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Shrew’s Nest

Shrews-NestShrew’s Nest
Originaltitel: Musarañas
La Ferme! Productions, Pokeepsie Films, Nadie es Perfecto, Instituto de la Cinematografía y de las Artes Audiovisuales (ICAA), Canal+ España, Spanien, 2014, OFDB Filmworks, Bremen, 08.01.2016, 1 DVD im Keep Case, Thriller/Drama, EAN: 4250899931015, 88 Min, gesehen 01/2016 für 12,98 Euro, FSK: ab 16, Regie: Juanfer Andrés, Esteban Roel, Drehbuch: Juanfer Andrés, Sofía Cuenca, Idee: Emma Tusell, Darsteller: Macarena Gómez, Nadia de Santiago, Hugo Silva, Luis Tosar, Carolina Bang, Musik: Joan Valent
www.ofdb.de

Spanien in den 1950er Jahren. Die unter Agoraphobie leidende Montse (Macarena Gómez, Witching & Bitching) und ihre deutlich jüngere Schwester Hermana (Nadia de Santiago) leben gemeinsam in einer Wohnung in Madrid. Während die strenge und erhärtete Montse als Schneiderin ihren Lebensunterhalt verdient und aufgrund ihrer Phobie an die Wohnung gekettet ist, geht die unbeschwerte Hermana einer Arbeit außerhalb der Wohnung nach und schließt auch Männerbekanntschaften, was die stark christlich geprägte Montse misstrauisch beäugt.

Eines Tages stürzt Carlos (Hugo Silva, Witching & Bitching, The Body), der Mieter aus der Wohnung über den Frauen, die Treppe hinunter und bleibt verletzt und bewusstlos vor der Wohnungstür der Schwestern liegen. Die Pflicht der christlichen Nächstenliebe gebietet es Montse, dem Verletzten zu helfen. Sie holt ihn in die Wohnung und versorgt sein gebrochenes Bein. Der gutaussehende Carlos stellt sich – wieder erwacht – als äußerst charmant, aber auch durchaus seiner Wirkung bewusst, heraus. Mit Hermana flirtet er in eindeutiger Absicht, doch auch Montse erliegt seinem Charme soweit, dass sie alles daran setzt, ihn in der Wohnung zu behalten und seine Anwesenheit vor der Außenwelt geheim zu halten.

Schon früh im Film erfährt der Zuschauer, dass die stets hochgeschlossene Montse unter schweren Schuldgefühlen leidet, die sich in Wahnvorstellungen von ihrem strengen und gebieterischen Vater (Luis Tosar, Sleep Tight) manifestieren, der aus dem spanischen Bürgerkrieg nicht wieder heimgekehrt ist. Die Mutter der Schwestern ist bereits bei Hermanas Geburt gestorben. Wie weit Montses Selbstanklagen jedoch reichen und worin diese begründet sind, enthüllen die Drehbuchautoren Juanfer Andrés und Sofía Cuenca erst ganz am Ende, was dem Film einen starken emotionalen Höhepunkt beschert. Bis dahin erlebt der Zuschauer eine interessante Misery-Variante, die mit wenigen Mitteln das denkbar Beste aus dem Sujet herausholt. Doch Shrew’s Nest beschränkt sich nicht auf die einfache Täter-Opfer-Konstellation wie in dem genannten Stephen King-Roman, sondern bezieht als Joker noch »Die Kleine«, wie Hermana nur genannt wird, mit ein. Dass nie der Name der jüngeren Schwester fällt, führt zunächst ganz geschickt auf eine falsche Fährte, jedoch verpufft dieses verwirrende Element am Ende absolut wirkungslos.

Dass der Film fast ausnahmslos in der Wohnung der beiden Schwestern spielt, schürt die Beklemmung. Man ist gewillt, mit Hermana zu fühlen, die an einer Stelle erklärt, wie schwer es für sie ist, Geheimnisse zu haben, wo sich ihre ältere Schwester doch ständig in der Wohnung aufhält. Im Alltag hat Hermana die Krankheit ihrer Schwester und die damit verbundenen Umstände akzeptiert. Montse geht dagegen dankbar in ihrer zusätzlichen Mutterrolle auf, auch wenn sie Hermana insgeheim um die Möglichkeiten beneidet, die sie selbst nicht hat. Mit Carlos Ankunft jedoch kommt es zu unterschwelligen Eifersüchteleien zwischen den Frauen um den schönen Nachbarn, was einen merklichen Keil zwischen die Schwestern treibt. Die wachsende Spannung zwischen den Frauen ist förmlich greifbar. So lebt der Film einerseits von der latenten Unberechenbarkeit, was aufgrund von Montses psychischer Instabilität als Nächstes passieren wird, andererseits von der Frage, wann denn jemand bei seiner Suche nach Carlos auf den unfreiwilligen Patienten aufmerksam wird und das titelgebende Nest zerstört. Zum Ende hin eskaliert die Situation dann auch und es kommt zu einem überdrehten Finale, das die Stimmung des Films komplett auf den Kopf stellt.

Neben der großartigen Leistung von Macarena Gómez, die als Montse den Film unbestritten beherrscht, punktet Shrew’s Nest vor allem durch die wunderbare Ausstattung, Garderobe und Make-up, die auch mehrfach ausgezeichnet wurden. Produktionstechnisch gibt es ebenfalls keine Mängel, was bei Genrefilmen aus Spanien jedoch eher die Regel darstellt.

Fazit:
Klaustrophobischer Psycho-Thriller mit erkennbarer Handschrift von Produzent Alex de la Iglesia. Obwohl insgesamt überzeugend, gelingt es Shrew’s Nest nicht ganz, an Julias Eyes oder The Body anzuknüpfen, die einfach eine Spur kraftvoller waren.

(eh)