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Captain Concho – Band 41

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 41
Spezialauftrag von General Lee

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Generallieutenant Lauterdale ruft Captain Concho und die vierte Brigade zu Hilfe, denn der Yankee greift mit gewaltiger Übermacht sein großes Versorgungs- und Munitionsdepot an. Doch während noch die Kanonen donnern, erhält Concho eine neue Hiobsbotschaft. General Lees Tochter und deren Freundin, eine Verwandte von General Stuart, sind in Feindeshand! Captain Concho muss Kopf und Kragen riskieren, um die beiden Mädchen im tollkühnen Handstreich aus der Gewalt der Yankees zu befreien …

Leseprobe:

Die Vierte Brigade stand im offenen Karree angetreten. Schwadronwimpel, Bataillonsstandarten und Fahnen wehten in der leichten Brise. Clairons schmetterten, und Trommeln wirbelten.

Der Kutschwagen hielt, und die beiden Kommandeure der Brigade stiegen aus. Der alte und – der neue!

Der alte war Colonel Tippman, der wegen Verletzung und Krankheit um Ablösung gebeten hatte und nach Richmond zum Kriegsministerium versetzt worden war.

Kommandos hauten über den Platz, der Hörnerklang und das rhythmische Stakkato der Trommeln brachen jäh ab.

Colonel Tippman nahm die Meldung entgegen, und dann schritt er mit Captain Concho, dem neuen Kommandeur, die Front der Soldaten ab.

Tippman ging am Stock. Trotzdem schritt er schnell aus. Er konnte seine Ungeduld kaum verbergen.

Captain Concho aber bewegte sich langsam und mit gespanntem Interesse und blickte von Mann zu Mann, sodass der Colonel immer wieder stehen bleiben musste.

Die Brigade bestand aus zwei Regimentern Kavallerie, zwei Abteilungen Artillerie, einem Signalzug und einem Musikkorps aus dreißig Hornisten, Querpfeifern und Trommlern.

Komplett ausgerüstet waren nur der Signalzug und das Musikkorps. Sie besaßen Geräte und Instrumente. Den Regimentern wie der Artillerie fehlten die Pferde.

Die Brigade hatte sämtliche Pferde an General Stuarts Reiterei abgeben müssen, der mit General Lees Armee zum Vorstoß nach Norden angetreten war.

Die Brigade hatte zwei Meilen südlich von Cold Harbor auf einer großen Pflanzung Quartier bezogen und wartete nicht auf den Einsatzbefehl, sondern auf Pferde, die General Stuart für die Brigade bei den Yankees erbeuten wollte.

Colonel Tippman machte Captain Concho mit den Offizieren bekannt, die vor ihren Einheiten Aufstellung genommen hatten.

Das zweite Bataillon im ersten Regiment führte Lieutenant Benson, Conchos ehemaliger Stellvertreter. Ein kurzer Händedruck, ein knappes Lächeln. Zu mehr war nicht Zeit.

Gleich in der A-Schwadron traf er auf die anderen bekannten Gesichter.

Sergeant Dandry, der zum Sergeant Major befördert worden war, wölbte die ohnehin schon gespannte Brust, als Captain Concho vor ihm stehen blieb.

»Gratuliere«, sagte Sam Concho.

»Danke, Sir!«, rief Dandry.

Sergeant Forscreek und Finnewacker standen ein paar Männer weiter Seite an Seite. Beide grienten. Captain Concho nickte ihnen zu, ging weiter und legte dem kleinen Oscura die Hand auf die Schulter.

»Wie geht es Ihnen, Corporal?«

»Danke, Sir! Ausgezeichnet!«, erwiderte der kleine Kerl mit heller Stimme.

Dusty, Molden, Perryton – alle drei trugen Corporalswinkel – standen nebeneinander.

Captain Concho gab jedem die Hand und gratulierte ihnen. Es war die Vertrautheit des Frontoffiziers mit dem Frontsoldaten, eine Kameradschaft voller gegenseitiger Anerkennung und Achtung, die die übliche Distanz vom Mann zum Offizier auf Äußerlichkeiten beschränkt hielt,

Colonel Tippman beobachtete es mit hochgezogenen Brauen. Die Kameraden jener Männer aber registrierten es mit bewunderndem Neid, denn sie alle spürten, dass hier ein Offizier von besonderem Maße die Brigade übernahm.

Schnell war der Rundgang beendet, und Captain Concho, der einen geschliffenen Blick für Männer besaß, wusste, woran er mit dieser Einheit war.

»Brigade Augen rechts!«, kommandierte Colonel Tippman, wechselte den Stock in die Linke und gab Concho die Hand. »Ich übergebe Ihnen das Kommando über die vierte Brigade, Captain«, sagte er laut und schneidig. Er salutierte, machte kehrt, nahm den Stock in die Rechte, hinkte zu seinem Kutschwagen, stieg ein und fuhr davon.

»Augen geradeaus!«, befahl Captain Concho. »Einheitsführer wegtreten lassen. Sämtliche Offiziere zur Besprechung zu mir.«

Er grüßte, wandte sich ab und schritt auf das große Herrenhaus der Plantage zu, in dem sämtliche Stäbe der Brigade untergebracht waren.

Die Männer kampierten in großen Zelten, die in Reih und Glied vor den Unterkünften der auf der Pflanzung beschäftigten Sklaven aufgestellt worden waren.

Die Regimentskommandeure Captain Cantrell und Captain Vanc schlossen sich Captain Concho an.

Vor dem Haus stand ein großer, weißhaariger Schwarzer in vornehmer Kleidung.

»Ich möchte deinen Herrn sprechen«, sagte Captain Concho zu ihm. »Meinen Herrn, Sir?«

»Ja, den Besitzer«, sagte Concho. Er wollte sich dem Mann vorstellen.

»Er ist der Besitzer«, raunte ihm Captain Vanc zu.

Concho musterte den großen Schwarzen erstaunt.

»Ja, ich bin der Besitzer dieser Pflanzung. Sir!«

»Captain Concho. Ich bin der neue Commander der Vierten Brigade.«

Der Schwarze lächelte freundlich. »Ich heiße Sam, Sir! Bitte fühlen Sie sich hier zu Hause, Captain. Wenn Sie einen Wunsch haben, wenden Sie sich an meine Sklaven.«

»Danke«, sagte Captain Concho knapp und ging weiter. Captain Vanc überholte ihn, öffnete ihm die Tür und führte ihn in sein Dienstzimmer.

»Wieso heißt der Kerl nur Sam«, wandte sich Captain Concho an seine Regimentskommandeure, legte den Hut auf den Schreibtisch und nahm dahinter Platz.

»Er ist bis vor zwei Jahren selbst noch Sklave hier gewesen«, erklärte Captain Cantrell. »Sein Herr muss mit ihm sehr zufrieden gewesen sein. Er hat ihm in seinem Testament nicht nur die Freiheit vermacht, sondern auch seinen gesamten Besitz.«

Captain Concho lächelte. »Was es alles gibt! Dann haben wir es hier nur mit freien Schwarzen zu tun?«

»Keineswegs«, sagte Captain Vanc. »Alle anderen sind nach wie vor Sklaven.«

»Wir haben Sam daraufhin schon angesprochen«, sagte Captain Cantrell. »Er hat die Freilassung aller Sklaven dieser Plantage verfügt. In seinem Testament. Dann geht auch der Besitz der Pflanzung an die Sklaven über. Deswegen sind die Schwarzen während der Yankeeherrschaft auch alle hiergeblieben.«

Captain Concho schüttelte lachend den Kopf. »Da ist er ja nur von Leuten umgeben, die auf seinen Tod warten.«

»Die sind alle froh, dass er noch da ist«, sagte Captain Cantrell. »Ohne ihn wissen sie mit der Plantage gar nichts anzufangen.. Und das ist nicht einmal ein Wunder. Die Leute haben ihr Leben lang stets nur getan, was von ihnen verlangt wurde. Verlangt niemand etwas von ihnen, tun sie nichts. Aber nicht aus Faulheit, sondern weil sie es nicht anders kennen. Sollte der Yankee wirklich den Krieg gewinnen, wird er es mit diesen Leuten ziemlich schwer haben.«

»Da können die Schwarzen beruhigt sein«, sagte Captain Concho entschieden. »Der Yankee wird diesen Krieg nicht gewinnen.«

Da stimmten ihm die Captains beide zu. Sie waren außer ihm die einzigen Hauptleute in der vierten Brigade. Sämtliche anderen Offiziere standen im Lieutenantsrang.

Captain Conchos großes Dienstzimmer füllte sich allmählich mit Offizieren, die sich zu Gruppen formierten, sich raunend unterhielten und zum Schreibtisch blickten.

Die Offiziere waren längst alle versammelt. Die Tür ging nicht mehr. Concho wartete vergeblich darauf, dass Captain Vanc, Captain Cantrell oder sonst wer ihm die versammelten Offiziere meldete.

Er erhob sich schließlich. Sofort trat Ruhe ein.

Captain Concho lächelte. »Ich danke Ihnen, Gentlemen, dass Sie sich eingefunden haben. Bei der nächsten Besprechung meldet mir einer von Ihnen vollzählig angetreten. Der Ranghöchste, der Dienstälteste oder der Wachoffizier.«

Die Mienen der Regimentskommandeure verschlossen sich. Ein paar der jungen Lieutenants grienten.

»Kommen wir zur Sache!«, fuhr Captain Concho fort. »Die Disziplin in dieser Brigade ist unter aller Kanone. Macht nichts, denn wir werden das ändern. Ich habe da Männer vorhin beim Appell gesehen, die hatten nicht einmal ihr Koppel um, andere standen mit offenen Jacken da, als hätte der Boss einer Holzfällerbrigade mal eben zur Arbeitsbesprechung gerufen. Das ist morgen beim Appell schon ganz anders, Gentlemen, oder ich werde mich an Sie halten. Doch das nur am Rande. Ab sofort wird der Dienstplan geändert. Ich habe doch heute Morgen tatsächlich Einheiten beobachtet, die ohne Pferde Attacke übten und …«

»Ich habe mit zwei Schwadronen das Sammeln nach der Attacke geübt«, unterbrach ihn Captain Cantrell. »Kavallerie ist zu keinem Zeitpunkt verwundbarer, als während der Auflösung nach der Attacke.«

»Das ist ein alter Lehrsatz laut Kavallerie-Exerzierordnung«, versetzte Captain Concho. »Allen Kavallerieoffizieren von der Kriegsschule her bekannt. Deswegen auch kein Grund, mich zu unterbrechen, Captain Cantrell. Aber zu einem Kavallerieeinsatz gehören Pferde. Und die haben wir nun mal nicht. Was an Pferden hier eintrifft, wird der Artillerie zugeschlagen. Wir üben deshalb ab sofort den Infanterieeinsatz. Schießen, Schanzen, Marschieren, Eilmarsch und die Eröffnung aus der Marschbewegung heraus zu in Linie aufrückenden Blöcken in bataillons- und kompaniestarken Formationen. Die Artillerie übt mit scharfer Munition direkten Kartätschenbeschuss auf anrückende Kavallerie und Infanterie und den Beschuss über sichtverdeckende Höhen hinweg auf feindliche Stellung. Das wäre es, Gentlemen. Sie können wegtreten.«

»Ich habe noch eine Frage«, meldete sich Captain Cantrell zu Wort.

»Genehmigt«, sagte Captain Concho und setzte sich.

»Ich möchte bemerken, dass ich ein Kavallerie-Regiment führe«, sagte Captain Cantrell, den Blick starr und das Gesicht seltsam blass.

»Sie hatten mir eine Frage gemeldet«, bemerkte Concho in das zustimmende Geraune hinein, das sofort verstummte. »Sie sind also mit meiner Dienstplanänderung nicht einverstanden?«

»Ich bitte um die Genehmigung, einen Kurier zu unserem Oberbefehlshaber schicken zu dürfen, um die uns versprochenen Pferde energisch anzufordern.«

Wieder klang zustimmendes Geraune auf.

»Einverstanden!«, erwiderte Captain Concho. »Sobald Sie die Antwort haben, melden Sie sich bei mir. – Noch Fragen?«

Die Offiziere musterten ihn schweigend. Alle waren überrascht, dass er Captain Cantrell den Kurier genehmigt hatte. Am meisten wohl Cantrell selbst.

»Ihre Dienstplanänderung bleibt bestehen?«, fragte Captain Vanc mit krächzender Stimme.

»Ich bin selbst viel zu sehr Kavallerist, Captain. Ich habe diese Entscheidung nicht leichtfertig und schon gar nicht unüberlegt gefällt«, erwiderte Captain Concho. »Noch jemand eine Frage?«

Niemand meldete sich.

Concho erhob sich. »Ich danke Ihnen, Gentlemen!«

Die Offiziere salutierten und entfernten sich rasch. Von einem Augenblick zum anderen war der große Raum leer. Nur Benson blieb.

(wb)

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