffel sein, aber wir sahen, dass sie sich näherten.

Wir blickten sämtlich gespannt durch die helle Luft über den silbernen Rasen hinaus. Es waren glitzernde Gegenstände dabei. Es mussten Waffen sein, Pferde, Reiter! Es waren Indianer.

»O Gott, Kameraden, wir sind toll! Unsere Pferde – sie könnten wiehern.«

Wir sprangen unserem Anführer nach, den Hügel hinab über die Felsen und durch die Büsche. Wir liefen zu dem Dickicht, wo unsere Tiere angebunden waren. Wir kamen vielleicht zu spät, denn die Pferde können einander meilenweit hören, und die leiseste Lufterschütterung vibriert in der elastischen Atmosphäre dieser Hochebene weit hin.

Wir erreichten die Gruppe. Was tat Seguin? Er hatte die Decke unter seinem Sattel hervorgerissen und verhüllte mit ihr den Kopf seines Pferdes.

Wir befolgten sein Beispiel, ohne ein Wort auszutauschen, denn wir wussten, dass es unser einziges Auskunftsmittel war.

Nach einigen Minuten fühlten wir uns wieder sicher und kehrten auf unseren Wachtposten in der Höhe zurück.

Wir hatten jetzt unsere Zeit genau bemessen, denn als wir den Gipfel des Hügels erreichten, konnten wir das Rufen der Indianer, das Aufschlagen der Hufe in der harten Ebene und gelegentliches Wiehern hören, da ihre Pferde das Wasser spürten.

Die Vordersten näherten sich sogleich der Quelle, und wir sahen die lange Reihe Berittener, welche sich bis an den fernen Horizont hin dehnte.

Sie kamen näher, und wir konnten die Fähnchen und glänzenden Spitzen ihrer Speere unterscheiden. Wir sahen ihre halb nackten Körper im hellen Mondenschein schimmern.

Nach Kurzem waren die Vordersten von ihnen an die Büsche herangeritten, hatten haltgemacht und ihren Tieren zu trinken gegeben. Dann schwenkte einer nach dem anderen aus dem Wasser, trabte eine kurze Strecke weit über die Ebene, warf sich auf den Boden und begann sein Pferd abzusatteln.

Es war offenbar ihre Absicht, hier zu übernachten.

Wir beobachteten ihre Bewegungen, wir hatten keine Furcht, selbst gesehen zu werden. Wir lagen mit unseren Körpern hinter den Felsen, und unsere Gesichter wurden von den Nadeln der Pinie verdeckt. Wir konnten das alles, was vorging, deutlich sehen und hören, denn die Wilden waren nicht mehr als dreihundert Schritt von unserer Stellung entfernt.

 

***

 

Sie begannen ihre Pferde in einem weiten Kreis über die Ebene hin anzupflocken. Dort ist das Gramagras länger und üppiger als in der unmittelbaren Nähe der Quelle. Sie entsattelten die Tiere und brachten ihr Pferdegeschirr aus härenen Zügeln, Büffeldecken und Häuten der grauen Pferde bestehend herbei. Nur wenige hatten Sättel. Die Indianer bedienten sich ihrer auf den Kriegszügen selten.

Ein jeder stieß seinen Speer in den Boden und lehnte Schild, Bogen und Köcher daran. Daneben legte er seine Decke oder Haut. Dies war sein Zelt und Bett.

Die Speere waren bald reihenweise auf der Ebene aufgestellt. Sie bildeten eine Front von mehreren Hundert Schritt Länge – und so hatten sie ihr Lager mit einer Schnelligkeit und Regelmäßigkeit aufgeschlagen, welche die der Chauffeure von Vincennes weit übertrifft. Sie hatten sich in zwei Abteilungen gelagert. Es waren zwei Gruppen – Apachen und Navajo. Die Letztere war bei Weitem die kleinere und ruhte in weiter Entfernung von unserer Stelle.

Wir hörten sie mit ihren Tomahawks in dem Dickicht am Fuß des Berges Holz hauen. Wir sahen, wie sie die Scheite auf die Ebene hinaustrugen, sie zusammenhäuften und dann anzündeten.

Kurze Zeit später loderten eine Menge von Feuern in die Höhe. Die Wilden kauerten um sie her, und bereiteten ihr Abendessen. Wir konnten die Malerei auf ihren Gesichtern und ihrer nackten Brust schimmern sehen. Sie zeigten eine Menge Farben. Einige waren rot, als wären sie mit Blut angestrichen, andere waren tiefschwarz. Die einen hatten die eine Seite des Gesichts schwarz, und die anderen rot oder weiß bemalt. Einige waren gefleckt wie Hunde, und andere gestreift und kariert. Ihre Wange und Brust waren mit den Gestalten von Tieren – Wölfe, Phanter, Bären, Büffel – und anderen hässlichen Zeichnungen tätowiert, welche sich im Schein der Fichtenholzfeuer deutlich erkennen ließen. Einige hatten eine rote Hand auf ihre Brust gemalt, und nicht wenige zeigten als ihre Devise einen Totenkopf mit kreuzweise gelegten Knochen.

Dies waren ihre Wappenschilde, welche die Medizin des Trägers andeuteten, und ohne Zweifel von eben so einfältigen Ideen ausgingen, wie diejenigen, nach welchen das Wappen auf den Knopf des Lakais oder das Petschaft des Kaufmannsdieners gesetzt wurden.

Selbst in der Wildnis herrschte Eitelkeit. Es gibt im wilden als auch im zivilisierten Leben ein Streben nach Flitterglanz!

Was sahen wir? Glänzende Sättel und Messinghelme mit nickenden Straußenfedern! Diese an den Wilden! Woher kammen sie?

Von den Kürassieren von Chihuahua. Die armen Teufel waren einmal von diesen wilden Lanziers schwer verwundet worden.

Wir sahen das rote Fleisch an Spießen aus Weidenruten über dem Feuer zischen. Wir sahen die Indianer die Pinienkerne in die Asche werfen, und dann wieder geröstet und rauchend herausziehen. Wir sahen sie gestikulieren, während sie einander ihre Abenteuer erzählten. Wir hörten sie schreien, schnattern und lachen. Wie unähnlich waren sie dem Waldindianer.

Zwei Stunden lang beobachteten wir ihre Bewegungen, und horchten auf ihre Stimmen, dann wurde die Pferdewache abgezählt und marschierte zu der Cavallada. Die Indianer breiteten einer nach dem anderer ihre Felle aus, rollten sich in ihre Decke und schliefen.

Die Feuer hörten auf zu lodern, im Mondschein konnten wir die ausgestreckten Körper der Wilden unterscheiden. Zwischen ihnen bewegten sich weiße Gegenstände. Es waren die Hunde, welche nach den Überresten der Mahlzeiten umherspürten. Sie liefen von einem Punkt zum anderen, wiesen einander die Zähne und bellten die um das Lager schleichenden Kojoten an.

Draußen auf der Prärie waren die Pferde noch immer wach und geschäftig. Wir konnten sie mit den Hufen stampfen und das üppige Gras abweiden hören. In regelmäßigen Zwischenräumen standen aufrechte Gestalten da. Dies waren die Wächter der Cavallada.