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Die Trapper in Arkansas – Band 3.5

Die-Trapper-in-Arkansas-Band-3Gustave Aimard (Olivier Gloux)
Die Trapper in Arkansas Band 3
Zweiter Teil – Waktehno – der, welcher tötet
Kapitel 8 – Die Höhle am Grünspan

Seit den im vorigen Kapitel mitgeteilten Ereignissen waren zwei Tage vergangen.

Wir führen den Leser, nachmittags zwischen drei und vier Uhr, in die von Belhumeur entdeckte Grotte, in welcher Treuherz sich am liebsten aufhielt.

Das Innere der Höhle war durch zahlreiche Fackeln von dem Holz, welches die Indianer Lichterholz nennen, erhellt, welche in gemessenen Entfernungen an den Felswänden befestigt waren, und bot den Anblick eines Zigeuner- oder Räuberlagers, je nach der Anschauungsweise des Fremden, den der Zufall dorthin geführt hatte.

Etwa vierzig Trapper und Comanchenkrieger waren hier und da verstreut, einige schliefen oder rauchten, wieder andere putzten ihre Waffen, oder besserten ihre Kleider aus, einige kauerten vor zwei bis drei Feuern, über denen Kessel hingen, in welchen ungeheure Stücke Wildbret brieten, und bereiteten die Mahlzeit für ihre Gefährten.

An jedem Ausgang der Grotte standen zwei Wachen, die unbeweglich, aber mit gespanntem Ohr und aufmerksamem Blick, schweigend über der allgemeinen Sicherheit wachten.

In einem, durch einen vorspringenden Felsen getrennten Raum saßen zwei Frauen und ein Mann auf Stühlen, welche grob mit dem Beil aus Holz gehauen waren, und unterhielten sich mit leiser Stimme. Die beiden Frauen waren Donna Luz und Treuherz’ Mutter. Der Mann, welcher sie betrachtete, indem er seine Zigarette aus Reisstroh rauchte und sich zuweilen durch einen Ausruf des Erstaunens, der Bewunderung oder der Freude an der Unterhaltung beteiligte, war Eusebio, der alte spanische Diener, den wir im Laufe der Erzählung oft erwähnt haben.

Am Eingang dieses Raumes, der eine Art Stuben bildete, die von der Höhle getrennt war, ging ein anderer Mann mit den Händen auf dem Rücken auf und ab und pfiff eine Melodie zwischen den Zähnen, die er wahrscheinlich im Moment selbst erfand.

Der Mann war der Schwarze Hirsch.

Treuherz, Adlerkopf und Belhumeur waren abwesend. Die Unterhaltung der beiden Frauen schien sie lebhaft zu interessieren. Die Mutter des Jägers wechselte mit ihrem alten Diener, der seine Zigarette hatte ausgehen lassen hatte, sie aber trotzdem im Mund behielt, oft bedeutsame Blicke.

»Ach!«, sagte die alte Dame, indem sie die Hände faltete und andächtig gen Himmel blickte, »wie sichtbar ist in dem allen die Fügung Gottes.«

»Ja«, antwortete Eusebio mit Überzeugung, »er hat alles wohl gemacht.«

»Und, sagen Sie mir, Liebchen, hat Ihr Onkel, der General, während der zwei Monate, wo Sie auf der Reise sind, niemals entweder in Worten oder in Taten oder durch sonstige Zeichen verraten, welches der Zweck seines Unternehmens sei?«

»Niemals!«, antwortete Donna Luz.

»Das ist sonderbar«, murmelte die alte Dame.

»In der Tat sonderbar«, wiederholte Eusebio, der noch immer seine erloschene Zigarette fortrauchte.

»Aber«, fuhr Treuherz’ Mutter fort, »womit hat er sich denn eigentlich seit seiner Ankunft in den Prärien beschäftigt? Verzeihen Sie diese Fragen, liebes Kind, die Ihnen vielleicht sonderbar vorkommen werden, die ich aber nicht aus Neugierde an Sie richte. Sie werden mich einst verstehen und dann begreifen, dass ich nur durch die herzliche Teilnahme, die Sie mir einflößen, bewogen wurde, Sie auszufragen.«

»Das bezweifle ich nicht, Señora«, antwortete Donna Luz mit lieblichem Lächeln, »ich werde Ihnen auch ohne Umschweife antworten. Mein Onkel war seit unserer Ankunft in den Prärien traurig und nachdenklich. Er suchte die Gesellschaft der Männer, die mit dem Leben in der Wildnis vertraut sind. Wenn er einem begegnete, so konnte er ihn stundenlang ausfragen und sich mit ihm unterhalten.«

»Und was fragte er ihn, mein Kind. Können Sie sich dessen erinnern?«

»Ach Gott, nein, Señora«, antwortete das junge Mädchen leicht errötend. »Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich auf jene Unterredungen wenig geachtet habe, welche ich von geringem Interesse für mich glaubte. Ich armes Kind, dessen Leben bis jetzt trübe und eintönig vergangen ist und das die Welt nur durch das Gitter meines Klosters erblickt hatte, bewunderte die großartige Natur, die wie durch Zauberei um mich erstanden war. Ich konnte all die Wunder nicht genug betrachten und den Schöpfer anbeten, dessen Allmacht mir plötzlich offenbar wurde.«

»Das ist wahr, liebes Kind. Verzeihen Sie meine Fragen, die Sie ermüden und deren Zweck Sie nicht begreifen können«, sagte die gute Dame und küsste sie auf die Stirn. »Wir wollen, wenn Sie es wünschen, von etwas anderem sprechen.«

»Wie es Ihnen beliebt, gnädige Frau«, antwortete das junge Mädchen und erwiderte ihren Kuss. »Es macht mich glücklich, mit Ihnen sprechen zu können. Welchen Gegenstand Sie auch zu unserer Unterhaltung wählen, ich werde stets mit großem Interesse Teil daran nehmen.«

»Aber wir schwatzen und schwatzen und denken gar nicht an meinen armen Sohn, der seit heute Morgen abwesend ist und der doch, nach dem, was er mir sagte, schon wieder da sein müsste.«

»Wenn ihm nur nichts zugestoßen ist!«, rief Donna Luz erschrocken aus.

»Sie nehmen wohl viel Anteil an ihm?«, fragte die alte Dame lächelnd.

»Ach, gnädige Frau«, sagte sie bewegt und errötete tief, »wie könnte es anders sein, nach den Diensten, die er uns schon erwiesen und, davon bin ich überzeugt, noch erweisen wird?«

»Mein Sohn hat Ihnen versprochen, Ihren Onkel zu befreien. Sie können sicher sein, dass er sein Wort halten wird.«

»Ja, das bezweifle ich nicht! Welch edles und großes Herz!«, rief sie begeistert, »mit welch großem Recht heißt er Treuherz!«

Die alte Dame und Eusebio betrachteten sie lächelnd und freuten sich über das Entzücken des jungen Mädchens.

Donna Luz bemerkte die Aufmerksamkeit, mit der man sie betrachtete, und hielt verlegen und noch mehr errötend inne.

»Mein Kind!«, sagte die alte Dame und ergriff ihre Hand, »fahren Sie nur fort, ich bin sehr erfreut, Sie so von meinem Sohn sprechen zu hören. Ja«, fügte sie traurig und wie zu sich selbst redend hinzu, »er hat ein großes und edles Herz! Wie alle auserwählten Naturen wird er verkannt. Aber Geduld, Gott prüft ihn. Ein Tag wird kommen, wo man ihm vor aller Augen Gerechtigkeit widerfahren lassen wird.«

»Ist er unglücklich?«, fragte das junge Mädchen schüchtern.

»Das will ich nicht behaupten, mein Kind«, antwortete die arme Mutter mit einem unterdrückten Seufzer. »Wer könnte sich auf Erden rühmen, glücklich zu sein? Es hat jeder seine Leiden, die er ertragen muss. Der Höchste misst das Maß derselben nach unseren Kräften.«

Es entstand einige Bewegung in der Grotte. Mehrere Männer traten ein.

»Hier kommt Ihr Sohn, Señora«, sagte der Schwarze Hirsch.

»Ich danke Euch, mein Freund«, antwortete sie.

»Ach! Desto besser!«, sagte Donna Luz und stand erfreut auf.

Doch bald ließ sich das junge Mädchen, beschämt über diese unüberlegte Bewegung, verlegen und errötend wieder auf ihren Sessel nieder.

In der Tat war Treuherz gekommen, doch war er nicht allein. Belhumeur, Adlerkopf und mehrere Trapper begleiteten ihn.

Sobald er die Höhle betreten hatte, ging er zu dem besonderen Raum, in welchem sich seine Mutter aufhielt, küsste sie auf die Stirn und wandte sich dann mit einer gewissen Verlegenheit, die ihm nicht natürlich war und die von der alten Dame bemerkt wurde, zu Donna Luz, welche er grüßte.

Das junge Mädchen erwiderte seinen Gruß mit gleicher Befangenheit.

»Nun«, sagte er mit heiterer Miene, »haben sich meine edlen Gefangenen während meiner Abwesenheit recht gelangweilt? Die Zeit muss Ihnen in der Grotte schrecklich lang geworden sein. Verzeihen Sie mir, Donna Luz, dass ich Sie in diese abscheuliche Wohnung eingesperrt habe, da Sie doch gewöhnt sind, nur in kostbaren Palästen zu wohnen. Es ist leider die prachtvollste meiner Residenzen.^«

»Ich fühle mich bei der Mutter dessen, der mir das Leben gerettet hat, so glücklich, als lebte ich in dem Palast einer Königin«, sagte das junge Mädchen mit Adel, »welches auch der Ort ist, den sie bewohnt.«

»Sie sind sehr freundlich, Señorita«, stammelte der Jäger, »Sie beschämen mich wirklich.«

»Nun, mein Sohn«, unterbrach ihn die alte Dame, in der offenbaren Absicht, der Unterhaltung eine andere Wendung zu geben, da sie anfing, den jungen Leuten etwas schwer zu fallen. »Was hast du heute getan? Bringst du uns gute Nachrichten? Donna Luz lebt über das Schicksal Ihres Onkels in der größten Besorgnis. Sie brennt vor Verlangen, ihn wiederzusehen.«

»Ich begreife die Sorge der Señorita«, antwortete der Jäger, »und hoffe, sie bald beruhigen zu können. Wir haben heute nicht viel ausgerichtet, indem es uns unmöglich war, die Spur der Räuber aufzufinden. Man möchte sterben vor Arger. Glücklicherweise sind wir bei unserer Rückkehr, wenige Schritte vor der Höhle, dem Doktor begegnet, der nach seiner löblichen Gewohnheit in den Felsenspalten nach Pflanzen suchte. Er hat uns gesagt, dass er einen verdächtig aussehenden Mann gesehen habe, der sich in der Nähe herumtrieb. Wir haben uns gleich aufgemacht, ihn zu verfolgen, und haben in der Tat einen Menschen entdeckt, den wir gefangen genommen und mitgebracht haben.«

»Wie Sie sehen«, sagte Donna Luz mit scherzhaft schmollender Miene, »es ist doch zu etwas gut, wenn man Pflanzen sucht! Der vortreffliche Doktor hat Ihnen, wie es scheint, einen großen Gefallen erwiesen.«

»Ohne es zu wollen«, sagte Treuherz lachend.

»Ich sage nicht, nein«, fuhr das junge Mädchen neckend fort, »doch bleibt es immer ein Gefallen, und Sie haben ihn den Pflanzen zu verdanken.«

»Das Pflanzensuchen hat sein Gutes, das muss ich zugeben, doch hat jedes Ding seine Zeit und, ohne dem Doktor einen Vorwurf machen zu wollen, muss man doch gestehen, dass er seine Zeit dazu nicht immer günstig gewählt hat.«

Trotz des ernsten Sinnes, der diesen Worten zum Grunde lag, konnten doch die Anwesenden nicht umhin, auf Unkosten des unglücklichen Gelehrten zu lachen.

»Erlauben Sie«, sagte Donna Luz, »ich kann nicht zugeben, dass man sich über meinen armen Doktor lustig macht. Er ist durch den herben Kummer, der seit dem Unglückstag an ihm nagt, für seine Vergesslichkeit genug gestraft.«

»Sie haben recht, Señorita, ich werde darüber schweigen. Nur bitte ich um die Erlaubnis, Sie zu verlassen. Meine Gefährten sind halb tot vor Hunger, die wackeren Leute warten auf mich, um ihre Mahlzeit einnehmen zu können.«

»Aber«, sagte Eusebio, »was wollen Sie mit dem Mann anfangen, den Sie gefangen genommen haben?«

»Ich weiß es jetzt noch nicht. Sobald ich gegessen habe, werde ich ihn ausfragen. Seine Antworten werden mich wahrscheinlich bestimmen, was ich zu tun habe.«

Die Kessel wurden vom Feuer genommen, das Wildbret wurde zerschnitten, und Trapper und Indianer setzten sich brüderlich nebeneinander und aßen mit gutem Appetit.

Die Damen wurden in ihrem Zimmer allein von Eusebio bedient, der die wichtigen Pflichten eines Haushofmeisters mit einer Sorgfalt und Würde erfüllte, die eines besseren Schauplatzes wert gewesen wären.

Der Mann, der der Nähe der Höhle gefangen genommen worden war, wurde in die Obhut zweier handfester Trapper übergeben, die bis an die Zähne bewaffnet waren und kein Auge von ihm verwandten. Doch schien der Mensch durchaus nicht die Absicht zu haben, zu flüchten. Er sprach im Gegenteil den Speisen tapfer zu, die man so aufmerksam gewesen war, ihm vorzusetzen.

Sobald die Mahlzeit beendet war, zogen sich die Häuptlinge zurück und unterhielten sich einigt Minuten mit leiser Stimme.

Dann wurde der Gefangene auf Treuherz’ Befehl vorgeführt, und man schickte sich an, zum Verhör zu schreiten.

Der Mann, den man bisher nicht angesehen hatte, wurde augenblicklich erkannt, sobald er sich vor den Anführern befand.

»Der Hauptmann Waktehno!«, murmelte Treuherz überrascht.

»Ich selbst, meine Herren«, antwortete der Räuber ironisch und hochmütig. »Was haben Sie mich zu fragen? Ich bin bereit zu antworten.«