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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der bayerische Hiesel – Teil 16

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Immer verwegener!

Gingen auch nur 8 Tage vorüber, wo Hiesel nur Wild erlegen konnte, so klagte er schon über Langweile. Er sehnte sich dann wieder, mit einer Streife handgemein zu werden. Gefahren hatten für ihn einen ganz eigenen Reiz. An Hiesel war ein kühner Soldat verloren gegangen. Oft war er gesonnen, den Gerichten in eigenhändigen Schreiben seinen Aufenthalt anzuzeigen, nur um das Vergnügen zu haben, sich mit den Streifen herumzubalgen. Die dringenden Vorstellungen seiner Kameraden hielten ihn davon ab.

Sein bisheriges Glück machte ihn immer verwegener, umso mehr, als er sich nicht bloß auf die Meldungen der Bauern, sondern auch auf die pünktliche Warnung des Trüffelhundes verlassen durfte.

Im Allgäu hatte Hiesel mit siebzehn Kameraden Tag und Nacht gejagt, und drei Wagen mit Wildbret angefüllt, welche vermummte Bauern an die heimlichen Aufkäufer ablieferten.

Ermüdet lag er, wenige Schritte von seinen Kameraden, schlafend unter einer schattigen Eiche, als er wie im Traum ein kreischendes Lied in seinen Ohren vernahm.

»Wach auf, mein Schütz, wach eilig auf,
Die Streife ist schon nah’,
Und lade deinen Stutzenlauf.
Nicht träumend liege da!«

Hiesel erwachte, hörte ein Knistern in den Zweigen über ihm, blickte empor und sah den Trüffelhund, der auf einem Ast saß und emsig Eicheln speiste. Er deutete mit der dürren Hand auf eine Waldschlucht zur Linken und verschwand. Da brannte Hiesel sein Gewehr los. Die Wildschützen sprangen erschrocken auf.

»Während ihr da geschlafen habt wie Murmeltiere , dass man euch hätte forttragen können, schaute ich aus Langeweile in meinen Hut und kann euch nun zur Neuigkeit sagen, dass wir gleich was zu tun bekommen werden. Eine Streife ist wieder gegen uns im Anzug. Diese Hunde lassen nicht nach, mich und euch zu verfolgen, bis wir sie zusammenschießen wie die Hirsche und ihnen das Fell über die Ohren ziehen. Auf, den Feinden entgegen!«

In einer breiten Schlachtlinie, die Wildschützen als Plänkler verwendend, sodass jeder Einzelne sich schnell hinter einem Baum verbergen konnte, zog er der Fürstlich -Kemptischen Streife entgegen, die auch nach einer halben Stunde jenseits einer Blöße, die zwischen zwei Waldflügeln sich ausdehnte, eben zwischen den Bäumen lauernd, langsam heran marschierte.

Rechts oder links konnte sich Hiesel unbemerkt aus dem Weg ziehen. Dass Widerstand bei dieser überlegenen Anzahl eine Torheit wäre, sah er wohl ein, besonders da er sehr viele schussgeübte Jäger darunter bemerkte. Soldaten mit ihren Kommissgewehren wäre er gewiss nicht ausgewichen. Er zog sich also links hinab und ließ, als er der Streife seitwärts im Rücken war, die Hälfte seiner Kameraden Feuer geben.

Die Streife, unter deren Teilnehmern viele verwundet wurden, machte sogleich einen Schwenk und verfolgte Hiesel mit seinen Wildschützen, welcher gegen die Brücke zu Schlingen zog, der einzige Weg auf das nächste fremde Gebiet, wohin die Streife ihm nicht folgen durfte.

Heutzutage, wo es nicht mehr so viele regierende Fürsten, Grafen und Herren gibt, deren Ländchen oft nicht größer waren als eine Dorfstraße, würde sich Hiesel vielleicht nicht vier Wochen lang gegen die Streifzüge der Gendarmerie halten können, aber damals kam ihm jenes Verhältnis trefflich zustatten.

Allein der Kommandant der Streife hatte mit Recht vermutet, Hiesel werde sich über diese Brücke zurückziehen, und hielt sie stark besetzt mit irrseeischen Soldaten und Bauern.

Kaum bemerkte dies Hiesel, der hinter sich schon die Stimmen der Nachsetzenden vernahm, als er sogleich zum Sturm kommandierte, sich selbst an die Spitze stellte und den Soldaten und Bauern unter gräulichen Flüchen zurief: »Deckt die Nasen mit den Händen zu, ihr Lumpenhunde, sonst schießen wir sie euch mitten aus dem Gesicht!«

Die Kugeln pfiffen, und in wenigen Minuten hatte Hiesel den Brückenpass erstürmt, die Feinde verjagt, die Wachthütte in Brand gesteckt und seine Rettung auf fremden Grund und Boden vollendet.