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Der Welt-Detektiv Band 6

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Hessische Sagen 16

Der Sterbenden Fluch

Zwischen Lütter und Schmalnau im Riedergrund stand vor Zeiten ein Hochgericht, jetzt sieht man jede Nacht dort einen Wagen, der von zwölf bis eins umfährt und dann verschwindet. Darin sitzt ein Herr von Weihers.

Dieser hatte nämlich ein armes Mädchen aus der Gegend durch süße Worte zu verführen gewusst, sie alsdann aber verlassen und nicht mehr angesehen. Nach einiger Zeit brachte die Unglückliche ein Kind zur Welt, und wie die Sünde immer wieder Sünden gebiert, so auch hier. Sie wollte ihre Schande vor der Welt verbergen und tötete heimlich das Kind. Das aber blieb nicht verborgen, es kam an den Tag und sie wurde zum Tod durch das Schwert verurteilt. Als nun der Wagen sie an das Hochgericht trug und das Volk sich in Massen hinzudrängte und die Arme beklagte, da rollte plötzlich ein Wagen daher, darin saß niemand anders, als ihr Verführer, der Herr von Weihers, der seine Schändlichkeit so weit trieb, dem Tod des Opfers seiner Lust beiwohnen zu wollen. Da sprach die arme Sünderin einen schweren Fluch aus und verwünschte ihn, er solle keine Ruhe im Grab haben und jede Nacht in seinem Wagen an das Hochgericht zurückkehren. Sterbender Wort aber wiegt gar schwer und Sterbender Fluch erfüllt sich immer. Das erfuhr der Herr von Weihers seitdem bis auf diese Stunde.


Die Nonne von Lich

In Lich, einem Städtchen unweit von Gießen, wurde schon gar oft eine gespenstige Nonne gesehen.

Im nahen Nonnenkloster war einst eine blutjunge und gar schöne Schwester, die sich einer verbotenen Liebe hingab. Als sie nun nächtlicher Weile ein Kindlein gebar, trug sie es in ihrer Angst hinab nach Lich und warf es in einen tiefen Ziehbrunnen. Noch jetzt hat sie deshalb keine Ruhe, sie muss jede Mitternacht am Brunnen stehen und sich so lang hinunterlehnen und in die Tiefe schauen, bis das tote Kind unten auf dem Wasser schwimmt. Dann winkt sie hinunter und streckt die Arme vergebens darnach aus, bis sie mit dem Schlag eins verschwindet.


Die Nonnen in Jugenheim

Auf dem Heiligenberg bei Jugenheim sieht man noch die Ruinen eines ehemaligen Nonnenklosters. Da erscheint in gewissen Nächten ein großer Zug von Nonnen, welche mit Kerzen in den Händen und unter frommen Gesängen den Berg umwallen.

Vom Kloster führte ein unterirdischer Gang ins Dorf. Da, wo dieser mündet, ist oftmals ein großer Hund gesehen worden.


Hühnchen auf dem Grabe

Es starb einmal eine Frau, die hatte ein Hühnchen gehabt. Als sie nun in der Erde lag, machte sich das Hühnchen auf ihrem Grabhügel ein Loch und legte da alle seine Eier hinein, um sie seiner Frau nicht zu verschleppen. Da redeten ein paar Bauern in der Scheune zusammen, ob sich wohl einer getraute, dem Hühnchen seine Eier wegzunehmen. Es war auch gleich ein Bursche bei der Hand, der meinte, es könne gar nichts auf sich haben. Er kam ans Grab und rief, indem er ein Ei wegnahm:

Frau Mai, Frau Mai,
ich stehl’ dir ein Ei.

Aber im Nu flatterte aus der Luft ein großes schwarzes Ding auf ihn herab und brach ihm das Genick.


Der Scharfenstein

Unweit Gudensberg, nahe der Heerstraße, welche nach Kassel führt, erhebt sich ein hoher, kahler Basaltfelsen, der Scharfenstein. In diesem befinden sich eine gar schöne Jungfrau und viele kostbare Schätze. Nur nach sieben Jahren, an einem bestimmten Tag gewinnt sie Leben und verlässt das dunkle Grab des Felsens, um ans Tagelicht zu treten. Dann niest sie siebenmal und wer ihr siebenmal ein Gotthelf zuruft, der hat nicht nur die Jungfrau aus ihrem Bann befreit, sondern gewinnt auch alle im Felsen verborgene Schätze. Einst hörte ein Fuhrmann sie niesen und rief sechsmal sein Gotthelf, als er aber zum siebenten Mal ungeduldig stattdessen einen Fluch ausstieß, verschwand die Jungfrau.


Das Niesen im Wald

Zwischen der Papiermühle und Darmstadt im Wald stand vor Zeiten ein verlassenes Hirtenhäuschen, darin hörte man es immer niesen. Nun lebten in der Nähe drei Bauernmädchen, das waren Schwestern, die hätten gern gewusst, was das zu bedeuten habe. Sie kamen überein, eine nach der anderen an dem Häuschen zu horchen und die Älteste musste voran. Als sie aber da stand und es nieste und wieder nieste, da schlug ihr die Angst ein und sie lief fort, so schnell sie konnte. Mit der Jüngsten ging es nicht besser. Da war die Reihe an der Mittelsten, und als diese es hörte, sprach sie laut: »Helf dir Gott!«

Da antwortete es aus dem Häuschen: »Helf dir Gott!«

Sie sprach: »Dann ist uns beiden geholfen!«

Seitdem war der Geist erlöst und hat das Niesen aufgehört.


Tote Mutter

Ein Kind, dem die Mutter im Wochenbett gestorben war, fing an zu schwinden. Da kam in der Nacht die tote Mutter zu ihm, legte es gar zärtlich an ihre Brust und ließ es trinken, und so neun Nächte lang. Die Leute ließen sie anfangs aus Furcht ungestört, bald aber merkten sie auf, wie das Kind sich zusehends besserte und nach wenigen Wochen war es wieder ganz gesund.


Der Geist mit den Kegeln

In einem Haus in Steinbach war eine Frau gestorben und ging um, ohne Zweifel, weil sie in ihrem Leben nicht so gehandelt hatte, wie sie hätte handeln sollen. Sie erschien in der Nacht wie ein wandelndes Licht und warf alles im Haus durcheinander. So schien es wenigstens, denn am Morgen fand man alles so vor, wie es am Abend gestanden und gelegen hatte. Um den Spuk los zu werden, hatte man alles versucht, aber nichts wollte helfen. Endlich gelang es zwei Pfarrern, den Geist zu bannen. Sie fingen ihn zwischen elf und zwölf und führten ihn in Gestalt einer Ziege weg nach dem Altrhein zu. Dahin muss der Besitzer des Hauses ihm jedes Jahr ein Spiel Kegel und zwei Kugeln liefern, womit der Geist spielt. Würde das einmal versäumt und verstriche auch nur eine Minute über die bestimmte Zeit, dann käme er zurück und der Lärm wäre ärger als zuvor.


Der eingemauerte Geist

Ein Herr von Altenstein in Fulda, der überhaupt einen sehr bösen Lebenswandel führte, hatte ein Mädchen verführt und sie dann mit einem seiner Bediensteten verheiratet. Dieser aber lockte die Arme in den Keller und ermordete sie. Seitdem ging es im Haus um und ließ keine Ruhe, weder bei Tage noch bei Nacht, und trieb es so arg, dass ewig Hader und Streit da waren. Endlich wurde ein Geistlicher beschieden, der den Geist beschwören sollte. Der bannte ihn in eine Kammer, deren Fenster alsbald vermauert wurden. Da haust er denn bis zu diesem Tag.


Geist in der Mühle

Im Nebenbau einer Mühle bei Brensbach suchte lange ein Geist. Damit hatte es folgende Bewandtnis. Es lebte in dieser Mühle vor langer Zeit ein Müller, der sich mit einer lüderlichen Weibsperson herumtrieb, und war doch ein verheirateter Mann. Seine Frau, ein gutes und sanftes Weib, grämte sich so, dass sie starb. Als sie auf dem Totenbett lag, ließ sie ihren Mann vor sich kommen und sprach, sie wolle ihm alles vergeben, was er ihr Leides getan und er könne ja nach ihrem Tod heiraten, wen er wolle, nur solle er ihr schwören, jene lüderliche Person nicht zu ihrer Nachfolgerin zu machen. Der Müller tat den Schwur und vermaß sich, dass er im Grab keine Ruhe haben wolle, so er ihn bräche. Die Frau lag aber kein halbes Jahr in der Erde, so war alles vergessen und er führte seine Beischläferin als sein Weib in die Mühle. Das tat aber keinem gut. Drei Tage nach der Hochzeit starb er und von dem Tage an, wo man ihn begraben hatte, ging er am hellerlichten Tag als schwarzer Geist in der Mühle herum und warf alles drunter und drüber. Das Unwesen dauerte Jahre lang fort, als die Mühle schon längst in andere Hände gekommen war. Endlich fand sich ein Geisterbanner, welcher sich anheischig machte, das Gespenst für hundert Taler fortzutragen. Als er die verlangte Summe bekommen hatte, jagte er in einer Nacht den Geist mit vielem Lärmen in der ganzen Mühle herum, fing ihn endlich und trug ihn fort. Drei Tage nachher kam der Mühlknecht mit Reisig aus dem Wald gefahren, da fand er ein Bündelchen Heu, das mitten auf dem Weg lag, und warf es oben auf den Wagen. Als er es aber daheim im Stall aufband, sprang ein Eichhörnchen heraus und auf den Heuboden hinauf, und von Stund an war der Geist wieder da und trieb es ärger denn zuvor.

Später kam ein anderer Zauberer, der war viel klüger und mächtiger als der erste. Er zitierte das Gespenst und befahl ihm, die Mühle auf immer zu verlassen. Da bat und flehte es gar jämmerlich, man möge es doch auf seinem Grund und Boden lassen und es nicht hinausjagen in die weite Welt. Es wolle sich ja auch besser aufführen und niemanden was zuleide tun. Da wies ihm der Zauberer einen alten Nebenbau, worin allerlei altes Gerümpel lag, zur Wohnung an, und darin hauste der Geist auch friedlich und harmlos, wie er es versprochen und machte bloß manchmal des Nachts ein wenig Lärm. Seit vor einigen Jahren der Nebenbau abgerissen wurde, hat er sich nicht mehr gezeigt und wird wohl jetzt seine Ruhe gefunden haben.