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Paraforce Band 27

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Hexentanz

»Der Kerl muss dich mächtig beeindruckt haben, wenn du wegen ihm nach Deutschland auswandern willst.«

»Er ist ein besonderer Mensch«, antwortete Jette und lächelte ihre beste Freundin Hanna an, die sie schon so lange kannte, wie sie zurückdenken konnte.

»Das wird Sören nicht gefallen.«

Jette musste lachen, als sie an ihren Jugendfreund dachte. Hanna wusste genau, dass zwischen ihnen beiden schon seit mehr als zehn Jahren nichts mehr lief. Dennoch machte sie sich immer wieder einen Spaß daraus, ihre Freundin damit aufzuziehen.

»Du liebst diesen Nils?«

»Ja.« Jette hatte die Antwort ohne zu zögern gegeben. Jetzt, wo die beiden zum ersten Mal getrennt waren, seitdem sie sich kannten, merkte sie erst, wie wahr diese Aussage war. »Er hat eine Ausstrahlung, der ich mich nicht entziehen kann. Er ist immer gut gelaunt und es ist einfach schön, mit ihm zusammen zu sein. Wenn du ihn kennenlernst, wirst du mich verstehen.«

»Werde ich das denn?«

»Bestimmt. Wenn ich meine Eltern das nächste Mal besuche, bringe ich Nils mit. Das wird spätestens zu Weihnachten sein.«

»Warum hast du das dieses Mal nicht getan?«

»Er arbeitet an einem Fall. Er hätte mich gerne begleitet, konnte es aber leider nicht.«

»Er jagt Geister?«

»So etwas Ähnliches.«

»Kannst du dich nicht ein bisschen klarer ausdrücken?«

»Ich darf dir nicht erklären, worin unsere Aufgabe genau besteht, und du würdest mir vermutlich auch nicht glauben.«

»Ich verstehe diese Geheimniskrämerei nicht«, gab Hanna leicht beleidigt zurück. »Du tust ja gerade so, als hinge das Wohl der Menschheit von eurer Aufgabe ab.«

»Verstehe mich bitte nicht falsch, Hanna. Die Behörden wollen nicht, dass gewisse Dinge an die Öffentlichkeit geraten. Es gibt Dinge, die konnte ich mir vor drei Jahren nicht einmal vorstellen. Noch heute fällt es mir schwer, das alles zu glauben.«

»Ich hole uns noch etwas zu trinken.«

Jette sah ihrer Freundin nach, wie sie zu einem der beiden Verkaufsstände ging und sich am Ende der Schlange davor anstellte. Es tat ihr leid, dass sie ihrer besten Freundin nichts über Paraforce erzählen durfte. In den vielen Jahren, in denen sie sich nun kannten, hatten die beiden nie Geheimnisse voreinander gehabt. Sie konnte sich vorstellen, wie enttäuscht Hanna sein musste, dass sich das nun geändert hatte. In Momenten wie diesen wünschte sich Jette einen normalen Job.

Weil es noch ein paar Minuten dauern würde, bis Hanna zurückkehrte, sah sich Jette in der Umgebung um und lauschte den Wellen der Ostsee, die hinter den Dünen lag. Sie würde ihre Heimat vermissen, wenn sie nur noch alle paar Monate für wenige Tage hierher zurückkehren konnte. Als sie vor zwei Jahren nach Deutschland gegangen war, hatte sie nur ihre Ausbildung abschließen und danach eine eigene kleine Paraforce-Einheit in Dänemark gründen wollen. Dann hatte sie sich in ihren Kollegen verliebt und sich dazu entschlossen, bei ihm zu bleiben. Diesen Schritt bereute sie bisher nicht. Dennoch gab es Tage, an denen sie sich sehr nach der Heimat sehnte.

Jettes Eltern waren alles andere als erfreut gewesen, als ihre Tochter ihnen vor drei Tagen von ihren Plänen erzählt hatte. Letztlich hatten sie die Gründe dafür aber verstanden und wollten dem Glück ihrer einzigen Tochter nicht im Wege stehen. Ihrer Mutter war es schon lange klar gewesen, dass Jette das Geschäft ihrer Eltern nicht fortführen würde. Vater dagegen hatte die Hoffnung nie aufgegeben. Irgendwann würden sie die Ferienwohnungen verkaufen müssen, die sie gemeinsam gebaut hatten und nun über eine kleine Agentur vermieteten.

Die Tage in Henne Strand waren vergangen wie im Flug. An diesem Abend hatte sich Jette von ihrer alten Freundin überreden lassen, mit ihr zum Sankt-Hans-Feuer zu gehen, das zwischen den Dünen entzündet werden sollte. Die Vorbereitungen dafür waren abgeschlossen. Die Veranstalter würden aber bis zum Einbruch der Dunkelheit warten, bis sie es entzündeten.

Auf einem Scheiterhaufen hatte man eine Strohpuppe an einen Pfahl gebunden, die eine Hexe darstellte. Mit der Zeremonie sollten traditionell die bösen Geister aus der Gegend vertrieben werden. In ihrer Jugend hatte Jette diese Veranstaltungen geliebt, die jedes Jahr am 23. Juni durchgeführt wurden. Jetzt wusste sie, dass sehr viel mehr als ein paar Scheite Holz nötig waren, um sich gegen die finsteren Mächte der Dunkelheit zu stellen. Dennoch hatte sie sofort zugesagt, als ihre Freundin sie fragte, ob Jette sie begleiten wollte, und freute sich jetzt auf die Zeremonie.

Plötzlich fiel Jette ein großer Vogel ins Auge, der nicht weit von ihr entfernt auf einem Ast saß und auf den Scheiterhaufen zu starren schien. Sie brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es sich um eine Eule handelte. Was machte das Tier hier? Die junge Agentin konnte sich nicht daran erinnern, in dieser Gegend jemals eine Eule gesehen zu haben. Auch wunderte sie sich darüber, wie wenig Scheu sie vor den fast fünfhundert Menschen zeigte, die mittlerweile auf dem Platz versammelt waren.

Bevor sich Jette näher mit dem ungewöhnlichen Auftauchen des Tiers beschäftigen konnte, kehrte ihre Freundin zu ihr zurück und drückte ihr einen Becher Bier in die Hand.

»Trinken wir darauf, dass wir heute alle Hexen und Geister erfolgreich aus der Gegend vertreiben«, sagte Hannah grinsend und stieß mit ihrer Freundin an.

»Prost«, antwortete Jette. Auch wenn sie genau wusste, wie ernst diese Themen in der Wirklichkeit waren, glaubte sie nicht daran, dass es in der Gegend von Henne Strand jemals zu einem paranormalen Ereignis kommen würde. Sie drehte sich um, weil sie Hanna die Eule zeigen wollte, doch die war verschwunden. Jette hatte ein komisches Gefühl wegen des Tiers, konnte aber nicht erklären, was der Grund dafür war.


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