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Curumilla – Zweites Buch, Kapitel 9

Gustave Aimard
Curumilla
Zweites Buch
Eine Abenteuergeschichte aus dem Jahr 1861
Kapitel 9 – Die Einnahme von Hermosillo

Obwohl das Gefolge des Grafen ganz gut beritten war, gelang es den Jägern doch, mit ihren feurigen Mustangs, Don Louis zwanzig Minuten nach seiner Abreise von der Hacienda einzuholen.

Als die Franzosen den eiligen Tritt der Pferde hinter sich vernahmen, schwenkten sie, da sie nicht wussten, wer ihnen wie ein Sturmwind nachgejagt kam, um. Belhumeur gab sich aber sofort zu erkennen, um jedem Missverständnis zuvorzukommen.

»Seid mir willkommen, Belhumeur, nebst Euren Begleitern«, sagte der Graf. »Aus welchem Grund treibt Ihr Euch denn noch so spät auf der Landstraße umher?«

»Wir wollen Sie um einen Gefallen bitten«, antwortete der Kanadier offen.

»Einen Gefallen? Reden Sie, lieber Freund, was es auch sein möge, gestehe ich es im Voraus zu, wenn es nämlich von mir abhängt.«

»Was ich wünsche, hängt von Ihnen ab.«

»Was ist es denn?«

»Meine Begleiter und ich bitten um die Ehre, neben Ihnen kämpfen zu dürfen.«

»Ist das der Gefallen, welchen Sie erbitten wollen, Belhumeur?«

»Ja, nichts anderes.«

»Dann haben Sie sich falsch ausgedrückt, lieber Freund. Sie wollen sagen, dass Sie mir einen Dienst erweisen wollen. Ich nehme Ihren Vorschlag von Herzen gern an und danke Ihnen aufrichtig dafür.«

»Abgemacht also, und wir sind in Ihre Reihen aufgenommen?«

»Ich müsste wahrhaftig von Sinnen sein, wenn ich es nicht täte!«

Belhumeur teilte seinen Freunden die Gewährung ihrer Bitte mit, worüber sie sich so freuten, als ob man ihnen das Schönste auf der Welt gegeben hätte.«

Nach diesem kleinen Abenteuer setzte die Truppe ihren Weg mit den drei neu angeworbenen Rekruten fort.

Die Franzosen schlüpften wie eine Geisterschar im Dunkeln weiter. Über den Hals ihrer Pferde gebeugt, lauschten sie aufmerksam auf die Laute der Wildnis und suchten die Dunkelheit zu durchdringen, um ein Anzeichen wahrzunehmen, was ihnen die Nähe ihrer Kameraden verkündete.

Obwohl der Capitain de Laville noch sehr jung war, schien es doch, als ob er für die Rolle, welche er gegenwärtig spielte, geeignet wäre. Sein Blick war sowohl als Anführer als auch als untergebener Offizier unfehlbar. Er begriff nicht nur die Befehle, welche er erhielt, mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit, sondern fasste den Zweck dieser auf und führte sie mit seltenem Verständnis aus.

Der Graf von Prèbois-Crancé hatte die glänzenden Gaben de Lavilles keinen Augenblick verkannt, sondern ihn zu seinem Liebling erkoren. Und so oft er einen besonders schwierigen Auftrag hatte, wurde er mit demselben betraut, denn Don Louis war überzeugt, dass ihn kein anderer so ehrenvoll erfüllen könne.

In gegenwärtigem Fall übertraf das Resultat alle seine Erwartungen, denn de Laville bewerkstelligte das befohlene Vorrücken mit so großer Pünktlichkeit und unter so tiefem Schweigen, dass der Graf die Nachhut fast berührte, als er noch gar nicht ahnte, dass er so nahe sei. Der Capitain hatte zum Zweck eines leichteren und schnelleren Fortkommens die Bagagewagen ungefähr eine Stunde vor der Stadt zurückgelassen, wo sie in einem unbewohnten Rancho unter dem Schutz der Kranken geblieben waren, die zwar nicht imstande waren, in den Reihen der Compagnie zu fechten, aber hinter dem Schutz von Mauern doch lange genug Widerstand zu leisten vermochten, bis ihre Kameraden zu Hilfe herbeikommen konnten.

Der Graf durchritt die Reihen, unter den herzlichen Grüßen seiner Kameraden und stellte sich an die Spitze der Truppe.

Die Anstrengungen und fortwährende Spannung, welche die letzten zwei Monate dem Grafen durchgemacht hatte, hatten seine Gesundheit sehr angegriffen, und es gelang ihm nur mit Aufbietung seiner ganzen Kraft und Energie, sich aufrecht zu halten und sein Kranksein zu bekämpfen. Er sah ein, dass alles verloren sei, wenn er schlappmachte. Er stemmte sich daher gegen den Schmerz und zeigte, obgleich ihn innerlich das Fieber verzehrte, stets eine ruhige Miene und verriet seinen Kameraden durch keine Gebärde die Leiden, welche er mit heldenmütiger Standhaftigkeit ertrug.

Er fühlte aber plötzlich eine solche Anwandlung von Hinfälligkeit, dass er vom Pferd gestürzt sein wäre, wenn ihn nicht Valentin, der seinen Zustand erriet und mit ernsthaft mütterlicher Sorge über ihm wachte, in seinen Armen aufgefangen hätte.

»Was ist mit dir, Bruder?«, fragte der Jäger liebevoll.

»Nichts«, antwortete jener, indem er mit der Hand über seine mit kaltem Schweiß bedeckte Stirn strich. »Jetzt«, fügte er hinzu, »ist es vorüber.«

»Nimm dich in acht, Bruder«, erwiderte Valentin mit besorgtem Kopfschütteln, »du achtest nicht genug auf dich.«

»Kann ich es denn? Aber sei unbesorgt, ich weiß schon, was mir fehlt, und der Dampf des Pulvers wird mich herstellen. Sieh, sieh! Wir sind endlich am Ziel!«

In der Tat stieg Hermosillo bei den Strahlen der aufgehenden Sonne ungefähr auf Kanonenschussweite vor ihnen auf und ließ seine weißen Häuser im Licht glänzend aufleuchten.

Die gesamte Compagnie begrüßte den heiß ersehnten Anblick mit lautem Freudengeschrei.

Es wurde Halt befohlen.

Die Stadt war still. Sie schien verlassen, denn kein Laut erhob sich hinter ihren Mauern. Alles war so stumm, ruhig und tot, dass man hätte glauben können, jene Stadt aus Tausend und einer Nacht vor sich zu haben, welche ein böser Zauberer in ewigen Schlaf versetzt hat.

Die Gegend war wie ausgestorben. Nur einige Bruchstücke von Waffen, Uniformen und Sandalen sowie Geleise der Wagenräder verrieten, dass die Truppen des Generals Guerrero vor Kurzem vorübergezogen seien.

Der Graf musterte eine Zeit lang die Stadt sehr sorgfältig, um seine letzten Anweisungen zu ergreifen.

Plötzlich erschienen zwei Reiter am Zugang der Brücke und ritten auf die Compagnie zu, indem sie Friedensfahnen schwangen.

»Lasst hören, was die Leute wollen«, sagte der Graf. Bei diesen Worten ritt er ihnen entgegen.

»Was wollen Sie, meine Herren, und wer sind Sie?«, fragte er, als er sie erreicht hatte.

»Wir wünschen mit dem Grafen von Prèbois-Crancé zu sprechen«, sagte einer der Reiter.

»Ich bin der Graf von Prèbois-Crancé. Sagen Sie mir, was Sie herführt.«

»Ich bin ein Franzose, mein Herr Graf«, sagte der Erste.

»Ich erkenne Sie, mein Herr. Ihr Name ist, wie ich glaube, Thollus und Sie sind Kaufmann in Hermosillo.«

»Ganz recht, Herr Graf. Mein Begleiter ist der Señor …«

»Don Sacinto Sabali, ein juez de litras, glaube ich, oder etwas Ähnliches und treuer Freund des Generals Guerreros. Nun meine Herren, ich gestehe, dass ich nicht recht begreife, was wir miteinander zu reden haben könnten.«

»Verzeihung, Herr Graf. Der Señor Don Flavio Asustado, Präfekt von Hermosillo, schickt uns zu Ihnen, um Ihnen Vorschläge zu machen.«

»So, so!«, sagte der Graf auf seinen Bart beißend, »wirklich?«

»Ja, Herr Graf, und zwar sehr vorteilhafte Vorschläge«, fuhr der Kaufmann in einschmeichelndem Ton fort.

»Vielleicht für Sie, mein Herr, der wie Sie mit Kattun und falschem Schmuck handeln, für mich aber schwerlich.«

»Gestatten Sie mir doch, meinen Auftrag auszurichten, und Ihnen besagte Vorschläge vorzutragen, vielleicht dass …«

»Recht gern, Bester, ich bin ja vollkommen einverstanden damit. Richten Sie immerhin Ihren Auftrag aus, das ist nicht mehr wie billig, nur bitte ich, sich zu beeilen, denn ich habe wenig Zeit.«

Herr Thollus richtete sich empor, und nachdem er sich mit seinem Begleiter kurze Zeit beraten hatte, redete er folgendermaßen zu Don Louis, der kalt und gemessen vor ihm stand.

»Herr Graf, Don Flavio de Asustado, welchem zu vertreten ich die Ehre habe …«

»Das wissen wir bereits, zur Sache!«, unterbrach ihn Don Louis ungeduldig.

»Bietet Ihnen für den Fall, dass Sie sich mit Ihrer Truppe entfernen, ohne die Stadt zu beunruhigen, an«, fuhr der Kaufmann fort, »Ihnen eine Summe von …«

»Genug, mein Herr«, fiel ihm der Graf ins Wort, während die Röte der Entrüstung auf seinen Wangen brannte. »Wenn Sie noch ein Wort sagen, würden Sie eine Beleidigung aussprechen, die ich trotz Ihrer Eigenschaft als Parlamentär nicht ungestraft lassen könnte. Hat ein Mann wie Sie, der den französischen Namen führt, die Stirn, einen so entehrenden Auftrag zu übernehmen? Sie lügen, wenn Sie sagen, dass Sie mein Landsmann sind. Ich verleugne Sie als solchen.«

»Aber, Herr Graf …«, stotterte der arme Teufel, der über die derbe Zurechtweisung ganz bestürzt war, und nicht wusste, was er dazu sagen sollte.

»Genug«, unterbrach ihn der Graf. Daraufhin zog er die Uhr aus der Tasche und fuhr in gebieterischem Ton, der keinen Widerspruch duldete, fort: »Sehen Sie, es ist jetzt acht Uhr. Gehen Sie zu Ihrem Präfekten und sagen Sie ihm, dass ich in zwei Stunden die Stadt angreifen, und um elf Uhr in derselben einziehen werde. Gehen Sie.« Er befahl ihnen hierauf mit einer Gebärde der tiefsten Verachtung, sich zu entfernen.

Die unglücklichen Gesandten ließen es sich nicht zwei Mal sagen. Sie wendeten ihre Pferde und kehrten sehr niedergeschlagen heim.

Der Graf sprengte zurück an die Spitze seiner Truppe. Die Offiziere waren vor den in einer Reihe aufgestellten Soldaten versammelt und erwarteten das Resultat der Konferenz mit Ungeduld.

»Meine Herren«, sagte der Graf zurückkehrend, »halten wir uns bereit, uns zu schlagen.«

Diese Worte wurden mit lautem Jubel begrüßt, der die Parlamentäre veranlasste, ihre Schritte noch mehr zu beschleunigen, denn das Freudengeschrei klang ihnen wie ein Totenlied.

Der Graf wies hierauf jedem mit bewundernswürdiger Umsicht und Klarheit seinen Platz an, wo er während des Kampfes bleiben sollte. Die sämtliche Reiterei wurde unter den Befehl des Capitains de Laville gestellt. Don Cornelio, der erst am vorhergehenden Abend wieder eingetroffen war, sollte Adjutantendienste bei ihm versehen, und Valentin erhielt auf seinem Wunsch den Befehl über die kanadischen Jäger und die Indianer, mit der Befugnis, so zu handeln, wie er es für das allgemeine Beste am angemessensten halte.

De Laville wurde mit ungefähr zehn Reitern auf Aufklärung ausgeschickt.

Er kam bald zurück und berichtete, dass die Stadt in vollkommenem Verteidigungszustand zu sein scheine, dass die Dächer anfingen, sich mit Soldaten anzufüllen, mit allen Glocken der Stadt Sturm geläutet werde und die Trommeln ein furchtbares Getöse machten.

In dem Augenblick meldete ein Spion, dass die Bagagewagen von einer Truppe von dreihundert Indianern bedroht zu werden schienen. Der Graf schickte sofort zehn Mann als Verstärkung für die kleine Besatzung, welche er zurückgelassen hatte, ab.

Nachdem dieser letzten Pflicht genügt worden war, befahl er den Kreis zu schließen, in dessen Mitte er sich stellte, und mit bewegter Stimme wie folgt sprach:

»Kameraden! Die Stunde hat endlich geschlagen, wo wir uns für alle Kränkungen und schändlichen Verleumdungen, deren Opfer wir seit zwei Monaten waren, rächen werden! Vergessen wir aber nicht, dass wir Franzosen sind, und seien wir nach erfochtenem Sieg eben so großmütig, wie wir gegen die Kränkungen geduldig gewesen sind. Nicht wir haben den Krieg gewollt. Da man uns aber zu demselben zwingt, wollen wir ihn ertragen. Vergessen wir auch nicht, dass wir für die Befreiung eines Volkes kämpfen und unsere heutigen Gegner morgen unsere Brüder sein werden. Wir wollen furchtbar im Kampf aber sanft nach demselben sein. Nun noch ein Wort, vielmehr eine letzte Bitte: Überlasst den Mexikanern die Verantwortlichkeit des ersten Schusses, damit es offenbar sei, dass wir bis zuletzt den Frieden gewünscht haben. Auf, Ihr Brüder, und es lebe Frankreich!«

»Es lebe Frankreich!«, riefen die Abenteurer ihre Waffen schwingend.

»Jedermann auf seinen Posten!«, befahl der Graf.

Der Befehl wurde mit bewunderungswürdiger Pünktlichkeit befolgt.

Don Louis zog seine Uhr hervor. Es war zehn Uhr. Da zog er seinen Säbel, schwang ihn über seinem Kopf, wandte sich zu der Compagnie, welche die Augen auf ihn gerichtet hatte, und rief mit hell tönender Stimme: »Vorwärts!«

»Vorwärts!«, wiederholten die Offiziere.

Die Kolonne setzte sich mit der größten Ordnung in Bewegung und rückte mit dem Gewehr im Arm im Sturmschritte an. Wir haben schon früher die Brücke erwähnt, welche als Einzige zur Stadt führte. Diese war verbarrikadiert worden und wurde von einem Haus aus verteidigt, das vom Keller bis zum Dach mit Soldaten vollgestopft war.

Totenstille herrschte rings umher. Die Franzosen marschierten so gelassen, aufrecht, und zuversichtlich heran, als ginge es zu einer Parade.

Sobald sie in Flintenschussweite gekommen waren, flammten die Mauern wie ein feuriger Gürtel, und ein furchtbarer Kugelregen lichtete die Reihen der Franzosen.

Die Compagnie zerstreute sich sofort in einzelne Tirailleure und kam im Sturmschritte heran.

Nun entwickelte sich der unglaubliche, unerhörte Kampf zwischen den zwölftausend Bewohnern einer mit festen Mauern umgebenen Stadt, und zweihundertundfünfzig Mann, die in indianischer Ordnung, das heißt einer hinter dem anderen standen.

Die Geschütze wurden von den Artilleristen eigenhändig gezogen und hielten Schritt mit der Mannschaft. Sie hielten nur an, um zu schießen und zu laden.

Ehe die Mexikaner sich besinnen konnten, stürmten die Franzosen wie ein Wirbelwind auf sie ein, griffen sie mit der blanken Waffe an, vertrieben die Verteidiger der Brücke, welche sie besetzten, zogen unaufhaltsam in die Stadt ein, und trieben alles, was ihnen in den Weg kam, mit unwiderstehlicher Gewalt vor sich her.

Jetzt begann die eigentliche Schlacht. Die Franzosen sahen vier, mit Kartätschen geladene Kanonen gegen sich gerichtet, welche die Straße, in welcher sie sich befanden, in ihrer ganzen Länge bestrichen, während rechts und links aus den Fenstern der Häuser ein Kugelregen auf sie niederprasselte.

Die Lage fing an, bedenklich zu werden. Der Graf sprang vom Pferd, wandte sich zu seinen Soldaten und rief ihnen, indem er voraneilte, zu: »Wer nimmt die Kanonen?«

»Wir! Wir!«, brüllten die Franzosen, indem sie ihm mit beispiellosem Feuer folgten.

Die Artilleristen wurden neben ihren Kanonen niedergehauen und die Mündungen sofort gegen die Mexikaner gewendet.

In dem Augenblick erblickte der Graf Valentin und seine Jäger, von einer Rauchwolke umgeben, die sich wie Teufel schlugen, und die Indianer, welche vergebens versuchten, ihnen Widerstand zu leisten, unbarmherzig niedermetzelten.

»Mein Gott!«, rief der schwarze Hirsch bei jedem Säbelhieb voller Zuversicht aus, »welch ein guter Einfall war es doch von mir, dass ich gekommen bin!«

»Der Einfall war nicht übel!«, versetzte Belhumeur und hieb mit verdoppeltem Eifer um sich. Valentin hatte die Stadt umschlichen, und sich einer stehen gelassenen Leiter bedient, um die Mauer zu erklettern und den dort aufgestellten, unter dem Befehl eines Offiziers, stehenden Posten ohne Schwertstreich gefangen zu nehmen.

»Schönen Dank für die Leiter, Kamerad«, rief er Letzterem hohnlachend zu, worauf er die Tore der Stadt öffnete und die französische Reiterei einließ.

Die Mexikaner schlugen sich indessen mit verzweifeltem Mut.

Der General Guerrero, der den Franzosen eine so derbe Lehre hatte geben wollen, war von dem Mut derselben so überrascht und bestürzt, dass er nicht wusste, was er tun sollte, um dem unaufhaltsamen Vordringen jener unüberwindlichen Teufel, wie er sie nannte, Einhalt zu gebieten. Nichts konnte sie abschrecken, und statt das Feuer der Feinde zu erwidern, kämpften sie seit ihrer ersten Salve nur noch mit der blanken Waffe.

Da sich der General überall geschlagen sah, sammelte er seine Leute auf der Alameda, deren Zugänge er mit Kanonen besetzen ließ, die mit Kartätschen geladen waren.

Die Mexikaner waren trotz der starken Verluste, welche sie erlitten hatten, noch etwa sechshundert Mann stark, die sämtlich entschlossen waren, sich bis auf den letzten Blutstropfen zu verteidigen.

Der Graf schickte Don Cornelio mit dem Befehl an den Capitain de Laville, die letzten Verteidiger der Stadt niederzuhauen und zu schießen, während er mit der Kavallerie und Infanterie eine andere Schwenkung unternahm.

Der Capitain sprengte sofort mit verhängtem Zügel davon und stieß mit der Brust seines Pferdes alle Hindernisse um, auf welche er traf. Sein Lauf war so rasch gewesen, dass er allein vor dem Feind ankam.

Die Mexikaner waren über die unerhörte Verwegenheit jenes Mannes so betroffen, dass sie einen Augenblick unschlüssig waren. Doch begannen sie auf den wiederholten Befehl ihres Anführers auf de Laville zu feuern, der ihnen Hohn zu bieten schien, und die Kugeln pfiffen wie Hagelkörner um die Ohren des unerschrockenen Franzosen, der ruhig und gefasst im Feuer stehen blieb. Valentin erschrak über die Tollkühnheit des Capitains und rückte mit verdoppelter Eile an der Spitze der Reiterei heran.

»Was Teufel, de Laville!«, rief er ihm bewundernd entgegen, »was tun Sie denn da?«

»Ich erwarte Sie, wie Sie sehen«, antwortete er mit liebenswürdiger Unbefangenheit.

Die Franzosen fühlten sich von den großherzigen Worten so begeistert, dass sie auf die Alameda einstürmten und unter dem Jubelruf Es lebe Frankreich! eine mörderische Salve auf die Feinde feuerten. Die Infanterie des Grafen beantwortete den Ruf von der anderen Seite der Alameda, indem sie mit dem Bajonett auf den Feind losging.

Es entstand ein kurzer aber furchtbarer, verzweiflungsvoller Kampf.

Der Graf stand im dichtesten Gewühl und schlug sich wie der geringste seiner Soldaten, indem er die Leute fortwährend anfeuerte und immer weiter vordrang. Endlich sahen sich die Mexikaner trotz ihres verzweifelten Widerstandes gezwungen, vor den unbarmherzigen Streichen der Franzosen, welchen sie keinen ernsten Widerstand entgegenzusetzen vermochten, und deren verwegener Mut sie mit Schrecken erfüllte und ihnen so übernatürlich vorkam, dass sie sie für Teufel hielten, zu weichen und flohen in allen Richtungen.

Trotz der Müdigkeit der Pferde verfolgte de Laville die Flüchtlinge an der Spitze der Reiterei.

Hermosillo war erobert, der Graf von Prèbois-Crancé hatte gesiegt.

Er hielt mitten unter den Leichen, die um ihn herum aufgehäuft waren, inne und zog gelassen seine Uhr.

Es war elf Uhr.

Er hatte seinen am selben Morgen gegen die Parlamentäre ausgesprochenen Entschluss pünktlich vollbracht und war Punkt elf Uhr Herr der Stadt.

Der Kampf hatte eine Stunde gedauert.

»Jetzt ist die Stadt unser, meine Brüder«, sagte der Graf, indem er seinen Säbel in die Scheide steckte.

»Es ist Blut genug geflossen, stehen wir jetzt den Verwundeten bei. Es lebe Frankreich!«

»Es lebe Frankreich!«, jubelten die Abenteurer mit ausgelassener Freude.