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Captain Concho – Band 15

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 15
Concho und der Deserteur

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertrugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extras: Karte mit Kurzinformationen über die sogenannte Trent-Affäre

Kurzinhalt:
Im Geheimauftrag ist Captain Concho mit seiner Schwadron hinter die feindlichen Linien vorgedrungen. Alles scheint gut zu gehen, bis sie sich plötzlich von allen Seiten umzingelt sehen.
Der Deserteur Frasier hat Sam Concho in eine teuflische Falle gelockt und feiert den größten Triumph seines Lebens. »Sie werden standrechtlich erschossen, Concho!«, triumphiert er. »Keine Macht der Welt kann Sie diesmal noch retten!«
Captain Concho hat mit seinem Leben bereits abgeschlossen, als das Unmögliche geschieht …

Leseprobe:

Die Stadt lag unter Artilleriebeschuss und brannte. An die 150 Mörser und Haubitzen der Yankees hatten im Morgengrauen mit der Kanonade begonnen und die Stadt in eine Ruinenlandschaft verwandelt. Und durch diesen Acker aus Mauerresten und Granattrichtern und zwischen Fontänen einschlagender Granaten und Bränden hindurch fluteten die zerschlagenen Regimenter von Lees rechter Flanke nach Süden zurück. Straßen, Gassen und Plätze waren in der ganzen Stadt nicht mehr zu erkennen.

Captain Concho stand mit seinen Männern vor der Kathedrale, die von Mörsergranaten verwüstet worden war. Zwischen den Trümmern lagen die Toten, die in der Kirche Zuflucht gesucht hatten, in der trügerischen Hoffnung, dass der Krieg um das Gotteshaus einen Bogen schlagen würde.

Schwadronen, Kolonnen von Infanteristen, Fuhrwerke und immer wieder Bagagewagen voller stöhnender und auch schreiender Verwundeter zogen an der Ruine der Kathedrale vorüber.

Es war Nacht. Doch die lodernden Brände und die Feuerlohen einschlagender Granaten beleuchteten die Szenerie mit gespenstischer helle.

»Wenn der Yankee kommt, wird er durch dieses Trümmerfeld auch nur durchmarschieren«, meinte Lieutenant Benson. »Verkrümeln wir uns in einen Keller oder in ein Verlies und lassen wir uns von der Front überrollen.«

Es krachte und dröhnte in der Nähe, dass sich die Männer alle duckten.

Rauchschwaden wurden vom Wind herangetrieben. Die Pferde hinter der Ruine wieherten vor Furcht in apathischer Dumpfheit.

Trossfahrzeuge ratterten vorüber. Es war eine lange Kolonne, die von Kavallerieeinheiten überholt wurde, sodass die Männer noch weiter zurücktreten mussten.

Captain Concho hatte schon daran gedacht, sich zu verstecken und sich von der Front überrollen zu lassen. Aber er bezweifelte, dass die Yankees vor dem Morgengrauen in dieser Ruinen- und Kraterlandschaft auftauchen würden. Trafen die Vorhut- und Spitzentruppen bei Tag ein, war zu befürchten, dass sie sich doch hier breitmachen und niederlassen würden. Denn auch der Sieger würde erschöpft sein.

Die Schlacht hatte vierzig Meilen im Norden bei Liberty Town stattgefunden. Zwei Tage lang hatte das Armeekorps, das Washington von Norden her umgehen sollte, die Riegelstellung der Yankees zu durchstoßen versucht.

Ganze Regimenter waren dabei aufgerieben worden, und am Ende hatten sich die Yankees, plötzlich überraschend stark, aus den Gräben erhoben und den Angreifer zurückgeschlagen. Nun trieben zwei Kavallerie-Divisionen und mehrere Artillerie-Regimenter die geschlagenen Konföderierten vor sich her.

Captain Concho, der den Befehl hatte, sich mit seinen Männern still und heimlich durch die Linien zu mogeln, war unversehens mitten in diesen Schlamassel hineingeraten.

Die Luft war erfüllt vom Krachen und Bersten, vom Dröhnen der Abschüsse und dem Donnergetöse der Einschläge. Dieser infernalische Lärm drückte den Männern auf die Ohren. Die zurückflutenden Kolonnen zogen scheinbar lautlos vorüber. Das Trappeln der Pferdehufe und das ratternde Mahlen der eisenbereiften Wagenräder drangen kaum durch.

Ein Kutschwagen rasselte heran und schwenkte auf die Männer zu von der Straße ab. Auf dem Kutschbock hockten zwei Soldaten. Im Fond saßen vier Offiziere.

Direkt, vor Captain Concho und Lieutenant Benson hielt der Kutscher das Gespann an.

Ein Colonel neigte sich aus dem Fenster. »Wo, zum Teufel, finde ich Johnstons Stab? Haben Sie eine Ahnung, Captain?«

»Bedauere, Sir!«

»Und wo, verflucht noch einmal, wird die Auffangstellung bezogen?«, rief der Colonel wütend.

»Das weiß ich nicht, Sir!«, erwiderte Captain Concho und trat einen Schritt nach vorn. »Können Sie mir sagen, wo sich der Yankee befindet, wann er hier sein wird?« Er wollte sich auf die Fensterleiste stützen.

»Weiter!«, brüllte der Colonel und ließ sich zurücksinken.

Flink trat Concho zurück, damit ihm das Hinterrad nicht über die Füße rollte.

Kavallerie folgte dem Gespann. Ein Offizier, ein Lieutenant, hielt an. Er trug statt des Feldhutes einen stark durchbluteten Kopfverband und hatte den rechten Arm in einer Schlinge. Er neigte sich zu Captain Concho herab.

»Macht mal zu, dass ihr hier wegkommt, Kamerad! Der Yankee wird gleich hier sein«, rief er. »Scotts Reiterei ist uns direkt auf den Fersen. Sie folgt der Straße und macht alles nieder, was zurückbleibt.«

Hart spornte er das Pferd vorwärts und verschwand in einer dichten, von rotem Feuerschein nur schwach durchdrungenen Rauchwolke.

»Aufsitzen!«, befahl Captain Concho und rannte mit Benson hinter den Männern her zu den Pferden.

Granaten schlugen in die Ruine der Kathedrale und pflügten die Trümmerhaufen zum wer weiß wievielten Male um.

Die Männer warfen sich zu Boden. Ihre Pferde wieherten schrill. Die Pferdehalter vermochten die Tiere kaum zu bändigen.

Captain Concho und Benson schnellten hoch und rannten weiter. Die Männer folgten ihrem Beispiel. Geschlossen langten sie bei den Pferden an. Abermals zwangen sie Einschläge in Deckung.

Der Boden vibrierte unter den Männern, und die Explosionen warfen Steintrümmer und Dreck auf Männer und Pferde, die schrill wiehernd auszubrechen versuchten.

»Aufsitzen und antraben!«, rief Concho mit Stentorstimme.

Alle stiegen auf, rissen die Pferde herum und folgten Captain Concho, der hinter der Kathedrale entlangtrabte, das Pferd durch einen tiefen Krater trieb und zwischen Ruinen weiterjagte.

In dichtem Pulk ritten die Männer durch die brennende Ortschaft, durch Rauch und Feuerschein, hetzten die Pferde über Mauerreste und durch Granattrichter, stoben auseinander, wenn Geschosse vor ihnen explodierten, und schlossen sich hinter den Wolken von Rauch und Staub wieder zusammen.

Die Landstraße nach Liberty Town verlief nach Norden. Captain Concho führte die Männer deshalb nach Osten aus der Stadt, um Scotts Reiterei nicht ins Gehege zu kommen.

Hinter der Stadt sahen sie die Schlünde der Mörser und Haubitzen auf einem Hügel wie Wetterleuchten aufblitzen. Das Dröhnen der Abschüsse beherrschte die Nacht.

Sam Concho brachte das Pferd hinter der letzten Ruine in Galopp. Dicht geschlossen ritt er mit seinem fünfzehn Mann starken Kommando in die Nacht hinaus.

Hügelauf und hügelab ging die Jagd, immer nach Osten, um dem Kampfgeschehen so schnell und so weit wie möglich zu entkommen.

Captain Concho hatte von General Lee persönlich den Befehl erhalten, mit seinen Männern in die Gegend von Baltimore zu reiten, um dort zwei Gefangene der Yankees aus dem Gefängnis von Pikesville zu befreien und in den Süden zu bringen.

Ein brandeiliger Auftrag war das. Deshalb hatte Lee auch befohlen, auf dem kürzesten Weg dorthin zu reiten. Und der kürzeste Weg führte mitten durch die Fronten.

Die beiden Gefangenen waren Gesandte des Präsidenten der Konföderierten. Jefferson Davis hatte die Emissäre nach England geschickt, damit sie dort in seinem Namen mit der britischen Regierung über Waffenlieferungen und Unterstützung verhandeln sollten. Damit sie ihr Ziel auch erreichten, hatten sie auf einem schnellen Segler den Hafen in der Nacht verlassen, die Blockade der Yankees auf See durchbrochen und waren nach La Habana auf Kuba gesegelt. Dort hatte der englische Dampfer TRENT die beiden Diplomaten übernommen. Beide hatten sich schon in England gewähnt. Doch die TRENT wurde auf hoher See von einem Kreuzer der Unionsmarine gestoppt. Ein Prisenkommando durchsuchte die TRENT, fand die Gesandten von Jefferson Davis und holte sie von Bord.

Empörung beherrschte tagelang die Weltöffentlichkeit über diesen Akt von Piraterie. Ein Kriegseintritt Englands drohte wegen dieser Missachtung des Seerechts. Darauf setzte die Konföderation verzweifelt alle Hoffnung.

Doch die Yankees stritten den Zwischenfall ab.

Noch hatten sich die Weltöffentlichkeit und vor allem die Länder in Europa wegen dieses Bruchs des See- und Völkerrechts nicht beruhigt, und Präsident Jefferson Davis und seine Regierung waren entschlossen, diesen eindeutigen Übergriff politisch zu nutzen, indem sie der Weltöffentlichkeit die gekidnappten Diplomaten präsentierten. Damit würden sie die Regierung der Union als Lügner bloßstellen und den Eintritt Englands in den amerikanischen Bürgerkrieg zugunsten der Konföderation doch noch erzwingen.

Aber um die Gesandten der Weltöffentlichkeit vorzustellen, musste man sie auch haben.

Genau das war Captain Conchos Auftrag. Er sollte die beiden Männer aus dem Jail von Pikesville holen und sie unverzüglich nach Richmond bringen.

Spione hatten herausgefunden, dass Jefferson Davis’ Emissäre im Gefängnis von Pikesville unter strengster Geheimhaltung gefangen gehalten wunden.

Concho wusste, wie wichtig der Auftrag für die Sache des Südens war. Denn ein Kriegseintritt Englands bedeutete den Sieg der Konföderation. Der Norden zeigte sich bereits kriegsmüde.

(wb)