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Der Welt-Detektiv Band 6

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Im fernen Westen – Feurige Kohlen 6

Feurige Kohlen
Kapitel 6

Bald darauf traf die Antwort Howards von Vancouver ein, welche den Befehl erhielt, dass Max und Otto mit etwa fünfzig Ruderern und einigen Führern und Dolmetschern in sechs Kähnen verschiedene Handelsgüter und Lebensbedürfnisse nach Fort Bute bringen sollten, welches damals der äußerste Handelsposten der Company in dieser Richtung der Felsengebirge war. Die Kähne, deren man sich dazu bediente, waren aber nicht von Birkenrinde erbaut, wie die auf der Ostseite der Felsengebirge üblichen, sondern sogenannte Einbäume, nämlich aus einem einzigen Stamm der weißen Zeder ausgehöhlt und durch Sperrhölzer, welche oben am Rande des Kahns angebracht waren, gesprießt. Sie wurden mittels hohler Schaufelruder von etwa fünf Fuß Länge fortbewegt, und fasste jedes neun Mann und eine Last von etwa dreißig Zentnern in Waren. Max befehligte die drei vorderen, Otto die drei hinteren Boote. Der Weg, welchen sie zurückzulegen hatten, war ein weiter und mühseliger, denn der Fluss, den sie befuhren, war ein echtes Gebirgswasser voll Felsen, Wasserfällen und Stromschnellen, sodass man alle paar Stunden die Kähne ausladen und samt der ganzen Fracht über mühselige, felsige Trageplätze auf den Schultern nach einem neuen ruhigen Fahrwasser schaffen musste. Dennoch waren alle lustig und guter Dinge, denn die Gegend war trotz ihrer Wildheit und Einsamkeit schön und großartig. Die wenigen Indianer, welche man traf, benahmen sich friedfertig. Die Witterung war schön und warm, obwohl es schon September war und das Laubwerk in aller möglichen goldenen und rötlichen Färbung prangte.

Es war am dritten Tag der Fahrt, und man hatte einen großen Trageplatz erreicht, wo man auf rauen, felsigen Waldpfaden mindestens zwei Wegstunden von Wasser zu Wasser zurückzulegen hatte. Zunächst wurden die Kähne aus dem Wasser gehoben, über den Trageplatz geschafft und am Ufer niedergelegt. Dann wurde mit dem Transport der Fracht begonnen. Zu diesem Zweck mussten sich die Reisenden in drei Gruppen aufteilen. Die eine bewachte die ausgeladenen Waren, die andere die Kähne am oberen Ende des Trageplatzes, die dritte und größte Abteilung schaffte die Fracht in Packen, deren jeder nahezu einen Zentner wog, auf ihren Schultern über den Trageplatz. Max mit einem halben Dutzend wohlbewaffneter Männer bewachte am oberen Ende der Portage die Kähne und die herübergeschaffte Fracht. Diese war etwa zu einem Drittel schon herübergetragen, als ein Ruderer Namens Teesdale, ein alter Waldläufer, mit blutigem Kopf und aus Leibeskräften laufend bei Max erschien.

»Mordio! Mordio!«, rief er schon von Weitem, »habt acht, die Indianer sind hinter uns her! Sie haben Jacques Rollet und mich niedergeschlagen und uns unsere Packen abgenommen. Ich hatte nichts als mein Messer und musste Fersengeld geben.

Rollet ist vielleicht schon erschlagen und skalpiert, und ich hatte Mühe, meine eigene Haut zu retten, aber ich hielt es für das Beste, vorauszueilen und Alarm zu geben.«

»Und Ihr habt Euren Kameraden verlassen?«, fragte Max vorwurfsvoll.

»Ich konnte bei Gott nicht anderes«, sagte Teesdale, »er hatte einen Pfeilschuss im Knie, konnte nicht mehr gehen und forderte mich selber auf, vorauszueilen und Sie zu warnen, Herr Becker.«

Inzwischen kamen auch noch zwei andere Ruderer, welche ebenfalls überfallen und versprengt worden waren. Max nahm sogleich vier Leute mit und kehrte auf dem Pfad um, wo sie bald Rollet fanden, der zwar von Pfeilschüssen und Keulenschlägen schwer verwundet war, aber seine Kopfhaut noch hatte. Seiner Aussage nach waren die Indianer etwa dreißig Mann stark gewesen und hatten sich damit begnügt, die geraubten Packen in den Wald zu schleppen und waren dann verschwunden. Als die anderen Träger ihre Vormänner angegriffen sahen, hatten sie sich zurückgezogen und Otto vom Überfall benachrichtigt, welcher nun ebenfalls mit einigen Bewaffneten an Ort und Stelle erschien. Die indianischen Führer behaupteten, die Räuber müssten zu einem Indianerdorf gehören, welches etwa in der Mitte des Trageplatzes, aber nur einige Meilen landeinwärts lag. Augenblicklich war nichts gegen die Diebe zu unternehmen, da man vor allem die Fracht in Sicherheit bringen musste. Das Einzige, was Max anzuraten wusste, war, einen der Führer nach Catsop zurückzuschicken und Herrn Mac Cleuch den Vorfall zu melden. Der Rest des Tages und der folgende Vormittag wurden dazu verwandt, um die Fracht unter dem Schutz von Bewaffneten vollends in aller Eile zum oberen Ende der Portage zu schaffen und sich hier hinter derselben zu verschanzen, bis man Bescheid von Mac Cleuch habe. Als dies geschehen war, ging Otto mit einem Dolmetscher und vier Ruderern, alle gut bewaffnet, zum Dorf, wo sie von den Indianern trotzig und mit den Waffen in der Hand empfangen wurden. Otto wollte versuchen, die Sache gütlich beizulegen. Er näherte sich also dem Dorf bis auf Büchsenschussweite und signalisierte den Rothäuten durch Zuruf und Zeichen, dass er in friedlicher Absicht komme und den Häuptling zu sprechen wünsche. Dieser kam denn auch, und Otto erklärte ihm, dass sie überfallen und beraubt worden, obwohl sie als Freunde gekommen seien, und verlangte die Herausgabe der gestohlenen Packen, damit ein Blutvergießen vermieden werde, da die Indianer bei einem Kampf doch den Kürzeren ziehen würden, Der Häuptling versicherte, nichts von dem Raub zu wissen, erbot sich aber, zu seinen Kriegern zurückzukehren und sich mit diesen zu beraten. Dies tat er dann, und Otto sah aus der Entfernung, dass diese Beratung eine sehr stürmische war. Als der Häuptling sodann zurückkehrte, erklärte er mit dem ganzen Übermut eines Mannes, der sich in der Übermacht fühlt, namentlich fünf vereinzelten Männern gegenüber, dass die Krieger seines Dorfes dem Überfall fremd und entschlossen seien, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Da musste denn Otto unverrichteter Dinge wieder abziehen. Als er zu seinen Gefährten zurückkam, fand er zu seiner Überraschung Herrn Mac Cleuch selber vor, welcher mit vier Ruderern in einem leichten Kahn von Birkenrinde angekommen war. Von einer unbestimmten Ahnung erfasst, dass der Kahnkarawane unter der Führung der beiden Männer ein Unglück zustoßen könnte, war er am Tag ihrer Abreise aufgebrochen, um die Führung selbst zu übernehmen, auf halbem Weg dem Boten begegnet, den man zu ihm geschickt hatte, und sogleich mit größter Beschleunigung vorwärts gedrungen war, um die Karawane zu erreichen.

»Ihr habt natürlich nichts ausgerichtet, Master Otto, wie ich Euch das hätte vorhersagen können«, äußerte er auf Ottos Bericht. »Eure Friedliebe ist nur als Schwäche gedeutet worden und hat diese Schufte nur noch ermutigt, Wir werden aber morgen früh eine andere Sprache mit ihnen reden und sie schon zu Paaren treiben.«

Am anderen Morgen in aller Frühe brachen vierzig wohlbewaffnete Männer unter der Anführung des Schotten und der beiden jungen Deutschen auf und erschienen vor dem Dorf, wo sie bereits die Indianer hinter einem Verhau mit Pfeilen, Bogen und Lanzen in den Händen sahen, die beim Anblick der Weißen ihr Kriegsgeschrei ausstießen und dabei hin und her hüpften und sprangen, um den Weißen das Zielen zu erschweren. Mac Cleuch ging ihnen aber unbewaffnet voll Wut entgegen und ließ ihnen durch den Dolmetscher erklären, dass, wenn sie nicht sogleich die gestohlenen Packen herausgäben, er sie angreifen werde, ehe man noch zwei Pfeifen Tabak ausgeraucht habe. Der Anblick einer so zahlreichen feindlichen Abteilung schien die Rothäute doch einzuschüchtern. Sie traten zur Beratung zusammen, während die Weißen sich hinter Bäumen, Büschen und an der Erde deckten und auf das Zeichen zum Angriff warteten.

Inzwischen war eine Abteilung von sechs Mann unter der Führung eines Halbblütigen auf einem anderen Weg durch den Wald dem Dorf nahe gekommen, welches nun von drei Seiten von den Weißen umzingelt war, drang in das Dorf ein, schleppte aus dessen Hütten drei Weiber, zwei alte Männer und ein halbes Dutzend Kinder hinweg und erreichte den Wald hinter ihren Gefährten wohlbehalten mit den Gefangenen, während die anderen Weiber und Kinder des Dorfes schreiend und voll Entsetzen in die entgegengesetzte Richtung flüchteten. Sobald Mac Cleuch vom Erfolg seiner List Nachricht erhielt, ließ er sogleich das Feuer eröffnen. Es schlugen nun von allen Seiten Kugeln unter die Indianer ein, welche sich überlistet sahen und fest überzeugt waren, dass die Gefangenen getötet werden würden, wenn sie irgendeine feindliche Bewegung machten. Ehe zehn Minuten vergingen, kamen der Häuptling und einige der Ältesten ohne Waffen, mit grünen Zweigen in den Händen und die offene Rechte als Friedenszeichen emporstreckend, heran und baten um Freigabe der Gefangenen. Allein der Schotte war unerbittlich.

»Bringt die gestohlenen Güter zurück oder wir führen die Gefangenen fort«, erklärte er. »Ihr habt den Frieden gebrochen und sollt nun die Strafe tragen.«

Die drei gefangenen Weiber und einige der Kinder gehörten einem jungen Häuptling und zwei jungen Kriegern, welche auf diese Erklärung hin ins Dorf zurückkehrten und bald den größten Teil des Inhalts der gestohlenen Packen brachten, die sie ihrem Vorgeben nach den Dieben mit Gewalt abgenommen hatten. Da aber Mac Cleuch die Gefangenen auch jetzt noch nicht herausgab und nicht eher freizugeben erklärte, als bis alles gestohlene Gut zurückerstattet sei, so gebärdete sich der junge Häuptling ganz grimmig und beschwerte sich über Wortbruch und Treulosigkeit der Bleichgesichter und gestikulierte so heftig, dass ihm sein Mantel aus Büffelfell entsank und sich eine frische blutende Wunde an seinem Oberarm zeigte. Allein Mac Cleuch blieb ungerührt und wiederholte unerschütterlich seine Erklärung, bis auch die letzten Waren herbeigeschafft wurden. Nun wurden die Gefangenen freigegeben, und die Weißen zogen ab.

»Seht, meine Freunde, so muss man diese rothäutigen Schufte behandeln, wenn man mit ihnen auskommen will!«, sagte der Schotte wohlgefällig zu Max und Otto, als sie zu den Kähnen zurückgingen.

Otto schüttelte ungläubig den Kopf. »Ihr Wort in Ehren, Alex Mac Cleuch«, erwiderte er. »Ihr Verfahren mag praktisch sein, um die Indianer einzuschüchtern. Aber ihr Vertrauen und ihre Freundschaft gewinnen wir auf diese Weise nicht, denn ich bin überzeugt, diese Burschen dort im Dorf hassen uns nun noch mehr als zuvor und werden sich für ihre Niederlage rächen.«

Mac Cleuch zuckte geringschätzig die Achseln und schwieg, aber schon am anderen Tag bewährte sich Ottos Prophezeiung, denn als die Kähne sich in einer von Felsen eingeengten Strecke des Flusses hinaufarbeiteten, wurden die Ruderer plötzlich aus einem Hinterhalt mit einem Hagel von Pfeilen überschüttet, welche mehrere und darunter auch Mac Cleuch schwer verwundeten. Erst als die Weißen einige Gewehrsalven in die Büsche abgefeuert hatten, flohen die versteckten Feinde und ließen die Weißen ziehen.