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Westernkurier 02/2010

Let’s go to the Rodeo, Ladys

Auf ein Wort Stranger, unser heutiges Augenmerk in der Geschichte des Western richten wir auf Let’s go to the Rodeo, Ladys.

Frauen, die auf Ranches aufwuchsen, saßen auf einem Pferd, bevor sie sprechen konnten, wussten als junge Mädchen bereits, wie man Wildpferde zuritt und Bullen einfing. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen die Frauen beim jährlichen Zusammentreiben der Herden, mit den Männern in den Wettstreit zu treten.

Das Rodeo entstand Mitte des Jahrhunderts, als man Tausende von Rindern und Pferden einmal im Jahr in die Städte trieb, um sie zu verkaufen. Die Cowboys wollten sich bei dieser Gelegenheit amüsieren und maßen sich in Wettbewerben wie Pferderennen, Zureiten, Brandzeichensetzen. Die Round-ups waren Bestandteil des Lebens im Westen und entwickelten sich mit der Zeit zu großen Veranstaltungen, die meist um den 4. Juli gefeiert wurden. Die Menschen kamen von weit her, um daran teilzunehmen. Aus dieser Tradition entstanden die Rodeos und Wildwest-Shows.

Rodeo war die erste Sportart, bei der es Frauen gestattet war, gegen Männer anzutreten. Sie mussten dieselben Vorschriften und Bedingungen einhalten und hatten zudem noch mit Kleidervorschriften zu kämpfen, um nicht gegen gesellschaftliche Regeln zu verstoßen. Röcke und weite Pumphosen behinderten ihre Bewegungsfreiheit und führten manchmal zu Unfällen. Viele zogen sich Quetschungen, Brüche und Zerrungen zu und manchmal ritt der Tod mit. Bonnie McCarroll verlor 1929 bei ihrem wilden Ritt die Zügel, stürzte und erlag acht Tage später ihren Verletzungen.

Die Frauen betrieben diese Sportart mit derselben Leidenschaft wie die Männer und erschienen oft mit einfallsreicher Aufmachung. Sie verzierten ihre Westen und Hemden mit Perlen und Pailletten, staffierten sich mit Seidenschärpen und leuchtenden Tüchern (Bandannas), aus und die Kühnsten unter ihnen trugen bunte Federn im Hut. Allmählich ersetzte der Hosenrock den Rock und reichte nur noch bis zum Stiefelschaft.

Es dauerte geraume Zeit, bis eine Frau es wagte, an einem Rodeo teilzunehmen. 1897 ritt Bertha Kaelpernick über hundert Meilen, um bei den Frontier Days in Cheyenne an einem Pferderennen mitzumachen. Den Zutritt zur Arena gewährte man ihr nur, weil die Cowboys wegen des schlammigen Bodens die Teilnahme verweigerten. Um die Zuschauer zu erheitern, gab man Bertha ein bockiges Pferd, doch zum Erstaunen aller blieb sie im Sattel, absolvierte einen wahren Höllenritt und beschämte die Cowboys. 1904 war Bertha ein Höhepunkt in der Show von Claude Williams und gewann viermal das Roman Racing in Pendleton, bei dem man sich aufrecht auf zwei Pferden halten musste. Sie trat zu allen Wettbewerben unter denselben Bedingungen wie die Männer an, wurde jedoch selten besiegt, übertrumpfte sogar häufig Cowboys wie Hoot Gibson.

Hoot Gibson (1892 – 1962), geboren als Edmund Richard Gibson in Tekamah, Nebraska, arbeitete als Teenager auf einer Ranch und entwickelte sich zu einem hervorragenden Reiter. Ab 1910 wirkte er in mehreren Westernfilmen mit, aber seine Liebe galt dem Rodeo. 1912 gewann er die Allround-Meisterschaft in Pendleton und die Championsship bei der Calgery Stampede.

Vier Jahre später ritt Prairie Rose Henderson, Tochter eines Ranchers aus Wyoming, nach Cheyenne, um an einem Wettbewerb im Zureiten von Mustangs teilzunehmen. Man verwehrte ihr den Zutritt, da Frauen bei Bewerben nicht zugelassen wurden. Rose verlangte, die Wettbewerbsregeln einzusehen. Widerstrebend ließen die Richter Rose antreten, denn es war nichts dergleichen niedergeschrieben. Ihr Auftritt war eine Sensation. Sie verlor, aber gewann trotzdem in gewisser Weise. Mit ihrem Auftritt ebnete sie ihren Geschlechtsgenossinnen den Weg für die Teilnahme an künftigen Bewerben. Später errang Rose viele Siege bei weiteren Rodeos und war eines der schillernsten Cowgirls ihrer Zeit. Beim Rodeo in Gordon, Nebraska trug sie Pumphosen, eine mit glitzernden Pailletten bestickte Bluse und Straußenfedern. 1932 brach sie zu einem Rodeo auf und kam in einen Schneesturm. Jahre später fand man ihre sterblichen Überreste, die nur anhand einer Gürtelschnalle, einer Auszeichnung vom Rodeo, identifiziert werden konnten.

Lorena Trickey, 1893 geboren, begeisterte sich schon früh für die Arbeit der Cowboys und wurde durch hartes Training eine gute Reiterin. 1919 gewann sie ihr erstes großes Rodeo in Pendleton, bei dem sie sich auf einem bockigen Pferd halten musste. Die 1,52 große und knapp 50 Kilo leichte Frau auf einem buckelnden Pferd war eine Sensation. Dieser Sieg war ihr Durchbruch. Sie trat zu härteren Bewerben an und gewann auch dort Auszeichnungen. Lorena war eine verschlossene Frau, die ihre Freizeit damit verbrachte, ihre Reitkünste zu verbessern. Beim Rodeo in Pendleton 1926 verfing sich ihre Hose am Sattelhorn und rutschte bis zu ihren Knöcheln hinunter. An diesem Tag trug sie keine Unterwäsche und ritt mit nacktem Hinterteil weiter. Ein Cowboy schlang seine Jacke um sie, doch statt sich bei ihrem Kavalier zu bedanken, war sie wütend, weil er sie davon abgehalten hatte, das Rennen zu beenden. Noch Jahre später erinnerten sich die Menschen an das Mädchen, das seine Hosen verlor. Nicht nur dieses eine Missgeschick geschah in diesem Jahr. Sie lernte den Rodeoarbeiter J. P. Harris kennen und zog mit ihm gemeinsam von einem Rodeo zum nächsten. Nach einer Vorstellung gerieten die beiden in Streit, in dessen Verlauf Lorena ihren Geliebten erstach. Die Reporter stürzten sich auf die Geschichte vom berühmten Cowgirl, das zur Mörderin geworden war. Rennstallbesitzer und ihre Fans sammelten Geld für ihre Verteidigung. Vor Gericht erklärte sie, sie habe in Notwehr gehandelt, da Harris sie angegriffen hätte. Die Aussage eines Arbeiters rettete sie vermutlich vor dem Gefängnis. Er sagte aus, sie sei von Harris häufig geschlagen worden. Nach dem Prozess versuchte sie in der Rodeowelt wieder Fuß zu fassen, doch wer einmal als Star seinen guten Ruf verloren hatte, für den war es schwierig. Sie ging nach Hollywood und übernahm in Filmen gefährliche Stunts. Viele Versuche unternahm sie, um wieder Fuß zu fassen, doch ihr Leben wurde nie wieder so, wie es einst war. Mit 35 lernte sie Magnus Peterson, einen Rennstallbesitzer kennen, wurde seine Partnerin und trainierte gemeinsam mit ihm Pferde. Bald war sie ein guter Jockey und nahm an Rennen teil. Doch sie war vom Pech verfolgt. Ein Zug, in dem sich ihre besten Rennpferde befanden, entgleiste und die meisten Tiere kamen um, oder mussten wegen gebrochener Glieder erschossen werden. Den letzten Auftritt als Reiterin absolvierte sie in Klamath Falls, dann zog sie mit ihrem Mann nach Tonopah in Nevada, wo sie Anteile an einer Goldmine erwarb. Im Alter von 67 starb sie. Ihr Grab befindet sich zwischen anderen Pioniergräbern auf dem kleinen Friedhof in Tonopah.

Ein weiteres tollkühnes Cowgirl war Vera Mc Ginnis, besser bekannt als Vera Mac oder Little Mac. 1894 auf einer kleinen Ranch in Missouri geboren, ritt sie als kleines Mädchen auf einem Esel. Der Kauf von Cricket, einem Mustang, war der Beginn ihrer Karriere. Mit dreizehn nahm sie erstmals an einem Rennen für Frauen teil und gewann zu jedermanns Erstaunen. Mit achtzehn schloss sie sich einem Rodeo an, das durch die Stadt zog. Sie lernte schnell, dass Rodeo nicht nur Glamour bedeutete, sondern harte, schmutzige Arbeit. Mit Fleiß und Disziplin brachte sie sich selbst das Kunstreiten bei und trat in den größten Arenen auf. Außerdem war sie eine Meisterin im Wagenrennen und Bullenreiten. Zuerst trug sie Samtpumphosen, später Hosenröcke. Sie achtete stets darauf, keinen Teil ihrer nackten Beine zu zeigen, was als verwerflich galt. Man verlieh ihr den Titel des bestgekleidetsten Cowgirls. Sie heiratete Earl Simpson, lebte mit ihm eine Zeit lang auf einer Ranch in Montana, doch die beiden trennten sich. Es war eine harte Zeit für Vera, die wenig Geld zur Verfügung hatte. In Fort Worth trat sie als erstes Cowgirl in selbst geschneiderten Männerhosen auf, andere taten es ihr gleich. 1924 schloss sie sich der Truppe von Tex Austin an und ging nach Europa. Für Vera war die Reise sehr gewinnbringend. Bei der British Empire Exhibition nahm die Gruppe in farbigen Kostümen teil und wurde von den Zuschauern mit tobendem Applaus begrüßt. Die Vorstellungen des Ensembles waren in Europa ebenso ausgebucht wie im Orient. Zurück in Amerika ging Vera nach Hollywood, wo sie in Filmen Stunts übernahm. Sie heiratete Homer Ferra, einen Pferdeausbildner und nahm weiterhin an Rodeos teil. Bei einem Sturz in Livemore, Kalifornien 1934, zog sie sich so schwere Verletzungen zu, dass sie das Rodeoreiten aufgeben musste. Sie starb 1991, einen Monat vor ihrem 97. Geburtstag.

Rodeos wie z. B. die Calgary Stampede haben sich zu einem Megaevent entwickelt. In diesen Tagen mutiert die Stadt zum Treffpunkt der Cowboys, Bullenreiter, Roper und Chuckwagon-Fahrer, die ihre Geschicklichkeit in den verschiedenen Disziplinen unter Beweis stellen und Musikern, Künstlern und all den Helfern, die im Hintergrund für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Zigtausende Westernfans aus der ganzen Welt werden ein Teil dieses Spektakels. Und mancher Mann wünscht sich derjenige zu sein, der sich mühsam auf dem buckelnden Pferd hält, den Staub der Arena einatmet, um seiner Abgebetenen zu imponieren.

Rodeo, eine Sportart für harte Jungs und mutige Girls.

So long Fellows

Eure Montana

Quellen: