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Jubiläumsausgabe Westernkurier 2014

Auf ein Wort, Stranger,

die Ausgabe des Westernkuriers zum diesjährigen Jubiläum des Geisterspiegels steht, wie der Name des Online-Magazins vorgibt, ganz im Zeichen des Unheimlichen und Entsetzlichen.

Yeah, auch der Wilde Westen hatte seine Dämonen und seine schrecklichen Geschichten.

Der Windigo zum Beispiel, die Geisterstädte, aber auch reale Personen und Ereignisse wie die sogenannte Donner-Party, als sich die Mitglieder eines im Schnee stecken gebliebenen Siedlertrecks dem Kannibalismus hingaben, um zu überleben, oder Bloody Katie Bender, ein bildhübsches Mädchen aus Kansas, die von Geldgier getrieben einem Dutzend Männer die Kehle durchschnitt, wobei manche Quellen sogar von 21 Opfern berichten.

Aber auch Jim Miller, der unter dem Namen Killer Miller als der brutalste Mörder und Revolvermann des amerikanischen Westens in die Geschichte einging, gehört in diese Kategorie.

Von Letzterem wollen wir nun berichten, von einer realen Person, deren ganzes Leben, Denken und Handeln so entsetzlich und menschenverachtend war, dass man seine Biografie auch durchaus in der Rubrik Horror hätte veröffentlichen können.

James Brown Miller, alias Jim Miller, alias Killer Miller, erblickte am 25. Oktober 1866 in Van Buren, Arkansas, das Licht der Welt.

Sein Vater war Jacob Miller, der 1801 in Pennsylvania geboren wurde, und seine Mutter Cynthia Basham, geboren 1827 in Tennessee.

Jim war gerade ein Jahr alt, als die Familie nach Franklin in Texas zog und sein Vater, der von Beruf Steinmetz war, beim Bau des ersten Capitols in Austin Arbeit fand.

Kurz darauf verstarb sein Vater, und Jim und seine Mutter zogen zu den Großeltern nach Evant.

Von diesem Moment an sollte der Tod nicht mehr von seiner Seite weichen.

Als Miller im Alter von acht Jahren von einem Schulbesuch nach Hause kam, wurden seine Großeltern in ihrem eigenen Heim ermordet aufgefunden. Der Junge wurde zwar arretiert, aber kurz darauf wieder für unschuldig befunden. Gerüchten nach bleiben an seiner Unschuld aber bis heute noch Zweifel. Er zog mit seiner Mutter zu seiner Schwester Georgia, die mit ihrem Mann John Thomas Coop bei Plum Creek, nahe Gatesville auf einer Farm lebte.

Niemand weiß, was in Miller in den nächsten zehn Jahren vorging oder mit ihm geschah, aber sicher ist anhand von Aufzeichnungen, Zeitungsberichten und Polizeiakten, dass aus dem schmächtigen jungen Mann im Laufe der Zeit ein Zyniker und eiskalter Mörder wurde, für den ein Menschenleben nicht mehr wert war als das Schwarze unter seinen Fingernägeln.

In seiner Mordlust machte er nicht einmal vor Mitgliedern seiner eigenen Familie halt.

Er war gerade 18, als er am 30. Juli 1884 auf der Farm seines Bruders erschien.

Er lag mit ihm im Streit, weil es diesem nicht behagte, dass er auf seiner Veranda schlief.

Miller schoss ihm mit einer Schrotflinte in den Kopf.

Er wurde zwar des Mordes angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt, aber ein Formfehler während der Verhandlung machte das Urteil ungültig.

Jim verließ daraufhin die Coop-Farm seiner Schwester und wurde Ranchhelp auf der McCulloch County Ranch von Emanuel Clements, einem Cousin des berüchtigten Revolverhelden John Wesley Hardin.

Er arbeitete hart, aber der Tod blieb allgegenwärtig.

Am 29. März 1887 wurde Clements von City Marshal Joe Townsend erschossen.

Kurze Zeit später wurde Townsend von einem Unbekannten mit einer Schrotflinte angegriffen. Der Beamte überlebte zwar, doch musste man ihm seinen Arm amputieren.

Alle Indizien sprachen für eine Täterschaft Millers, aber man konnte ihm nichts beweisen.

In den nächsten Jahren zog Miller durch das texanisch-mexikanische Grenzland, hielt sich mit Überfällen auf Züge und Postkutschen über Wasser und begann erste Auftragsmorde für ein Honorar von 150 bis 2000 Dollar je nach Schwierigkeiten auszuführen. Nebenbei betrieb er einen Saloon im San Saba County und wurde im Reeves County Deputy Sheriff und schließlich Marshal in Pecos.

Dort erwarb er sich sehr schnell den Ruf eines Mannes, der während der Ausübung seines Amtes mehr Mexikaner als Fliegen getötet hatte.

1891 hatte es den Anschein, als hätte sich Millers wildes Blut beruhigt. Er heiratete Sally Clement, die Tochter des verstorbenen Emanuel Clement, begann regelmäßig die Methodistenkirche zu besuchen, rauchte nicht, trank nicht und war durch seine Höflichkeit ein angesehenes Mitglied der Kirchengemeinschaft. Daher stammte auch sein Spitzname Deacon Jim, wahrscheinlich aber auch, weil er zu dieser Zeit, egal was für ein Wetter es war, immer einen schwarzen Gehrock trug.

Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.

Aber der Frieden war nur von kurzer Dauer.

Miller war dem Sheriff von Pecos, George A. Bud Frazer, durch seine Unterweltkontakte schon lange ein Dorn im Auge. Als Frazer bei einer Dienstreise nach El Paso zu Ohren kam, dass Miller seine Abwesenheit ausnutzte, um den zwielichtigen Elementen der Stadt mehr Einfluss zu verschaffen, sperrte ihn Frazer mit Hilfe des Texas Rangers John Hughes ins Jail und klagte ihn wegen Mordes an.

Die Jury sprach Miller jedoch frei.

Am 12. April 1894 verhaftete Frazer ihn wegen seiner Beteiligung am Mord des Viehbesitzers Con Gibson. Noch bevor Miller zu seiner Schrotflinte greifen konnte, feuerte Frazer sechs Kugeln auf ihn ab. Miller wurde jedoch nur am rechten Arm und an der Leiste verletzt, da er unter seinem Mantel eine Metallplatte trug, die seinen Oberkörper schützte. Dieselbe Platte rettete ihm auch am 28. Dezember 1894 das Leben, als Frazer erneut versuchte, Miller zu erschießen.

Jetzt wendete sich das Blatt.

Frazer wurde des versuchten Mordes angeklagt. Er floh nach Eddy in New Mexiko, machte wenig später aber den Fehler, zurück nach Texas zu kommen, um seine Mutter und seine Schwester zu besuchen. Miller passte ihn in einem Saloon in Toyah, Texas, ab und erschoss ihn mit seiner obligatorischen Schrotflinte. Das Gericht erkannte auf Notwehr und sprach Miller frei. Drei Wochen später kam Joe Earp, ein Zeuge, der ihn während des Prozesses belastet hatte, durch eine Schrotflintenladung ums Leben und Stanley, der zuständige Richter, verstarb durch eine Vergiftung.

Aus heutiger Sicht mutet es geradezu grotesk an, dass jemand mit diesem Vorleben und einer solchen Strafakte Gesetzeshüter werden konnte, aber in Texas um 1900 war scheinbar alles möglich. Miller wurde trotz aller Vorwürfe in Memphis ein Mitglied der Texas Ranger. Später arbeitete er in dieser Funktion im Hall County, bis er einen Mann aus dem Nachbarcounty Collingsworth aus nichtigem Anlass tötete.

Danach zog er mit seiner Familie 1900 nach Forth Worth, Texas. Während seine Frau Sally dort eine Herberge eröffnete, warf Jim alle Hemmungen über Bord und lebte seine Lust am Töten völlig aus. Durch seine Beziehungen zu Unterweltkreisen war schon bald bekannt, dass man für 150 Dollar seine Dienste als Auftragsmörder nutzen konnte.

Im gleichen Jahr tötete er bereits zwei Männer nahe der Ortschaft Midland.

Im Sommer 1902 behauptete er, drei Männer im Word County beim Viehdiebstahl erwischt zu haben. Er erschoss zwei von ihnen und verwundete den dritten, der mit seinem Pferd fliehen konnte, schwer. Am 28. August desselben Jahres ermordete er im Auftrag mehrerer Rancher für 500 Dollar den Anwalt James Jarrott, der Farmer verteidigte, die auf das Heimstättengesetz pochten und das Land eben dieser Rancher beanspruchten.

Er tötete Jarrott, als dieser nahe seiner Farm sein Pferd tränkte und behauptete später, dass der Auftrag, ihn zu töten, sein schwerster war, da er viermal auf ihn schießen musste, bis er endlich tot war.

Anfang 1904 nahm er den Auftrag an, einen Mann namens Frank Fore zu töten. Eigentlich unvorstellbar, da Jim Miller zu diesem Zeitpunkt immer noch Texas Ranger war.

Am 10. März machte er ihn in einem Hotel in Westbrooke ausfindig. Dabei wurde Miller von J. Clark, Dee Harley und Tom Cuggins, drei weiteren Gesetzeshütern, begleitet. Er ließ die drei in der Hotellobby zurück, ging einen Stock höher und schoss Fore, der drei Tage später seinen Verletzungen erlag, kaltblütig über den Haufen.

Miller ergab sich danach sofort den örtlichen Beamten, wurde aber, nachdem Clark und Cuggins aussagten, er hätte in Notwehr gehandelt, wieder freigelassen. Lediglich Harley wollte danach nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Am 1. August 1905 tötete Miller erneut einen Menschen.

Er erschoss in Oklahoma den Anwalt des Büros für indianische Angelegenheiten Ben Collins vor seinem Haus.

Die Tat war eine Art Wiedergutmachung für Freunde der Pruitt Familie, da Collins zwei Jahre zuvor ein Mitglied dieser Familie, Port Pruitt, getötet hatte.

Obwohl Killer Miller den Anwalt vor den Augen seiner Frau erschossen hatte, wurde er für diese Tat niemals verurteilt.

Anfang 1908 kam das Gerücht auf, dass Miller am 28. Februar des Jahres in New Mexiko Pat Garrett, den Mörder von Billy the Kid, erschossen haben sollte. Eigentlich unwahrscheinlich, da ein Mann namens Jesse Wayne Brazel das Verbrechen kurz darauf gestanden hatte, dennoch sind die Umstände um Garretts Tod und Millers Rolle in diesem Fall bis heute undurchsichtig und umstritten.

Trotz aller Morde, den vielen Toten, dem Blut und dem Leid, das Miller auf seiner Fährte zurückgelassen hatte, ist es erstaunlich, dass er für all seine Schandtaten eigentlich nie richtig verurteilt, für Jahre ins Gefängnis gesteckt oder gar mit dem Tode bestraft wurde.

Obwohl bei einer Auslegung der damals geltenden Gesetze Letzteres durchaus zu vertreten gewesen wäre.

Aber ein altes Sprichwort sagt, dass der Krug solange zum Brunnen geht, bis er zerbricht, und Millers Krug zerbrach 1909. Soviel Glück ihm bisher beschieden war, soviel Pech traf ihn nun. Angesichts seines bisherigen Lebens war es geradezu eine Ironie des Schicksals, dass ihn, obwohl es diesmal kaum Beweise gab, das Gesetz nicht davonkommen ließ. Mehr noch, alles, aber auch wirklich alles war plötzlich gegen ihn in diesem schicksalhaften Frühjahr anno1909.

Dabei begann für Miller alles so vielversprechend.

Über den Mittelsmann Barry Burrell boten ihm die ortsansässigen Rancher Jesse West und Joe Allen einen Kontrakt an, der ihm 1700 Dollar einbringen sollte, wenn er den ehemaligen US Marshal Allen Augustus Gus Bobbitt aus Ada, Oklahoma, ermordete. Man ist heute der Ansicht, dass dieses Angebot entweder aus persönlichen Gründen oder aber einfach um an Bobbitts Land zu kommen entstanden war. Jedenfalls sagte Miller sofort zu, der Auftrag würde ihm schließlich das höchste Honorar in seiner Karriere als Auftragsmörder einbringen.

Am 27. Februar 1909 passte Miller Bobbitt ab, als dieser mit seinem Ranchhelp Bob Ferguson und einem Wagen Vorräte auf seine Ranch brachte. Miller feuerte seine obligatorische Schrotflinte ab und traf den Rancher mit beiden Läufen in die Seite. Danach floh er nach Fort Worth, Texas, zurück. Bevor Bobbitt starb, gab er aber die Identität seines Mörders preis.

Daraufhin wurden Miller, West und Allen sowie Barry Burrell in Texas verhaftet und nach Oklahoma vor das Gericht gebracht. Oscar Poeler, ein junger, kaum 19jähriger Bursche, der Miller für 50 Dollar zur Ranch von Bobbitt führte, entging der Verhaftung nur aufgrund seines Alters.

Während die anderen immer nervöser wurden, blieb Miller während seiner Inhaftierung die Ruhe in Person. Die Beweise gegen sie standen auf wackligen Füßen und ein guter Anwalt würde Bob Fergusons Aussage gnadenlos zerpflücken. In der Tat gab sogar der Vorsitzende Richter einer Verurteilung Millers keine Chance. Ein folgenschwerer Irrtum, da keiner mit der Einwohnerschaft von Ada gerechnet hatte.

Als sich nämlich ein Freispruch abzuzeichnen begann, stürmte die aufgebrachte Bevölkerung am Morgen des 19. Aprils das Gefängnis und brachte die vier Angeklagten in einen nahen Stall, um sie dort aufzuhängen. Der Grund für die Wut der Bevölkerung lag eine knappe Woche zurück, als dasselbe Gericht einen überführten Mörder wegen eines Formfehlers in der Verhandlung freigesprochen hatte.

Derartige Formfehler, die in der amerikanischen Rechtssprechung immer zugunsten des Angeklagten ausgelegt wurden, schienen Millers Schicksal zu sein.

Ein Formfehler bewahrte ihn als 18-Jährigen bei seinem ersten Mord vor einer Verurteilung, ein Formfehler machte sowohl seiner sicher geglaubten Freilassung wie auch seinem gewalttätigen Leben ein Ende.

Im Gegensatz zu den anderen Inhaftierten trat Miller mit Stil von seiner Lebensbühne ab. Während die drei um ihr Leben schrien, jammerten und flehten, blieb er ruhig und äußerte lediglich zwei Wünsche, die ihm gewährt wurden. Zum einen wurde sein Diamantring seiner Frau übergeben und zum anderen gestatte man ihm, seinen schwarzen Hut aufzubehalten, während man ihm die Schlinge um den Hals legte.

West, Allen und Poeler mussten mit Gewalt festgehalten werden, bevor man sie hängte. Miller hingegen, der Mann, dem man 51 Morde nachsagte, stieg freiwillig auf die Kiste, die man unter seinen Füßen wegziehen würde, nachdem er seinen Kopf in die Schlinge gelegt hatte und sagte mit ruhiger Stimme: »Lasst uns loslegen.«

Die Leichen ließ man bis zum Abend in dem Stall hängen, um sie zu fotografieren.

Die Bilder wurden in Ada noch Jahre danach an Touristen verkauft.

Ein ehrbarer Bürger, der Miller schon seit Längerem kannte, sagte nach seinem Tod über ihn:

»He was just a killer, the worst man I ever knew.«

Miller wurde nach Texas überführt und auf dem Oakwood Cemetery in Fort Worth begraben.

Quellenangaben:

In der Hauptsache eine Aufzählung verschiedener amerikanischer Internetseiten, da es über Killer Miller hierzulande seltsamerweise kaum Informationen gibt.

Jedem Viehdieb, Ex-Sheriff oder Cowboy werden seitenweise Artikel gewidmet, ein Mann aber, der 51 Menschen getötet haben soll, wird totgeschwiegen.

Klingt komisch, ist aber so.

(slaterman)

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