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Captain Concho – Band 53

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 53
Quantrills Rache

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Das »Gilbratar des Mississippi« im Jahr 1863, Teil 4

Kurzinhalt:
Für Captain Concho und seine Männer ist die Freiheit nur von kurzer Dauer. Gerade erst aus der Gewalt der Yankees entkommen, fallen sie nach einem tollkühnen Unternehmen erneut dem ehrgeizigen Colonel Somerset in die Hände. Und Concho wird vor eine teuflische Entscheidung gestellt. Er soll einen Freund verraten: William Clark Quantrill! Liefert er den Südstaatenguerilla nicht ans Messer, werden er und seine Leute als Saboteure erschossen. Concho willigt ein, denn Quantrill ist seine letzte Chance. Doch weder der Captain noch der Yankee haben mit der Verschlagenheit des Guerillas gerechnet …

Leseprobe:

Träge und bleifarben floss der Ohio nach Westen dem Mississippi zu, dem großen Vater aller Ströme. Auf den beiden Brücken, die den Fluss überspannten; erhellten Fackeln die Nacht. – Das war die Idylle …

Pausenlos, Tag und Nacht, rollten schwer beladene und mit Viererzügen bespannte Trossfahrzeuge der Unionsarmee über die Straßenbrücke nach Süden. Über die Eisenbahnbrücke dampften die Züge mit Nachschub und Versorgungsgütern südwärts. – Das war die raue Wirklichkeit …

Captain Concho stand eine halbe Meile von den Brücken entfernt bis zur Brust im Wasser, und auf sein Kommando hin stießen seine Männer die beiden mit Schilf getarnten Flöße vom Ufer ab und ließen sich von der Strömung zu den Brücken treiben. – Das war der Krieg …

Gebannt blickten die Soldaten zu den Ufern, wo die Yankees Geschütze in Stellung gebracht und Schützengräben ausgehoben hatten. Beide Brücken wurden schwer bewacht.

Über hundert Unionssoldaten, Artilleristen und Infanteristen standen rund um die Uhr bereit, um die Brücken gegen Sabotagekommandos der Konföderierten zu schützen. Denn die beiden Brücken sicherten den Nachschub aus den großen Depots in Cairo zu General Grants Armee nach Süden, die das von dreißigtausend Konföderierten gehaltene Vicksburg belagerten. Seit Monaten nun schon.

Grants Armee war von den Verteidigern immer wieder blutig abgeschlagen worden, sodass den Yankees nur noch die Taktik blieb, die Stadt und ihre Verteidiger durch schweren Artilleriebeschuss und eine völlige Blockade zu zerstören, zu demoralisieren und auszuhungern, um das strategische Ziel, den Fall der Festung, zu erreichen.

Captain Concho war mit einer Handvoll Männern aus Vicksburg ausgebrochen, um den Feind dort zu schlagen, wo er noch zu schlagen war. So wollte er den eingeschlossenen Kameraden Erleichterung verschaffen.

Das große Nachschublager bei Galopina hatten sie gesprengt.[1] In Cairo hatte William Clark Quantrill, der große Guerillaführer, mit seinen Männern das Munitionsdepot in die Luft gejagt. Nun ging es um diese beiden Brücken, die Captain Concho mit seinen Männern sprengen wollte, um die Nachschubwege von Grants Armee lahmzulegen, sodass auch die Belagerer der Festung den Gürtel enger schnallen mussten und – das war die letzte Hoffnung von General Pemberton gewesen, als er Concho diese Befehle erteilte – abziehen mussten, weil sie nicht mehr versorgt werden konnten.

Würde diese Rechnung aufgehen?

Captain Concho und seine Männer hatten nicht danach gefragt. Sie kannten ihren Befehl und ihre Aufgabe, und sie waren angetreten, um sie zu erfüllen. Für die Kameraden in Vicksburg – und für die Konföderation.

Während sie mit den Flößen lautlos dahintrieben, blickten sie voller wachsender Spannung auf die Ufer. Sie wussten alle, lass die Geschütze mit Kartätschgranaten geladen waren und sie nicht die geringste Möglichkeit zur Verteidigung besaßen, sobald sie auch nur entdeckt wurden. Traf der Yankee die Pulverladungen, kamen sie mit tödlicher Sicherheit durch die Wirkung der eigenen Waffe ums Leben.

Es regnete, wenn auch nicht in Strömen. Aber die Regenwolken verdunkelten die Nacht. Das war die Hoffnung, an die sie sich klammerten, dass ihre Aktion gelang und sie mit dem Leben davonkommen würden.

Immer deutlicher schälten sich die Feuerbögen der brennenden Fackeln aus der Nacht.

Diese Aktion war mit Quantrill und seinen Unterführern abgesprochen. Hin und wieder trug der Wind das Geräusch von heftigem Gewehrfeuer über den Fluss hinweg. Quantrill war also mit seinen Männern zur vereinbarten Zeit in Cairo eingefallen, um die nötige Verwirrung zu stiften und die Yankees auch hier an der Brücke abzulenken. An Kampftruppen lagen nur zwei Schwadronen in der Stadt. An verschiedenen Punkten. Sie würden mit Quantrill kaum fertig werden.

Zum Glück für Captain Concho und seine Männer, zum Pech der Yankees und zum Verdruss von Quantrill war Doc Jennison mit seinen zweihundert Red Legs aus Cairo wieder abgezogen. Zu gern hätte sich Quantrill mit den Red Legs gemessen, den Guerillas von der anderen Seite, die er und seine Leute als persönliche Widersacher betrachteten …

Mit Entsetzen stellten Conchos Männer fest, dass sich die Feuerbänder der Fackeln im Wasser spiegelten.

Forscreek, der neben Concho am Floß hing, schluckte und sah ihn erschrocken an.

»Ruhig Blut, Leute!«, raunte Captain Concho, denen die Blicke und Ängste seiner Männer nicht entgingen. »Schön in der Mitte halten, nicht bewegen und mit den Köpfen unter dem Schilf bleiben.«

Mit dem Feldstecher suchte er die Stellungen der Unionstruppen an beiden Ufern ab. Seiner Meinung nach hatte das Gewehrfeuer an Heftigkeit zugenommen. Aber bei den Yankees war keinerlei Unruhe zu erkennen.

Aufgeregt und nervös schob Forscreek den Hut hin und her, in dessen Band er die Streichhölzer stecken hatte.

»Mann!«, flüsterte Oscura, der hinter ihm neben dem Floßtrieb. »Mach keine Katzenscheiße!«

Forscreek drückte den Hut fest auf den Kopf und hielt sich wieder mit beiden Händen fest.

Sie trieben mit dem Floß in den Bereich der ersten Geschützstellungen links und rechts des Flusses hinein und blickten, die Hälse trocken und die Lippen spröde, starr in die Mündungen der Geschütze. Jetzt klopfte auch Captain Concho das Herz bis zum Hals!

Das zweite Floß mit Lieutenant Benson, Finnewacker und Molden befand sich nur zehn Yards und leicht versetzt hinter ihnen.

»Wenn es jetzt kracht! Mein lieber Otto!«, raunte Finnewacker, als er auf dem linken Ufer die auf sie gerichteten Geschützrohre erkannte.

Unter Wasser stieß der lange Lieutenant dem Corporal gegen das Schienbein. »Schnauze, Mann!«, haspelte er erregt. »Flossen nach rechts! Seht ihr nicht, wo der Pfeiler ist, ihr Penner?«

Sie sollten am Mittelpfeiler der Straßenbrücke anlegen, während das andere Floß darunter hindurch weiter zur zweiten Brücke treiben sollte.

Finnewacker und Molden strampelten verhalten, um das Floß wieder in die Richtung zu bekommen.

Geschrei klang plötzlich am Ufer auf, als das erste Floß durch den sich im Wasser spiegelnden Fackelschein trieb. Den Männern stockte das Blut in den Adern. Gestalten rannten am Ufer entlang.

Captain Concho nahm den Feldstecher an die Augen. Die Kunde von Quantrills Überfall hatte die Brückenwache erreicht. Die Alarmeinheiten wurden abgezogen und in die Stadt beordert.

»Na also!«, sagte Concho halblaut und mit tiefer Zufriedenheit. »Da drüben geht es jetzt rund, Leute!«

Die Männer grinsten und atmeten erleichtert auf.

Captain Concho hob das Schilfdach, reckte den Hals und schaute zu Benson hinüber. Aber der Lange hatte schon bemerkt, was sich da bei den Yankees abspielte.

Am linken Ufer rannte ein Zug Infanteristen geschlossen die Brückenrampe hinauf, verfolgt von den Blicken der Kameraden.

Das erste Floß tauchte unter den. Brückenbogen in die absolute Schwärze hinein und trieb ein Stückchen an dem Pfeiler vorbei. Einen Augenblick später machte Benson dort fest.

»Alles klar, Forscreek?«, fragte Captain Concho freudig erregt, weil die Sache bisher wie geplant verlief. »Aye, Captain!«

Concho peilte den Mittelpfeiler der zweiten Brücke an.

»Kleiner! Mit dem Hintern ein Stück rum!«, raunte er Oscura zu.

Oscura strampelte schon, und das Floß steuerte den Pfeiler haargenau an.

Es gab einen dumpfen Schlag, und das Floß erzitterte, als sie kurz darauf gegen den Mittelpfeiler stießen. Captain Concho und Oscura griffen blitzschnell zu und hielten sich am Pfeiler fest. Forscreek wandte sich vom Floß ab und kletterte die Holzkonstruktion hinauf.

Auch Captain Concho ließ das Floß los und suchte am Pfeiler Halt. Dann reichte er Forscreek das Pulverfass und die Zündschnur. Große Schweißtropfen fielen vom Gesicht des Sergeanten auf Conchos rechten Arm.

Benson, Finnewacker und Molden hatten schon wieder abgelegt und trieben heran.

Beeilen, Forscreek!, wollte Concho befehlen, unterließ dies aber, um den Sergeanten nicht nervös zu machen.

Da flammte schon das Streichholz auf. Funken sprühten, und heller Rauch quoll zum Himmel empor.

Forscreek plumpste ins Wasser. »Fertig, Captain!«

Das zweite Floß war schon heran. Seite an Seite trieben sie unter der Brücke hindurch der Mündung des Ohio in den Mississippi entgegen.

Schwarz war die Nacht um sie herum. Die Männer schienen in einen riesigen, spiegelglatten See hineinzutreiben.

»Marsch voran! Alle Mann! Und wir ziehen weiter … «‚ summte der kleine Oscura.

»Lied aus!«, raunte Captain Concho scharf, den Blick auf die letzte Stellung am rechten Ufer gerichtet.

Oscura verstummte sofort wieder. Alle waren so froh und erleichtert wie er. Sie waren davongekommen. Die Flöße trieben Seite an Seite in den Mississippi hinein und wurden von dessen Strömung erfasst. Rasch nahm ihre Fahrt zu.

Forscreek, Oscura, Finnewacker und Molden hielten mit den Händen beide Flöße fest, um sie zusammenzuhalten. Dabei starrten sie zur Eisenbahnbrücke hinüber. Die Straßenbrücke konnten sie schon nicht mehr sehen.

Ein Zug dampfte da heran. Wie ein riesiger Zeigefinger stach der Kegel des gewaltigen Scheinwerfers in die Nacht, und unter der Lok leuchtete das Kesselfeuer rot wie Flammen der Hölle.

Genau auf der Brücke befand sich der Zug, als die Sprengladung am hölzernen Mittelpfosten der Straßenbrücke explodierte.

Der Donnerschlag schien den Männern die Trommelfelle zu zerreißen. Greller Feuerschein spiegelte sich auf der Oberfläche des Mississippi wider.

Nur einen Atemzug später erfolgte die zweite Explosion.

Die Münder geöffnet, starrten die Männer in die Nacht, fasziniert von dem Schauspiel. Für den Bruchteil einer Sekunde war die Szenerie unter der Brücke taghell erleuchtet. Der Pfeiler flog auseinander.

Concho und seine Leute sahen die Pfosten und Stämme durch die Luft fliegen, auch die Yankees an beiden Ufern. Dann brach die Brücke berstend und krachend zusammen, stürzte in den Fluss und riss den Zug mit in die Tiefe.

Eine riesige Flutwelle schoss auf die Männer zu und brachte die Flöße zum Schaukeln.

Das Donnern und Tosen schien kein Ende zu nehmen.

»Farmen und Städte flogen

vorüber an unserem Blick«, begann Oscura zu singen, und nun stoppte ihn keiner mehr. Alle sangen mit.

»Wir sind immer weiter gezogen,

für uns gibt es kein Zurück.

Marsch voran! Alle Mann!

Und wir ziehen weiter!

Hurtig sind, wie der Wind,

Captain Conchos Reiter!«

Über den Fluss hinweg hallte Lied der Männer durch die Nacht.

»Es knirschen Zaumzeug und Zügel,

der Wimpel hoch über uns weht.

Wir reiten und reiten und singen,

 bis das Herze uns steht …«

(wb)



[1] siehe Captain Concho 51