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Captain Concho – Band 58

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 58
Im Feuersturm von Louisiana

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Der Angriff auf Stockade Redan, Teil 9

Kurzinhalt:
Die Yankees gönnen den Rebellen keine Atempause! Gerade erst hat die Konföderation die Festung Vicksburg vor dem Schlimmsten bewahrt, da überziehen die Blauröcke Louisiana mit einem Gewitter aus Feuer und Stahl. Die Banks-Armee rückt an! Doch in Louisiana liegt nicht eine einzige schlagkräftige Truppe der Rebellen. So erhalten Captain Concho und seine Männer den Befehl, diesen übermächtigen Gegner zu stoppen – ein Himmelfahrtskommando! Und schon bald sieht es so aus, als solle sich das Schicksal des legendären Rebellen in der Feuerhölle von Louisiana erfüllen …

Leseprobe:

Der Händlerkarren stand am gegenüberliegenden Straßenrand. Der alte Mann hatte das Bordbrett heruntergeklappt, war nach vorn gegangen und versorgte nun die Pferde. Ein hübsches, frisches Girl sortierte auf dem Karren die Waren, als erwarteten die beiden große Kundschaft.

Sergeant Forscreek und Corporal Finnewacker hockten in »Räuberzivil« auf dem Balkongeländer eines Saloons und schauten sehnsüchtig hinüber.

»Menschenskind!«, sagte Finnewacker. »Wollen wir nicht mal eine Fünfzehn machen?«

»Eine Fünfzehn? Mann, du sitzt seit drei Stunden auf deinem Hintern«, versetzte Forscreek. »Was willst du denn noch?«

»Das Girl da drüben!«, stöhnte Finnewacker. »Ich möchte mal für eine Fünfzehn aus dem ganzen verdammten Scheißkrieg aussteigen, verstehst du?«

»Ich verstehe das schon. Aber sonst niemand.«

Finnewacker musterte den Kameraden mit schrägem Blick. »Keinen Sinn für Romantik mehr, was? Die Rübe haben dir die Yankees nicht weggeschossen, aber scheinbar das Gemüt. Geht dir nicht das Herz auf, wenn du so eine Zuckerpuppe siehst?«

»Du quatschst vielleicht mal wieder einen Reis zusammen!«, knurrte Forscreek verärgert. »Gemüt! Romantik! Harte Realität ist, dass wir zwei sind und sie ist nur eine. Wollen wir sie auswürfeln?«

»Warum nicht?«, griente Finnewacker.

»Das ist das Gemüt eines Fleischerhundes!«, erwiderte Forscreek. »Aber das hat mit dem Krieg und auch mit den Yankees nichts zu tun. So ein Brummer bist du schon immer gewesen!«

»Woher willst du das wissen? Du hast mich doch vor dem Krieg gar nicht gekannt.«

»Na, Gott sei Dank! Dich auch noch vor dem Krieg! Wer soll das wohl ertragen?«

»Rübensau!«, versetzte Finnewacker und beobachtete das Mädchen weiter. Wie sie da auf dem Wagen herumturnte! Anmutig und ungeheuer grazil waren ihre Bewegungen. Die schlanken Beine konnte man sehen aber auch, dass sie unter der Bluse kein Mieder trug. Hin und her schaukelten die kleinen süßen Dinger. Finnewacker war von diesem Anblick rein verhext.

Entschlossen glitt er vom Geländer. Forscreek hielt ihn fest. »Da!«, sagte er nur.

Finnewacker schaute nach links und sah eigentlich nichts Besonderes. Corporal Oscura kam von der anderen Seite her auf einem Esel angeritten. Wie ein waschechter Mexikaner sah er aus. Er trug einen Sombrero und einen Poncho, unter dem er ein ganzes Waffenarsenal versteckt hatte.

»Was will der Kleine denn schon hier, dieser Kaffer?«, fragte Finnewacker gereizt.

»Vergiss mal das Girl und halte den Staubzucker parat«, sagte Forscreek. »Das kann ja nur heißen, dass die Yankees gleich kommen, oder?«

Finnewacker hatte nur Augen für das Girl. Oscura kam grinsend auf dem Esel herangezuckelt und hielt prompt da drüben an. Er kam auch sofort mit dem Girl ins Gespräch. Das Mädchen stieg vom Wagen, lehnte sich dagegen, verschränkte die Arme und unterhielt sich mit ihm.

»Er soll gefälligst weiterreiten!«, zischte Finnewacker.

»Warum?« Forscreek griente. »Er hat doch das Rennen gemacht. Wenn es jetzt eine Fünfzehn gibt, ist er schon mal am Zug.«

»Diesem Weiberhelden salze ich die Hörner!«, knurrte Finnewacker. »Dem stelle ich alle Weichen. Hier, mitten in der Stadt, hat er gar nichts zu suchen. Das ist unser Kommando.«

Lieutenant Benson stand plötzlich vor ihnen. Er trug ebenfalls Zivil. In seiner Uniform war er ja ein schicker Kerl. Aber in diesen Klamotten, die ihm da verpasst worden waren, sah er wie eine Vogelscheuche aus. Mit den Hosen kam er durch jedes Hochwasser, ohne sie nass zu machen. Die Jackenärmel waren ihm auch zu kurz. Eine glatte Unmöglichkeit aber war der Hut. Der saß ihm tatsächlich auf den Ohren! Legte er sie an, sah er nichts mehr.

»Sergeant Forscreek und Corporal Finnewacker auf Posten!«, meldete Forscreek, ohne Haltung anzunehmen. »Auf Posten nichts Neues!«

»Vom bösen Feind noch nichts zu sehen?«, fragte der lange Lieutenant, den Blick auf den Karren gerichtet. So ein hübsches Girl hatte auch er lange nicht mehr erblickt. Wo denn auch? Seit Tagen waren sie durch die Wildnis gezogen, Captain Concho und seine Reiter.

»Nein, Sir!«, erwiderte Forscreek eifrig. »Bis jetzt Fehlanzeige. Kein Yankee weit und breit.«

»Na, das wird sich ja hoffentlich noch ändern. Was sind denn das für Leute?« Benson wies mit einer Kopfbewegung zu dem Karren hinüber.

»Händler!«, sagte Forscreek. »Händler, die auf die große Kundschaft warten. Aber die Leute aus dem Ort gehen an dem Karren achtlos vorüber. Das sieht man ja.«

»Nur Oscura bleibt da kleben!«, knirschte Finnewacker.

Benson pfiff durch die Finger. Nicht nur Passanten sahen her, auch der als Mexikaner verkleidete Oscura und das hübsche Girl.

»He, Muchacho!«, rief Benson und winkte ihm zu. »Pasada, pasada!«

Er sollte durchreiten. Auf Spanisch rief Benson das, weil der Corporal ja wie ein Mexikaner gekleidet war.

»Was ist los?«, rief der Kleine.

»Was los ist?«, entsetzte sich Benson. »Ist der Kerl verrückt?«

»Oscura hat die Hühner!«, sagte Forscreek feixend.

»Das war Spanisch, du Nuss!«, rief Finnewacker über die Straße. »Du sollst abhauen! Weiterreiten! Pasada, pasada, Compadre! Armleuchter!«

»Compadre! « Forscreek lachte. »Das ist genauso bescheuert! Compatriota – Landsmann! Oder Companero – Kumpel.«

»Der Weiberheld ist weder mein Landsmann noch mein Kumpel!«, knirschte Finnewacker.

»Dein Compadre aber auch nicht«, griente Forscreek.

Der Kleine brachte den Esel in Gang, wendete aber abrupt.

Die Ursache war eine Yankeepatrouille, die da plötzlich im scharfen Trab in das kleine Städtchen geritten kam!

»Yankees!«, tönte eine schrille Stimme, und die Passanten flohen von der Straße.

»Sergeant Forscreek meldet, da kommt der böse Feind!«, sagte Forscreek trocken.

Benson schaute Oscura nach. »Warum haut er denn ab, verdammt?«

Doch da stoppte der Kleine den Esel, lenkte ihn an den Straßenrand und schwang sich von seinem Rücken.

Finnewacker schaute den Yankees entgegen. Es waren etwa zwanzig Reiter, die nicht in Formation, sondern im Rudel herangedonnert kamen.

Es handelte sich um Negersoldaten.

»Die lassen wir passieren!«, sagte Benson. »Achtung! Das ist eine Vorhut!«

Drüben stand der alte Mann jetzt bei dem Girl am Karren. Beide zeigten freundliche Gesichter. Der Oldtimer zog den Hut, rief den Yankees etwas entgegen und zeigte auf seine Waren.

»Mensch!«, sagte Forscreek in Bensons Richtung. »Wir können und können die Yankees nicht finden, und die beiden haben hier auf sie gewartet.«

Die Kavalkade hämmerte heran, lenkte die Pferde zu dem Händlerkarren und umringte ihn. Geschrei klang herüber. Die Yankeesoldaten kauften aber nicht ein, wie das der Oldtimer und das Girl erwartet hatten, sondern plünderten den Karren.

Der alte Mann und das Mädchen versuchten, das zu verhindern. Das Girl warf sich mit ausgebreiteten Armen auf die Waren, und der Oldtimer riss den Soldaten die geraubten Gegenstände wieder aus den Händen. Zwei Melonen und ein paar Schuhe konnte er zurückerobern. Dann bekam er einen Gewehrkolben über den Schädel und stürzte blutend zu Boden.

Die Soldaten stiegen von den Pferden und stopften sich die Taschen voll. Der räuberische Haufen wurde von einem Sergeant geführt.

In Sekundenschnelle spielte sich das alles ab.

»Diese Schweine!«, zischte Finnewacker dem langen Lieutenant ins Gesicht, der zum Stadtausgang blickte und den Haupttrupp zu suchen schien. Finnewacker sah sich um. Die Straße führte in schnurgerader Richtung aus dem Ort ins freie Land hinaus. Aber da war von Yankees nichts zu sehen.

»Achtung!«, raunte da Forscreek. »Der Kleine!«

Ducken konnten sie sich gerade noch. Dann schlugen die von Sergeant Forscreek selbst fabrizierten Handgranaten schon auf und explodierten vor und zwischen den Negersoldaten.

Es blitzte und krachte, und der Donnerschlag der Doppelexplosion ließ den Boden und die umstehenden Häuser erbeben. Oscura schien beide Handgranaten gleichzeitig abgezogen zu haben.

Aufsteilend und schrill wiehernd warfen sich die zwanzig Pferde geschlossen herum und rasten die Straße entlang zurück.

Die Soldaten rannten so schnell sie nur konnten hinter den Pferden her. Der Sergeant war der Letzte.

Sekunden später war die Meute wie ein Spuk wieder aus der Ortschaft verschwunden.

Oscura war auf die Straße getreten, stand neben dem Esel und hielt den Karabiner in den Fäusten. Auch der lange Lieutenant, Finnewacker und Forscreek hatten die Waffen gezogen. Zum Schuss war nicht einer gekommen. Das war ja nicht nötig gewesen.

Sie liefen über die Straße zu dem Oldtimer und dem Girl.

Auf der Fahrbahn lagen Gewehre, blaue Mützen und der größte Teil der Waren des Händlers verstreut herum. Die Pferde waren mit dem Karren ein Stück nach vorn geruckt und dann auf den Sideway ausgewichen. Forscreek holte das Gespann auf die Fahrbahn zurück und sprach den Tieren beruhigend zu.

Benson fluchte und stemmte die Fäuste ein. Er hatte Yankees suchen und Gefangene machen sollen, damit sie endlich erfuhren, wo sich Yankee General Banks’ Armee befand, die sie am Vormarsch nach Port Hudson hindern sollten. Wie auch immer. Hauptsache, sie brachten das noch zuwege.

Benson wollte Oscura zusammenstauchen, weil er ohne Befehl die Handgranaten geworfen hatte. Doch als er das weinende Mädchen und den verletzten Oldman sah, unterließ er das.

Einwohner traten aus den Häusern. Mehrere Frauen kümmerten sich um den Händler und seine Tochter und führten beide von der Straße.

»Was seid ihr für welche?«, fragte ein aufgebrachter Mann. »Guerillas? Seid ihr verrückt geworden? Wie viele seid ihr denn? Könnt ihr uns beschützen? Die Yankees werden kommen und unsere Stadt dem Erdboden gleichmachen.«

Aufregung herrschte da plötzlich. Die Einwohner luden alle Furcht vor dem Kommenden und ihren Zorn auf die vier Konföderierten Soldaten ab.

Benson versuchte, die Leute zu beruhigen. Er versuchte es! Denn was konnte er ihnen schon sagen? Captain Concho befand sich mit seinen Reitern in der Nähe. Aber wenn er seinen kläglichen Haufen auf zehn Mann wieder aufgefüllt haben wollte, mussten sie zu ihm zurückkehren,

Captain Conchos Einheit war die einzige reguläre Truppe, die sich zurzeit auf dem Territorium von Louisiana befand. Reste von Guerillas sollte es noch geben, auf die die Yankees unter General Butler lange Zeit erbarmungslos Jagd gemacht hatten. Doch wo die sich befanden, wusste keiner. Es konnte in ganz Louisiana zurzeit auch niemand sagen, ob von diesen Partisaneneinheiten überhaupt welche übrig geblieben waren.

Beruhigen konnte der lange Lieutenant die Einwohner also nicht. Es gelang ihm nur, sich schließlich mit seinen Männern abzusetzen und die Stadt zu verlassen.

Schuldbewusst ritt Oscura auf seinem Esel hinter den drei Kameraden her.

»Ich habe an das Mädchen gedacht!«, sagte er kleinlaut, als sich Benson einmal nach ihm umsah. »Ich wollte verhindert, dass ihr Schlimmeres geschieht.«

Der Lieutenant antwortete ihm nicht. Auf der einen Seite konnte er Oscura verstehen. Aber er hatte ohne Befehl gehandelt!

Auf dem ganzen Weg dachte Benson darüber nach; dass er selbst von den Ereignissen überrumpelt worden war und vermutlich den Befehl zum Eingreifen gegeben hätte. Er hätte ihn geben müssen! Ohne jede Rücksicht auf die Folgen. Wäre er nur dazu gekommen, noch einmal Atem zu holen. Louisiana gehörte schließlich zur Konföderation. Da konnte er als Offizier nicht tatenlos zusehen, wie Yankees plünderten.

Entsprechend fiel seine Meldung aus, als sie das Camp erreichten und er Captain Concho berichtete.

Benson schilderte die Situation und fügte hinzu: »… da haben wir zwei Handgranaten geschmissen. Fort waren die Hundesöhne! Dass die so schnell stiften gehen, konnten wir nicht ahnen. Gefangene hätten wir nicht einmal machen können, wenn wir beritten gewesen wären, so schnell waren die weg.«

Corporal Oscura griente zufrieden und boxte Finnewacker in die Seite. Hatte er doch erwartet, angepfiffen und vom Captain kräftig zusammengestaucht zu werden.

»Also Fehlanzeige!«, sagte Captain Concho ruhig.

Benson zuckte mit den Schultern. »Ich kann dir nicht mal sagen, ob es sich um eine Patrouille, eine Vorhut oder einfach um einen marodierenden Haufen von Yankees gehandelt hat. Die Einwohner machten gegen uns Front, weil sie die Rache der Yankees fürchten. Ich bin heilfroh gewesen, dass ich mit den Männern aus der Ortschaft gelangt bin. Ich dachte erst, die lynchen uns oder halten uns fest, um uns an die Yankees auszuliefern.«

Captain Concho klopfte ihm auf die Schulter. »Na, nun gräm dich mal nicht. Zieht eure Uniformen wieder an. Übernimm den Laden, Ben! Ich werde mit Lu nach Trinithy reiten. Mal sehen, ob wir es besser machen.«

Er wandte sich ab und schritt zum Bagagewagen, auf dem Lu Piel saß, dieses herrliche Frauenzimmer.

Eine Spionin der Yankees war sie gewesen. In Vicksburg hatte er sie kennengelernt, als er ein Spionagenest der Yankees ausgehoben hatte.

(wb)