Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Interessante Abenteuer unter den Indianern 18

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Edle Tat des Lieutenant Beall

Wir kopieren aus dem North American vom 12. Juni 1849 das folgende ergreifende Abenteuer des Lieutenant Beall. Es gereicht dem amerikanischen Namen zur Ehre.

Lieutenant Beall, im Seedienst der Vereinigten Staaten, ist seinem Vaterland bereits bekannt, da er sich bei verschiedenen Gelegenheiten besonders als Träger wichtiger Depeschen nach und von Kalifornien durch das Herz von Mexiko während des Krieges auszeichnete. So wie er sich über die Prärien und Felsengebirge, mit gleichem Mut seinen Weg durch zivilisierte und wilde Feinde bahnte. Wir glauben, dass es niemanden gibt, der ihn als tapferen Seeoffizier und unerschrockenen Reisenden an Mut, der Gefahr ins Auge zu sehen, und an Energie, Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden, übertrifft. Aber wir hörten vor Kurzem eine Anekdote von ihm, die sich auf seiner letzten Reise nach Kalifornien ereignete, von der er erst vor Kurzem zurückkehrte, welche, indem sie die Gefahren des Weges beleuchtet, beweist, dass er noch eine andere Eigenschaft besitzt, die höher steht als Entschlossenheit und Tapferkeit – eine menschliche und edle Seele, die jenen Tugenden den Charakter des Heldenmutes gibt.

Es war, glauben wir, in dem Gila-Land, als Lieutenant Beall, nachdem seine Abteilung sich in Sicherheit gelagert hatte, auf die Jagd ging. Er ritt ganz allein auf einer Lieblingsstute, die gewöhnlich für solche Gelegenheiten bereitgehalten wurde. Etwa sechs Meilen vom Lager hatte er das Glück, einen Hirsch zu töten. Als er abgestiegen war, um das Tier auszuweiden, sah er plötzlich einen Trupp berittener Apache, die ihn entdeckt hatten, wütend auf sich zustürzen. Ohne Zweifel hatten dieselben den Knall seiner Büchse gehört oder den Rauch derselben gesehen, und so waren sie vor ihm, ehe er es wusste. Aber er wusste sehr gut, dass als einzelner Weißer auf diesen nackten Hügeln, die sie ihr Eigentum nennen, gefangen zu werden, sicherer Tod sei. Indem er in der größten Eile aufs Pferd stieg, verließ er sich auf die Ausdauer seiner Stute, die ihn im stärksten Galopp dem Lager seiner Leute zurückbringen würde. Davon sprengte der junge Lieutenant, und hinter ihm her stürzten die Wilden, brüllend und schreiend, ihrer Beute gewiss. Aber so gewiss sie ihrer Sache waren, so war er doch eben so überzeugt von seiner Fähigkeit, entkommen zu können, obgleich ihre Rosse frischer waren als die Stute und es augenfällig schien, dass sie ihn einholen würden, ehe er Hilfe erhalten hatte, oder das Lager zu erreichen imstande sein könnte. Seiner Rettung gewiss, doch ohne seine Eile zu verringern, hatte Lieutenant Beall den halben Weg bis zum Lager zurückgelegt, als er, über den Gipfel eines Hügels hinjagend, zu seinem Schrecken einen seiner eigenen Leute den Hügel heraufklettern sah, seiner Spur folgend, um ihm bei der Jagd zu helfen. Der Anblick seines Lieutenants, in solcher Hast den Hügel hinunterjagend, war ohne Zweifel für ihn genug. Vielleicht konnte der arme Teufel das Geschrei der Indianer hören, die die andere Seite des Hügels hinaufstiegen. Jedenfalls begriff er sein Los. Seine Arme vor des Pferdes Kopf ausbreitend, schrie er in verheißungsvollen Tönen: »O, Herr Beall, retten Sie mich, ich bin Gatte und Vater von sechs hilflosen Kindern.«

Wohl niemals noch wurde eine Bitte schneller getan und heldenmütiger erfüllt, als hier. Der Lieutenant, obgleich für sein eigenes Leben fliehend, hielt sogleich sein Pferd an, stieg ab und gab dasselbe dem Mann, indem er sagte: »Du sollst gerettet werden. Reite ins Lager und sende meine Leute heraus, damit sie meinen Körper würdig begraben.«

So schieden sie – der Infanterist zu entfliehen, der Offizier, wie er glaubte, erschlagen zu werden, denn der Hügel war ganz kahl, ohne ein einziges Versteck. Er dachte an nichts, als sein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Zu diesem Zweck zog er seinen Revolver, setzte sich auf den Boden und erwartete die Wilden, welche auch im nächsten Augenblick kamen, über den Gipfel des Hügels, zu dem unaussprechlichen Erstaunen Lieutenant Beall hinwegstürmten, und zwar an ihm vorüber, den Abhang hinunter, gleich Wahnsinnigen, ohne dass einer die geringste Notiz von ihm nahm oder ihn überhaupt sah. In Wirklichkeit erblickten sie bloß Ross und Reiter, die sie drei Meilen bereits verfolgten. Sie wussten nichts von dem Infanteristen. Vielleicht erschien die sitzende Figur des Lieutenants ihren Augen, die ganz auf den einen, besonderen Gegenstand gerichtet waren, als ein Stein oder einen großen Kaktus, die auf jenen unfruchtbaren Hügeln häufig sind.

Jedenfalls blieb Lieutenant Beall durch einen Zufall, der ihm beinahe als ein Wunder erschien, unentdeckt. In einem Augenblick waren die Apachen aus seinem Gesichtskreis, Ross und Reiter immer noch nach dem Lager verfolgend. Der Letztere rettete kaum sein Leben, da die Indianer ihm so nahe waren, gerade als er das Lager erreicht hatte, dass sie imstande gewesen wären, ihm einige leichte Wunden mit Kugeln oder vielleicht mit Pfeilen beizubringen. Was Lieutenant Beall anbelangt, so war er nicht saumselig, um von seinem guten Glück Gebrauch zu machen. Indem er einen Umweg einschlug, erreichte er gerade das Lager, als der arme Mensch, den er gerettet hatte und die andern Mitglieder der Abteilung ausziehen wollten, um seinem letzten Befehl zu gehorchen und seinen Körper würdig zu begraben. Über eine solche Tat Anmerkungen zu machen, wäre überflüssig. Jedenfalls ist es eine Handlung, würdiger im Angedenken der Menschen fortzuleben, als die Geschichte einer großen Schlacht oder eines Sieges.