Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Jackson – Teil 15

Gegen eine Armee von Killern

Die Männer kamen scheinbar aus dem Nichts.

Neun oder zehn gedrungene, schwerbewaffnete Gestalten, die sich mit ihren weißen Ganzkörperoveralls deutlich vom Braunrot der Wüstenlandschaft abhoben. Genau konnte ich sie nicht zählen, dazu bewegten sie sich viel zu schnell.

Geduckt hetzten sie hinter den beiden stählernen Ungetümen her, die im Schritttempo in meine Richtung rollten.

Unwillkürlich hielt ich den Atem an.

Ich hatte lange genug in der Armee gedient, um zu wissen, was da auf mich zukam. Trotz einiger Umbauten am Chassis waren die über acht Yard langen Fahrzeuge deutlich als Panzerspähwagen zu erkennen. Die 20-mm-Bordmaschinenkanone und das auf einer dahinter liegenden Drehringlafette angebrachte MG waren unverkennbare Merkmale für diese Art von Militärfahrzeugen, genauso wie die Wanne aus geschweißtem Stahl und das hinten liegende Antriebsaggregat.

Die achträdrigen Kolosse fuhren nebeneinander. Die Turmluken waren geschlossen, das sicherste Zeichen, dass die Besatzungen mit einem Feind rechneten.

Und dieser Feind war ich!

Ich konnte schließlich zwei und zwei zusammenzählen.

Auch wenn sich in dieser lebensfeindlichen Wüstenlandschaft Tiermutationen und Urmenschen tummelten und Balun einen der Ihren mit seinen Pfeilen getötet hatte, ein halbes Dutzend Weißer mit Lasergewehren wären genug gewesen, um den ganzen Landstrich samt seinen primitiven Lebensformen unter Kontrolle zu halten.

Nein, das hier war mehr als nur eine reguläre Patrouille.

Sie jagten mich, daran konnte es keinen Zweifel mehr geben.

Als langjähriger Bodyguard und Sicherheitsagent konnte ich mich gut in die Überlegungen der Gegenseite hineinversetzen. Es ging ihnen wahrscheinlich nicht einmal so sehr darum, dass ich einige von ihnen getötet hatte, es war hauptsächlich die Tatsache, dass ich in ihr Gebiet eingedrungen war, über ihre Waffen verfügte und Kontakt zu den Urmenschen hatte. Das Risiko, dass ich mit diesen Menschen einen Pakt einging und damit zu einem ernsthaften Gegner heranwuchs, musste in ihren Augen riesengroß sein.

Was es auch sein mochte, was die weißen Männer zu verbergen hatten, es schien den Einsatz von zwei Panzerspähwagen und zwanzig Schwerbewaffneten, wenn man die Besatzungen der Fahrzeuge dazurechnete, für die Jagd auf mich zu rechtfertigen.

Ungefähr eine Meile von der Quelle entfernt blieb der erste Spähwagen stehen. Die beinahe ebenerdige Landschaft und die klare Wüstenluft erlaubten einen Blick, der meilenweit in das Land reichte. Der zweite Wagen setzte sich etwas seitlich ab und ließ das lange Geschützrohr der Bordkanone nach rechts und links pendeln, sodass er das gesamte umliegende Land mühelos unter Feuer nehmen konnte. Die nachfolgenden Bewaffneten ließen sich in einer langen Reihe zwischen den beiden Panzerfahrzeugen nieder und unterhielten sich lautstark.

Was würden sie anschließend unternehmen?

Minuten verstrichen, dann öffneten sich die Turmluken. Die beiden Fahrzeugkommandanten erschienen bis zur Brust im Turm. Sich ihrer Stärke bewusst musterten sie arglos die Umgebung. Irgendwie, so hatte es für mich den Anschein, waren sie sich unschlüssig darüber, wie es weitergehen sollte.

Trotzdem ließ ich sie keine Sekunde aus den Augen.

Ich lag flach wie eine Flunder im Sand und lugte vorsichtig unter einem dichten Blattstrauch hervor. Aufmerksam beobachtete ich jede ihrer Bewegungen. Die Senke, in der die Quelle lag, und das dichte Buschwerk schützten mich zwar vor neugierigen Blicken, aber als Deckung waren sie keinen Pfifferling wert.

Hier gab es nichts, was gegen ihre Laser oder die Maschinengewehre der Panzerspähwagen auch nur den geringsten Schutz bot. Wenn sie näher herankamen, musste ich mein Heil in der Flucht suchen, auch wenn mir alleine der Gedanke daran schon Magenschmerzen verursachte.

Hinter mir war das Land auf einer Strecke von mindestens tausend Schritten topfeben. Erst danach ging die Ebene allmählich in eine Strauchlandschaft über, in der hin und wieder ein hüfthoher Felsen aus dem Buschwerk ragte.

Ich machte mir nichts vor, dazu war ich Realist genug.

Bis ich die ersten Felsen erreichen konnte, lief ich mindestens vier oder fünf Minuten wie auf einem Präsentierteller herum. Mehr Zeit würden meine Verfolger für einen gezielten Schuss garantiert nicht benötigen.

Ich konnte es drehen oder wenden, wie ich wollte, ich saß hoffnungslos in der Falle.

Der einzige Unterschied zu früheren, ähnlich ausweglosen Situationen war meine Bewaffnung. Ich war wild entschlossen, es dieser Killerarmee so schwer wie möglich zu machen. Vorsichtig nahm ich die anderen Lasergewehre vom Rücken und legte alle drei griffbereit neben mich. Dann begann ich, mit dem erbeuteten Messer und meinen bloßen Händen eine Kuhle in den Sand zu schaufeln. Ein lächerlicher Versuch, mir etwas Deckung zu verschaffen, aber besser als gar nichts.

Verbissen wühlte ich mich in den Boden.

Ich stand dann schon knietief in meinem selbst gebauten Schützengraben, als sich die Situation schlagartig änderte. Meine Verfolger hatten sich entweder über ihre weitere Vorgehensweise geeinigt oder aber einen Befehl erhalten. Wobei ich Letzteres vermutete, so hektisch, wie sie zu Werke gingen. Die beiden Panzerfahrzeuge rollten mit heulendem Motor vorwärts, während ihnen die Männer in einer fächerförmigen Linie folgten.

Es war nur noch eine Frage von Minuten, bis sie das Wasserloch erreicht hatten. Ich hob das erste Gewehr an die Wange und visierte das vorderste Fahrzeug an.

Irgendwie war ich plötzlich der Überzeugung, mit dem Laser gegen die fahrbaren Festungen anzukommen. Die Wagen bestanden zwar augenscheinlich nur aus geschweißtem Stahl, aber ich wusste durch meine Armeezeit, dass die Dinger durch die freiliegende Anbringung ihrer Achsen und Antriebsstangen anfällig für Schäden am Fahrwerk waren.

Das war meine Chance.

Wenn es mir gelang, mit einem gezielten Schuss einen der Wagen oder sogar alle beide an der Weiterfahrt zu hindern, würde das die Bande gewaltig aus dem Konzept bringen. In dem nachfolgenden Tohuwabohu waren die Chancen für eine Flucht ungleich größer.

Was aber, wenn die Wirkung des Lasers keinen Einfluss auf eine Weiterfahrt der Panzerspähwagen hatte? Bei dem Gedanken daran, was dann passieren würde, brach mir der Schweiß aus. Eintausend Yards waren es bis zu den ersten Felsen hinüber. Diese Distanz würde ich unter Beschuss niemals unverletzt zurücklegen können.

Inzwischen waren solche Überlegungen überflüssig, die Patrouille war bis auf eine halbe Meile heran. Ich kniff ein Auge zu, hielt für einen Moment die Luft beim Zielen an und krümmte den Finger um den Abzug.

Mit der Wucht eines Keulenschlags fuhr der Laserstrahl unter den Wagen.

Räder und Metallteile flogen durch die Luft. Durch das Fahrzeug ging ein gewaltiger Ruck, und während sich der stählerne Koloss wie ein sterbender Wal zur Seite neigte, spritzen die Männer dahinter auseinander, als ob eine Bombe zwischen ihnen eingeschlagen hatte.

Volltreffer!

Ich konnte mir ein gehässiges Lächeln nicht verkneifen, obwohl die Reaktion der Gegenseite keine Sekunde auf sich warten ließ.

Der zweite Wagen rollte mit aufheulendem Motor zurück.

Zehn, zwanzig Yards.

Dann spuckte der Stahlkasten Feuer und Blei.

Blindwütig beharkte ein Schütze mit dem drehbaren MG auf dem Dach das Wasserloch mit einem Kugelhagel nach dem anderen. Ich sah noch, wie die Besatzung des beschädigten Fahrzeugs ins Freie kam und nach hinten lief, aber dann konnte ich nichts anderes tun, als den Kopf einzuziehen und mich in meinem Deckungsloch so klein wie möglich zu machen.

Es grenzte an ein Wunder, dass ich das Stahlgewitter ohne Verletzungen überstand.

Ich riskierte erst wieder einen Blick nach vorne, nachdem die Gegenseite das Schießen eingestellt hatte. Zu meiner grenzenlosen Überraschung zogen sich meine Gegner wieder zurück und sammelten sich ungefähr eine Meile von der Quelle entfernt, fast genau an der Stelle, an der ich sie das erste Mal entdeckt hatte.

Ich verfolgte ihren Abzug mit gemischten Gefühlen.

Irgendwie ahnte ich, dass der Rückzug nur von kurzer Dauer war und das dicke Ende noch nachkommen würde.

Ich hatte kaum damit begonnen, mich umzusehen, inwieweit meine bescheidene Deckung unter dem MG-Beschuss gelitten hatte, da ging es auch schon wieder los.

Während der Panzerspähwagen das Umland mit dem MG bepflasterte, schob sich ein Dutzend der weiß gekleideten Gestalten im Feuerschutz der Kugeln langsam aber stetig vorwärts. Ich war drauf und dran, das Feuer zu erwidern, als mein Blick wie zufällig auf das Anzeigedisplay meines Lasergewehrs fiel.

Augenblicklich verspürte ich ein seltsames Ziehen in der Magengegend.

Ich wusste nicht genau, was der farbige Streifen im oberen Feld des Displays anzeigte, aber eins war mir klar, etwas Gutes bedeutete es sicherlich nicht, dass der bisher grün leuchtende Streifen in einen immer dunkelroteren Farbton überging.

Ich zielte in die Richtung des beschädigten Panzerwagens und drückte ab.

Meine Befürchtungen wurden sogar noch übertroffen.

Die Wirkung war gleich null.

Ich vermutete stark, dass dieser Streifen die verfügbare Energiemenge des Lasers anzeigte und Rot das Ende selbiger bedeutete. Gehetzt blickte ich auf die Displays der anderen beiden Waffen. Eine der Anzeigen war orange, bei der anderen verblasste das Grün und ging in ein leichtes Gelb über. Damit war abzusehen, dass auch diese Gewehre in geraumer Zeit für mich nutzlos wurden.

Eigentlich logisch, selbst so moderne Waffen wie diese waren nicht endlos feuerbereit, und ich schleppte sie schon seit einiger Zeit mit mir herum.

Meine Gedanken überschlugen sich, je näher meine Verfolger herankamen.

Aus einer Eingebung heraus riss ich die Waffe mit der orangefarbenen Anzeige hoch und hielt damit auf das liegen gebliebene Fahrzeug.

Wie ich befürchtet hatte, war der Laserstrahl ungewöhnlich schwach, aber er erwies mir dennoch einen letzten, unschätzbaren Dienst.

Seine verbliebene Energie reichte aus, um das ausgelaufene Schmieröl aus den Antriebsstangen und den beschädigten Achsen in Brand zu setzen. Das Feuer griff um sich, bis sich durch die Hitze das Fahrwerk mit einer wummernden Detonation in seine Bestandteile auflöste.

Dunst, Flammen und Rauch stiegen in die Luft.

Schwarzer, öliger Qualm waberte in dichten Schwaden aus dem Wrack und nahm nicht nur mir jegliche Sicht. Das war der Moment, um mich in Sicherheit zu bringen.

Ich stemmte mich aus meinem Sandloch, schnappte mir das letzte, noch funktionsfähige Lasergewehr und begann zu laufen. Mit keuchenden Lungen und eingezogenem Kopf rannte ich, so schnell ich konnte, auf die Strauchlandschaft zu, zwischen deren Felsen ich mir bessere Deckung erhoffte. Ich lief, bis ich mein Herz gegen die Rippen pochen spürte und ich zu taumeln begann.

Reiß dich zusammen, hämmerte ich mir ein, es sind nur noch wenige Schritte bis zu den Felsen.

Reiß dich bloß zusammen!

 

***

 

Ich hätte am liebsten vor lauter Freude aufgeschrien, als ich die ersten Ausläufer der Vegetation unverletzt erreicht hatte. Deshalb war der Schock umso größer, als mich plötzlich etwas von hinten in die Schulter traf und mich stolpern ließ. Ich hatte das Gefühl, dass mein Rücken nur noch eine glühende Masse war. Der Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen und ließ mich blind vorwärts stolpern.

Aus und vorbei, durchzuckte es mich.

Alles war umsonst gewesen.

Dann sackte ich in die Knie und spürte nichts mehr.

Fortsetzung folgt …