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Captain Concho – Band 73

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 73
Conchos letzter Sieg

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Kurzinhalt:
Von Captain Conchos Einheit haben nur zehn Soldaten den Krieg überlebt. Doch dies sind erfahrene, gestählte Männer, die weder Tod noch Teufel fürchten. Und die Yankees schon gar nicht! Aber der Ruhm der Rebellen droht ihnen nun zum Verhängnis zu werden. Als Concho und seine Reiter sich durch das von den Yankees beherrschte Louisiana in Richtung Vicksburg durchschlagen, kommen sie den Einheiten General McClernands in die Quere. Major Jelder aus dem Stab des Yankeegenerals ist sicher, dass der legendäre Concho einen tollkühnen Handstreich plant: den General und seinen Stab gefangen zu nehmen. Jelder fackelt nicht lange. Mit fünf Schwadronen eröffnet er ein höllisches Kesseltreiben auf die zehn Rebellen. Doch die verwegenen Kerle sind einfach nicht zu packen. Bis sie in eine Schlucht flüchten, die vor einer Steilwand endet …

Leseprobe:

Emsige Betriebsamkeit herrschte in der kleinen Schule in Shreveport, in der Captain Conchos Einheit so lange einquartiert gewesen war.

Die Männer hatten Wache schie­ben müssen. Vier Stunden Wache, vier Stunden Ruhe. Zum Hals hatte ihnen das herausgehangen. Wache am Tag und Wache in der Nacht; und immer dieselbe Landschaft vor den Augen. Mal links von den schweren Mörsern, mal rechts davon. Im Wechsel mit einer Pioniereinheit. Das war in diesen Ta­gen die einzige Abwechslung gewesen.

Und dabei hatten sie ständig das Gebrüll dieses grünen Jungen in den Ohren, der in diesem Abschnitt als Wachoffizier Dienst schob, und das mit stetig wachsender Begeisterung.

Alte Wache – neue Wache! Wache Wechsel!

Das hatten sie schon nicht mehr hören können.

Aber nun gehörten die Wacheschie­berei und das Gebrüll des übereifrigen Lieutenants der Vergangenheit an.

Captain Concho war nach Shreve­port zurückgekehrt, und die Männer bereiteten sich auf ein neues Kom­mandounternehmen vor. Sie sollten sich nach Vicksburg durchschlagen. Weshalb, das war noch GKDOS – Ge­heime Kommandosache!

Den Soldaten war es gleichgültig. Die Hauptsache war, sie kamen raus aus Shreveport und konnten dem Yan­kee mal wieder ans Leder gehen.

Wie aufgescheuchte Hühner rannten die Männer hin und her. Proviant und Munition fassen! In Kartons und Kis­ten schleppten sie das alles heran. Die Sachen mussten ordentlich verpackt und verstaut werden, handgerecht und genau ausgewogen, damit die Pack­pferde nicht überfordert wurden.

Und mittendrin in diesem hektischen Treiben, bei dem sich die Soldaten auf­führten, als ginge es zum Nordpol, um dort mit den Eskimofrauen eine große Fete zu feiern, stand der Lange – Lieu­tenant Ben Benson – die Fäuste einge­stemmt, und achtete darauf, dass die Männer sich sputeten.

Abseits in einem Klassenzimmer saß Sergeant Forscreek. Ihm und Sergeant Finnewacker war es in der Nacht ge­lungen, in das Munitionsdepot ein­zusteigen und einen ganzen Hut voll Reißzünder zu klauen. Nun saß er da und schwitzte, knetete mit Lehm und Pulver, lötete und trieb sich selbst zur Eile, um die Reste von Pulver, Lehm, Kieselsteinen, Zeitzündern und leeren Konservendosen zu Handgranaten zu verarbeiten.

Sergeant Finnewacker trug eine Kiste mit Eiern zu Sergeant Major Dandry und Sergeant Hines in den Hof hinaus, die ihm am frühen Morgen seine Trine, das schicke Frauenzimmer, gebracht hatte – früh am Morgen vor dem Wecken. Damit ihre Eltern nichts davon merkten, und damit sie und Finnewacker noch ein bisschen Zeit füreinander hatten.

»Und was ist das?«, fragte der Ser­geant Major, ohne hinzusehen, als Fin­newacker die Eierkiste vorsichtig neben ihm ins Gras setzte.

»Den Mist kannst du wieder zurück­bringen«, sagte Sergeant Hinnes. »Hart­futter für die Pferde haben wir genug. Schließlich geht es ja nur bis Vicksburg. Kein Mensch hat uns befohlen, bis Wa­shington durchzureiten, um dort auf dem Capitol unsere Fahne zu hissen.«

»Ihr Blindschleichen! Das sind fri­sche Eier, Mensch!«, erwiderte Finnewacker entrüstet.

Die beiden sahen sich an.

»Eier?«, fragte der Sergeant Major, die Nummer eins in ihren Haufen nach Captain Concho und dem Lieutenant. »Was sollen wir denn damit?«

»Anständig verpacken!«, sagte Fin­newacker. »Ein rohes Ei zum Morgen, das gibt Kraft auf die Nudel!«

»Bei dir piept es wohl!«, erwiderte der Sergeant Major und tippte sich an die Stirn. »Damit hättest du mal eher kommen müssen. Die Zeiten sind doch jetzt vorbei.«

»Mensch, die Eier hat meine Trine den Hühnern heute Morgen ganz frisch unter den Hintern weggezogen.«

»Reg dich mal ab und lass die Kiste, stehen«, sagte Hines. »Wir machen das schon.«

»Aber bruchsicher verpacken, bitte ich mir aus«, sagte Finnewacker und kehrte in das Gebäude zurück.

Er stahl sich hinter dem Lieute­nant vorbei und ging zu Forscreek, der schwitzend hantierte und dessen Figur voller Ruß und Pulver war.

»Hast du Oscura gesehen?«, fragte Forscreek, ohne von seiner Arbeit auf­zublicken.

»Oscura?«

»Der Kleine wollte doch noch Apfel­kuchen bringen. Er ist doch deswegen schon seit zwei Stunden weg. Hat der Lange das noch nicht bemerkt?«

Papier glühte auf. Ein blauer Blitz raste um Forscreeks linke Hand, und Rauch stieg empor.

Finnewacker drohte das Herz stehen zu bleiben …

Forscreek wischte sich das Flugfeuer gelassen von der Hand. »Aber da kommt er wohl mal wieder mit seiner Turtel­taube nicht vom Kanapee runter, der Spinner! Ich fürchte, bevor die beiden den Backofen in Gang gebracht haben, sind wir weg.«

Die Tür knallte gegen die Wand. »Was ist denn hier los?«, tönte der Lange. »Eine private Veranstaltung, was?«

Finnewacker ließ sich blitzschnell auf die Hacken nieder und hielt For­screek die Dose, die er gerade verlö­tete. Die Blechdose war so heiß, dass er sie um ein Haar wieder losgelassen hätte. Noch etwas mehr Hitze, und das Ding würde explodieren und sie beide glatt durch das Fenster in den Hof hinausfegen.

Leichenblass hielt Finnewacker die zur Handgranate umfunktionierte Konservendose fest. Um hundert Yan­kees zu attackieren, bedurfte es gewiss nicht halb so viel Mut.

Der Lange stapfte heran, kerzen­gerade aufgerichtet und die Hände auf dem Rücken verschränkt. Doch als er sah, was die beiden da machten, hielt er jäh inne.

»Ihr seid wohl wahnsinnig gewor­den?«, brüllte er los. »Das ganze Pulver und ein offenes Feuer! Raus aus dem Fenster damit!«

Die Stimme versagte ihm den Dienst, und er machte eine Scheibe.

Scheibe – das war seit Neuestem in Captain Conchos Abteilung ein ge­flügeltes Wort für alles.

Spielten sie Siebzehnundvier, wollte keiner eine Karte haben, son­dern eine Scheibe. Sie gingen eine Scheibe Wacheschieben, legten sich für eine Scheibe auf den Strohsack oder meldeten sich für eine Scheibe ab. Sie gingen für eine Scheibe zu ihren Girls und nahmen eine Scheibe Blumen oder Wein mit. Der ganze verdammte Wachdienst war eine Scheibe. Dass der Captain nicht kam, war auch Scheibe.

Und als er endlich in Shreveport wieder auftauchte, war das die größte Scheibe.

Dass sie sich nach Vicksburg durch­kämpfen sollten, war auch Scheibe.

Habt ihr von der Scheibe schon ge­hört? Wir gehen nach Vicksburg, hatte der Sergeant Major Dandry gesagt.

Nun machte der Lange eine Scheibe. Das hieß nichts anderes, als dass er stiften ging.

Aber auch die Figur, die er dabei abgab, war Scheibe.

Forscreek legte den Lötkolben an die Seite und stieß Finnewacker an.

»Hast du schon mal so eine Scheibe gesehen?«

»Nein!«, gestand Finnewacker.

»Such mal Oscura! Ich bin hier gleich fertig«, sagte Forscreek. »Aber von seinem Streuselkuchen kriege ich eine Scheibe ab. Sonst ist das Band unserer Freundschaft gerissen. Das kannst du der Filzlaus ruhig sagen.«

Forscreek nahm ihm die heiße Hand­granate aus der Hand und stellte sie auf den Stapel. Dann richtete er sich auf und rieb sich die Hände an der Hose. Dass er dieses heiße Ding nicht mehr zu halten brauchte, war richtige Scheibe.

»Ich sehe mal nach Oscura«, sagte er und verließ das Klassenzimmer. Benson war verschwunden.

Der kleine Oscura kam gerade von der Straße herein.

Finnewacker blieb stehen. »Mensch, wo bist du denn gewesen? Alle suchen dich.«

Oscura drehte sich um und zeigte Finnewacker den schweren Rucksack, den er trug.

»Apfelkuchen«, sagte er. Das ist vielleicht eine Scheibe gewesen! Sechs Bleche hat sie gebacken, und zwischen­durch haben wir eine Scheibe nach der anderen geschoben.«

»Apfelkuchen?«, fragte Finnewacker. »Forscreek redet den ganzen Morgen von Streuselkuchen!«

»Forscreek hat doch eine Scheibe locker«, sagte der Kleine.

»Geh mal zu ihm! Er wartet auf dich«, erwiderte Finnewacker und zeigte ihm die Tür.

Der Kleine trollte sich, und Fin­newacker trat auf die Straße hinaus,

Ein Kutschwagen hielt vor der Schule, und Captain Concho stieg aus.

Polak stand Wache und präsentierte das Gewehr. Sergeant Finnewacker knallte die Sporen zusammen und sa­lutierte schneidig.

Im Geschwindschritt näherte sich der Captain und nahm die Hand an den Hut. Er sah Finnewacker und hielt inne.

»Na, Finnewacker, Sie altes Organi­sationstalent! Wie geht es Ihnen denn?«

Die Scheibe macht sich – wollte Sergeant Finnewacker sagen. Doch er besann sich.

»Es geht so, Sir!«, erwiderte er statt­dessen.

»Sagen Sie mal, können Sie mir nicht einen Blumenstrauß besorgen?«, fragte Concho.

Finnewacker reckte sich. »Kann ich!«

Captain Concho wedelte mit der Lin­ken. »Vielleicht eine Scheibe Rosen.«

Finnewacker war perplex. »Aye, Sir!«, hörte er sich sagen.

Concho klopfte ihm auf die Schulter und ging weiter.

Finnewacker fasste sich an den Hut. Rosen! Die blühten ja noch gar nicht! Wo sollte er die hernehmen, um seinen Ruf als talentierter Organisator nicht auf die Scheibe zu stellen?

Vielleicht konnte ihm da Oscura helfen.

Quelle:

  • BillMurphy: Captain Concho. Der Rebell aus Texas. Bastei Verlag.Köln. 2015

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