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Die Trapper in Arkansas – Band 3.4

Die-Trapper-in-Arkansas-Band-3Gustave Aimard (Olivier Gloux)
Die Trapper in Arkansas Band 3
Zweiter Teil – Waktehno – der, welcher tötet
Kapitel 7 – Der Kampf

Die Piraten wüteten wie Schakale im Lager umher, heulten und schwangen ihre Waffe.

Sobald sie das Lager besetzt hatten, ließ der Hauptmann seine Leute nach Gefallen plündern und morden. Ohne sich weiter um sie zu kümmern, war er zum Zelt geeilt.

Dort wurde ihm aber der Weg versperrt. Der General hatte sieben bis acht Mann um sich versammelt, welche die Räuber ohne Furcht erwarteten und-entschlossen waren, eher ihr Leben zu lassen, als zuzugeben, dass einer jener Elenden seine Nichte anrührte. Der Hauptmann zögerte einige Augenblicke, als er den alten Soldaten erblickte, der mit blitzenden Augen da stand und in der einen Hand eine Pistole, in der anderen einen Säbel hielt.

Aber dieses Zögern dauerte nur einen Augenblick und er rief mit seinem Feldgeschrei ungefähr zehn Mann an seine Seite.

»Platz da«, sagte er, seine Machete schwingend.

»Ihr scherzt«, antwortete der General und biss wütend auf seinen Schnurrbart.

Die zwei Männer drangen aufeinander ein, ihre Leute folgten ihrem Beispiel, der Tumult wurde allgemein.

Nun begann ein fürchterlicher, unbarmherziger Kampf zwischen den Männern, welche wussten, dass sie keine Gnade zu erwarten hätten.

Jeder suchte tödliche Streiche zu versetzen, ohne daran zu denken, sich derer, die nach ihm geführt, zu erwehren, und war zufrieden, wenn er im Tod seinen Gegner mit ins Verderben reißen konnte.

Die Verwundeten versuchten, sich wieder aufzurichten, um denen, die noch kämpften, ihren Dolch in den Leib zu stoßen.

Das entsetzliche Handgemenge konnte nicht lange dauern, alle Lanceros wurden hingeschlachtet, der General zu Boden geworfen und von dem Kapitän, der sich auf ihn warf, mit seinem Gürtel gefesselt, um ihm jeden ferneren Widerstand unmöglich zu machen.

Der General hatte nur leichte Wunden erhalten, welche kaum in das Fleisch gedrungen waren.

Der Kapitän hatte ihn aus gewissen, nur ihm bekannten Gründen während des Kampfes glücklich geschützt, indem er die Schläge, welche die Räuber nach ihm führten, mit seiner Machete abfing.

Er wollte seinen Feind lebend in seiner Gewalt haben, und dies war ihm gelungen.

Zwar waren alle Mexikaner gefallen, aber der Sieg kam den Piraten teuer zu stehen, da sie mehr als die Hälfte der ihren verloren hatten.

Der Diener des Generals, der sich aus einem jungen Baumstamm eine ungeheure Keule gefertigt hatte, mit welcher er die Unvorsichtigen, die sich in seine Nähe wagten, schonungslos niederschlug und die er mit ungewöhnlicher Gewandtheit handhabte, hatte den Bemühungen derer, die sich seiner bemächtigen wollten, lange getrotzt.

Endlich war es gelungen, ihm das Lasso umzuwerfen, worauf man ihn, halb erwürgt, zu Boden warf. Aber der Kapitän hatte ihm in dem Augenblick, als schon ein Räuber den Arm erhob, um ihn zu ermorden, das Leben gerettet.

Sobald der Kapitän sah, dass es dem General unmöglich gemacht worden war, sich zu rühren, stieß er ein Freudengeschrei aus und sprang, ohne daran zu denken, das Blut, welches aus zwei Wunden, die er erhalten, floss, zu stillen, wie ein Tiger über den Leib seines ohnmächtigen Feindes, der sich hilflos zu seinen Füßen krümmte, in das Zelt.

Es war leer.

Donna Luz verschwunden.

Der Kapitän war wie vom Donner gerührt!

Was konnte aus dem jungen Mädchen geworden sein?

Das Zelt war klein und beinahe leer, es war unmöglich, sich in demselben zu verstecken.

Ein halb eingerissenes Bett bewies, dass Donna Luz zur Zeit des Überfalls ruhig geschlafen hatte.

Sie war verschwunden wie eine Sylphide und hatte keine Spur ihrer Flucht hinterlassen.

Diese Flucht blieb dem Kapitän unerklärlich, denn das Lager war von allen Seiten zugleich besetzt worden.

Wie war es denkbar, dass ein junges Mädchen, nachdem sie aus dem Schlaf aufgeschreckt worden war, Kühnheit und Geistesgegenwart genug besitzen würde, um so spurlos zu entfliehen und unerkannt durch die Reihen der Sieger zu dringen, die alle Ausgänge besetzt hielten?

Der Kapitän bemühte sich vergeblich, dieses Rätsel zu lösen.

Er stampfte wütend mit dem Fuß auf den Boden, untersuchte alle Ballen, die der Flüchtigen hätten als vorläufiges Versteck dienen können, mit der Spitze seines Dolches, doch alles war vergebens.

Als er endlich zu der Überzeugung gekommen war, dass seine Nachforschungen im Zelt erfolglos bleiben würden, stürzte er hinaus und spähte wie ein Raubthier umher, indem er überzeugt war, dass, wenn es ihr durch ein Wunder zu fliehen gelungen sein sollte, es nicht schwer sein könnte, sie allein des Nachts, halb angekleidet und in der Wildnis umherirrend, zu entdecken. Indessen fuhr man fort, mit Eifer und einer gewissen Ordnung in der Unordnung, die den praktischen Kenntnissen der Piraten alle Ehre machte, zu plündern.

Die Sieger, die durch das Morden und Rauben ermüdet, schlitzen die mit Mezcal gefüllten Schläuche mit dem Dolch auf und ließen dem Blutbad eine Orgie folgen.

Plötzlich ließ sich in einiger Entfernung ein durchdringendes gewaltiges Geschrei vernehmen und ein prasselnder Kugelregen fiel auf die Piraten herab. Diese, ihrerseits überrascht, eilten zu ihren Waffen und versuchten sich zu ordnen.

Die Lage der Piraten war eine kritische.

Der Kapitän, den die Gefahr, die seinen Leuten drohte, wieder zu sich selbst brachte, gab widerstrebend die furchtlosen Nachforschungen, die er unternommen hatte, auf, sammelte seine Mannschaft um sich, ließ die beiden einzigen Gefangenen, die er gemacht hatte, nämlich den General und dessen schwarzen Diener forttragen und die, bei einem solchen Überfall, wie demjenigen der Verbündeten, unvermeidliche Verwirrung geschickt benutzend, befahl er seinen Männern, sich nach allen Richtungen zu zerstreuen, um den Streichen ihrer Gegner um so leichter zu entgehen.

Nachdem sie eine Salve auf kurze Entfernung auf die Angreifer abgefeuert hatte, welche dieselben einen Augenblick stutzig machte, flohen die Räuber wie eine Schar Aasgeier und verloren sich in der Nacht.

Doch unterließ der Captain, der, um den Rückzug zu decken, zuletzt kam, nicht, noch im Fliehen, indem er an den Felsen herabglitt, soviel es ihm in der Schnelligkeit seiner Flucht möglich war, nach den Spuren des jungen Mädchens umherzuspähen. Er konnte jedoch nichts entdecken.

Der enttäuschte Hauptmann entfernte sich, bitteren Groll im Herzen und sann auf die grausamste Rache.

Treuherz war durch den indianischen Kundschafter, ganz besonders aber durch die Erzählung des Doktors, von dem gegen das Lager beabsichtigten Überfall in Kenntnis gesetzt worden und hatte sich sogleich aufgemacht, um den Mexikanern so schnell wie möglich zu Hilfe zu kommen.

Unglücklicherweise waren die Trapper und Comanchen trotz der Schnelligkeit ihres Marsches zu spät gekommen, um die Karawane zu retten.

Als die Anführer der Gruppe sich von der Flucht der Piraten überzeugt hatten, eilten Adlerkopf und seine Krieger, sie zu verfolgen.

Treuherz, der allein Herr des Lagers geblieben war, ordnete ein allgemeines Treiben unter den benachbarten Bäumen und in dem hohen Gras an, welches die Banditen nicht Zeit gehabt hatten, gründlich zu untersuchen, denn sie waren kurz, nachdem sie von dem Lager Besitz genommen hatten, aus demselben vertrieben worden.

Das Treiben führte zur Entdeckung Phöbes, der jungen Dienerin der Donna Luz, und zweier Lanceros, die sich in dem hohlen Stamm eines Baumes versteckt hatten und welche unter der Führung des Schwarzen Hirsches, der sich vergeblich bemühte, sie zu beruhigen, mehr tot als lebendig zum Vorschein kamen.

Die armen Teufel glaubten in den Händen der Räuber zu sein, und Treuherz konnte ihnen nur mit großer Mühe begreiflich machen, dass die Leute, die sie sahen, Freunde seien, welche zwar zu spät gekommen seien, um ihnen zu helfen, ihnen aber kein Leid zufügen wollten.

Sobald sie sich hinlänglich gefasst hatten und wieder etwas zur Besinnung gekommen waren, ging Treuherz mit ihnen in das Zelt und bat sie um einen genauen Bericht über die Ereignisse der letzten Stunde.

Die junge Mestize hatte, sobald sie sah, wer vor ihr stand, und übrigens Treuherz wieder erkannte, ihre ganze Dreistigkeit gefunden und ließ sich nicht lange bitten, zu plaudern. In wenigen Minuten hatte sie dem Jäger die Schrecknisse, von denen sie Zeuge gewesen war, mitgeteilt.

»Also«, fragte dieser, »der Captain Aguilar ist getötet worden?«

»Ja, leider!«, antwortete das junge Mädchen und stieß bei der Erinnerung an den unglücklichen Offizier einen Seufzer ans.

»Und der General?«, fuhr der Jäger fort.

»Ach, der General!«, sagte die Mestize eifrig, »der hat sich gewehrt wie ein Löwe, erst nach einem heldenmütigen Widerstand ist er gefallen.«

»Ist er tot?«, fragte Treuherz mit schmerzlicher Rührung.

»O nein!«, antwortete sie schnell, »er ist nur verwundet. Ich habe ihn von den Räubern vorbeitragen sehen. Ich glaube, dass seine Wunden unbedeutend sind, so gut haben ihn die Ladrones während des Kampfes geschont.«

»Um so besser«, sagte der Jäger, und senkte gedankenvoll den Kopf. Dann fügte er nach einiger Zeit und mit einem leisen Beben der Stimme hinzu: »Was ist aus Eurer jungen Herrin geworden?«

»Meine Gebieterin? Donna Luz?«

»Ja, Donna Luz, so glaube ich, heißt sie. Ich gäbe viel darum, wenn ich Nachrichten von ihr erhielte und sie in Sicherheit wüsste.«

»Ja, das ist sie, da sie sich in Ihrer Nahe befindet«, sagte eine melodische Stimme.

Und Donna Luz erschien, zwar noch blass infolge der heftigen Erschütterungen, welche sie überstanden hatte, aber ruhig, mit lächelndem Mund und blitzenden Augen.

Die Anwesenden konnten sich einer Bewegung des Erstaunens nicht erwehren, als das junge Mädchen so plötzlich zum Vorschein kam.

»Gott sei Dank!«, sagte der Jäger, »so ist unser Beistand doch nicht ganz nutzlos gewesen.«

»Nein«, sagte sie freundlich, dann fügte sie traurig und mit betrübter Miene hinzu: »Jetzt, wo ich denjenigen, der Vaterstelle bei mir vertrat, verloren habe, komme ich, um Ihren Schutz zu bitten, Caballero.«

»Er gehört Ihnen, Fräulein«, sagte er mit Wärme. »Was Ihren Onkel betrifft, so rechnen Sie auf mich. Er soll Ihnen wiedergegeben werden, und sollte ich das Unternehmen mit meinem Leben bezahlen. Sie wissen«, fügte er hinzu, »dass ich Ihnen nicht erst seit heute ergeben bin.«

Nachdem die erste Überraschung vorüber war, wünschte man zu wissen, wie es dem jungen Mädchen gelungen sei, sich den Nachforschungen der Räuber zu entziehen.

Donna Luz erzählte einfach, wie es sich zugetragen hatte. Das junge Mädchen hatte sich völlig angekleidet auf das Lager geworfen, weil sie eine geheime Ahnung gehabt hatte, dass sie auf ihrer Hut sein müsse.

Sie war bei dem Geschrei der Piraten entsetzt aufgesprungen und hatte auf den ersten Blick gesehen, dass Flucht unmöglich sei.

Als sie einen ratlosen Blick um sich warf, sah sie einige Kleidungsstücke, welche eilig in eine Hängematte geworfen worden und darüber hinweg hingen.

Da durchfuhr sie wie ein Blitz ein Gedanke, der ihr wie eine Eingebung von oben erschien.

Sie kroch unter die Kleider, schmiegte sich so eng wie möglich zusammen und versteckte sich in der Hängematte, ohne die Unordnung der Kleider zu stören.

Gott hatte es gefügt, dass der Räuberhauptmann, als er überall umhersuchte, nicht daran dachte, in die Hängematte, welche leer zu sein schien, zu greifen.

Dieser Zufall hatte sie gerettet, doch war sie eine volle Stunde so zusammengebückt und in unbeschreiblicher Todesangst in der Hängematte geblieben.

Die Ankunft der Jäger und die Stimme Treuherz’s, welche sie sogleich erkannte, hatte ihr wieder einige Hoffnung gegeben. Sie war aus ihrem Versteck hervorgekommen und hatte den günstigen Augenblick, um sich zu zeigen, ungeduldig erwartet.

Die Jäger waren von der einfachen und doch so rührenden Erzählung entzückt. Sie wünschten dem jungen Mädchen wegen ihres Mutes und ihrer Geistesgegenwart, durch die sie allein gerettet worden war, aufrichtig Glück.

Nachdem im Lager wieder einige Ordnung hergestellt worden war, verfügte sich Treuherz zu Donna Luz.

»Señora«, sagte er, »der Tag wird bald anbrechen. Sobald sie einige Stunden geruht haben werden, will ich Sie zu meiner Mutter bringen, die eine ehrwürdige Frau ist. Sie wird Sie, sobald sie Ihre Bekanntschaft gemacht haben wird, wie eine Tochter lieben. Davon bin ich überzeugt. Dann, wenn Sie erst in Sicherheit sind, werde ich mir es angelegen sein lassen, Ihnen Ihren Onkel zurückzugeben.«

Er verneigte sich, ohne die Danksagungen des jungen Mädchens abzuwarten, ehrerbietig vor ihr und verließ das Zelt.

Als er verschwunden war, seufzte Donna Luz und sank gedankenvoll in einen Sessel.