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Captain Concho – Band 34

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 34
Das Grauen des ersten Winters

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertrugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Captain Concho und seine Männer sollen ein paar Dutzend hohe Offiziere der Konföderation befreien, die von den Yankees in einem Basislager der Central Pacific gefangen gehalten werden. Natürlich wird das Lager scharf bewacht, doch mit List und Kampfkraft gelingt es Captain Concho und seiner verschworenen Schar, bis mitten in den Todeskessel des Feindes vorzustoßen. Aber schlimmer als das Bleigewitter der Yankees ist die männermordende Natur. Schneestürme und eisige Kalte in den Rocky Mountains fordern einen schrecklichen Tribut …

Leseprobe:

Bitterkalt war es geworden. Die Temperatur war auf den Gefrierpunkt gesunken, und die Luft schmeckte nach Schnee.

Captain Concho schlug den Mantelkragen hoch. Neben ihm stand Lieutenant Benson und hauchte auf die klammen Finger.

Beide blickten auf die Baracke hinunter, vor deren Tür die Fahne der Union wehte. Vor einem Felsenloch stand ein Infanterist mit geschultertem Karabiner Posten. Es war Captain Concho nur nicht klar, was der Kerl da bewachte.

Der Mann fror. Hin und wieder trat er trampelnd von einem Bein aufs andere.

Sergeant Dandry gab ein Handzeichen, womit er andeutete, dass er mit seinen Männern die Position erreicht hatte und zum Angriff bereitstand.

Captain Concho nahm kurz die Hand aus der Manteltasche und hielt sie hoch, damit der Sergeant dort unten sehen konnte, dass er sein Zeichen wahrgenommen hatte.

»Das ist keine Höhle, vor der dieser Mann dort Wache schiebt«, meinte der lange Lieutenant. »Das ist ein Tunneleingang. Ein Eisenbahntunnel, nehme ich an.«

»Ich sehe aber keine Schienen«, erwiderte Captain Concho und nahm die Hand wieder aus der Tasche. Von der anderen Seite signalisierte Sergeant Miller seine Bereitschaft.

»Diese Bahnlinie ist im Bau«, sagte Benson. »Die Trasse ist schon fertig. Da drüben an der Felswand! Diese ebene, graue Fläche, die sich um den ganzen Felsen windet, ist ein Schotterbett. Da brauchen die Yankees nur noch die Schwellen und die Schienen zu legen. Fertig aus.«

»Ich sehe mir das an, wenn wir unten sind!«, versetzte Captain Concho und nahm den Revolver zur Hand. »Los! Wir greifen an!«

Benson zog den Säbel und reckte ihn empor.

Das war das Zeichen für Sergeant Forscreek. Er zog eine seiner selbst fabrizierten Handgranaten ab und ließ sie den Hang hinabrollen.

Der Posten drüben sah den Sprengkörper den Hang herab und auf die Barackentür zu rollen und verfolgte gebannt dessen Weg, ohne die Gefahr zu erkennen. Wie sollte er das auch! Es handelte sich um eine Konservendose, die mit Pulver und Kieselsteinen gefüllt war. Und das hatte Forscreek nicht draufgeschrieben.

Die Konservendose rollte bis an die Steinstufe, blieb liegen und explodierte.

Der Donnerschlag erfüllte den weiten Felsenkessel. Die Fontäne aus Feuer, Rauch und Erdreich hob das Vordach ab, schmetterte die Tür nach innen und riss ein Loch in die Wand.

Der Posten setzte sich vor Schreck auf den Hintern und ließ dabei das Gewehr fallen.

Mit einem Satz waren Captain Concho und der lange Lieutenant unten und stürmten mit den Männern, die von allen Seiten aus der Deckung stürzten, die Baracke.

Captain Concho war zuerst drinnen. »Konföderierte Armee!«, rief er den dreißig Yankees entgegen, die sich in dieser einräumigen Baracke befanden und völlig überrascht und verwirrt waren. Der Donnerschlag war ihnen dermaßen in die Glieder gefahren, dass sie alle reglos verharrten, »Ergebt euch! Widerstand ist sinnlos. Ihr seid umstellt.«

Sie saßen und standen da, wie sie von dem Donnerschlag überrascht worden waren, die Blicke auf den konföderierten Offizier gerichtet, als wäre er ein Geist.

»Hände hoch! Alles raus und antreten!«, sagte Captain Concho mit schneidender Stimme, trat zur Seite und winkte mit dem Revolver.

Hinter, ihm standen Lieutenant Benson und Sergeant Dandry mit drei Männern. Alle hielten die Karabiner auf die völlig verwirrten Yankees gerichtet.

»Wer zur Waffe greift, wird erschossen!«, rief Captain Concho.

Da setzten sich die Yankees in Bewegung, die Hände erhoben. Allen voran schritt ein schnauzbärtiger Sergeant. Einen höheren Dienstrang konnte Captain Concho nicht entdecken. Einer hinter dem anderen, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, marschierten die Yankees ins Freie hinaus.

Wie durch ein Wunder war keiner der Yankees von der Explosion verletzt worden.

Captain Concho sah sich in der Baracke um und wollte den Männern befehlen, sie zu durchsuchen. Doch da fiel sein Blick aus dem Fenster. Die dreißig Yankees traten in Doppellinie vor seinen zehn Männern an, die sich im Halbkreis aufgestellt hatten und die Karabiner auf die Unions-Soldaten gerichtet hielten.

Über mehr Leute verfügte Captain Concho ja nicht. Seine Abteilung, die einstmals über dreihundert Mann stark gewesen war, bestand nur noch aus vierzehn Mann. Der Krieg hatte sich die Männer geholt. Die meisten während der Schlacht am Antietam, als das Regiment den Befehl zum Eingraben erhalten hatte und in einem mörderischen, tagelangen Artilleriefeuer zusammengeschossen worden war, und vergebens auf den Befehl zum Angriff oder zum Rückzug gewartet hatte.

Captain Concho hatte mit seinen letzten dreißig Männern das Inferno in den Bergen vor dem kleinen Fluss schließlich auf eigene Faust verlassen. Hätte er sich dazu nicht entschlossen, wäre sehr wahrscheinlich kein einziger Mann der Hölle entkommen.

Er schickte jetzt die drei Männer hinaus und durchsuchte mit Benson den Raum. Benson wollte die Waffen aus dem Fenster werfen, dessen Scheiben bei der Explosion zu Bruch gegangen waren.

»Lass alles liegen!«, sagte Captain Concho. »Wir jagen die Bude in die Luft.«

»Willst du die Yankees mitnehmen?«, fragte der lange Lieutenant überrascht.

»Die lassen wir Leine ziehen!«, sagte Captain Concho. In einer Ecke waren Kisten gestapelt. Lebensmittel!

Sprengstoff hatte er gesucht.

Ihre Vorräte waren begrenzt.

»Dandry soll sich das hier ansehen und auf die Packpferde laden, was die noch tragen können. Aber hol mir zuvor den Yankee-Sergeant herein.«

Benson schritt hinaus und kam mit dem Sergeant wieder.

Captain Concho verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Sie arbeiten mit Ihren Leuten an einer Bahnlinie?«

»Nein, Captain! Wir schieben nur Wachdienst!«, erwiderte der Sergeant. »Die Bahnlinie wird von Zivilisten gebaut.«

»Um welche Linie handelt es sich denn?«

»Es ist die Transkontinental-Linie,

die von San Francisco über Sacramento bis Reno und weiter quer über den Kontinent bis Omaha führen soll, wo sie an die vorhandenen Strecken angeschlossen wird, sodass man damit von einem Ozean zum anderen fahren kann. Die Arbeitskolonnen hier treiben die Tunnel durch die Rocky Mountains, schlagen Brücken und bereiten die Trasse vor. Bei Sacramento wird schon mit dem Schienenlegen – begonnen.«

Die Offiziere tauschten einen kurzen Blick. Eine Transkontinental-Linie. Die strategische Bedeutung war ihnen sofort klar. Kriegswichtig war diese Linie für den Yankee, der seine Rohstoffe für die Waffenfabriken im Osten aus Nevada und Kalifornien bezog.

Davon hatte ihnen General Beauregard kein Wort gesagt. Vermutlich wusste er davon gar nichts. Sonst hätte er diese Bahnlinie todsicher erwähnt und ihnen bestimmt auch den Befehl erteilt, die Bauarbeiten zu stören, wenn nicht lahmzulegen.

»Wo befindet sich das Basislager?«, wollte Captain Concho von dem Sergeant wissen.

Der Yankee zögerte mit der Antwort. Vermutlich kam ihm der Gedanke, dass er schon viel zu viel verraten hatte.

»Meinen Sie wirklich, ich finde das Camp nicht?«, fragte Captain Concho amüsiert.

»Im Osten! Fünf Meilen von hier entfernt.«

»Arbeiten an dieser Strecke auch Kriegsgefangene?«, fragte Captain Concho, der von General Beauregard von Fort Yuma aus an den Oberlauf des Sacramentos geschickt worden war, um eine Gruppe hoher Südstaatenoffiziere zu befreien, die in einem Lager von den Yankees unter den unmenschlichsten Bedingungen gefangen gehalten wurden und wie Galeerensträflinge schuften mussten.

Beauregard hatte gemeint, dass diese Männer in einer Gold- oder Bleimine arbeiteten. Von der Transkontinental-Linie hatte er offenbar nichts gewusst.

Captain Concho hatte bereits mit seinen Männern das gesamte Goldschürfgebiet östlich des Sacramento River durchquert, ohne auf dieses Gefangenenlager gestoßen zu sein.

»Gefangene Südstaatler sollen drüben in Nevada arbeiten«, erwiderte der Sergeant. »Gesehen habe ich selbst keinen, nur gehört habe ich davon.«

»Hier in dieser Gegend gibt es keine Kriegsgefangenen?«, warf Benson ein.

Der Sergeant schüttelte den Kopf. »Hier gibt es nur Chinesen!«

»Chinesen?«, fragte Captain Concho zweifelnd.

Der schnauzbärtige Yankee nickte. »Aye, Sir! Chinks! Die sind billig, brauchen nur eine Handvoll Reis am Tag und lassen sich willig von den Vorarbeitern antreiben. In San Francisco sollen täglich Schiffe ankommen, die voll von Chinks sind.«

Captain Concho nickte und holte tief Luft. »Was mache ich mit Ihnen und Ihren Leuten? Ich kann Sie nicht als Gefangene mitnehmen.«

Die Miene des Sergeants verschloss sich, und Captain Concho konnte seine Gedanken nur zu leicht erraten. Richtiggehend bleich wurde der Yankee.

»Mir ist bekannt, dass Kameraden von uns in ähnlicher Situation von euch umgelegt worden sind«, sagte Captain Concho. »Unsere Art der Kriegführung ist das nicht. Wenn Sie mir versprechen, mit Ihren Leuten nach Süden oder Westen zu marschieren, lasse ich Sie ziehen«

Captain Concho hielt ihm die Hand hin, und er schlug ohne Zögern ein.

Captain Concho hielt die Hand des Yankees fest. »Ebenso verspreche ich Ihnen, Sergeant; dass ich Sie und Ihre Leute an die nächste Felswand stelle, wenn ich Sie dabei erwische, dass Sie Ihr Wort brechen.«

»Ich werde mit meinen Leuten nach Colusa marschieren!«, sicherte der Sergeant zu, salutierte und trat einen Schritt zurück.

»Wo liegen hier noch Truppen?«, wollte Benson von ihm wissen.

»Entlang der Bahnlinie, Sir! Das Basiscamp wird ebenfalls bewacht.«

»Haben Sie gewusst, dass wir hier sind?«

»Nein! Wir liegen hier, weil die Bahnbauer Schutz vor den Roten verlangen«, erwiderte der Sergeant.

»Rücken Sie mit Ihren Männern ab!«, befahl Captain Concho.

»Dürfen wir unsere Mäntel und etwas Proviant mitnehmen, Sir?«

Captain Concho nickte. »Rufen Sie drei von Ihren Leuten herein!«

Er und Benson bewachten die Yankees dann mit Argusaugen, damit keiner zu einer Waffe griff, die da überall standen, hingen oder lagen.

(wb)