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Der Welt-Detektiv Band 6

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Aëlita – Teil 11

Alexej-Tolstoi-AelitaAlexej Tolstoi
Aëlita
Ein utopischer Roman

Sonnenuntergang

Die schmalen Flügel der Lichtnebelstreifen weit ausbreitend, neigte sich die lodernde Sonne dem Untergang zu. Losj und Gussew schritten eilig über die dämmerig werdende und jetzt noch öder und wilder erscheinende Ebene zum Kanalufer. Die Sonne näherte sich schnell dem nahen Rand des Kaktusfeldes und ging unter. Ein die Augen blendendes scharlachrotes Leuchten ging von der Stelle aus, an der sie versunken war. Die grellen Strahlen des Sonnenuntergangs beleuchteten den halben Himmel, wurden aber sehr rasch aschgrau und erloschen. Der Himmel wurde dunkel.

Da erhob sich dort, wo die Sonne untergegangen war, niedrig über dem Mars ein großer roter Stern. Er ging auf wie ein zorniges Auge. Einige Minuten lang war die Dunkelheit allein von seinen düsteren Strahlen gesättigt.

Doch jetzt begannen am ganzen unendlich hohen Himmelsgewölbe auch andere Sterne hervorzutreten: glänzende grünliche Gestirne, deren eisige Strahlen ins Auge stachen. Der düstere Stern wurde im Aufgehen immer röter.

Als sie am Kanalufer angelangt waren, blieb Losj stehen und sagte, mit der Hand auf den Stern weisend: »Die Erde.«

Gussew nahm die Mütze ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Den Kopf in den Nacken geworfen, schaute er auf die inmitten der Gestirne schwebende ferne Heimat. Sein Gesicht erschien abgemagert und traurig.

»Die Erde«, wiederholte er. So standen sie lange am Ufer des uralten Kanals, über der Ebene mit den im Schein der Sterne undeutlichen Umrissen der Kaktusgewächse. Und da erschien hinter der scharfen Linie des Horizonts hervor eine helle Sichel, kleiner als die des Mondes, und erhob sich über dem Kaktusfeld. Von den fingerförmigen Pflanzen gingen lange Schatten aus.

Gussew stieß Losj mit dem Ellbogen an: »Sehen Sie doch nur, was da hinten ist!«
Hinter ihnen, über der hügeligen Ebene, über den Wäldchen und Ruinen leuchtete der zweite Trabant des Mars. Seine runde gelbliche Scheibe, ebenfalls kleiner als der Mond, war im Begriff, hinter den gezackten Bergen unterzugehen. Die Metallscheiben auf den Hügeln warfen sein Licht funkelnd zurück.
»Ist das eine Nacht«, flüsterte Gussew, »wie im Traum.«

Vorsichtig stiegen sie vom Ufer in das Kaktusgestrüpp hinunter. Vor ihren Füßen sprang irgendein Schatten beiseite. Beim Schein der beiden Monde rannte ein zottiges Knäuel davon. Irgendwo knirschte es. Ein unerträglich durchdringendes feines Piepsen ertönte. Die aufglitzernden Arme der Kaktusgewächse bewegten sich. Grobfädiges Spinngewebe blieb am Gesicht haften wie ein Netz. Plötzlich durchschallte ein langsam ansteigendes, herzzerreißendes Geheul die Nacht. Und riss ab. Alles war wieder still. Gussew und Losj rannten in großen Sätzen, erschauernd vor Abscheu und Schrecken, über das Feld, die lebendig gewordenen Gewächse überspringend.

Endlich blitzte im Schein der aufgehenden Sichel die Stahlhülle des Apparates auf. Sie rannten darauf zu. Setzten sich und verschnauften.

»Also, das sag ich, nachts geh ich nicht mehr durch diese Spinnennester«, erklärte Gussew. Er schraubte die Luke auf und kroch in den Apparat hinein.

Losj zögerte noch. Er horchte und blickte um sich. Und da sah er: Zwischen den Sternen schwebte als fantastische Silhouette der geflügelte Schatten eines Luftschiffes.