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In-App-Käufe: Begraben will ich sie …

In-App-Käufe: Begraben will ich sie …
… und nicht sie preisen!

So oder so ähnlich könnte der Ausruf klingen, befragte man mich zu diesem Thema. Sie sind das Übel unserer Zeit, die Seuche, die nahezu jeden App-Store befallen hat und der Ruin so manch unschuldigen Users.

Okay, so allgemein kann man das natürlich nicht sagen, denn es gibt auch hier – wie bei nahezu jedem Thema – verschiedene Möglichkeiten.

Beginnen wir mit der akzeptierten Form:

Eine App (Anwendung oder Spiel) wird als Trial-Version angeboten, bietet jedoch per In-App-Kauf die Möglichkeit, sie in eine Vollversion zu wandeln. Der Kunde hat also die Möglichkeit, eine App in Ruhe zu testen, ehe er dafür Geld ausgibt. Damit fing es nach Freigabe der In-App-Käufe an, und dies war ein guter Gedanke. Zuvor gab es eingeschränkte Testversionen im Store, die man deinstallieren musste, wollte man die Vollversion erwerben; inklusive Datenverlust oder komplett neuem Konfigurieren.

Ich erinnere mich noch daran, wie ich dereinst einen Wecker für mein iPhone kaufte, der nicht nur Lieder aus iTunes abspielte, sondern auch das Wetter zeigte und als Nachttisch-Uhr genutzt werden konnte. Die erste Version, die ich installierte, war eine Testversion, sie bot nicht alle Einstellungen und zeigte zudem Werbung an. Als ich mich dazu entschloss, die Vollversion zu erstehen, musste ich sämtliche Einstellungen und Weckzeiten neu anlegen. Hier wäre es schön gewesen, per In-App-Kauf die Werbung ab- und die Optionen einzuschalten. Aber diese Möglichkeit kam eben erst später.

Ebenfalls akzeptiert ist, eine durch Werbung finanzierte Version der App durch einen einmaligen In-App-Kauf von Werbung zu befreien. Auf diese Weise können User die Entwickler unterstützen und auf Werbung verzichten, sind aber nicht dazu gezwungen.

Wäre es bei diesen beiden Varianten geblieben, würden die User nicht über In-App-Käufe stöhnen und die EU würde sich nicht genötigt sehen, einzugreifen.

Aber es blieb nicht dabei!

Plötzlich tauchten gerade im Bereich Spiele unzählige Apps auf, die angeblich kostenfrei sind, tatsächlich aber erst durch teils enorm teure In-App-Käufe wirklich Spaß machen. Die Industrie erfand hierfür den Begriff Freemium, der sich aus den Worten Free und Premium zusammensetzt.

Als Beispiel führe ich hier das überaus gelungene Let’s Golf 2 an. Es ist imho das beste Golfspiel auf dem iPad, kostete um die sechs Euro und noch heute spiele ich es sehr gerne. Es macht einfach Spaß, allein oder mit anderen um das beste Ergebnis zu ringen. Die Grafik ist gut, es ist herausfordernd und auch die Langzeitmotivation stimmt.

Herausgegeben wurde es von der französischen Softwareschmiede Gameloft, die irgendwann vor etwa zwei oder drei Jahren auf die Idee kamen, künftig nur noch Freemium-Spiele anzubieten. Folgerichtig war auch Let’s Golf 3, der sehnsüchtig erwartete Nachfolger meines geliebten Golfspiels, davon betroffen. Und schon zu Beginn geht es los; nach einigen Schlägen ist die Spielzeit aufgebraucht – man muss warten oder sich Zeit kaufen.

Da hilft es wenig, wenn die Anbieter solcher Apps darauf verweisen, dass man ja nichts kaufen muss. Wie soll bitte Spielspaß aufkommen, wenn man Zwangspausen einlegen muss?

Ich hätte für Let’s Golf 3 auch zehn oder mehr Euro gezahlt, um eine Vollversion zu erhalten. Aber nein – es gibt nur diese eine Variante, und die ist in meinen Augen unspielbar.

Die Seuche, die mit solchen Spielen begann, breitete sich rasant aus. Nahezu jedes Spiel, das in den diversen App Stores angeboten wird, setzt inzwischen darauf.

Noch schlimmer – selbst Spiele, die man käuflich erwirbt, bieten inzwischen In-App-Käufe. Man erhält quasi kein vollwertiges Spiel mehr in den App Stores; nur noch solche, die auf Zusatzkäufe setzen.

Schuld an dieser Misere sind nicht die Betreiber der App Stores, also Apple, Google, Amazon oder Microsoft.

Schuld sind auch nicht die Anbieter der Spiele.

Schuld sind die User! So lange User diesen Mist mitmachen, so lange wird es auch In-App-Käufe geben. Würden die User kein Geld für Diamanten, Juwelen, Munition und all den anderen Kram ausgeben, der als In-Game-Währung dient, wäre das Phänomen längst verschwunden. Aber meist sind es Jugendliche, die auf diese Weise Geld ausgeben. Denn neben den In-App-Käufen bieten die meisten Spiele auch eine Anbindung an Social Media, und wenn die Freunde spielen, muss man selbst ja auch …

Die EU will nun für einen besseren Schutz bei solchen Apps sorgen. Google hat bereits zugestimmt, durch In-App-Käufe finanzierte Apps entsprechend zu markieren und nicht mehr als kostenfrei anzuzeigen. Apple hingegen weigert sich noch, denn natürlich bangt man dort um seine Umsätze. Schließlich verdienen die App Store-Betreiber an jedem Kauf mit. Vordergründig argumentiert Apple, der Schutz gerade bei Jugendlichen sei schon jetzt groß genug. Ob man die Sache letztlich vor Gericht regeln wird, muss sich zeigen.

Ich jedenfalls habe schon vor einer Weile beschlossen, keine Spiele mit In-App-Kauf zu nutzen. Egal wie hübsch sie gemacht sind – sobald ich lese, dass es sich um Freemium handelt, sind sie für mich gestorben.

Ich möchte vollwertige Spiele und ich bin bereit, dafür zu zahlen. Ich höre ja auch kein kostenfreies Leid, bei dem ich nach drei Minuten für den Rest zahlen muss – jedes Mal, wenn ich es abspiele.

Oder schaue ich Filme, bei denen ich nach 15 Minuten angezeigt bekomme, ich solle nun warten oder für nur 99 Cent die nächsten zwanzig Minuten freischalten?

(ga)