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Der Welt-Detektiv Band 6

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Interessante Abenteuer unter den Indianern 28

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Die Rose von Guadalupe

Eine Geschichte von den texanischen Rancheros

Die Comanchen sind für Mexico dasselbe, was die Pequots früher für New England waren und die Sioux für die Jäger und Händler des Westens sind. Ihre Einfälle sind noch jetzt den Amerikanern sogar ein Schrecken, und unter den texanischen Ansiedlern erzählt man viele Geschichten von überfallenen und gemordeten Expeditionen, von zerstörten Niederlassungen und von Frauen und Kindern, welche die Indianer in die Gefangenschaft schleppten. Eine dieser Erzählungen ist wegen der sonderbaren Umstände, die mit ihr verbunden sind, für den Leser besonders interessant.

Vor mehreren Jahren lebte ein alter Mann namens Lockhart am Guadalope-Fluss, an der Stelle, welche die »große Biegung« genannt wird. Sein Lieblingskind war seine 17-jährige Tochter, die wegen ihrer Schönheit und ihren einnehmenden Manieren gewöhnlich nur die »Rose von Guadalupe« genannt wurde. In der Nähe des Hauses war ein Pfad, welcher zur Quero-Niederlassung führte, während an allen übrigen Seiten, so weit das Auge reichte, sich ungeheure Steppen ausdehnten, welche des alten Mannes Kolonie von jeder menschlichen Behausung abzusondern schienen.

Auf diesen Prärien pflegte das junge Mädchen herumzuschwärmen, Blumen sammelnd oder mit einer leichten Arbeit beschäftigt, ohne dass ihr je der geringste Gedanke an Gefahr in den Sinn gekommen wäre.

Eines Abends, als sie so beschäftigt auf der Prärie umherwandelte, wurde sie durch ein lautes Geräusch erschreckt. Eine Partie Comanchen brach plötzlich aus einem nahe gelegenen Dickicht hervor und sprengte gegen sie an. Sie schrie und floh. Der Häuptling der Partie verfolgte sie, und als er bei ihr vorbeijagte, bückte er sich und hob das Mädchen vor sich auf das Pferd, ohne auch nur im Geringsten dem Lauf desselben Einhalt zu gebieten. Nachdem die Bande ihren Zweck ausgeführt hatte, eilte sie mit ihrer Beute dem Gebirge zu.

Der Vater schien Zeuge dieser Szene gewesen zu sein. Er lief auf die benachbarten Ansiedelungen und verbreitete mit dem Gefühlsausdruck eines unglücklichen Vaters die schreckliche Nachricht. Jeder war von dem Berichte gerührt. Die kräftigen Ansiedler verließen ihre Arbeit, ergriffen ihre Waffen und schickten sich zur schnellsten Verfolgung an. Lockhart war der Anführer der kleinen Schar. Mit dem richtigen Takt eines Hinterhölzlers verfolgte er die Indianer Tag und Nacht und erreichte endlich eines Abends ihr Lager im Gebirge. Hier überzeugten sie sich sogleich, dass ihre Verfolgung nicht bemerkt worden war. Sie verbargen sich deshalb in einem nahe gelegenen Dickicht, um am nächsten Morgen für einen kräftigen Angriff bereit zu sein.

Mit Tagesanbruch stießen die Texaner ihr Feldgeschrei aus und stürzten gegen das Dorf. Die Krieger waren in einem Augenblick bewaffnet und erwarteten in Schlachtordnung den Angriff. Die Indianer zählten 200 Mann, während die Texaner nur 40 Mann stark waren. Der rasche Angriff war ein stürmischer, von tapferen, zur Verzweiflung getriebenen Männern geführt. Sie wurden mit Standhaftigkeit empfangen und es begann nun eine jener Kriegsszenen, in welcher, Freund mit Feind vermischt, ein jeder sich einen Gegner zum blutigen Kampf aussucht, nicht des Ruhmes wegen, sondern um Rache zu üben. Den ganzen Tag währte das Gefecht. Als die Texaner des Sieges gewiss zu sein glaubten, stürzten sie in das Dorf. Doch eine hartnäckige Gegenwehr trieb sie wieder zurück über die Leichen von Freunden und Feinden. Lockhart war immer voran in der Gefahr. Er ermunterte seine Freunde zu ihrer Pflichterfüllung. Er ließ sich mit einem Feind nach dem anderen ins Gefecht ein. Mehr als einmal kam er dem Zelt, in dem seine Tochter sich befand, nahe genug, um zu hören, wie sie ihn mit kläglicher Stimme rief. Doch die Mehrzahl siegte. Nach einem, den ganzen Tag unausgesetzt fortgeführten Kampf sahen sich die Texaner gezwungen, das Feld zu räumen und den unglücklichen Vater fast zu zwingen, mitzuziehen. Während aller Gefahren des Tages kämpfte er, als wäre sein Leben bezaubert. Ja er kam, obgleich aus dem Feld geschlagen, dennoch ohne Schaden davon. Die kleine Schar zog betrübt in ihre Heimat zurück.

Einige Zeit nach dieser Schlacht wurde ein Vertrag mit den Comanchen abgeschlossen und das Mädchen ausgeliefert. Doch ihre Gesundheit und ihre Heiterkeit waren für immer verschwunden. In der Gefangenschaft hatte sie viel von Hunger, Entbehrungen und Misshandlungen zu erdulden. Eine tiefe Melancholie lag auf ihrem einst so heiteren Gesicht und die Stunden, welche sie in der Einsamkeit weinend zubrachte, zeugten davon, dass ihr Herz gebrochen war. Einige Monate nach der Rückkehr in ihre Heimat erlöste der Tod sie von allen Leiden. Wir verdanken das Ausführliche dieser merkwürdigen Gefangennahme und des Versuches der Befreiung den Skizzen aus dem Leben der texanischen Ranger, einer interessanten Erzählung aus der Feder des Lieutenant Samuel C. Reid.