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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der bayerische Hiesel – Teil 20

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Die Nürnberger hängen keinen, außer sie haben ihn

Hiesel war kaum wieder bewaffnet, als er es fast nicht über sich gewinnen konnte, ruhig davon zu gehen. Nur die dringenden Bitten Afras, deren Leben sonst nach den Gesetzen der Bande auf dem Spiel stand, wenn sie der Befreiung des Hiesel wäre überwiesen worden, konnten ihn bewegen, seine glühende Rache zu verschieben.

Auch wie es nun dem Trüffelhund ergehen werde, lag ihm sehr am Herzen. Er konnte nicht undankbar gegen Leute sein, die ihm Wohltaten erwiesen.

Der wird sich schon selbst helfen, dachte Hiesel, da er imstande war, mich den Händen meiner Feinde und dem gewissen Tod zu entreißen, so wird er auch seine kleine Person in Sicherheit zu bringen wissen.

Während Hiesel durch die Wälder eilte, um seine Kameraden aufzusuchen und zu einem Feldzug der Rache zu entflammen, trat der schwarze Martin mit acht Gesellen an die Zisterne und rief seinem vermeintlichen Gefangenen zu: »Wach auf, wenn du schläfst, Hiesel, deine Stunde ist gekommen. Wir wollen Standrecht über dich halten. Der Tod ist dir gewiss, erhoffe keine Gnade. Die kannst du nur bei Gott suchen. Bete!«

Einzelne unterdrückte Laute des Lachens tönten aus der Tiefe. Der schwarze Martin ärgerte sich über die Gleichgültigkeit Hiesels und schrie ihm zu, er würde besser tun, sich mit Gott bekanntzumachen.

Ein schallendes höhnisches Gelächter war die Antwort. Eine Leiter wurde hinabgelassen, auf welcher zwei Kerle in die Zisterne steigen wollten.

Als sie die Mitte der Leiter erreicht hatten, fasste diese der Trüffelhund, hob sie empor und warf sie samt den beiden Henkersknechten der Bande, die sich ängstlich schreiend an die Sprossen klammerten, über den Rand der Zisterne hinaus.

Der schwarze Martin wurde über diesen Trotz wütend, konnte aber die Möglichkeit einer so unmenschlichen Stärke umso weniger begreifen, da Hiesels Hände fest mit Stricken gebunden waren.

Sogleich ließ er eine Holzfackel anzünden und brennend in die Zisterne hinunterwerfen. Im Widerschein der Glut funkelten die Augen des alten Männleins wie eine zornige Waldkatze.

»Ihr wollt mich braten«, kreischte der Trüffelhund zu den Räubern hinauf, »wie ich merke, stellt euch aber erschrecklich dumm dazu an. Das Feuer ist mein guter Freund. Wir haben schon lange miteinander Brüderschaft getrunken. Was wollt ihr eigentlich mit mir anfangen?«

»Wer bist du, wie kommst du da hinunter, und wo ist Hiesel?«

»Hoho, drei Fragen auf einmal. Ich bin ein alter Mann, der sich gestern vor dem Sturm und Donnerwetter in diese Zisterne geflüchtet hat. Wo der Hiesel ist, das müsst ihr besser wissen als ich. Ihr habt ihn ja im Wald gestohlen.«

»Du hast ihn befreit! Wie ich sehe, musst also statt seiner sterben!«

»Ei, das freut mich! Ich wäre schon längst gerne gestorben, hab’s jedoch nie recht dahin bringen können. Ich bin sehr neugierig, wie ihr das macht. Nur Geduld, ich bin gleich oben.«

»Ohne Stricke und Leiter?«

»Warum nicht gar! Da nehme ich den Hut unter den Arm und ziehe mich an den Haaren zu euch hinauf!«

Gesagt, getan! In einem Nu stand er vor den Räubern.

»Hängt ihn sogleich am nächsten Baum auf. Er ist ein Schwarzkünstler!«

Die Rotte schleppte ihn hinaus unter eine Buche. Zwei Kerle legten ihm eine Schlinge um den Hals, und zwei andere stiegen auf den Baum, um das Männlein hinaufzuziehen.

»Das geht ja charmant!«, rief der Trüffelhund lachend. »Wenn ihr noch mehr Übung bekommt, so könnt ihr euch bei den gegenwärtigen Zeiten, wo es so viele Spitzbuben gibt, gegen die ihr noch wahre Lumpenhunde seid, schwer Geld verdienen. Jetzt zieht wacker an!«

Die beiden Kerle zogen aus Leibeskräften. Das Männlein verdrehte die Augen zum größten Spaß der Räuber. Und plötzlich baumelte unter dem Ast … ein Bund Stroh statt des Trüffelhundes, der gegenüber ganz oben in der Krone des höchsten Baumes saß und sich vor Lachen den Bauch hielt.

Der Ärger siegte über den Schrecken der Räuber. Fünf davon schossen auf das Männlein, welches die Kugeln mit den Händen auffing und den Schützen wie taube Nüsse an die Köpfe schleuderte, dann aber durch die Bäume dahin rauschend verschwand.