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Fort Aldamo – Band 23

band-23-ich-hau-euch-wieder-raus-soldatenFrank Callahan
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 23
Ich hau euch wieder raus, Soldaten

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 20.09.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Erschreckende Aussichten für Fort Aldamo! Kleiber, der dicke Küchenbulle der Strafkompanie, stellt entsetzt fest, dass es fortan nur noch Bohnen zu essen gibt. Seit Tagen ist der Verpflegungstreck überfällig. Bohnen morgens, mittags und abends – nicht auszudenken! So handelt Master Sergeant Finnewacker hart und kompromisslos. Er schickt den dicken Kleiber mit fünf Corporalen los, um den verschollenen Versorgungszug zu suchen. Doch dann jagt eine Überraschung die andere. Kleiber und die Corporale sind auf einmal ebenfalls verschwunden. Sind sie den Apachen oder mexikanischen Bandoleros in die Hände gefallen?

Leseprobe:

»Festungserweiterungskornmando – rechts raustreten!«

Master Sergeant Finnewackers Stentorstimme hallte über den Ap­pellplatz, auf dem die Strafkompanie von Fort Aldamo angetreten war.

Die Sträflinge trugen wie immer grauweiße Drilliche. Dazwischen standen die Gruppen- und Zugführer in ihren blauen Monturen.

Hastig sausten Männer aus allen drei Gliedern, rannten quer über den Platz und traten am Ende der Kom­panie in Doppelreihe an.

Finnewackers Gesicht verdüsterte sich.

Seine Brust hob und senkte sich schwer. Das dicke Notizbuch, das noch gefürchteter war als er selbst, ragte ihm vorn aus der Knopfleiste.

Der Spieß der Strafkompanie und kommissarische Commander von Fort Aldamo stemmte beide Fäuste in die Hüften. Seine Augen begannen zu funkeln, während sich der buschige Schnurrbart zu sträuben schien.

»Das darf doch nicht wahr sein«, zischte Finnewacker wütend, als er auf die zehn Sträflinge starrte, die zum Festungserweiterungskom­mando angetreten waren. »So geht das nicht!«

Die bullige Gestalt des Master Ser­geant straffte sich. Die Sträflinge und auch die Chargierten hielten unwill­kürlich den Atem an.

»Sergeant Fitzgerald! Herkom­men!«

Fitzgerald, Finnewackers Stellver­treter, marschierte zu seinem Vor­gesetzten und grüßte zackig.

Der altgediente, kraushaarige Ser­geant blieb in strammer Haltung vor Finnewacker stehen.

»Was soll das, Krauskopf?«, fragte Finnewacker. »Wollt ihr mich auf den Arm nehmen? Vielleicht sehe ich auch nicht mehr gut. Verdammt, da drüben stehen nicht mehr als zehn erbärmliche Gestalten.«

Sergeant Fitzgerald räusperte sich.

»In der Kompanie herrscht im Mo­ment eine außergewöhnliche Ord­nung und Disziplin, Master Sergeant«, krächzte der kleingeratene Krauskopf und lächelte müde. »Die Sträflinge versehen ihren Dienst ausgezeichnet. Es sind nicht mehr Männer aufge­fallen.«

Finnewacker staunte.

Er blickte erst Fitzgerald, dann die angetretenen Soldaten an.

»Das nehme ich dir nicht ab, Fitzge­rald«, brummte der Master Sergeant. »Scheint eine Verschwörung zu sein. Damit kommt ihr alle bei mir nicht durch. Da spiele ich nicht mit!«

Sergeant Fitzgerald zuckte ein we­nig hilflos und ganz unmilitärisch mit den Schultern.

Finnewacker starrte zu den zehn. Sträflingen hinüber, die zum Festungserweiterungskommando ein­geteilt worden waren.

Niemals war ihm ein Kommando stark genug!

Zum Festungserweiterungskom­mando wurden alle Männer eingeteilt, die ihren Dienst nicht ordentlich ver­sehen hatten oder irgendwie unan­genehm aufgefallen waren.

Das Festungserweiterungskommando war Finnewackers Erfindung. Im Norden, Westen und Osten ließ er die flachen Hänge des Hügels, auf dem Fort Aldamo stand, abtragen und steile Mauern errichten, um die Leute sinnvoll zu beschäftigen und die alte, ehemalige spanische Festung zu sichern.

Das Festungserweiterungskorn­mando war die Hölle!

Die Kommandierten mussten Kno­chenarbeit unter einer gnadenlosen Sonne leisten. Niemand aber sehnte sich nach der Hölle.

»Wir sprechen später darüber, Klei­ner«, zischelte Finnewacker, ehe er sich wieder der Front seiner Soldaten zuwandte.

»Freiwillige für das Festungserwei­terungskommando – vorrrrrtreten!«

Zuerst rührte sich keiner der Sträf­linge.

Dann aber herrschte für einen Au­genblick ein unbeschreibliches Chaos auf dem Appellplatz.

Alle Sträflinge meldeten sich frei­willig zum Festungserweiterungs­kommando!

Master Sergeant Finnewacker fie­len fast die Augen aus dem Kopf. Fassungslos starrte er auf die Grup­pen- und Zugführer, die alleine auf dem Platz standen und selbst reichlich verdattert wirkten.

»Himmel, Arsch und Zwirn!«, ent­fuhr es Finnewacker. »Was soll das nun wieder? Eine Verschwörung! Meuterei! Sabotage!«

Sein Gesicht rötete sich. Heißer Zorn nahm ihm den Atem.

»Dir kann man auch gar nichts recht machen«, krächzte Sergeant Fitzgerald. »Die Sträflinge meinen es doch nur gut. Sie haben sich alle freiwillig gemeldet.«

»Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu, Kleiner«, schimpfte der Master Sergeant. »Zum Henker – du kümmerst dich darum. Ich erwarte deinen Rapport in einer halben Stunde, übernimm das Kommando. Es rücken dreißig Mann Festungserweiterungs­kommando raus. Kapiert …?«

»Aye, aye, Master Sergeant!«

Finnewacker nickte, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte auf die Kommandantur zu, in der er verschwand.

 

***

 

»Mann, lass mich, bloß in Frieden, Kleiber. Wenn du mir schon wieder mit deinem Zuckerfimmel auf die Nerven gehen willst, dann hast du dir einen verdammt ungünstigen Augen­blick ausgesucht.«

Der dicke Küchenbulle zog ein er­schrockenes Gesicht. Und Sergeant Kleiber sah reichlich komisch aus, als- er vor Finnewackers Schreibtisch stand und sich vergebens bemühte, seinen kugelrunden Bauch einzu­ziehen.

»Aye, aye, Finnewacker.«

Kleiber wandte sich um und wat­schelte wie eine plattfüßige Ente davon. Finnewacker verzog das Ge­sicht und starrte missmutig auf seine qualmende Zigarre, ehe er sie in den Aschenbecher legte.

»Verdammt, was willst du, Klei­ber?«

Der dicke Sergeant, dem die Küche und alles, was mit Verpflegung zu tun hatte, unterstand, blieb wie angena­gelt stehen und sog tief den Atem ein. Es klang, als ließe eine altersschwache Baldwin-Lokomotive Dampf ab.

»Der Verpflegungstross ist seit über einen Tag überfällig. Der Transport ist bisher noch nicht aus Camp Lowell eingetroffen, Finnewacker. Und wenn ich nicht bald Nachschub erhalte, gibt es ab morgen nur noch Bohnen. Das wollte ich dir nur mitteilen!«

»Bohnen?«, giftete Master Sergeant Finnewacker und fuhr zornig fort: »Die gibt es doch schon seit drei Tagen, verdammt noch mal! Warum kommst du erst heute zu mir?«

»Du hast ja nie Zeit für mich, Finnewacker. Manchmal habe ich den Ein­druck, dass du was gegen mich hast!«

»Du bist ein Schnellmerker«, ant­wortete der Commander von Fort Al­damo grinsend. »Bist selbst schuld. Immer fehlt dir was. Könntest lang­sam mal Ordnung in deinen Saustall bringen.«

Sergeant Kleiber zog ein zer­knirschtes Gesicht.

»Fang jetzt nur nicht mit deiner Versetzung an, Kleiber«, donnerte Finnewackers Stimme, als der dicke Küchenbulle antworten wollte. »Nimm dir fünf Corporale und sieh nach dem Transport. Weit kann er ja nicht mehr sein.«

»Ich …?«‚ fragte Kleiber entsetzt. Jeder in Fort Aldamo wusste, dass es ihm nicht schmeckte, die alte spa­nische Festung verlassen zu müssen.

»Jawohl. Du. Das ist ein Befehl. Abtreten!«

»Aye, aye, Master Sergeant!«

Sergeant Kleiber deutete einen Gruß an, ehe er zerknirscht davon- schlurfte und einige Worte brummelte, die Finnewacker zum Glück nicht ver­stehen konnte. Der Master Sergeant lehnte sich in seinem Stuhl zurück, steckte die Zigarre zwischen die Lip­pen und seufzte leise.

Es klopfte.

»Herein«, brüllte der Commander und hoffte, dass der Besucher erst gar nicht eintrat, sondern gleich das Weite suchen würde.

Finnewacker täuschte sich.

Es war Sergeant Fitzgerald, der hereinstiefelte, sein »Männchen baute« und meldete: »Befehle ausgeführt.«

»Welche Befehle?«, fragte Finnewa­cker irritiert.

»Das Festungserweiterungskom­mando ist …«

Finnewacker winkte ab.

»Schon gut, Kleiner. Was ist denn nur mit den Sträflingen los? Das sind doch sonst keine Sonntagsschüler. Verstehst du das …?«

»Sie reißen sich eben zusammen. Du hast ihnen in den letzten Tagen und Wochen mächtig Beine gemacht. Alles läuft jetzt wie am Schnürchen. Und das passt dir auch wieder nicht.«

Sergeant Fitzgeralds anklagende Stimme verstummte. Forschend blickte er seinen Vorgesetzten an, des­sen Kopf hinter einem Rauchschleier fast verschwand.

»Gut, warten wir’s ab, Kleiner. Wenn’s wirklich so ist, soll es mir recht sein. Ich traue dem Frieden nicht. Die Sträflinge sind zum größten Teil alles verdammte Hundesöhne. Das weißt du so gut wie ich. Vielleicht haben sie was vor und wollen uns täuschen.«

»Ach was, Finnewacker.« Der kleine, krausköpfige Sergeant winkte ab. »Du siehst Gespenster. Ich glaube weder an eine Meuterei noch an sonstige Hirngespinste.«

»Gut Schwamm darüber, altes Kanonenrohr.«

»Was hast du denn wieder mit Klei­ber angestellt?«, wollte Fitzgerald wis­sen. »Der Küchenbulle schlich wie ein Schlafwandler an mir vorbei. Ist ihm mal wieder sein Zucker ausgegangen?«

»Bohnen«, antwortete Master Ser­geant Finnewacker düster. »In den nächsten Tagen gibt’s nur noch Boh­nen, bis sie uns zu den Ohren hervor­quellen. Der Nachschubtransport ist überfällig. Kleiber reitet ihm mit einigen Corporalen entgegen. Wird schon klappen.«

Fitzgeralds Stirn legte sich in tiefe Falten.

»Hoffentlich wurde der Treck nicht von den Apachen überfallen. Die roten Jungs wurden sogar schon mehrmals in der Nähe des Forts gesehen. Wenn sie den Treck kassiert haben, kann auch Kleiber nichts ausrichten.«

»Höre mit deiner verdammten Un­kerei auf, Kleiner«, schimpfte Fin­newacker. »Du siehst zu schwarz. Die Rothäute lassen uns in Frieden. Die wissen ganz genau, dass sie sich blutige Köpfe holen, wenn sie sich mit’ uns anlegen.«

»Du vergisst, dass die Indianer mächtig Kohldampf schieben. Wie ich hörte, ist die Jagd sehr schlecht ausgefallen. Außerdem hat es seit vielen Wochen nicht mehr geregnet. Den Apachen geht es nicht gerade rosig. Das wissen wir alle.«

»Kannst du’s ändern?«

»Leider nicht«, seufzte Fitzgerald. »Ich wollte damit nur sagen, dass die Rothäute einen solchen Leckerbissen wie den Nachschubtreck nicht ver­schmähen, sollten sie ihn entdecken.«

Master Sergeant Finnewacker legte die halb gerauchte Zigarre in den Aschenbecher zurück. Sie wollte ihm auf einmal nicht mehr schmecken.

»In Ordnung, alte Nervensäge. Wir folgen Kleiber in einer Stunde. Du und ich. Sergeant Wollcram soll in meiner Abwesenheit das Kommando übernehmen. Richte alles für den Abritt her.«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

Fitzgerald salutierte korrekt und verließ die Kommandantur. Finnewacker blickte seinem alten Freund nachdenklich hinterher.

»Nichts als Ärger«, murmelte er. »Verdammt noch mal – heute scheint aber wirklich ein Tag zu sein, an dem alles danebengeht!«

Der Commander von Fort Aldamo ahnte in diesen Sekunden noch nicht, dass er recht behalten sollte.

Quelle:

  • Frank Callahan: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 23. Bastei Verlag. Köln. 20.09.2016