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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die sechs schlafenden Jungfrauen 9

Die sechs schlafenden Jungfrauen oder: Der schreckliche Zweikampf
Eine furchtbare Ritter- und Geistergeschichte von Wilhelm Bauberger erzählt
Kapitel 9
Alfreds weitere Schicksale

Die Venezianer hatten sich mit den Kreuzfahrern entzweit und die Folge davon war, dass den venezianischen Schiffen streng untersagt wurde, Lebensmittel oder Leute den Kreuzfahrern zuzuführen. Ritter Alfred von Steinkopf war daher gezwungen, sich nach Genua zu begeben, um dort vielleicht ein Schiff zu treffen, welches nach Palästina segelte. In Genua erwartete den schönen Jüngling, den die feurigen Italienerinnen allenthalben mit freundlichen Blicken betrachteten, ein ähnliches Abenteuer wie in Venedig, indem bei einem glänzenden Fest, das der Herzog von Genua seiner Tochter zu Ehren veranstaltete und wozu auch alte in Genua anwesenden fremden Ritter geladen waren, unser Alfred auf die engelschöne junge Herzogin Euphrosine einen solchen Eindruck hervorbrachte, dass sie ihm alle Gelegenheit bot, sein Gelübde zu vergessen und von der Treue gegen die entfernte Geliebte abzufallen. Und Alfreds Tugend wäre dieses Mal ohne Zweifel den Reizen der bezaubernden Tochter des Südens unterlegen, da selbst Unkos wehmütig bittende Erscheinung auf den lieb entflammten Jüngling ihre Kraft verloren zu haben schien, wenn nicht der Himmel selbst sich ins Mittel gelegt und durch den Ausbruch eines Brandes im herzoglichen Schloss im entscheidenden Augenblick die fast augenscheinliche Gefahr abgewendet hätte.

Alfred verließ die Stadt Genua unter Vorwürfen gegen sich selbst und dem festen Vorsatz, den Geist wieder zu versöhnen und nie wieder auf dem Pfad der Tugend straucheln zu wollen, um seiner Adelgunde würdig zu verbleiben.

Auf seiner weiteren Reise durch Italien gelangte er eines späten Abend unter Sturm und Regen zur Hütte eines Einsiedlers. Alfred genoss von dem Obst, womit er und seine Knappen bewirtet wurden. Für ihn selbst stand außerdem noch ein mit Wein gefüllter Becher zur Labung in Bereitschaft. Noch hatte der Ritter nicht davon getrunken. Als er aber den Becher an den Mund setzte, erbebte von einem furchtbaren Donnerschlag die Hütte, der Einsiedler stürzte laut aufschreiend zu Boden, und Unkos Geist stand plötzlich in der Hütte und schleuderte den gefüllten Becher von Alfreds Munde.

»Trink nicht vom vergifteten Wein!«, rief der Geist. »Erkenne in dem verkappten Einsiedler die Gräfin Elfriede von Sondershausen, welche, um sich für verschmähte Liebe zu rächen, deinen Wegen überall hin folgte. Elfriede war es, welche unter der Maske der Italienerin auf jener Villa dich zu verführen suchte, und wütend, dass ihr sehnlichster Wunsch nicht in Erfüllung ging, deiner Spur nach Genua folgte, wo sich der Knappe Erich, der schon früher in Italien gewesen, durch reichliche Geschenke bestechen ließ, den Ritter mit den Knappen so lange in der Irre umherzuführen, bis es Abend geworden war, wo die zurzeit unbewohnte Einsiedlerhütte die Gelegenheit zur Rache sich bieten sollte. Verlass die Hütte sogleich, doch räche dich nicht an diesem Weib!«, gebot der Geist mit ernster Miene und verschwand.

Alfred warf einen verächtlichen Blick auf Elfriede und zog mit seinen Leuten ab. Der Knappe Erich war nirgends aufzufinden.

Alfreds gutes Glück führte ihn endlich auf ein Schiff, welches ihn mit seinen Knappen wohlbehalten nach Joppe, einer Seestadt in Palästina brachte. Dort wurden ihm infolge des ungewohnten Klimas und der drückenden Hitze einige Knappen krank und starben dahin bis auf drei. Sofort verließ er diese Stadt.

Von da bis Jerusalem glich nichts den Beschwerlichkeiten und Gefahren der Reise, und der Mangel an Lebensmitteln wurde drückend fühlbar. Indessen erlagen die Kämpen nimmer diesen Hindernissen und erreichten endlich die Heilige Stadt Jerusalem. Ritter Alfred sank bei ihrem Anblick gerührt auf seine Knie und betete mit tiefer Andacht. Auch die Knappen fielen auf ihre Knie nieder, dem Beispiel ihres Herrn folgend.