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Hessische Sagen 24

Die vermauerte Tür

Eine solche befindet sich in dem Speisesaal des freiherrlich Riedeselschen Schlosses Eisenbach und von ihr gibt es folgende Sage. Jedes Mal, wenn in dem Saal zwölf zu Tisch saßen, kam durch diese Tür, nie aber durch eine andere, der Dreizehnte dazu, sodass die schlimme Zahl voll wurde und einer aus der Gesellschaft binnen Jahresfrist sterben musste. Da hat man die Unglückstür zuletzt vermauert und seitdem wurde es anders, und wie oft auch noch zwölf Gäste sich zur Tafel setzten, erschien kein Dreizehnter mehr.


Battenfeld

An der Südseite der Kirche zu Battenfeld befinden sich zwei in Stein gehauene Wappen, nämlich das von Biedenfeldische und daneben ein sechsseitiger Stern mit zwei halben Monden. Die Leute erzählen darüber Folgendes. Vor alten Zeiten reiste ein Herr von Biedenfeld in das Gelobte Land und wurde dort gefangen genommen. Es sah ihn aber eine vornehme Türkin, welche sich in ihn verliebte, ihn befreite und mit ihm heimkehrte, wo er sie alsdann heiratete. Sie ließ nach ihrer Taufe die Kirche zu Battenfeld bauen und nahm zum Andenken an ihre Herkunft den doppelten halben Mond mit dem Stern in ihr Wappen auf.


Die Doppelehe des Rodensteiners

Einem Herrn von Rodenstein wurde die Zeit zu Hause allzu lang, wie das den großen Herren oft geht. Er nahm Abschied von seiner Frau und ging auf die Reise nach Jerusalem, wo die Türken das heilige Grab Jesu besitzen. Als er sah, wie dieselben die armen Pilger plagten, fing er Händel mit ihnen an und forderte mit einigen anderen Herren, die gleichen Sinnes wie er waren, sie zum Kampf heraus. Aber der Türken waren zu viel und er wurde gefangen und in Ketten ins Gefängnis geworfen. Da schmachtete er viele Jahre und glaubte schon, er werde bis zu seinem Ende nicht loskommen, als sich ihm plötzlich ein Weg zur Rettung bot.

Die Tochter des Gefangenenwärters, welche ihm alle Tage sein Essen brachte, hatte ihn nach und nach so lieb gewonnen, dass sie eines Tages zu ihm sprach. »Ich kann nicht ohne dich leben. Wenn du mich also heiraten willst, dann fliehe ich mit dir in dein Vaterland. Willst du das nicht, dann behalte ich dich hier, bringe dir das Beste, was ich an Speise auftreiben kann, und sorge für dich, soviel in meinen Kräften steht.«

Das war eine schwere Wahl für den Rodensteiner, jedoch er entschied sich doch bald, und zwar für die Flucht, denn er meinte nicht anders, als seine Frau sei wohl unterdessen gestorben vor Gram, weil er nicht zurückgekehrt sei. Wenn sie aber noch lebe, dann könne sich die Sache vielleicht noch machen. Keinesfalls werde sie es ihm übel nehmen, wenn er versuchen würde, aus der Gefangenschaft loszukommen. Er versprach ihr die Ehe und sie flohen heimlich aus dem Türkenland und kamen glücklich ins Reich und auf den Rodenstein. Da war aber die Frau des Ritters noch ganz gesund und frisch und der Gram hatte sie nicht sehr mager gemacht. Sie empfing ihren Eheherrn mit großer Freude, aber ais sie von der zweiten Frau hörte, da wusste sie doch lange nicht, was sie dazu sagen sollte. Endlich sprach sie, es sei ihr recht, wenn es dem Pfarrer recht sei, denn die Freude, ihren Mann wieder zu haben, war doch zu groß, als dass sie nicht in alles eingewilligt hätte. Der Pfarrer aber sagte, er könne das nicht zugeben ohne Erlaubnis vom Großherzog. Da hat er denn nach Darmstadt geschrieben und alles gemeldet, wie es war und der Großherzog hat wieder geschrieben, weil der Fall so sonderlich sei, wolle er es gestatten. Da wurde die Hochzeit unter großem Jubel gehalten und die beiden Frauen sind die besten Freundinnen geworden. Nach ihrem Tod wurden sie zu beiden Seiten ihres Mannes begraben, gerade so, wie sie noch auf Denkmal in der Kirche zu Fränkisch-Crumbach zu sehen sind.


Die Frauen von der Glauburg

Soviel uns aus alten Sagen kund ist, wurde die Glauburg vor langer Zeit nach einer langwierigen Belagerung durch List und Betrug eingenommen. Da die Feinde nämlich mit Gewalt nicht zu ihrem Ziele kommen konnten, so befestigten sie Wachskerzen auf den Rücken von Krebsen, zündeten sie an und ließen die Tiere auf die Mauern zu kriechen. Als nun die erschrockenen Wächter all ihre Macht und Waffen auf dieser Seite der Burg sammelten, erstiegen die Feinde auf der anderen Seite die Mauern. Darauf kam man vergleichsweise überein, dass die Frau mit ihren Kindern und dem, was sie auf dem Rücken tragen könne, unangefochten die Burg verlassen dürfe. Da nahm sie ihren, durch Krankheit und die lange Belagerung schwachen Mann statt alles Gerätes auf den Rücken und ihre Söhne und Töchter an die Hand und ging also aus der Burg. Die Feinde wollten dies in Bezug auf ihren Mann nicht gelten lassen, da sie sagten, dass man nicht so übereingekommen sei. Da wanderte die Frau mit ihren Kindern und ihrem Mann zum Hof des Kaisers, welcher damals in Frankfurt war und flehte dessen Hilfe und Schutz an und er gewährte ihnen eine Zuflucht und Wohnung in der Stadt. Von ihnen aber stammt die adlige Familie derer von Glauburg ab, welche in Frankfurt stets eine der berühmtesten war.


Die treue Frau

Reinhard V. von Dalwigk, der Ungeborene genannt, weil er durch einen Kaiserschnitt zur Weit kam und durch das Erwärmen in dem Bauch frisch geschlachteter Schweine erhalten wurde, wurde einst (1448) in dem Schloss Weidelburg von dem hessischen Landgrafen Ludwig belagert. Als er sich nicht mehr halten konnte, versuchten seine Freunde, ihn durch List zu retten. Sie verbargen ihn in einem mit Speck gefüllten Sack und luden diesen auf einen Esel, um ihn so unbemerkt durch die Belagerer zu entführen. Aber die List missglückte. Reinhard wurde entdeckt und fiel in des Landgrafen Hände. Eine andere Sage erzählt, der Fürst habe durchaus verlangt, dass sich Reinhard in Person stelle. Da stieg Reinhards Frau ins feindliche Lager nieder und ließ sich vor den Landgrafen führen, dem sie weinend zu Füßen fiel, indem sie ihn um Gnade für ihren Gemahl bat. Da sprach der Landgraf, obgleich er sich vorgenommen hatte, nicht einen Hund auf dem Schloss leben zu lassen, solle doch ihr samt ihren Frauen und Mägden vergönnt sein, mit dem, was jeder lieb wäre und sie tragen könne, frei abzuziehen. Der Junker aber und die anderen Männer sollten bis auf weiteren Bescheid oben verbleiben. Der Landgraf setzte ihr für die Haltung dieses Versprechens seine fürstliche Treue zum Pfand.

Nachdem sie sich wieder zur Burg begeben hatten, bereitete sie sich mit ihren Frauen zum Abzug und gab denselben ihre Kleider und Kleinode zu tragen. Sie selbst aber nahm ihren Mann auf den Rücken und also zogen sie ab.

Da meinte zwar der Landgraf, von dem Junker sei in der Beredung keine Rede gewesen, doch sie sprach: »Was würde mir anders lieb und kostbar sein, wenn ich meinen Herrn in Todesgefahren hinter mir wissen sollte? Und bedünkt mich, Euch nicht zuwider getan zu haben, weil mir erlaubt worden war, mit zu tragen, was mir lieb sei. Deshalb habe ich meinen teuersten Schatz mit mir genommen.«

Solche Liebe und Treue brach des Landgrafen Zorn und er gab seinen blutigen Vorsatz auf.


Conrad von Tannenberg

Vor alten Zeiten lebte in der Burg Tannenberg an der Bergstraße ein Ritter, der hieß Conrad und hatte eine eben so schöne, als fromme Gemahlin, welche Ann-Els hieß. Als diese einmal sehr bedenklich erkrankte, tat er das Gelübde, wenn sie wieder gesunde, wolle er eine Wallfahrt nach dem heiligen Grab unternehmen und dort gegen die Ungläubigen kämpfen. Und siehe, Ann-Els genas bald darauf. Nachdem sie vollkommen hergestellt war, machte sich der Ritter bereit, seine Pilgerfahrt anzutreten. Er nahm unter vielen Tränen Abschied von seiner Frau und zog dahin zum Meer, wo er sich mit anderen Gefährten, die er unterwegs gefunden hatte, einschiffte.

Auf dem Meer wurde das Schiff von Seeräubern angefallen, er nebst seinen Genossen gefangen genommen und an einen vornehmen Türken als Sklave verkauft. Jahr um Jahr verging, ohne dass seine Gemahlin Nachricht von ihm empfing. Und da sie reich begütert war, so fehlte es nicht an Heiratsanträgen von den Rittern aus der Nachbarschaft, doch sie ging auf nichts ein und wies alle zurück, was ihr Hass und Feindseligkeit in reichem Maß eintrug.

Da hörte sie eines Tags von einem anderen Pilger, welcher aus dem Gelobten Land heimkehrte, dass ihr Mann in der Gefangenschaft bei den Türken schmachte und sie beschloss, ihn zu retten, koste es, was es wolle. Sie legte Männerkleider an, nahm ihre Harfe, welche sie sehr schön zu spielen verstand und reiste über das Meer in die Türkei. Glücklich dort angekommen suchte und forschte sie so lange nach ihrem Mann, bis sie seinen Aufenthalt erfuhr. Da trat sie eines Tags vor den Türken, seinen Herrn, und spielte so wunderschöne Weisen auf ihrer Harfe und sang so entzückend dazu, dass der Türke rief, sie solle sich einen Lohn selbst erbitten und was sie auch immer begehre, er werde es ihr geben.

Da sprach sie: »Ich bitte nur um einen Sklaven, der mir diene« und wählte sich unter den Sklaven einen aus, das war ihr lieber Mann. Sie gab sich ihm jedoch nicht zu erkennen, sondern hielt ihn stets fern von sich. Als sie die Meerfahrt überstanden hatten und wieder auf christlichem Boden standen, da schlich sie sich gar heimlich fort, nachdem sie ihm eine Summe Geldes hinterlassen, und eilte so schnell sie konnte nach Hause zurück.

Nicht lange nachher kam auch Conrad auf dem Tannenberg an und wurde von seiner Gemahlin freudig und festlich empfangen. Alle Ritter aus der Umgegend kamen auf die Burg und beglückwünschten ihn. Bei dem Essen erzählte Ritter Conrad von seinen Abenteuern, wie er gefangen genommen, misshandelt und so wunderbar gerettet worden sei. Da raunten einige von den Rittern, deren Hand Ann-Els ausgeschlagen hatte, ihm ins Ohr, seine Frau sei unterdessen in Männerkleidern im Land herumgefahren und habe ein unzüchtiges Leben geführt. Conrad fuhr erzürnt empor, als er dies vernahm, zog sein Schwert und wollte Ann-Els töten. Doch sie floh in ihre Kammer und riegelte die Tür zu, sodass er ihr nichts anhaben konnte.

Nicht lange danach trat sie in den Kleidern, worin sie Conrad befreit hatte, und mit ihrer Harfe in den Saal, wohin er zurückgekehrt war und spielte eine Weise. Da sprang Ritter Conrad auf, um dem Sänger in die Arme zu stürzen. Aber dieser warf die Kleider ab und da stand die treue Ann-Els da. Wie Conrad da erst glücklich war, ist unnötig zu sagen, ebenso dass sich die Ohrenbläser baldmöglichst aus dem Staub machten und sich nicht weiter sehen ließen, am allerwenigsten, dass das Fest noch ungleich schöner und freudiger endete, als es angefangen hatte.


Die Heeg

In der Gemarkung Gelnhaar bildet die Heeg, ein schmaler Wiesenstreifen, die Grenze gegen Wenings hin. Nach einiger Unterbrechung findet man sie in der Gemarkung Bindsachsen als Herrnheeg wieder, und zwar an der Grenze dieser Gemarkung gegen die von Gelnhaar, von wo sie sich früher zwischen denen beider Orte, namentlich an der Flur Frankenschlag und weiter hin, sodann über den Gebirgsrücken Betten erstreckt und mit der langen Heeg (Waid und Straße gegen Hanau hin) zusammengehangen haben soll, ebenso mit dem Pfahlgraben.

Von ihr erzählt man sich, sie gehe durch die ganze Welt und habe einst sieben Rittern gehört. Diese hätten sie angelegt, um auf ihrem Eigentum zu ihren vielen Gütern kommen zu können. Ais diese Güter später unter die großen Herren, die Fürsten und Grafen verteilt wurden, da habe von den sieben Rittern nur noch einer geleibt und der sei so reich gewesen, dass er nach der Heeg gar nichts mehr gefragt habe.


Von der Windeck

Die letzten Sprossen der Familie, welche sich nach diesem Schloss nannte, waren zwei Brüder, welche aber aus Geiz nicht heirateten und auf jede Freude geselligen Lebens verzichteten. Die einzige Freude und Gesellschaft, welche sie sich erlaubten, war eine Meise, doch wurde das arme Tier so sparsam gehalten, dass es jeden Tag nur eine Nuss bekam. Da berechneten die Brüder aber eines Tags, dass da das Jahr 365 Tage habe, die Meise ihnen ebenso viel Nüsse koste. Das schien ihnen eine so schwere Ausgabe, dass sie erschrocken über diese arge Verschwendung den Käfig und das Fenster öffneten und die Meise fliegen ließen.

Am Gründonnerstag soll auf der Burg ein Koch umgehen, der mit Steinen wirft und andere Neckereien treibt.


Der letzte Schönenberger

Ein Herr von Schönenberg, der sehr reich war, starb und hinterließ nur ein Kind, einen Knaben von zwölf Jahren. Die Witwe wollte dem Kind eine gute Erziehung geben lassen und nahm einen Lehrer an, welcher es in allem unterrichten sollte. Der Lehrer war aber ein böser Mensch, verliebte sich in die schöne Frau und dachte nur daran, wie er sie gewinnen könne. Als sie nun seinen Bewerbungen kein Gehör gab, beschloss er sich zu rächen, ging eines Abends mit dem Knaben aus und führte ihn unter allerlei Reden an einen tiefen Brunnen. Und als der Knabe sich auf den Rand lehnte, um in das Wasser zu schauen, fasste er ihn bei den Füßen und stürzte ihn hinab. Auf das Schloss zurückgekehrt, antwortete er auf alle Fragen nach dem Kind, er wisse nicht, wo es geblieben sei. Vergebens durchsuchten die Diener den Wald und die Gegend, und harrte die trostlose Mutter auf ein fröhliches Wort. Am anderen Morgen schickte sie in die Schule und ließ die Schulkinder auffordern, das Kind zu suchen. Diese liefen überall umher und kamen auch an den Brunnen. Da schaute eins hinein und sah des Knaben Hütchen auf dem Wasser schwimmen, worauf der Brunnen untersucht und die Leiche herausgezogen wurde.

Zum Dank dafür machte die Mutter eine Stiftung an die Schule, aus der jedes Jahr am Ostermittwoch jedes Kind, welches die Schule besucht, einen Stutzweck bekommt.


Der letzte Graf von Bilstein

Am östlichen Fuß des Meißner liegt auf einer steilen Felsenkuppe in dem romantischen Höllental die Ruine der alten Burg Bilstein. Diese wurde einst hart und eng eingeschlossen, doch der Graf achtete wenig darauf, denn die Felsen schützten ihn und ebenso wenig konnte er durch Hunger zur Übergabe gezwungen werden. Da machte eines Tages der Feind die Entdeckung, dass der am Fuß des Burgbergs wohnende Müller das Schloss durch einen verborgenen Gang mit Lebensmitteln versorge. Schnell wurde diesem gewehrt und bald gingen die Lebensmittel auf der Burg aus und dem Grafen blieb nur die Wahl zwischen Übergabe der Burg und dem Hungertod. Doch er griff zu keinem von beiden, sondern ließ die wildesten seiner Rosse an einen Wagen spannen, bestieg denselben mit Weib und Kind und stürzte sich so hinab in die grässliche Tiefe.